Kein Anspruch auf Prozesskostenhilfe im sozialgerichtlichen Verfahren bei Unzulässigkeit der Klage aufgrund eines fehlenden
Vorverfahrens
1. Das Begehren auf u.a. Löschung von Sozialdaten ist - sofern solche überhaupt streitig sind - zunächst im Rahmen eines Verwaltungs-
und Widerspruchsverfahrens zu klären.
2. Aus verfassungsrechtlichen Gründen dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht im PKH-Verfahren nicht überspannt werden;
es reicht für die Prüfung der Erfolgsaussicht aus, dass der Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat.
3. Schwierige, bislang ungeklärte Rechts- und Tatfragen sind nicht im PKH-Verfahren zu entscheiden, sondern müssen auch von
Unbemittelten einer prozessualen Klärung zugeführt werden können.
Gründe
I.
Streitig ist u.a. die Löschung von internen Mitteilungen. Der Kläger beantragte bei der Beklagten, einer Anstalt für öffentliches
Recht, die von der Stadt A-Stadt als Träger der Grundsicherung mit der Arbeitsvermittlung beauftragt worden war, u.a. die
Löschung interner Mitteilungen des Leiters der Beklagten an die Leistungsabteilung des Job-Centers der Stadt A-Stadt. Dies
lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 15.09.2011 ab. Gegen dieses von einem Rechtsanwalt erstellte Schreiben, das keine Rechtsbehelfserklärung
enthielt, erhob der Kläger mit Schreiben vom 05.10.2011 Widerspruch und am 06.02.2012 Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG). Zugleich hat er beim SG die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt. Die Beklagte hat mitgeteilt, die internen Mitteilungen seien aus
den Fallmanagementakten der Beklagten entfernt worden, um das Verfahren pragmatisch zu beenden. Der Kläger hat daraufhin den
Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Das SG hat u.a. den Antrag auf Bewilligung von PKH mit Beschluss vom 06.02.2015 Punkt I. abgelehnt. Eine hinreichende Erfolgsaussicht
habe nicht bestanden. Die Klage hätte sich gegen die Stadt A-Stadt als Optionskommune richten müssen, die Beklagte sei lediglich
eine nachgeordnete Abteilung der Stadt A-Stadt. Bei der Stadt A-Stadt hätte auch vorab u.a. die Löschung beantragt werden
müssen, soweit es vorliegend überhaupt um eine Löschung von Sozialdaten gegangen sei. Die Stadt A-Stadt habe dann per Verwaltungsakt
und ggf. Widerspruchsbescheid hierüber zunächst zu entscheiden. Dies sei vorliegend nicht der Fall gewesen, zumal auch das
Schreiben vom 15.09.2011, das von einem Rechtsanwalt gefertigt worden sei, offensichtlich keinen Verwaltungsakt darstelle.
Dagegen hat der Kläger Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) erhoben. Er begehre die Feststellung des Bestehens
oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses im Rahmen eines Amtshaftungsprozesses. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf
die beigezogenen Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde (§§
173, 174
Sozialgerichtsgesetz -
SGG -) ist zulässig, aber nicht begründet. Nach §
73a Abs
1 Satz 1
SGG i.V.m. §
114 Zivilprozessordnung (
ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht,
nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht
auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Aus verfassungsrechtlichen Gründen dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht
nicht überspannt werden. Es reicht für die Prüfung der Erfolgsaussicht aus, dass der Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit
für sich hat (vgl. BSG, Urteil vom 17.02.1998 - B 13 RJ 83/97 R (Rn.26) - SozR 3-1500 § 62 Nr.19). Diese gewisse Wahrscheinlichkeit ist in aller Regel dann anzunehmen, wenn das Gericht
den Rechtsstandpunkt des Beteiligten aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorgelegten Unterlagen für zutreffend oder
zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit des Obsiegens des PKH- Beantragenden ebenso wahrscheinlich
ist wie sein Unterliegen (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Aufl. §
73a Rn.7). Schwierige, bislang ungeklärte Rechts- und Tatfragen sind nicht im PKH- Verfahren zu entscheiden, sondern müssen auch
von Unbemittelten einer prozessualen Klärung zugeführt werden können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.07.1993 - 1 BvR 1523/92 - NJW 1994, 241f). PKH muss jedoch nicht schon dann gewährt werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage zwar noch
nicht höchstrichterlich geklärt ist, ihre Beantwortung aber im Hinblick auf die einschlägige gesetzliche Regelung oder die
durch die bereits vorliegende Rechtsprechung gewährten Auslegungshilfen nicht in dem genannten Sinne als "schwierig" erscheint
(vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.03.1990 - 2 BvR 94/88 (Rn. 29) - BVerfGE 81, 347ff). Ist dies dagegen nicht der Fall und steht eine höchstrichterliche Klärung noch aus, so ist
es mit dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit nicht zu vereinbaren, der unbemittelten Partei wegen der fehlenden Erfolgsaussichten
ihres Begehrens Prozesskostenhilfe vorzuenthalten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.02.2008 - 1 BvR 1807/07 - NJW 2008, 1060 ff).
Vorliegend fehlt es an der hinreichenden Erfolgsaussicht, denn die erhobene Leistungsklage ist unzulässig. Das Begehren auf
u.a. Löschung von Sozialdaten ist - sofern solche überhaupt streitig sind - zunächst im Rahmen eines Verwaltungs- und Widerspruchsverfahrens
zu klären. Dabei hätte dann der Antragsgegner - Stadt A-Stadt - per Verwaltungsakt und Widerspruchsbescheid zu klären, ob
er dem Begehren Folge leistet oder nicht. Hieran fehlt es, wobei gemäß §
142 Abs
3 Satz 3
SGG auf die Ausführungen des SG Bezug genommen wird. An die Stadt A-Stadt als Trägerin der Grundsicherung hat sich der Kläger nicht gewandt.
Auch wenn eine Pflicht des Leiters der vorliegend Beklagten bestanden haben kann, den Antrag auf Löschung etc. an die Stadt
A-Stadt als Optionskommune weiter zu leiten, damit diese dann in angemessener Frist hierüber entscheidet, ist die erhobene
Klage - als Untätigkeitsklage wegen der nicht rechtzeitigen Entscheidung durch die Beklagte gemäß §
88 Abs
1 SGG ausgelegt - unzulässig, denn sie ist vom Kläger ausdrücklich eben gegen die unzutreffende Beklagte gerichtet worden.
Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.
Dieser Beschluss ergeht kostenfrei und ist unanfechtbar (§
177 SGG).