Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Versäumnis der Berufungsfrist
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte dem Kläger Beiträge zu erstatten oder hieraus eine Altersrente zu leisten hat.
Der Kläger hatte mit Schreiben an die Beklagte vom 21.02.2007 die Erstattung der von ihm zur Deutschen Rentenversicherung
geleisteten Beiträge beantragt und Beweisurkunden eingereicht, die seinen Aufenthalt sowie seine Beschäftigung in Deutschland
belegen sollten. Diese Urkunden weisen jedoch unterschiedliche Namen, Geburtsdaten und Geburtsorte aus.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 30.04.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.04.2009 lehnte die Beklagte den
Erstattungsantrag im Wesentlichen mit der Begründung ab, der Nachweis einer versicherungspflichtigen Beschäftigung bzw. Beitragsleistung
in Deutschland sei nicht erbracht worden. Denn die Nachforschungen zu den einzelnen Angaben seien ergebnislos verlaufen, nachdem
der Kläger - trotz Aufforderung seitens der Beklagten - keine Identitätsbescheinigungen eingereicht habe.
Die hiergegen am 08.09.2009 erhobene Klage hat die 3. Kammer des Sozialgerichts Augsburg - nach Anhörung der Beteiligten -
mit Gerichtsbescheid vom 29.06.2010 im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, soweit der Kläger Altersrente mit seiner
Klage beantragt habe, sei die Klage mangels einer entsprechenden Verwaltungsentscheidung unzulässig. Im Übrigen sei die Klage
unbegründet. Denn der Kläger habe den ihm obliegenden Nachweis für seine Behauptung, in der Zeit von 1962 bis 1967 Beiträge
zur gesetzlichen Rentenversicherung geleistet zu haben, nicht erbracht. Insoweit seien die Nachforschungen der Beklagten und
des Gerichts unter den vom Kläger angegebenen Namen jeweils negativ verlaufen, indem entweder keine Rentenbeitragsleistung
oder eine Beitragserstattung nach § 1303
Reichsversicherungsordnung (
RVO) für die jeweils benannten Personen bestätigt worden seien. Dieser Gerichtsbescheid war mit der Rechtsmittelbelehrung versehen,
dass die Berufungsfrist für den Kläger drei Monate betrage.
Mit Beschluss - ebenfalls vom 29.06.2010 - hat das SG mit entsprechender Begründung den mit der Klage eingereichten Antrag des Klägers auf Prozesskostenhilfe (PKH) mangels Erfolgsaussicht
abgelehnt.
Beide Entscheidungen des Sozialgerichts sind dem Kläger laut Rückschein am 21.07.2010 an seinem Wohnort in M. zugestellt worden.
Die am 29.10.2010 beim Sozialgericht Augsburg eingegangene Berufung sowie den zugleich gestellten Antrag auf Gewährung von
PKH und Beiordnung eines Rechtsanwalts hat der Kläger damit begründet, dass die Ablehnung von Altersrente - trotz seiner Arbeitstätigkeit
in einem Land, in dem die Menschenrechte respektiert würden - nicht gerecht sei.
Der Senat hat den Kläger mit Schreiben vom 06.12.2010 um weitere Begründung gebeten, da anderenfalls das Rechtsmittel und
der PKH- Antrag ohne Aussicht auf Erfolg seien. Mit weiterem Schreiben des Gerichts vom 21.12.2010 ist dem Kläger ferner der
Schriftsatz der Beklagten vom 16.12.2010, mit dem die Beklagte die Verfristung der Berufung geltend gemacht hat, zur Beachtung
in seiner Stellungnahme zugeleitet worden.
Nachdem eine Reaktion des Klägers hierzu nicht erfolgt ist, hat der Senat mit Beschluss vom 23.02.2011 - dem Kläger zugestellt
am 15.03.2011 - den PKH- Antrag mangels Erfolgsaussicht abgelehnt. Mit weiterem Beschluss vom 17.05.2011 ist die Berufung
dem Berichterstatter übertragen worden.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 29.06.2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 30.04.2008 in Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 20.04.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm aus den in der Zeit von 1962 bis
1967 zur gesetzlichen Rentenversicherung geleisteten Rentenbeiträgen eine Altersrente zu gewähren oder ihm die Arbeitnehmeranteile
zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zu verwerfen,
hilfsweise zurückzuweisen.
Sie macht geltend, die Berufung sei nicht in der gesetzlichen Frist eingelegt worden. Ferner hält sie die angefochtene Entscheidung
des Sozialgerichts Augsburg für zutreffend.
Im Übrigen wird auf den Inhalt der Beklagtenakte, der Akte des Sozialgerichts sowie der Akte des Landessozialgerichts Bezug
genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist nach 158
Sozialgerichtsgesetz (-
SGG -) als unzulässig zu verwerfen, da sie nicht fristgerecht eingelegt wurde. Hiernach ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen,
wenn sie nicht statthaft ist oder nicht in der gesetzlichen Frist oder nicht schriftlich oder nicht zur Niederschrift des
Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wurde.
Nach § 151 Abs.1 i.V.m. §
153 Abs.1 i.V.m. §
87 Abs.1 Satz 2
SGG ist die Berufung innerhalb von drei Monaten nach Zustellung der angefochtenen Entscheidung im Ausland einzulegen. Die Rechtsmittelbelehrung
im Gerichtsbescheid vom 29.06.2010 hat hierauf zutreffend hingewiesen. Der Gerichtsbescheid ist dem Kläger ferner ordnungsgemäß
bekannt gegeben worden. Aus den Akten des Sozialgerichts ergibt sich, dass der Kläger den Gerichtsbescheid am 21.07.2010 erhielt.
Die Berufungsschrift des Klägers ist zunächst beim Sozialgericht Augsburg am 29.10.2010 eingegangen. Damit ist die Berufungsfrist
offensichtlich nicht erfüllt:
Gemäß §
64 Abs.1
SGG beginnt der Lauf einer Frist grundsätzlich mit dem Tage nach der Zustellung. Nachdem der Gerichtsbescheid - ausweislich des
Rückscheines - dem Kläger am 21.07.2010 ausgehändigt wurde, erfolgte an diesem Tage die Zustellung (§
63 Abs.2 Satz 1
SGG). Die 3-Monatsfrist zur Einlegung der Berufung begann nach §
64 Abs.1
SGG mit dem Tage nach der Zustellung (also am 22.07.2010) und endete gemäß §
64 Abs.2
SGG am Donnerstag, den 21.10.2010, 24.00 Uhr (vgl. hierzu z.B. Urteil des 13. Senats des BSG vom 16.11.2000, B 13 RJ 3/99 R). Die Berufungsfrist, die gemäß §
151 Abs.2 Satz 1
SGG auch bei fristgerechtem Eingang beim Sozialgericht gewahrt sein kann, ist damit im konkreten Falle überschritten worden.
Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sind ferner nicht erfüllt: Wenn jemand ohne Verschulden
verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
zu gewähren (§
67 Abs.1
SGG). Die Tatsachen zur Begründung des Antrages sollen glaubhaft gemacht werden (§
67 Abs.2 Satz 2
SGG). Der Kläger hat weder auf das Schreiben des Gerichts vom 21.12.2010 noch auf den ablehnenden PKH- Beschluss vom 23.02.2011
Gründe für seine Fristversäumnis geltend gemacht. Auch dem Akteninhalt sind keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass der
Kläger ohne Verschulden verhindert gewesen wäre, die Berufungsfrist einzuhalten.
Nach alle dem war die Berufung des Klägers als unzulässig zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß §
160 Abs.2 Nrn.1 und 2
SGG zuzulassen, liegen nicht vor.