SGB-II-Leistungen
Einstweiliger Rechtsschutz
Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit
Verhinderung einer sich abzeichnenden Insolvenz
Gründe
I.
Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Bf.) begehrt vom Antragsgegner und Beschwerdegegner (Bg.) höhere Leistungen nach dem
SGB II.
Der 1953 geborene Bf. ist seit Jahren selbständig tätig mit einem Vertrieb von Elektroheizgeräten. Nachdem der Umsatz zurückging,
stellte er erstmals Anfang 2016 Antrag auf Leistungen nach dem SGB II beim Bg. Als sich die Geschäfte anschließend besser entwickelten als erwartet, zog der Bf. seinen Antrag auf Leistungen nach
dem SGB II wieder zurück.
Im Mai 2016 stellte der Bf. erneut Antrag auf Leistungen nach dem SGB II beim Bg. Dem Bf. wurden daraufhin vom Bg. vorläufig aufstockende Leistungen nach dem SGB II bewilligt auf der Grundlage der vom Bf. vorgelegten Unterlagen zu seiner selbständigen Tätigkeit.
Nach entsprechendem Weiterbewilligungsantrag bewilligte der Bg. dem Bf. mit Bescheid vom 23.02.2017 vorläufig aufstockende
Leistungen für die Zeit vom 01.12.2016 bis 30.11.2017.
Der Gesamtbedarf des Bf. betrage 924,00 EUR (ab 1.1.2017 929,00 EUR), wovon 404,00 EUR (ab 01.01.2017 409,00 EUR) auf den
Regelbedarf entfielen, 371,43 EUR auf die Kaltmiete, 93,57 EUR auf die monatlichen Nebenkosten und 55,00 EUR auf den monatlichen
Heizkostenabschlag. Dem stünde ein zu berücksichtigendes Einkommen aus Erwerbstätigkeit aus selbständiger Tätigkeit nach entsprechender
Bereinigung und Verteilung auf die Bewilligungsmonate in Höhe von 586,23 EUR monatlich gegenüber, so dass vorläufig Leistungen
in Höhe von 337,77 EUR für Dezember 2016 und nach Erhöhung des Regelbedarfs von 404,00 auf 409,00 EUR ab 01.01.2017 in Höhe
von 342,77 EUR monatlich erbracht würden.
Das durchschnittliche Einkommen des Bf. berechnete der Bg. anhand der vom Bf. vorgelegten Zahlen für die Jahre 2014 und 2015.
Im für die Prognose heranzuziehenden Zeitraum habe die Summe der Betriebseinnahmen 105.500,00 EUR betragen. Dem stünden Betriebsausgaben
von 95.506,52 EUR gegenüber. Anhand dieser Zahlen, die Grundlage der Prognose seien, ergäbe sich für den Bewilligungszeitraum
ein zu erwartender Gewinn i.H.v. 9.983,48 EUR. Dies führe - verteilt auf den 12-monatigen Bewilligungszeitraum - zu voraussichtlichen
monatlichen Bruttoeinnahmen des Bf. in Höhe von 832,79 EUR, bereinigt zu dem im Bewilligungsbescheid als monatliches Einkommen
angesetzten Betrag i.H.v. 586,23 EUR.
Hiergegen legte der Bf. am 22.03.2017 Widerspruch ein, über den bislang nicht entschieden ist. Sein englischer Großkunde sei
inzwischen komplett ausgefallen, so dass er im Ergebnis keine Einnahmen mehr habe, die berücksichtigt werden könnten.
Am 30.03.2017 stellte der Bf. Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht München; seine Einkommenssituation
habe sich drastisch verschlechtert.
Nach Vorlage aktueller Unterlagen zu seiner wirtschaftlichen Situation im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens erließ der
Bg. einen Änderungsbescheid vom 26.04.2017, worin der Bg. den streitgegenständlichen Bescheid vom 23.02.2017 für die Zeit
ab 01.05.2017 bis 30.11.2017 teilweise aufhob und dem Bg. ab diesem Zeitpunkt höhere Leistungen bewilligte, nämlich 564,67
EUR für Mai 2017 und 634,89 EUR von Juni bis November 2017.
Daraufhin lehnte das Sozialgericht München mit Beschluss vom 30.05.2017 den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ab. Anhand
der vom Bg. eingereichten Unterlagen könne vom Gericht nicht festgestellt werden, dass die nunmehr mit Änderungsbescheid vom
26.04.2017 vorläufig bewilligten Leistungen nicht ausreichen würden, nachdem nur noch ein bereinigtes Einkommen von lediglich
294,11 EUR monatlich statt 586,23 EUR angesetzt werde. Eine Notlage sei in keiner Weise glaubhaft gemacht worden. Soweit der
Bf. für den Zeitraum von Dezember 2016 bis März 2017 höhere Leistungen geltend mache, fehle es an einem Anordnungsgrund, da
keine aktuelle fortwirkende Notlage erkennbar sei.
Hiergegen erhob der Bf. am 28.06.2017 Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht. Mit Schreiben vom 10.07.2017 legte der Bf.
im Beschwerdeverfahren eine vom ihm neu erstellte "kurzfristigen Erfolgsrechnung" für Januar 2017 bis Juni 2017 vor. Danach
habe er in der Zeit von Januar bis Juni 2017 nur Betriebseinnahmen in Höhe von 9.486,26 EUR erzielt. Dem stünden in dieser
Zeit Betriebsausgaben in Höhe von 9.806,81 EUR gegenüber. Er habe in dieser Zeit also defizitär gearbeitet. Seine nicht zu
reduzierenden Geschäftsausgaben habe er nur durch Privatkredite i.H.v. 3.500,00 EUR decken können.
Der Bg hat mit Schreiben vom 17.07.2017 auf die vom Bf. in seiner "kurzfristigen Erfolgsrechnung" enthaltenen tatsächlichen
Einnahmen des Bf. einerseits hingewiesen, andererseits darauf, dass nicht alle in der "kurzfristigen Erfolgsrechnung" geltend
gemachten Ausgaben anerkannt werden könnten. Die Berechnung des Bg. anhand dieser Zahlen ergäbe in der Zeit von Dezember 2016
bis Ende Juni 2017 ein positives Betriebsergebnis von 2.991,50 EUR, umgerechnet also monatlich ein Bruttoeinkommen i.H.v.
249,29 EUR. Bei der Prognose bis zum Ende des Bewilligungszeitraums im November 2017 sei zudem zu berücksichtigen, dass in
den nächsten Monaten mit höheren Einnahmen zu rechnen sei.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Für die Zeit bis zur Vorlage der neuen Zahlen mit der "kurzfristigen Erfolgsrechnung" am 10.07.2017 ist die Beschwerde schon
deshalb zurückzuweisen, weil der Bg. anhand er ihm bekannten Zahlen die Prognose rechtsfehlerfrei angestellt hat.
Der Bg. hat gemäß § 41a SGB II die zu erwartenden Einnahmen des Bf. anhand der gesetzlich vorgegebenen Kriterien für die notwendige Prognose zunächst schon
im Bescheid vom 23.02.2017 zutreffend berechnet und seine Prognose anhand der vom Bf. im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten
aktuellen Zahlen mit Änderungsbescheid vom 26.04.2017 entsprechend korrigiert.
Insoweit wird die Beschwerde aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung des Sozialgerichts für die Zeit ab Antragstellung
auf einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht bis zum Zeitpunkt der Vorlage neuer Zahlen im Beschwerdeverfahren mit der
"kurzfristigen Erfolgsrechnung" zurückgewiesen und gemäß §
142 Abs.
2 Satz 3
SGG von einer weiteren Begründung abgesehen.
Für die Zeit ab Vorlage der neuen Zahlen mit der "kurzfristigen Erfolgsrechnung" am 10.07.2017 bis zum Ende des Bewilligungszeitraums
im November 2017 - zu dem der Bewilligungszeitraum, der Streitgegenstand ist, endet und deshalb insoweit die Hauptsache und
das von der Hauptsache abhängige Eilverfahren zeitlich begrenzt sind - ist die Beschwerde ebenfalls unbegründet.
Insoweit fehlt es - unabhängig davon, ob ggf. eine Änderung des laufenden Bescheides wegen der vorgelegten Zahlen durch den
Bg. veranlasst sein könnte - an einem Anordnungsgrund.
Unter dem Gesichtspunkt, eine Vorwegnahme der Hauptsache durch die Eilentscheidung zu vermeiden, gewährt der Senat in ständiger
Rechtsprechung im Rahmen von Eilentscheidungen ohnehin nur Leistungen mit einem um 30% gekürzten Regelbedarf. Dies würde hier
bei einem Regelbedarf von 409,00 EUR einen Betrag von 122,70 EUR ausmachen, den der Bf. bei einer Gewährung von Leistungen
nach dem SGB II im Rahmen eines Eilverfahrens durch den Senat im Hinblick auf seinen Gesamtbedarf von 929,00 EUR weniger erhalten würde,
also 806,30 EUR.
Dem Bf stehen bis November 2017 jedoch auch nach den von ihm im Beschwerdeverfahren neu vorgelegten Zahlen mehr als 806,30
EUR zur Verfügung.
Nach der zutreffenden Berechnung des Bg. anhand der vom Bf. am 10.07.2017 vorgelegten Zahlen ergibt sich hieraus ein monatliches
zu berücksichtigendes Einkommen von 249,29 EUR. Dieses Einkommen kann hier, nachdem es sich um ein bereinigtes Betriebsergebnis
handelt, im Rahmen des Eilverfahrens als bereite Mittel in voller Höhe berücksichtigt werden. Mit diesem Einkommen i.H.v.
249,29 EUR und mit den aktuell mit Änderungsbescheid vom 26.04.2017 bewilligten Leistungen i.H.v. 634,89 EUR stehen dem Bf.
monatlich 884,18 EUR zur Verfügung. Der Bedarf von 929,00 EUR wird damit um lediglich 44,82 EUR nicht abgedeckt.
Im Übrigen weist der Bg. zu Recht darauf hin, das nach den Erfahrungen der letzten Jahre im dritten und vierten Jahresquartal
wegen des anstehenden Winters im Vertrieb von Elektroheizgeräten stets deutlich höhere Einnahmen erzielt werden können. Auch
allein aufgrund des Warenbestandes des Bf. ergibt sich, dass monatlich ein Erlös zu erwarten ist, für den der Bf. wenig an
Eigenmitteln einzusetzen hat. Diesen Erlös hat der Bf. für seinen Lebensunterhalt vorrangig einzusetzen. Neue Investitionen
in seinem Betrieb, der offensichtlich so nicht mehr wirtschaftlich ist, verbieten sich schon unter dem Gesichtspunkt, dass
staatliche Hilfen nicht zu dem Zweck eingesetzt werden dürfen, eine sich abzeichnende Insolvenz zu verhindern.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SG und der Erwägung, dass der Bf. mit seinem Begehren erfolglos blieb.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, §
177 SGG.