Tatbestand
Der Kläger begehrt die Anerkennung des Unfalls vom 28.04.2011 als Arbeitsunfall.
Der im Juni 1975 geborene Kläger arbeitet in einem Elektronik-Fachmarkt (S.), der auch Satelliten-Anlagen verkauft. Der Kläger
ist in der entsprechenden Abteilung tätig und beschäftigt sich auch in seiner Freizeit mit dieser Thematik. Der Kläger verunglückte
am 28.04.2011 gegen 15:00 Uhr, als er auf dem Dach seines Nachbarn W eine Satelliten (Sat)-Antenne einrichten wollte und aus
ca. 3 m Höhe abstürzte.
Laut Durchgangsarztbericht der Unfallklinik F. erlitt der Kläger hierbei eine Luxationsfraktur des rechten oberen Sprunggelenkes,
eine knöcherne Absprengung der Tibiavorderkante links und rechts, eine Fraktur des Tuber calcanii links, einen knöchernen
Ausriss des vorderen Syndesmosenbandes aus der Tibia rechts, eine rosteochondrale Abscherverletzung der lateralen Taluskante
mit Abscherung der gesamten Knorpeloberfläche der lateralen Talusschulter, eine Schädelprellung und eine Rippenprellung.
Mit Bescheid vom 09.02.2012 (Widerspruchsbescheid vom 23.05.2012) lehnte es die Beklagte ab, dem Kläger den bei dem Unfall
am 28.04.2011 eingetretenen Körperschaden zu entschädigen. Die Verletzungen seien nicht Folge eines Arbeitsunfalls.
Hiergegen hat der Kläger am 11.06.2012 Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass W der Cousin seines besten Freundes sei. W habe sich ein Haus gekauft und
ihn gebeten, ihm eine Antenne zu besorgen und diese anzubringen. Dies sei für ihn kein Problem gewesen, da er in diesem Bereich
tätig sei. Da W ihm bei seinem Hausbau geholfen habe, habe er gedacht, "eine Hand wasche die andere". Die Antenne anzubringen,
sei eine komplizierte Sache, da die Antenne in verschiedene Richtungen habe ausgerichtet werden müssen. Denn die Ehefrau von
W sei Chinesin und habe chinesische Sender empfangen wollen. Er habe die Antenne besorgt und den Mast schon gesetzt, als er
abgerutscht, auf dem Rücken das Dach hinuntergerutscht und von dort auf den Boden gefallen sei. Er habe auch das entsprechende
Werkzeug für das Anbringen der Antenne dabei gehabt. Er habe den Antennenmast dort angebracht, wo wohl schon vorher eine Antenne
gewesen sei. Er habe für W aus zwei Gründen die Dachantenne anbringen wollen: Erstens, weil er mit seinem besten Freund zu
ihm gekommen sei und um Hilfe gebeten habe, und zweitens, weil ihm W auch bei seinem Hausbau behilflich gewesen sei. Das Anbringen
von Dachantennen gehöre nicht zu seiner beruflichen Tätigkeit. Er habe dies nur ab und zu für Familienangehörige und gute
Freunde gemacht.
Mit Urteil vom 13.11.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Unfall des Klägers am 28.04.2011 sei kein Arbeitsunfall gewesen.
Hiergegen hat der Kläger Berufung erhoben. Die Tätigkeit des Klägers sei als arbeitnehmerähnlich einzustufen. Der Kläger habe
sich in der Vergangenheit weder planmäßig noch mit einer gewissen Regelmäßigkeit oder Häufigkeit als Unternehmer betätigt.
Auch habe zwischen dem Kläger und W ein Dienstvertrag bestanden. Der Kläger sei hinsichtlich Zeit, Ort und Art und Weise der
Ausführung an die Vorgaben des W gebunden gewesen. Einen bestimmten Erfolg, beispielsweise das ordnungsgemäße Funktionieren
der Sat-Anlage, habe der Kläger trotz einiger Kenntnisse nicht versprechen können. Auch die Mitarbeit des W spreche gegen
eine Unternehmerähnlichkeit.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 13.11.2012 sowie den Bescheid vom 09.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 23.05.2012 aufzuheben und festzustellen, dass es sich bei dem Ereignis vom 28.04.2011 um einen versicherten Arbeitsunfall
gehandelt hat.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 13.11.2012 zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezogenen Behördenakte sowie der Gerichtsakten beider
Instanzen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Über die Berufung kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da die Beteiligten ihr Einverständnis hierzu erklärt
haben (§
124 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz -
SGG -).
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig (§§
143,
144,
151 SGG), aber nicht begründet. Der Senat weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung des SG vom 13.11.2012 zurück und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§
153 Abs.
2 SGG).
Ergänzend ist Folgendes auszuführen:
Zu Recht hat das SG die auf Feststellung eines Arbeitsunfalls gerichtete kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage abgewiesen. Der Kläger
gehörte zum Unfallzeitpunkt nicht zum versicherten Personenkreis der Beklagten. Der Senat ist aufgrund der Angaben des Klägers
und des W zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger zum Unfallzeitpunkt nicht Beschäftigter des W oder eines anderen auf
dem Anwesen des W tätigen Unternehmens gewesen ist (§
2 Abs.
1 Nr.
1 SGB VII) und auch nicht wie ein Beschäftigter für ein Unternehmen des W (§
2 Abs.
2 SGB VII) tätig geworden ist.
Nach §
8 Abs.
1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §
2,
3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende
Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Als versicherte Tätigkeit kommen vorliegend nur die Tätigkeit
als Beschäftigter (§
2 Abs.
1 Nr.
1 SGB VII) oder wie ein Beschäftigter (§
2 Abs.
2 S. 1
SGB VII) in Betracht.
Wie sich aus dem Vortrag des Klägers selbst ergibt, ist dieser nicht im Rahmen eines förmlichen Beschäftigungsverhältnisses
tätig gewesen, als er das Dach betreten hat, um die Sat-Antenne zu montieren. Insbesondere hat diese Tätigkeit nicht zu seiner
beruflichen (und deshalb versicherten) Tätigkeit als Verkäufer von Sat-Anlagen gehört.
Auch ein Beschäftigungsverhältnis (zu W) außerhalb eines Arbeitsverhältnisses hat nicht vorgelegen. Der Begriff der Beschäftigung
weiter als der des Arbeitsverhältnisses (Bundessozialgericht - BSG, Urteil vom 27.03.2012, B 2 U 5/11 R, [...]Rdnr. 33). Eine versicherte Beschäftigung kann auch außerhalb eines Arbeitsverhältnisses vorliegen. Anhaltspunkte für
eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers
(§ 7 Viertes Buch Sozialgesetzbuch): vgl. zur abhängigen Beschäftigung z.B. Urteil vom BSG, Urteil vom 31.05.2005, B 2 U 35/04 R). Der Kläger war nicht in einen Betrieb beziehungsweise eine Arbeitsorganisation des W eingegliedert; dies wird auch weder
vom Kläger noch von W behauptet. W war dem Kläger gegenüber auch nicht weisungsbefugt. Vielmehr hat der Kläger schon aufgrund
seines Fachwissens die Art und die Ausführung seiner Arbeit selbst bestimmt. Zudem ergibt sich insbesondere auch aus den Angaben
des W, dass der Kläger über seine Arbeitskraft und die Arbeitszeit selbst bestimmten konnte.
Der Kläger war auch nicht "wie ein Beschäftigter" tätig (§
2 Abs.
2 S 1
SGB VII).
Die Frage, ob eine Person "wie ein Beschäftigter" tätig geworden ist, richtet sich im Kern nach den Kriterien die für eine
Beschäftigung i. S. des §
7 Abs.
1 SGB IV gelten. §
2 Abs.
2 S 1
SGB VII will Versicherungsschutz zudem auf Tätigkeiten erstrecken, die zwar nicht sämtliche Merkmale eines Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnisses
aufweisen, in ihrer Grundstruktur aber einer abhängigen Beschäftigung ähneln. Voraussetzung ist, dass eine ernstliche Tätigkeit
von wirtschaftlichem Wert vorliegt, die ihrer Art nach sonst von Personen verrichtet werden könnte, die in einem abhängigen
Beschäftigungsverhältnis stehen, die einem fremden Unternehmen dienen soll (Handlungstendenz) und dem wirklichen oder mutmaßlichen
Willen des Unternehmers entspricht, und zwar unter solchen Umständen, die einer Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses
ähnlich sind und nicht auf einer Sonderbeziehung, z.B. als Familienangehöriger, beruhen (st.Rspr: BSG, Urteil vom 13.08.2002, B 2 U 29/01 R und B 2 U 33/01; BSG vom 31.05.2005, B 2 U 35/04 R; BSG vom 05.07.2005, B 2 U 22/04 R; vom 31.05.2005, B 2 U 35/04 R; LSG Bayern vom 28.05.2008, L 2 U 28/08; vom 29.07.2009, L 17 U 350/06; vom 30.06.2010, L 18 U 403/03; vgl. auch die Darstellung bei Niedermeyer, NZS 2010, 312, 313 f). Insoweit kommt es darauf an, ob - wie bei einem Unternehmer - die freie Verfügung über die eigene Arbeitskraft,
den Arbeitsort und die Arbeitszeit vorliegt oder nicht. Im Übrigen sind eine regel- und planmäßige Tätigkeit sowie ein Unternehmerrisiko
für eine unternehmerähnliche Tätigkeit charakteristisch. Trägt der Betroffene ein wirtschaftliches Risiko, wird in der Regel
von einer unternehmerähnlichen Tätigkeit auszugehen sein. Ist die verrichtete Tätigkeit einem Arbeits- oder Dienstvertrag
ähnlich, liegt in der Regel eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit vor. Ist die Tätigkeit eher anderen Vertragsformen ähnlich,
liegt eine unternehmerähnliche Tätigkeit vor.
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist vorliegend eine "Wie - Beschäftigung" im Sinne des §
2 Abs.
2 SGB VII zu verneinen. Die Wie-Beschäftigung des Klägers scheitert - wie die Annahme einer Beschäftigung im Sinne des §
7 Abs.
1 SGB IV - schon daran, dass er nicht von Weisungen des W abhängig war, und insgesamt unternehmerähnlich tätig geworden ist. Nach
den übereinstimmenden Angaben des Klägers und des W hat nicht dieser die Art und die Ausführung der Tätigkeit bestimmt, sondern
schon aufgrund seines alleinigen Fachwissens der Kläger allein. Für eine unternehmerähnliche Tätigkeit spricht auch der übereinstimmend
angegebene Umstand der gemeinsamen Planung des Aufbaus der Sat-Anlage. Auch dies zeigt, dass der Kläger letztlich die freie
Verfügung über seine eigene Arbeitskraft und die Arbeitszeit behalten hat. Zudem besaß W - wie bereits erwähnt - aufgrund
seiner beruflichen Tätigkeit und seiner Interessen eine überragende Fachkunde. In diesem Sinne hat der Kläger selbst bestätigt,
dass es überwiegend an seiner Fachkenntnis gelegen habe, dass es zur Montage der Antenne durch ihn gekommen sei. Die Fachkenntnis
drückte sich gerade darin aus, dass er sich in der Lage sah, die Sat-Anlage so einzurichten, dass man mit ihr auch außereuropäische
(chinesische) Programme empfangen konnte. Insoweit versprach der Kläger dem W nicht nur die Arbeitsleistung, sondern einen
Erfolg, nämlich das Funktionieren der Anlage. Dass er nicht wie ein echter Unternehmer eine Garantie für diesen Erfolg übernehmen
wollte, ändert an der Unternehmerähnlichkeit der Tätigkeit nichts. Auch die vom Kläger angesprochene Gefährlichkeit der Arbeiten
macht die unternehmerähnliche Tätigkeit nicht zu einer Wie-Beschäftigung.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich, §
160 Abs
2 Nrn 1 und 2
SGG.