Gründe:
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Verhängung von Ordnungsgeld.
In dem seit 30. Dezember 2009 anhängigen Klageverfahren vor dem Sozialgericht München hat der Kläger und Beschwerdeführer
(im Folgenden: Bf.) die Gewährung von Krankengeld "ab 20. September 2005 bis zum Ende der Arbeitsunfähigkeit im August 2006"
bzw. mit Schriftsatz vom 16. Februar 2010 ab "ca. 26.09.2009" geltend gemacht.
Zu der mündlichen Verhandlung am 2. März 2010 hat das Sozialgericht das persönliche Erscheinen des Bf. angeordnet. Die Ladung
wurde ihm an seinem Wohnort in A-Stadt am 4. Februar 2010 zugestellt. Sie war mit dem Hinweis versehen, dass gegen den Bf.
ein Ordnungsgeld bis zu 1.000.- EUR festgesetzt werden kann, falls er ohne genügende Entschuldigung nicht erscheint.
Der Bf. hat mit Schreiben vom 16. Februar 2010, eingegangen am 26. Februar 2010, das Ruhen des Verfahrens angeregt bis in
den weiteren von ihm betriebenen Verfahren (Az.: S 19 KR 583/07; S 19 KR 1299/08) eine Entscheidung ergangen ist. Ferner hat er mit Schreiben vom 20. Februar 2010 mitgeteilt, dass er sich derzeit in Tunesien
aufhalte und zum Gerichtstermin nicht erscheinen könne. Sofern sein Erscheinen für erforderlich gehalten werde, beantrage
er eine Terminsverlegung. Das Schreiben ging als Fax ebenfalls am 26. Februar 2010 beim Sozialgericht ein.
Zur Sitzung am 2. März 2010, zu der auch das Verfahren S 19 KR 583/07 terminiert war, ist zwar der in dem Verfahren S 19 KR 583/07 Prozessbevollmächtigte des Bf., nicht jedoch der Bf. selbst erschienen. Das Sozialgericht hat in diesem Verfahren durch Urteil
entschieden und in dem hier streitigen Verfahren mit Beschluss ein Ordnungsgeld in Höhe von 500.- EUR, ersatzweise Ordnungshaft
von bis zu sechs Wochen Dauer, verhängt. Der Bf. habe sein Fernbleiben nicht genügend entschuldigt. Allein die Tatsache, dass
er sich in Tunesien aufhalte, rechtfertige sein Fernbleiben nicht. Dem Verlegungsantrag habe das Gericht nicht stattgeben
müssen, zumal der Bf. nicht mitgeteilt habe, wann er nach Deutschland zurückkehre und er bereits zum Erörterungstermin am
1. Dezember 2009 nicht erschienen sei, weil er sich in Tunesien aufgehalten habe. Bei der Höhe des Ordnungsgeldes sei zu berücksichtigen
gewesen, dass ein zu geringes Ordnungsgeld für den Bf. keinen Anreiz biete, von Tunesien nach Deutschland zu reisen, und dass
der Bf. in Tunesien über ein großes Vermögen verfüge.
Derzeit ruht das Hauptsacheverfahren durch Beschluss des Sozialgerichts vom 4. Juli 2011.
Zur Begründung der am 6. April 2010 beim Sozialgericht und am 2. März 2012 beim Landessozialgericht eingegangenen Beschwerde
hat der Bf. mitgeteilt, dass es ihm aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich gewesen sei, den Termin von Tunis aus kommend
wahrzunehmen. Er habe das Gericht vorab darüber informiert, dass er zu dem Gerichtstermin nicht kommen könne.
Nach §§
111,
202 SGG in Verbindung mit §
141 Zivilprozessordnung (
ZPO) kann das persönliche Erscheinen eines Beteiligten zur mündlichen Verhandlung angeordnet werden und derjenige, der der Anordnung
nicht Folge leistet, mit Ordnungsgeld wie ein im Vernehmungstermin nicht erschienener Zeuge belegt werden. Ob der Vorsitzende
eine Anordnung nach §
111 SGG treffen will, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Nach §
141 Abs.
1 S. 1
ZPO ist die Anordnung des persönlichen Erscheinens eines Beteiligten dann ermessensfehlerfrei, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts
geboten erscheint. Im sozialgerichtlichen Verfahren ist dabei der Ermessensspielraum weit.
Der ordnungsgemäß zum Termin geladene Bf. war nicht anwesend und in dem hier streitigen Verfahren nicht vertreten. Die Vertretungsbefugnis
des anwesenden Rechtsanwalts betraf ausdrücklich nicht dieses Verfahren.
Ein Ordnungsgeld kann jedoch nicht verhängt werden, wenn das Nichterscheinen genügend nach §
111 SGG i.V.m. §§
141 Abs.
3,
380, 381
ZPO entschuldigt ist. Nach §
380 ZPO sind einem ordnungsgemäß geladenen Zeugen, der nicht erscheint, die durch sein Ausbleiben verursachten Kosten sowie ein Ordnungsgeld
aufzuerlegen. §
381 ZPO nennt die Gründe, nach denen die Auferlegung eines Ordnungsgeldes zu unterbleiben hat bzw. nachträglich aufzuheben ist. Dies
ist dann der Fall, wenn der Beteiligte sein Ausbleiben genügend entschuldigen kann. Entschuldigt er sein Fernbleiben rechtzeitig,
d.h. so rechtzeitig, dass der Termin aufgehoben und die übrigen Beteiligten hiervon noch unterrichtet werden können, so hat
die Festsetzung eines Ordnungsgeldes zu unterbleiben (§
381 Abs.
1 S. 1
ZPO). Erfolgt die Entschuldigung nicht rechtzeitig, so entfällt die Festsetzung eines Ordnungsgeldes nur dann, wenn glaubhaft
gemacht wird, dass den Betroffenen an der Verspätung der Entschuldigung kein Verschulden trifft und die Entschuldigung hinreichend
ist.
Was als Entschuldigung gilt, entscheidet das Gericht nach freiem Ermessen und unter Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalls.
Für die genügende Entschuldigung müssen Umstände vorliegen, die das Ausbleiben nicht als pflichtwidrig erscheinen lassen.
Der Bf. entschuldigte sein Ausbleiben mit Schreiben vom 20. Februar 2010. Nach Ansicht des Senats ist aufgrund dieser Entschuldigung
die Verhängung von Ordnungsgeld in der Sitzung vom 2. März 2010 nicht rechtmäßig.
Zum Zeitpunkt der Sitzung hielt sich der Bf. in Tunesien auf. Zwar brachte der Bf. im Rahmen der damaligen Entschuldigung,
entgegen der Beschwerdebegründung, nicht eine Reiseunfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen als Entschuldigungsgrund vor,
sondern bezog sich allein auf seinen Aufenthalt im Ausland. Der Senat kann offen lassen, ob der offensichtlich längerwährende
Aufenthalt in Tunesien eine Abwesenheit ausreichend im Sinne des §
381 Abs.
1 S. 1
ZPO entschuldigen kann - in diesem Zusammenhang ist jedoch auch darauf hinzuweisen, dass die vom Sozialgericht aufgeführte wiederholte
Abwesenheit nicht unmittelbar das vorliegende Verfahren betrifft. Jedenfalls durfte der Bf. mit einer Verlegung des Termins
aufgrund seines Schreibens vom 20. Februar 2010 rechnen. Auf dieses am 26. Februar 2010 eingegangene Fax-Schreiben mit der
Ankündigung des Nichterscheinens und der Angabe des Aufenthaltes in Tunesien als Entschuldigungsgrund liegt nach Aktenlage
keine erkennbare Reaktion des Sozialgerichts vor, insbesondere hat es dem Bf. nicht beispielsweise durch Antwortfax oder durch
Schreiben an die Münchener Adresse mitgeteilt, dass es bei dem Termin verbleibt. Dabei geht der Senat im Hinblick auf den
engen zeitlichen Handlungsspielraum des Sozialgerichts, der letztlich nur den Montag, den 01.03.2010 betraf, davon aus, dass
z.B. die Faxnummer in Tunesien oder A-Stadt bekannt oder kurzfristig recherchierbar war.
Ferner hatte der Bf. bereits mit Schreiben vom 16. Februar 2010, ebenfalls beim Sozialgericht eingegangen am 26. Februar 2010,
aus nachvollziehbaren Gründen das Ruhen des Verfahrens beantragt. Über diesen Antrag hat die Kammer zunächst nicht entschieden
bzw. sich hierzu geäußert. Tatsächlich wurde erst mit Beschluss vom 4. Juli 2011 das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Der
Bf. hatte in diesem Schreiben auch zu der Frage der Rücknahme der Klage Stellung bezogen. Mit Entschuldigungsschreiben vom
20. Februar 2010 hat der Bf. auf dieses Schreiben ausdrücklich nochmals Bezug genommen.
Da der Bf. somit mit einer Absetzung bzw. Verlegung des Termins rechnen durfte, war der Beschwerde gegen den Ordnungsgeldbeschluss
stattzugeben.
Aufgrund des erfolgreichen Beschwerdeverfahrens sind die außergerichtlichen Kosten der Staatskasse aufzuerlegen (vgl. hierzu
die Entscheidung des Senats vom 05.02.2010, Az.: L 2 R 515/09 B).
Dieser Beschluss ist gemäß §
177 SGG unanfechtbar.