Anspruch auf Arbeitslosengeld II; Angemessenheit der Unterkunftskosten in Berlin für Bewilligungszeiträume zwischen Mai 2006
und Oktober 2007
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung höherer Leistungen für Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 01. Mai 2006 bis
zum 31. Oktober 2007.
Die 1968 geborene Klägerin stammt aus B. In ihrer Heimat schloss sie ein Studium der Rechtswissenschaft ab und erwarb ein
Diplom als Betriebswirtin. Von 1999 bis 2004 war sie als Marketing Leiterin einer Import-Export-Firma in Berlin beschäftigt.
Zu Beginn ihrer Tätigkeit besuchte sie - offenbar ergänzend - verschiedene renommierte Sprachschulen, um die deutsche Sprache
zu erlernen bzw. ihre Kenntnisse zu vertiefen. Im Jahre 2000 heiratete sie einen deutschen Staatsangehörigen. Sie selbst besitzt
die serbische Staatsangehörigkeit und verfügt seit 2005 über eine Niederlassungserlaubnis.
Nach der Trennung von ihrem Ehemann bewohnte die Klägerin in der M Straße in B allein eine Mietwohnung, für die eine Bruttowarmmiete
in Höhe von 850,00 € zu zahlen war. Mit Schreiben vom 19. Januar 2006 wies das ihr seinerzeit Leistungen nach dem Zweiten
Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) gewährende JobCenter R sie auf die Unangemessenheit ihrer Unterkunftskosten und das Ende
der Frist zur Übernahme der tatsächlichen Miete am 30. November 2006 hin. Wörtlich hieß es in dem Schreiben u. a.:
"Im Bedarf der Grundsicherung für Arbeitsuchende wird eine Brutto-Warmmiete in Höhe von 850,00 € als Kosten der Unterkunft
berücksichtigt.
Ihre Miete übersteigt die angemessenen Kosten der Unterkunft für einen 1-Personen-Haushalt in Höhe von 360,00 €."
Es folgte in dem Schreiben eine Aufforderung zur Senkung der Unterkunftskosten durch einen Wohnungswechsel oder andere geeignete
Maßnahmen und ein Hinweis, dass im Falle der nicht erfolgenden Mietsenkung nach dem genannten Zeitpunkt nur noch die angemessenen
Kosten der Unterkunft als Bedarf anerkannt würden. Das Schreiben schloss mit dem Passus:
"Bei einer eventuellen Neuanmietung sind die Richtwerte der Angemessenheit von Wohnraum grundsätzlich einzuhalten. Eine Mietgarantie
kann ausgestellt werden. Vor Abschluss eines Mietvertrages ist die Zustimmung des JobCenters einzuholen."
Am 22. Februar 2006 unterzeichnete die Klägerin einen Mietvertrag für eine Einzimmerwohnung mit einer Wohnfläche von 49,11
m² unter der sich aus dem Rubrum ergebenden Anschrift. Für die zum 01. Mai 2006 angemietete Wohnung ist im Mietvertrag eine
Staffelmiete vereinbart. Danach erhöht sich die monatliche Nettokaltmiete von zunächst 285,00 € jährlich jeweils zum 01. Mai
um 7,12 €. Hinzu kommen monatlich ein Betriebskostenvorschuss von 97,23 €, ein Heiz- und Warmwasserkostenvorschuss von 40,76
€, ein Vorschuss für Aufzugskosten in Höhe von 12,76 € sowie - laut Mietvertrag zu tragende - Kosten für Kabelfernsehen in
Höhe von 3,56 €. Insgesamt errechneten sich damit ab Beginn des Mietverhältnisses Kosten in Höhe von 439,31 €. Mit Schreiben
vom 21. März 2006 reichte die Klägerin den Mietvertrag beim JobCenter R ein und beantragte die Übernahme der Mietkaution in
Höhe von 855,00 € sowie einen Zuschuss zu den Umzugskosten.
Mit Bescheid vom 07. April 2006 lehnte das JobCenter R die Übernahme der Kosten für die angemietete Wohnung, für die Kaution
sowie für den Umzug mit der Begründung ab, dass die für die Wohnung zu zahlende Miete die vom Grundsicherungsträger zu übernehmenden
angemessenen Kosten für einen Einpersonenhaushalt übersteige.
Der aufgrund des Umzuges der Klägerin nunmehr örtlich zuständige Beklagte gewährte dieser mit Bescheiden vom 31. Mai 2006
und 12. Oktober 2006 für die Zeiträume vom 01. Mai bis zum 31. Oktober 2006, vom 01. November 2006 bis zum 30. April 2007
sowie vom 01. Mai bis zum 31. Oktober 2007 monatliche Leistungen in Höhe von jeweils 705,00 €. Als Kosten der Unterkunft berücksichtigte
er dabei durchgehend die von ihm für einen Einpersonenhaushalt als angemessen erachteten Kosten in Höhe von 360,00 €. Im Übrigen
bewilligte er der Klägerin den Regelsatz in Höhe von 345,00 € bzw. ab dem 01. Juli 2007 in Höhe von 347,00 € (Änderungsbescheid
vom 02. Juni 2007).
Mit ihren hiergegen gerichteten Widersprüchen vom 19. Juni und 13. November 2006 begehrte die Klägerin die Übernahme der vollen
Mietkosten und machte zur Begründung geltend, aufgrund des Schreibens des JobCenters R davon ausgegangen zu sein, dass ihre
frühere Miete von 850,00 € die angemessenen Kosten um 360,00 € überstiegen habe und daher Wohnraum für 490,00 € angemessen
sei. Erstmals nach Antragstellung sei ihr ein Merkblatt ausgehändigt worden, aus dem die zulässige Miethöhe von 360,00 € hervorgegangen
sei.
Die Widersprüche blieben erfolglos (Widerspruchsbescheide vom 13. November 2006: W 3311/06 bzgl. des Zeitraums vom 01. Mai bis zum 31. Oktober 2006, W 6292/06 bzgl. des Zeitraum vom 01. November 2006 bis zum 30. April 2007 und W 6293/06 bzgl. des Zeitraums vom 01. Mai bis zum 31. Oktober 2007.)
Am 13. Dezember 2006 hat die Klägerin per Telefax gegen die zwei sich auf die Leistungszeiträume vom 01. Mai bis zum 31. Oktober
2006 und vom 01. November 2006 bis zum 30. April 2007 beziehenden Widerspruchsbescheide W 3311/06 und W 6292/06 Klage erhoben und ihr auf Übernahme weiterer Unterkunftskosten für die Zeit ab dem 01. Mai 2006 gerichtetes Begehren weiterverfolgt.
Am 14. Dezember 2006 ist beim Sozialgericht auf dem Postweg eine Klageschrift eingegangen, die sich zwar nicht den auf der
Eingangsseite zitierten Aktenzeichen zufolge, wohl aber dem angekündigten Antrag und der Begründung nach nicht nur auf die
beiden vorgenannten, sondern auch auf den zum Aktenzeichen W 6293/06 ergangenen Widerspruchsbescheid vom 13. November 2006 und dementsprechend auf den Bewilligungsabschnitt vom 01. Mai bis zum
31. Oktober 2007 bezieht. In der Sache hat die Klägerin geltend gemacht, dass das Schreiben vom 19. Januar 2006 insbesondere
für eine Person, die Deutsch nicht als Muttersprache habe, missverständlich sei. Ihr sei erstmals Mitte März 2006 anlässlich
der Beantragung der Kostenübernahme ein Merkblatt ausgehändigt worden, aus dem sich die Miete in Höhe von 360,00 € ergeben
habe. Jedenfalls liege ein Beratungsmangel vor, sodass der Beklagte nach den Grundsätzen über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch
gehalten sei, sie so zu stellen, als ob die Mietkosten angemessen wären. Für einen deutschen Muttersprachler möge sich in
aller Regel ein klarer Unterschied zwischen den Formulierungen "in Höhe von 360,00 €" und "um 360,00 €" ergeben, dies könne
aber bei einem der deutschen Sprache nicht so kundigen Antragsteller möglicherweise anders sein. Sie habe nicht einmal Zweifel
an ihrem Verständnis des Inhalts des Hinweisschreibens gehabt. Das missverständlich formulierte Schreiben sei daher allein
dem Verantwortungsbereich des Beklagten zuzurechnen.
Nachdem die Klägerin mit Schreiben des Vermieters vom 30. März 2007 auf die nach dem Staffelmietvertrag zum 01. Mai 2007 eintretende
Mieterhöhung hingewiesen worden war, beantragte sie unter dem 27. April 2007 beim Beklagten die Anpassung der monatlichen
Leistungen für die Kosten der Unterkunft. Dies lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 02. Mai 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 20. September 2007 ab. Der Klägerin stünden lediglich die für einen Einpersonenhaushalt angemessenen Unterkunftskosten
in Höhe des Richtwertes von 360,00 € zu. Da damit die Festsetzung der Miete gerechtfertigt sei, könne auch eine Mieterhöhung
keine Berücksichtigung finden.
Am 23. Oktober 2007 hat die Klägerin ihre Klage im Hinblick auf diesen Bescheid erweitert und beantragt, die ab dem 01. Mai
2007 eingetretene Erhöhung der monatlichen Kaltmiete leistungssteigernd zu berücksichtigen.
Mit Gerichtsbescheid vom 01. April 2008 hat das Sozialgericht Berlin die - sich nach seiner Auffassung auf alle drei Widerspruchsbescheide
vom 13. November 2006 sowie den Bescheid vom 02. Mai 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20. September 2007
beziehende - Klage abgewiesen. Zur Begründung, auf deren Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Gericht im Wesentlichen
ausgeführt, dass sich aus § 22 Abs. 1 SGB II kein Anspruch auf Zahlung höherer Leistungen für die Unterkunft ableiten lasse.
Für einen Einpersonenhaushalt seien in Anwendung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts Mietkosten in Höhe von höchstens
337,00 € angemessen. Im Vergleich hierzu sei die von der Klägerin geschuldete Bruttowarmmiete in Höhe von 439,31 € bis zum
30. April 2007 und von 446,31 € ab dem 01. Mai 2007 unangemessen hoch. Auch bestehe kein Anspruch auf Übernahme unangemessen
hoher tatsächlicher Unterkunftskosten, da für die streitgegenständliche, erst nach Beginn des Leistungsbezuges bezogene Wohnung
die Bestandsschutzregelung nicht eingreife. Eine vorherige Zusicherung durch den Leistungsträger liege nicht vor. Dass es
schließlich nicht möglich sei, eine Wohnung zu einem angemessenen Betrag zu mieten, sei weder substantiiert vorgetragen noch
glaubhaft. Im Übrigen hätte das JobCenter R im Schreiben vom 19. Januar 2006 eine Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten
in Höhe von 850,00 € bis zum 30. November 2006 zugesagt. Die Klägerin habe daher ausreichend Zeit gehabt, neuen Wohnraum zu
suchen. Eine Veranlassung, bereits am 22. Februar 2006 einen Mietvertrag zu unterzeichnen, habe nicht bestanden. Ebenso wenig
seien besondere Umstände, die eine Übernahme von unangemessen hohen Unterkunftskosten rechtfertigen könnten, ersichtlich.
Schließlich ergebe sich auch in Anwendung der Grundsätze über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch kein Anspruch auf
Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten. Es sei keine Pflichtverletzung auf Seiten des Beklagten ersichtlich. Die Klägerin
sei mit Schreiben vom 19. Januar 2006 vollständig und zutreffend informiert worden, dass ihre Miete zu hoch und angemessen
nur eine solche von bis zu 360,00 € sei. Soweit sie das Schreiben missverstanden habe, sei dies nicht Folge einer falschen
oder missverständlichen Formulierung in dem Schreiben, sondern eines fehlerhaften Verständnisses eines grammatikalisch eindeutigen
Satzes. Das Missverständnis sei daher ihr zuzurechnen. Auch sei das JobCenter R nicht verpflichtet gewesen, ihr weitere Informationen
wie Merkblätter oder ähnliches zukommen zu lassen. Es habe vielmehr davon ausgehen können, dass sie die Hinweise in dem Schreiben
entweder richtig verstehe oder im Falle etwaiger Unklarheiten eine Rücksprache vor Abschluss des Mietvertrages suche. Anderes
folge auch nicht daraus, dass die Klägerin die deutsche Sprache nicht als Muttersprache habe.
Gegen diesen ihr am 09. April 2008 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 25. April 2008 eingelegte Berufung der
Klägerin, zu deren Begründung sie ihren Vortrag aus dem erstinstanzlichen Verfahren im Wesentlichen wiederholt. Ergänzend
hat ihre Prozessbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass sie am 13. Dezember 2006 kurz nach Übersendung
der Klageschrift als Telefax festgestellt habe, dass die Klage unvollständig sei. Sie habe diese daraufhin ergänzt und in
der Fassung, die als Original am 14. Dezember 2006 bei Gericht eingegangen sei, bereits am 13. Dezember 2006 erneut als Telefax
übersandt. Dabei sei versäumt worden, deutlich hervorzuheben, dass es sich um eine korrigierte Fassung handele.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 01. April 2008 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung der Bescheide
vom 31. Mai und 13. Oktober 2006 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 13. November 2006 (W 3311/06, W 6292/06 und W 6293/06) sowie des Bescheides vom 02. Mai 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. September 2007 (W 3909/07) zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 01. Mai 2006 bis zum 30. April 2007 weitere Leistungen für die Kosten der Unterkunft
und Heizung in Höhe von monatlich 79,31 € sowie für die Zeit vom 01. Mai bis zum 31. Oktober 2007 in Höhe von monatlich 86,43
€ zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält den erstinstanzlichen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Mit Beschluss vom 10. März 2009 hat der Senat der Klägerin Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin A M gewährt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze
nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und auf die Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen, die dem Senat vorgelegen
haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 01. April 2008 ist zulässig, jedoch nicht
begründet. Das Sozialgericht Berlin hat zu Recht die drei Widerspruchsbescheide vom 13. November 2006 sowie den Bescheid vom
02. Mai 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. September 2007 als streitgegenständlich angesehen, da diese
Bescheide von Anfang an bzw. im Wege der zulässigen Klageänderung nach §
99 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) Gegenstand des Klageverfahrens geworden sind. Zutreffend hat es die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen. Da die Klägerin
ihr Begehren in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich auf die Gewährung höherer Leistungen für die Kosten der Unterkunft
und Heizung begrenzt hat, sind streitgegenständlich damit lediglich die ihr für den Zeitraum vom 01. Mai 2006 bis zum 31.
Oktober 2007 zustehenden Leistungen für die Kosten der Unterkunft. Weder ergibt sich insoweit jedoch ein Anspruch auf Gewährung
höherer Leistungen aus § 22 Abs. 1 SGB II (hierzu im Folgenden zu I.) noch stehen der Klägerin in Anwendung der Grundsätze
über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch weitergehende Leistungen zu (hierzu im Folgenden zu II.).
I. Die im streitgegenständlichen Zeitraum knapp 40jährige, erwerbsfähige, einkommens- und vermögenslose Klägerin, die seinerzeit
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hatte, ist hilfebedürftig im Sinne des § 7 SGB II. Auch ist
sie nicht als Ausländerin aus dem Kreis der Leistungsberechtigten ausgeschlossen. § 7 Abs. 1 SGB II sah bis zum 31. Juli 2006
in seinen Sätzen 2 und 3 vor, dass Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, ihre
Familienangehörigen sowie Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes (vom Leistungsbezug) ausgenommen
sind, aufenthaltsrechtliche Bestimmungen hiervon jedoch unberührt bleiben. Ergänzend regelt(e) § 8 Abs. 2 SGB II, dass Ausländer
nur erwerbstätig sein können, wenn ihnen die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt ist oder erlaubt werden könnte. Die Klägerin
als serbische Staatsangehörige darf nach § 4 Abs. 3 Satz 1 des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die
Integration von Ausländern im Bundesgebiet (AufenthG) eine Beschäftigung nur ausüben, wenn der Aufenthaltstitel es erlaubt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Ausländer
- wie die Klägerin - über eine Niederlassungserlaubnis verfügt. Sie hat damit dem Grunde nach Anspruch auf Übernahme der Kosten
der Unterkunft einschließlich Heizung.
In welchem Umfang Hilfebedürftigen Leistungen für Unterkunft und Heizung zu gewähren sind, bestimmt sich nach § 22 Abs. 1
SGB II. Nach Satz 1 der Vorschrift werden sie in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind.
Den angemessenen Umfang übersteigende Kosten können - gemäß Satz 2 - so lange berücksichtigt werden, wie es dem Hilfebedürftigen
nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen
zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Zu Recht ist das Sozialgericht Berlin davon ausgegangen, dass die
der Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum tatsächlich entstandenen Unterkunftskosten in Höhe von 439,31 € (01. Mai 2006
bis 30. April 2007) bzw. von 446,43 € (01. Mai bis 31. Oktober 2007) nicht angemessen und die ihr vom Beklagten durchgehend
gewährten 360,00 € monatlich nicht zu niedrig angesetzt sind [vgl. hierzu zu 1.)]. Ebenso wenig ist es zu beanstanden, dass
das Sozialgericht der Klägerin keinen weitergehenden Anspruch auf der Grundlage der Bestandsschutzregel des § 22 Abs. 1 Satz
2 SGB II zugesprochen hat [vgl. hierzu zu 2.)].
1.) Die vom Beklagten für einen Einpersonenhaushalt in Höhe von monatlich 360,00 € angesetzte Angemessenheitsgrenze ist auch
zur Überzeugung des Senats nicht zu niedrig. Allerdings folgt dies nicht aus den vom Beklagten herangezogenen Ausführungsvorschriften
zur Ermittlung angemessener Kosten der Wohnung gemäß § 22 SGB II (AV-Wohnen) der Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales
und Verbraucherschutz des Landes Berlin vom 07. Juni 2005 in der Fassung vom 30. Mai 2006. Denn als rein verwaltungsinterne
Regelungen entfalten diese gegenüber den Gerichten keinerlei bindende Wirkung. Entscheidend für die Bestimmung der Angemessenheit
von Unterkunftskosten ist vielmehr nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der der Senat sich anschließt, die so
genannte Produkttheorie. Danach ist zunächst die maßgebliche Wohnungsgröße zu bestimmen, und zwar typisierend anhand der landesrechtlichen
Ausführungsbestimmungen über die Förderung des sozialen Mietwohnungsbaus. Sodann ist der Wohnstandard festzustellen, wobei
dem Hilfebedürftigen lediglich ein einfacher und im unteren Segment liegender Ausstattungsgrad der Wohnung zusteht. Das Produkt
aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, muss angemessen und es müssen tatsächlich Wohnungen,
die den genannten Kriterien entsprechen, auf dem Markt anzumieten sein (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 18/06 R -, zitiert nach juris, Rn. 17 ff.). Auch gemessen daran ergibt sich jedoch keine den Betrag von 360,00 € übersteigende
Angemessenheitsgrenze.
a) Wie bereits das Sozialgericht Berlin hält auch der Senat für eine allein stehende Person Wohnraum von bis zu 45 m² für
angemessen. Bei der Festsetzung der angemessenen Wohnungsgröße ist auf die für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau
anerkannte Wohnraumgröße abzustellen (vgl. BSG, grundlegendes Urteil vom 07. November 2006 - B 7b AS 18/06 R - zitiert nach juris, Rn. 19). Soweit das Bundessozialgericht nach Aufhebung von §
5 Abs.
2 des Wohnungsbindungsgesetzes [(
WoBindG) i.V.m. den jeweiligen landesrechtlichen Durchführungsbestimmungen] die Wohnraumgröße als maßgeblich ansieht, die sich aus
§ 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung (WoFG, BGBl. I S. 2376) vom 13. September 2001 i.V.m. mit den Richtlinien der einzelnen Bundesländer ergibt, ist zu beachten, dass
in Berlin entsprechende Richtlinien nicht ergangen sind. Zur Überzeugung des Senats ist daher weiterhin auf die zur Umsetzung
von §
5 Wohnungsbindungsgesetz (
WoBindG) i.V.m. § 27 Abs. 1 bis 5 WoFG erlassenen Arbeitshinweise der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vom 15. Dezember 2004 (Mitteilung Nr. 8/2004) - dort
Ziffer 8 Abs. 1 Satz 3 - (so schon Urteile des LSG Berlin-Brandenburg vom 09.11.2007 - L 28 AS 1059/07 - zitiert nach juris, Rn. 27, sowie vom 16.10.2008 - L 5 AS 1649/07 - zitiert nach juris, Rn. 25) und ergänzend auf die im Land Berlin (ehemals) geltenden Richtlinien für den öffentlich geförderten
sozialen Wohnungsbau (Wohnungsbauförderungsbestimmungen 1990 - WFB 1990 -) vom 16. Juli 1990 (Amtsblatt 1990, 1379 ff.) in
der Fassung der Verwaltungsvorschriften zur Änderung der WFB 1990 vom 13. Dezember 1992 (VVÄndWFB 1990; Amtsblatt 1993, 98
f.) - dort Ziffer 13 - abzustellen (so Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 09.11.2007 - L 28 AS 1059/07 - zitiert nach juris, Rn. 27 und Beschlüsse des LSG Berlin-Brandenburg vom 09.12.2008 - L 32 B 2223/08 AS ER -, zitiert nach juris, Rn. 12, vom 29.07.2008 - L 14 B 248/08 AS ER - zitiert nach juris, Rn. 3 sowie vom 14. Juni 2007 - L 10 B 391/07 AS ER - zitiert nach juris, Rn. 6). Der Mitteilung Nr. 8/2004 ist zu entnehmen, dass in Berlin die maßgebliche Wohnungsgröße
für den Wohnberechtigungsschein in der Regel nach der Raumzahl bestimmt wird. So heißt es in Ziffer 8 "WBS und maßgebliche
Wohnungsgröße (§ 27 Abs. 4 WoFG):
"(1) Im Wohnberechtigungsschein ist die für den Wohnungssuchenden und gegebenenfalls seine Haushaltsangehörigen maßgebliche
Wohnungsgröße anzugeben. In Berlin wird die maßgebliche Wohnungsgröße nach der Raumzahl bestimmt; halbe Zimmer rechnen als
ganze Räume. Als angemessen ist eine Wohnung anzusehen, wenn auf jeden Haushaltsangehörigen ein Wohnraum entfällt."
Eine generelle Regelung dazu, wie viel Wohnfläche dem Einzelnen zusteht, enthält die Regelung indes nicht. Insoweit sind weiterhin
die Wohnungsbauförderungsbestimmungen heranzuziehen, die für den öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau Bauvorhaben als
förderungsfähig erklärten, bei denen für 1 ½-Zimmer-Wohnungen eine Größe von 45 m² nicht überschritten wird (WFB 1990 i.d.F.
vom 13. Dezember 1992, Ziffer 13).
Soweit teilweise Wohnungen mit einer Größe von bis zu 50 m² für eine Einzelperson als angemessen angesehen werden, folgt der
Senat dem nicht (mehr). Die Angemessenheit einer entsprechenden Wohnfläche ergibt sich insbesondere nicht aus den Wohnungsbauförderungsbestimmungen
selbst. Zwar war ursprünglich in der Anlage 1 zu den WFB 1990 vom 16. Juli 1990 unter II. 1 a) vorgesehen, dass die Wohnfläche
von Mietwohnungen bei 1 ½-Zimmer-Wohnungen 50 m² nicht übersteigen soll. Dieser Wert ist jedoch mit den Verwaltungsvorschriften
zur Änderung der WFB 1990 vom 13. Dezember 1992 - dort unter Ziffer 13 - auf 45 m² abgesenkt worden.
Auch hält der Senat es nicht für zulässig, die maßgebliche Wohnfläche unter Heranziehung der Richtlinien über die Förderung
von eigengenutztem Wohnungseigentum der Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr vom 25. Mai 1999 - Eigentumsförderungssätze
1999 - festzusetzen (so Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 16.10.2008 - L 5 AS 1649/07 - zitiert nach juris, Rn. 25 sowie Beschlüsse des LSG Berlin-Brandenburg vom 17.09.2008 - L 34 B 1650/08 AS ER - zitiert nach juris, 1. Orientierungssatz und Rn. 7 und vom 16.04.2008 - L 29 B 2215/07 AS ER - zitiert nach juris, Rn. 6). Zwar sehen die Eigentumsförderungssätze unter II. 4 (3) vor, dass Wohnflächen von bis
zu 50 m² für eine Person förderungsfähig sind. Indes vermag der Senat nicht zu erkennen, dass die Eigentumsförderungssätze
einen ausreichenden Bezug zu der Frage aufweisen, in welcher Größe einer auf Sozialleistungen angewiesenen Person Wohnraum
zusteht.
Soweit schließlich teilweise für eine allein stehende Person Wohnraum von 50 m² offenbar auf der Grundlage eines der Ziffer
8 (1) der Mitteilungen 8/2004 nachfolgenden Hinweises als angemessen angesehen wird, überzeugt dies den Senat nicht. In dem
Hinweis heißt es:
"Generelle Freistellung von der maßgeblichen Wohnungsgröße für kleinflächige 2- und 3-Zimmerwohnungen (Bekanntmachung vom
20.10.1995, ABl. S. 4462)
a) 2-Zimmer-Wohnungen mit einer Gesamtwohnfläche bis zu 50 m² dürfen auch an Einzelpersonen überlassen werden.
(1 ½ -Zimmer-Wohnungen dürfen - unabhängig von ihrer Gesamtwohnfläche - an Einzelpersonen überlassen werden; maßgeblich ist
die Bezeichnung der Wohnung im Bewilligungsbescheid).
b) 3-Zimmer-Wohnungen mit einer Gesamtwohnfläche bis zu 60 m² dürfen auch an 2-Personen-Haushalte überlassen werden. Dies
gilt nicht für Einzelpersonen, denen im Wohnberechtigungsschein ein zusätzlicher Wohnraum und damit die Wohnberechtigung für
zwei Räume anerkannt wurde."
Wie ausgeführt, enthält Nr. 8 (1) der Mitteilung die grundsätzliche Regelung, dass die maßgebliche Wohnungsgröße nach der
Raumzahl bestimmt wird, jedem Haushaltsangehörigen ein Wohnraum zusteht und halbe Zimmer als ganze Räume gelten. Vor diesem
Hintergrund kann der Hinweis nur dahin verstanden werden, dass einer Person ausnahmsweise ein Wohnberechtigungsschein auch
für eine 2-Zimmer-Wohnung erteilt werden darf, so denn die Wohnung nicht größer als 50 m² ist. Damit aber wird keine grundsätzliche
Regelung bzgl. der einer Einzelperson zustehenden Wohnfläche getroffen. Dies wird auch durch den nachfolgenden Klammerzusatz
deutlich, in dem für 1 ½ -Zimmer-Wohnungen gänzlich auf eine Begrenzung der Gesamtwohnfläche verzichtet wird. Bzgl. der Wohnfläche
ist mithin auf ergänzende Bestimmungen zurückzugreifen.
b) Hinsichtlich des Standards ist auf Wohnungen in einfachen Lagen mit einfachem, im unteren Segment liegenden Ausstattungsgrad
abzustellen. Zur Ermittlung der für eine entsprechende Wohnung üblicherweise zu zahlenden Miete pro Quadratmeter Wohnfläche
orientiert sich der Senat bzgl. der im Land Berlin gelegenen Wohnungen am Berliner Mietspiegel. Bei diesem handelt es sich
um einen qualifizierten Mietspiegel gemäß §
558d des Bürgerlichen Gesetzbuches (
BGB), für den gemäß §
558 Abs.
3 BGB die gesetzliche Vermutung gilt, dass die angegebenen Entgelte die ortsübliche Vergleichsmiete wiedergeben (so auch schon
Urteile des LSG Berlin-Brandenburg vom 09.11.2007 - L 28 AS 1059/07 - zitiert nach juris, Rn. 29 sowie vom 16.10.2008 - L 5 AS 1649/07 - zitiert nach juris, Rn. 26).
Maßgeblich ist dabei im vorliegenden Fall mit Blick auf den vom 01. Mai 2006 bis zum 31. Oktober 2007 reichenden streitgegenständlichen
Zeitraum im Wesentlichen der Mietspiegel 2005 vom 22. August 2005 (Amtsblatt für Berlin 2005, S. 3109 ff.), auch wenn dieser
auf in den Vorjahren erhobenen Daten basiert. Denn Grundlage für die Beurteilung der maßgeblichen Nettokaltmiete kann stets
nur ein in dem fraglichen Zeitraum bereits veröffentlichter Mietspiegel sein. Andernfalls müsste regelmäßig nach Veröffentlichung
des neuen Mietspiegels für die Vorjahre eine umfassende Überprüfung der für die Kosten der Unterkunft erbrachten Leistungen
erfolgen. Ob der Mietspiegel 2007 vom 11. Juli 2007 (Amtsblatt von Berlin 2007, S. 1797 ff.) noch für die letzten Monate des
streitgegenständlichen Zeitraums Bedeutung hat und falls ja, ab wann genau, kann vorliegend dahinstehen. Denn wie die nachfolgenden
Ausführungen zeigen, übersteigt auch in Anwendung dieses Mietspiegels das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in
der Wohnungsmiete niederschlägt, die vom Beklagten in Höhe von 360,00 € angesetzte Angemessenheitsgrenze nicht.
Zur Ermittlung des Preises pro Quadratmeter Wohnfläche ist für Einpersonenhaushalte, d.h. nach obigen Ausführungen für Wohnungen
mit einer Fläche von bis zu 45 m² Größe, die Zeile D des Mietspiegels maßgeblich. In dieser sind Wohnungen in einfacher Wohnlage
mit einer Wohnfläche von 40 m² bis unter 60 m² erfasst. Der Senat verkennt dabei nicht, dass Alleinstehende häufig Wohnungen
mit einer Größe von weniger als 40 m² Größe anmieten werden und der Preis pro Quadratmeter für diese in der Zeile A (Wohnfläche
bis unter 40 m², einfache Wohnlage) des Mietspiegels erfassten Wohnungen in der Regel - anders nur für die zwischen 1956 und
1964 bezugsfertig gewordenen Wohnungen - leicht höher ist. Da es sich jedoch bei dem in die Berechnung einfließenden, den
Wohnstandard abbildenden Quadratmeterpreis einer Wohnung ebenso wie bei der Wohnfläche lediglich um einen Faktor des Produkts
"angemessene Unterkunftskosten" handelt, werden etwaige höhere Quadratmeterpreise für kleinere Wohnungen durch deren geringere
Wohnfläche ausgeglichen.
Zur Festsetzung des maßgeblichen Quadratmeterpreises ist schließlich zur Überzeugung des Senats ein Gesamtmittelwert aus sämtlichen
der in der Zeile D enthaltenen Mittelwerten zu bilden (so auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.10.2008 - L 5 AS 1649/07 - zitiert nach juris, Rn. 26 sowie Beschlüsse vom 16.04.2008 - L 29 B 2215/07 AS ER - zitiert nach juris, Rn. 7 und vom 17.09.2008 - L 34 B 1650/08 AS ER - zitiert nach juris, Rn. 8). Weder hält er insoweit nur einzelne der im Wesentlichen nach Jahren der Bezugsfertigkeit
der Wohnungen und ergänzend nach deren Ausstattung mit Sammelheizung und Bad gebildeten Spalten für maßgeblich, noch sieht
er innerhalb der einzelnen Spalten die angegebenen Spannentiefst- oder -höchstwerte als entscheidend an.
Bei der Festlegung der maßgeblichen Nettokaltmiete pro Quadratmeter Wohnfläche die Werte einzelner Spalten im Hinblick auf
die Bezugsfertigkeit der Wohnung oder ihre unzureichende Ausstattung außen vor zu lassen, ist im Ergebnis nicht sachgerecht.
Zwar erscheint es durchaus erwägenswert, in die Berechnung der maßgebenden Nettokaltmiete zum einen nur Wohnungen einzubeziehen,
die zumindest mit Sammelheizung und Bad ausgestattet sind, zum anderen aber - regelmäßig teurere - Neubauwohnungen unberücksichtigt
zu lassen. Denn Wohnungen, in denen Grundsicherungsempfänger leben, müssen grundlegenden Bedürfnissen genügen, sodass die
Leistungen zur Unterkunft und Heizung nicht pauschal auf die nötigsten Unterkunftskosten ("niedrigster Standard") reduziert,
umgekehrt aber auch die wohnraumbezogenen Lebensgewohnheiten unterer Einkommensgruppen nicht überschritten werden dürfen [vgl.
Butzer/Keller, NZS 2009, 65 ff. (66)]. Indes muss es Ziel der Festsetzung der maßgebenden Nettomiete sein, einen möglichst realistischen Wert zu erhalten,
zu dem auch tatsächlich Wohnraum anzumieten ist. Dies wird jedoch am ehesten durch eine Einbeziehung möglichst vieler Einzelwerte
gewährleistet, was besonders vor dem Hintergrund wichtig erscheint, als dem Mietspiegel nicht zu entnehmen ist, in welcher
Anzahl Mietwerte in die einzelnen Mittelwerte eingeflossen sind, sofern es sich dabei um jeweils mindestens 30 handelt. Je
höher daher die Anzahl der in die Bildung des Gesamtmittelwerts einbezogenen Mittelwerte ist, umso eher ist gewährleistet,
dass ein objektiver Wert entsteht.
Soweit teilweise nicht auf den Mittelwert, sondern unter Berücksichtigung nur der mit Sammelheizung und Bad ausgestatteten
Wohnungen innerhalb der als maßgeblich erachteten Zeile auf die Spalte mit dem günstigsten Spannenhöchstbetrag abgestellt
wird (vgl. z.B. Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 04.04.2008 - L 32 B 458/08 AS ER - zitiert nach juris, Rn. 6), überzeugt dies den Senat nicht. Er sieht vielmehr die Gefahr, dass bei dieser Form, die
maßgebliche Nettokaltmiete festzusetzen, einzelnen "Ausreißern" in den einzelnen Spalten eine viel zu große Bedeutung beigemessen
wird. Auch ist diese Berechnungsweise nicht im Hinblick darauf erforderlich, dass sich die Angemessenheit auf real anmietbare
Wohnungen beziehen muss und daher ein Puffer zu den abstrakt-generell absolut günstigsten Mietwerten des Mietspiegels geboten
ist. Die Frage, ob zu dem errechneten Wert tatsächlich Wohnungen auf dem Mietmarkt anzumieten sind, ist in einem gesonderten
Schritt - der konkreten Unterkunftsalternative - zu prüfen.
Es errechnet sich danach unter Einbeziehung sämtlicher Mittelwerte der Zeile D ein Gesamtmittelwert nach dem Mietspiegel 2005
von 4,33 €/m² = [(2,99 + 4,48 + 3,21 + 4,38 + 4,31 + 4,08 + 4,39 + 4,52 + 6,57) €/m² : 9] und nach dem Mietspiegel 2007 von
4,54 €/m² = [(3,42 + 4,35 + 3,30 + 4,77 + 4,43 + 4,41 + 4,56 + 4,96 + 6,70) €/m² : 9]. Daraus ergibt sich schließlich eine
angemessene Nettokaltmiete nach dem Mietspiegel 2005 in Höhe von 194,85 € = (45 m² x 4,33 €/m²) und nach dem Mietspiegel 2007
in Höhe von 204,30 € = (45 m² x 4,54 €/m²).
c) Hinzu kommen Betriebskosten, zu deren Bestimmung das Sozialgericht Berlin zu Recht auf den vom Deutschen Mieterbund für
die gesamte Bundesrepublik Deutschland ermittelten Betriebskostenspiegel zurückgegriffen hat (so auch LSG Berlin-Brandenburg,
Urteil vom 16.10.2008 - L 5 AS 1649/07 - zitiert nach juris, Rn. 27 sowie Beschlüsse vom 17.09.2008 - L 34 B 1650/08 AS ER - zitiert nach juris, Rn. 9, vom 16.04.2008 - L 29 B 2215/07 AS ER - zitiert nach juris, Rn. 8-9, vom 29.07.2008 - L 14 B 248/08 AS ER - zitiert nach juris, Rn. 4 und vom 14.06.2007 - L 10 B 391/07 AS ER, zitiert nach juris, Rn. 7). Die Betriebskostenspiegel 2006 und 2007 sehen folgende Beträge vor:
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Betriebskostenspiegel
2006
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Betriebskostenspiegel
2007
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"kalte" Betriebskosten
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1,79 €/m²
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1,75 €/m²
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Heizkosten
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0,76 €/m²
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0,85 €/m²
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Warmwasseraufbereitung
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0,19 €/m²
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0,22 €/m²
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insgesamt
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2,74 €/m²
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2,82 €/m²
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Demgegenüber erscheinen dem Senat die für den fraglichen Zeitraum in den AV-Wohnen für die Betriebskosten vorgesehene Beträge
(Ziffer 6 Abs. 1 und 2) in Höhe von 1,47 €/m² (kalte Betriebskosten) sowie 0,75 €/m² Heizkosten zu gering angesetzt. Gleiches
gilt bzgl. der sich aus den Betriebskostenübersichten 2003 und 2005 ergebenden - nicht amtlichen - Mittelwerte, die in die
Mietspiegel 2005 bzw. 2007 Eingang gefunden haben. Denn auch diese sehen lediglich folgende Beträge vor:
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Betriebskostenübersicht
2003
(im Mietspiegel 2005)
Mittelwert
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Betriebskostenübersicht
2005
(im Mietspiegel 2007)
Mittelwert
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insgesamt
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2,00 €/m²
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2,50 €/m²
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Warmwasseraufbereitung
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0,18 €/m²
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0,24 €/m²
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Heizkosten zzgl. sonstige
warme Betriebskosten
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0,57 €/m²
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0,63 €/m²
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verbleibender Betrag für
"kalte" Betriebskosten
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1,25 €/m²
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1,63 €/m²
|
Soweit umgekehrt statt des sich aus der jeweiligen Betriebskostenübersicht ergebenden Mittelwerts der dort ebenfalls angegebene
4/5 Spannen-Oberwert herangezogen wird (so LSG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 04.04.2008 - L 32 B 458/08 AS ER - zitiert nach juris, Rn. 6 sowie vom 09.12.2008 - L 32 B 2223/08 AS ER - zitiert nach juris, Rn. 15), erscheint dies ebenfalls nicht sachgerecht. Es ist nicht nachvollziehbar, warum gerade
für Wohnungen in einfachen Wohnlagen und mit einfacher Ausstattung ein Wert angesetzt werden soll, den überhaupt nur 10 %
aller erhobenen Werte überschritten haben. Gerade für Wohnungen in einfacher Wohnlage und mit einfacher Ausstattung müssten
tendenziell geringere kalte Betriebskosten anfallen, da diese beispielsweise eher selten mit einem Fahrstuhl und/oder pflegeintensiven
Grünanlagen ausgestattet sein werden. Im Übrigen spricht für die Heranziehung der Betriebskostenspiegel des Deutschen Mieterbundes,
dass diese jährlich erstellt werden und damit die gerade im Bereich der Mietnebenkosten deutlich rascher voranschreitende
Preisentwicklung besser abbilden können als nur zweijährig oder gar noch seltener ermittelte Werte.
Hinsichtlich der "kalten" Betriebskosten, die in den jeweiligen Betriebskostenspiegel Eingang gefunden haben, hält der Senat
es für angebracht, sämtliche der in die Betriebskosten eingeflossenen Positionen anzusetzen und nicht einzelne, wie z.B. die
Kosten für einen Fahrstuhl, herauszurechnen. Bei der Berechnung des angemessenen Betrages geht es nicht um die individuelle
Festlegung der für einzelne Wohnbereiche typischen Kosten, sondern um eine abstrakte Rechengröße. Insofern mögen teilweise
Beträge angesetzt werden, die im konkreten Fall keine Bedeutung haben können, umgekehrt mögen auch mal Werte keine ausreichende
Berücksichtigung finden. Auch hier gilt wieder, dass nur durch eine weite Streuung letztlich ein realistischer Durchschnittswert
zu ermitteln ist.
Ob schließlich die Kosten für die Warmwasseraufbereitung vom Gesamtbetrag der Nebenkosten in Abzug zu bringen sind, wie es
in aktuelleren Beschlüssen des LSG Berlin-Brandenburg - insbesondere auch des erkennenden Senats - teilweise angenommen wurde,
kann hier dahinstehen. Es ist insoweit zu bedenken, dass zwar die Kosten der Warmwasseraufbereitung nach der Rechtsprechung
des Bundessozialgerichts aus dem Regelsatz zu tragen sind, in diesem jedoch hierfür Kosten lediglich in Höhe von 6,22 € (Regelsatz
in Höhe von 345,00 € für die Zeit bis zum 30. Juni 2007) bzw. von 6,26 € (Regelsatz von 347,00 €) enthalten sind (vgl. BSG,
Urteil vom 27.02.2008 - B 14/11b AS 15/07 R - zitiert nach juris, Rn. 25), während nach obigen Ausführungen jedenfalls bei einem Einpersonenhaushalt tatsächlich höhere
Kosten für die Warmwasseraufbereitung, nämlich unter Ansatz einer 45 m² großen Wohnung 8,55 € (Betriebskostenspiegel 2006)
bzw. 9,90 € (Betriebskostenspiegel 2007) anfallen. Insoweit wäre immerhin zu erwägen, jedenfalls den überschießenden Betrag
nicht in Abzug zu bringen, da bei bestehenden Mietverträgen die Kosten der Unterkunft in tatsächlich anfallender Höhe abzgl.
lediglich des im Regelsatz enthaltenen Anteils für die Warmwasseraufbereitung gewährt werden. Letztlich bedarf dies hier jedoch
keiner abschließenden Klärung. Denn selbst wenn auch die Kosten für die Warmwasseraufbereitung voll berücksichtigt werden,
ergibt sich keine Angemessenheitsgrenze, die die vom Beklagten in Höhe von 360,00 € angesetzte, übersteigt. Unter Ansatz der
jeweils höheren Beträge, d.h. der sich nach dem Mietspiegel 2007 ergebenden Nettokaltmiete von 4,54 €/m² sowie der im Betriebskostenspiegel
2007 erfassten Betriebskosten in Höhe von insgesamt 2,82 €/m², ergibt sich eine angemessene Bruttowarmmiete von lediglich
331,20 € = [45 m² x (4,54 €/m² + 2,82 €/m²).
Soweit der erkennende Senat hinsichtlich der Angemessenheit der Unterkunftskosten für allein stehende Hilfebedürftige bisher
anderes vertreten hat, insbesondere mit Urteil vom 09. November 2007 (L 28 AS 1059/07, abrufbar unter juris) für einen Einpersonenhaushalt eine bis zu 50 m² große Wohnung als angemessen angesehen und für die
Ermittlung der maßgeblichen Nettokaltmiete einerseits lediglich Wohnungen einbezogen hat, die mit Sammelheizung, Bad und Innen-WC
ausgestattet sind, andererseits aber die nach 1990 bezugsfertig gewordenen Wohnungen nicht berücksichtigt hat, hält er daran
nicht mehr fest.
d) Dass schließlich zu dem vom Senat als angemessen erachteten oder insbesondere dem vom Beklagten angesetzten höheren Betrag
von 360,00 € im fraglichen Zeitraum kein Wohnraum anzumieten gewesen wäre, hat weder die Klägerin selbst geltend gemacht noch
ist dies sonst ersichtlich. Dem steht im Übrigen auch bereits entgegen, dass nach dem Jahresbericht 2007 des Rechnungshofes
von Berlin mit den in den AV-Wohnen als maßgeblich angesehenen Mieten 80 % der Mieten des Wohnungsbestandes in Berlin abgedeckt
waren (vgl. Jahresbericht 2007, S. 98 Rn. 145).
2.) Zu Recht ist das Sozialgericht Berlin weiter davon ausgegangen, dass auch unter dem Aspekt des Bestandsschutzes keine
Gewährung höherer Leistungen für die Kosten der Unterkunft in Betracht kommt. Die Gewährung unangemessener Unterkunftskosten
ist gesetzlich nur für den Ausnahmefall vorgesehen, dass es dem Hilfebedürftigen nicht möglich oder zumutbar ist, durch einen
Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, und auch dies in der Regel längstens für
sechs Monate (§ 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II). Diese Bestandsschutzregel kann Wirkung jedoch nur für Wohnraum entfalten, der bereits
bei Beginn des Leistungsbezuges bewohnt wird. Nicht hingegen gilt er für eine erst während des laufenden Leistungsbezuges
neu angemietete Wohnung.
II. Entgegen der Auffassung der Klägerin muss der Beklagte sie schließlich auch nach den Grundsätzen über den sozialrechtlichen
Herstellungsanspruch nicht so stellen, als sei ihre im streitgegenständlichen Zeitraum tatsächlich angefallene Miete angemessen
gewesen. Dabei kann zur Überzeugung des Senats dahinstehen, ob die Kostensenkungsaufforderung des JobCenters R hinsichtlich
der genannten angemessenen Miete missverständlich war oder nicht. Denn selbst wenn dies der Fall gewesen sein und hieraus
eine dem Beklagten zuzurechnende Pflichtverletzung in Form eines Beratungsmangels folgen sollte, könnte die Klägerin daraus
keinen Anspruch auf Gewährung der unangemessen hohen Unterkunftskosten herleiten. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch
setzt nicht nur voraus, dass der Sozialleistungsträger eine ihm aufgrund Gesetzes oder eines Sozialrechtsverhältnisses obliegende
Pflicht, insbesondere zur Beratung verletzt hat. Vielmehr ist weiter erforderlich, dass zwischen der Pflichtverletzung des
Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Schließlich muss der durch
das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können (Vgl.
BSG, Urteil vom 15. April 2008 - B 14 AS 27/07 R - zitiert nach juris, Rn. 40). D.h., dass die Behörde nur verpflichtet sein kann, etwas zu gewähren, worauf im Falle sachgerechter
Bearbeitung auch ein Anspruch bestünde. Denn über den Herstellungsanspruch soll der Betroffene nur vor Schaden bewahrt werden,
ihm sollen hingegen keine Vorteile zufließen, die er bei nicht fehlerhaftem behördlichem Verhalten nicht gehabt hätte.
Gemessen daran hätte die Klägerin auch dann keinen Anspruch auf Gewährung ihrer tatsächlich anfallenden Unterkunftskosten,
wenn das JobCenter R sie tatsächlich falsch oder jedenfalls missverständlich aufgeklärt hätte, was sich der Beklagte zurechnen
lassen müsste. Bei den ihr tatsächlich entstandenen Unterkunftskosten, für die der Beklagte keine Leistungen gewährt hat,
mithin bei dem monatlich jeweils 360,00 € übersteigenden Betrag, handelt es sich nicht um einen Schaden im Sinne des Herstellungsanspruchs.
Vielmehr erstrebt die Klägerin insoweit einen Vorteil, auf den sie auch bei sachgerechter Bearbeitung niemals einen Anspruch
gehabt hätte. Denn auch wenn die Behörde in aller Klarheit über die Angemessenheitsgrenze von 360,00 € aufgeklärt hätte, wäre
der Beklagte nicht zur Gewährung von Leistungen in der von der Klägerin begehrten Höhe verpflichtet gewesen. Anderes gilt
auch nicht für die Zeit bis einschließlich 30. November 2006, für die das JobCenter Rdie Übernahme der ursprünglichen Unterkunftskosten
in Höhe von 850,00 € zugesagt hatte. Dass der Klägerin für die alte Wohnung Leistungen in dieser Höhe gewährt worden wären,
heißt nicht, dass ihr auch für eine neue Wohnung höhere als angemessene Unterkunftskosten bewilligt werden können. Auch auf
diese Weise müsste der Beklagte andernfalls etwas rechtlich nicht Zulässiges - nämlich "Bestandsschutz" zu hoher Unterkunftskosten
für eine neue Wohnung - gewähren.
Im Übrigen trifft die Klägerin zumindest ein erhebliches Mitverschulden hinsichtlich des Eintritts des von ihr geltend gemachten
"Schadens". Denn in dem Schreiben des JobCenters R vom Februar 2006 heißt es abschließend, dass vor Abschluss eines Mietvertrages
die Zustimmung des JobCenters einzuholen ist. Es kann insoweit dahinstehen, ob dies in dieser Absolutheit tatsächlich richtig
war. Jedenfalls aber hätte diese Auskunft die Klägerin - hätte sie denn das Schreiben tatsächlich so gutgläubig und pflichtbewusst
befolgt wie sie behauptet - veranlassen müssen, eine Zusicherung einzuholen, bevor sie den Mietvertrag unterzeichnet hat.
Spätestens dann aber wäre das vermeintliche Missverständnis aufgeklärt worden.
Die Berufung konnte damit keinen Erfolg haben und war mit der Kostenfolge gemäß §
193 SGG zurückzuweisen.
Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil ein Grund hierfür nach §
160 Abs.
2 Nr.
1 und
2 SGG nicht vorliegt.