Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt die Kostenerstattung Kostenübernahme von Leistungen der Nadelepilation im Rahmen der geschlechtsangleichenden
Maßnahmen Mann zu Frau.
Die 1988 geborene Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert. Sie beantragte mit Schreiben vom 16. September 2017 die
Übernahme der Kosten für eine geplante Behandlung mittels Elektro-Epilation zur Entfernung der Barthaare (Nadelepilation im
Rahmen der geschlechtsangleichenden Behandlung). Beigefügt war ein Kostenvoranschlag der Fachkosmetikerin/Elektrologistin
A über die Elektro-Epilation über 40 Stunden mit einem Stundenpreis von 120 EUR und einem Gesamtpreis von 4.800 EUR.
Die Beklagte lehnte die Kostenübernahme mit Schreiben vom 27. September 2017 ab, den dagegen erhobenen Widerspruch wies sie
mit Widerspruchsbescheid vom 7. Februar 2018 zurück.
Die Klägerin hat dagegen Klage zum Sozialgericht Berlin erhoben. Sie begehre die Kosten der bereits durchgeführten Haarentfernung
im Umfang von 636 Minuten in Gestalt der Nadelepilation zu einem Gesamtpreis von 1.272 EUR sowie die noch aufzuwendenden Kosten
für die weitere Haarentfernung im Umfang von 1.200 EUR. Nach der Kostenabrechnung der Fachkosmetikerin A vom 20. August 2019
hat die Klägerin bis zum Januar 2019 im Umfang von insgesamt 282 Minuten eine Nadelepilation erhalten und Kosten i.H.v. 564
EUR bereits beglichen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht hat die Klägerin angegeben, Frau A habe
sich auf die Nadelepilation zur Gesichtshaarentfernung spezialisiert. Die von ihr schließlich kontaktierten privat behandelnden
Ärzte hätten überwiegend Laserbehandlung angeboten. Diese sei aber nicht so effektiv, da nach fünf Jahren die Gesichtsbehaarung
wieder beginne und dann erneut eine Behandlung vorgenommen werden müsse. Insoweit würden deutlich höhere Kosten für die Krankenkasse
anfallen. Sie habe selbst eine Blitzlicht-Epilation vor Jahren bereits durchgeführt, eine dauerhafte Haarentfernung sei damit
nicht gelungen.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 23. August 2019 die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Kostenerstattung
für bereits erfolgte oder zukünftige noch vorzunehmende Behandlungen zur Haarentfernung im Gesicht durch Nadelepilation, ausgeführt
von einer Kosmetikerin. Als Anspruchsgrundlage komme allein §
13 Abs.
3 Sozialgesetzbuch/Fünftes Buch (
SGB V) in Betracht. Voraussetzung der Übernahme von Kosten für eine selbstbeschaffte Leistung seitens der Krankenkasse sei, dass
die Leistung notwendig sei und die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig habe erbringen können oder
sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt habe und dadurch für die Versicherten Kosten entstanden seien. Voraussetzung eines
Kostenerstattungsanspruches sei es mithin zunächst, dass ein primärer Leistungsanspruch des Versicherten gegen die Krankenkasse
bestehe und dieser rechtswidrig nicht erfüllt worden sei. Diese Voraussetzung liege bereits nicht vor, da die Beklagte die
Kostenübernahme für die Gesichtshaarentfernung durch Nadelepilation, erbracht durch eine Kosmetikerin, nicht zu Unrecht abgelehnt
habe. Die Klägerin habe einen primären Leistungsanspruch auf Gesichtshaarentfernung durch Nadel-Epilation im Rahmen geschlechtsangleichender
Behandlung als vertragsärztliche Leistung. Die Barthaarentfernung durch Elektro-Epilation gehöre im Rahmen der Behandlung
von Transsexualismus zu den Leistungen der Krankenversicherung und Krankenbehandlung, die aber einem Arzt vorbehalten seien.
Sie sei Inhalt des Leistungskomplexes "Kleinchirurgischer Eingriff I und/oder primäre Wundversorgung und/oder Epilation" und
könne mit der Gebührenordnungsposition 02300 EBM bzw. 10340 EBM abgerechnet werden. Als ärztliche Leistung (privatärztlich
abrechenbar nach GOÄ Teil I Nr. 742) müsse sie aber von einem Arzt erbracht werden oder, wenn sie als Hilfeleistungen anderer Personen erbracht
werde, von einem Arzt angeordnet und von ihm verantwortet werden (§
15 Abs.
1 i.V.m. §
28 SGB V). So habe das Bundessozialgericht (BSG) in seiner Entscheidung vom 18. Dezember 2018 (B 1 KR 34/17 R, juris Rn. 14/15) ausgeführt, dass es zwingende Voraussetzung ärztlicher Krankenbehandlung sei, dass der Behandler oder die
Behandlerin Arzt/Ärztin im berufsrechtlichen Sinne sei. Das sei nur, wer über eine staatliche Approbation verfüge. Die Anknüpfung
an die Approbation als Mindestqualifikation bei der Krankenbehandlung in eigener Verantwortung sei prägendes Merkmal der gesetzlichen
Krankenversicherung von Anbeginn an. Seit jeher dürfe eine ärztliche Behandlung nur durch approbierte Ärzte geleistet werden.
Bei diesen sei davon auszugehen, dass sie aufgrund ihrer langjährigen theoretischen und praktischen Ausbildung und der entsprechenden
Prüfungen den Anforderungen entsprächen, die für eine effektive, den Wirtschaftlichkeitsgrundsätzen der gesetzlichen Krankenversicherung
entsprechende Krankenbehandlung erforderlich seien. Der speziell in §
15 und §
27 Abs.
1 SGB V geregelte Arztvorbehalt beinhalte insoweit einen generellen Ausschluss nichtärztlicher Heilbehandler und -behandlerinnen
von der nichtärztlich angeleiteten selbstständigen und eigenverantwortlichen Behandlung von Versicherten. Um dem Arztvorbehalt
zu genügen, müssten Ärzte die Leistung nicht vollständig allein erbringen, sondern dürften sich der unselbstständigen Hilfeleistungen
anderer Personen bedienen, wenn sie, die Ärzte, diese Hilfeleistungen anordneten und verantworteten. Gemäß dieser Anforderungen
konstatiere die Kammer, dass die Klägerin die Kostenübernahme für nichtvertragsärztliche Behandlungen begehre. Diese habe
die Beklagte zu Recht abgelehnt. Ein Anspruch bestehe für die Klägerin auch nicht aus einem Versagen des Sachleistungssystems
der gesetzlichen Krankenkassen. Zwar komme ein solches Systemversagen nach den Ausführungen der Beklagten und der Stellungnahme
der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin in Betracht, da sich daraus ergebe, dass aufgrund der Abrechnungsstruktur der EBM-Ziffern
Versicherten die für die Barthaarentfernung erforderlichen zahlreichen ärztlichen Einzelbehandlungen nicht zumutbar seien.
Hinzutrete, dass die Einzelkosten, d.h. der Aufwand für die Barthaarentfernung mittels Nadelepilation, in der Bewertung der
EBM-Ziffern nicht abgebildet seien. Insoweit sei der Vortrag glaubhaft, dass die Klägerin keinen vertragsärztlichen Behandler
für Ihre Nadelepilation gefunden habe. Auch die Beklagte habe keinen zur Behandlung bereiten Vertragsarzt benennen können.
Allerdings führe dieses Systemversagen nicht dazu, dass die Beklagte die Behandlung eines Nichtarztes durch Kostenerstattung
und Kostenübernahme zu erbringen habe. Etwas anderes folge auch nicht daraus, dass die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung
bekräftigt habe, auch keinen privatärztlichen Behandler für die Leistungserbringung gefunden zu haben. Für die Kammer sei
ein so umfassendes Systemversagen aus dem Vortrag der Klägerin allein noch nicht glaubhaft geworden. Außerdem habe die Klägerin
im Termin zur mündlichen Verhandlung auf Nachfrage bestätigt, die begonnene kosmetische Behandlung bei Frau A fortsetzen zu
wollen, sodass die Verwirklichung einer ärztlichen Behandlung aus Sicht der Kammer von ihr nicht ernsthaft angestrebt werde.
Gegen das ihren Bevollmächtigten am 28. August 2019 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 2. Oktober 2019 Berufung eingelegt.
Sie habe diverse Vertragsärzte wie privat tätige Ärzte aufgesucht und keinen Arzt gefunden, der bereit gewesen sei, die Nadelepilation
unter Abrechnung nach der ärztlichen Gebührenordnung durchzuführen. Das BSG habe ausgeführt, dass der Arzt sich bei der Erbringung seiner Leistungen erforderlicher unselbständiger Hilfeleistung durch
andere Personen bedienen könne, wenn er diese anordne und verantworte. Die Behandlung durch die Kosmetikerin A sei von einem
approbierten Arzt angeordnet und von ihr lediglich ausgeführt worden. Außerdem sei der vom BSG entschiedene Fall mit den hiesigen nicht vergleichbar, denn dort sei eine selbstständige podologische Behandlung streitgegenständlich
gewesen. Diese sei kein Leistungsgegenstand zur Schließung einer Lücke in der vertragsärztlichen Versorgung. Die Kosmetikerin
erbringe keine selbständige Tätigkeit, da die Behandlung einer Haarwurzel mit dem üblichen Gerät keinerlei eigenverantwortlich
oder selbständige Entscheidung des Behandlers zulasse. Darüber hinaus bestehe der Anspruch wegen Systemversagens. Im Unterschied
zum Fall des BSG finde sich für die notwendige Behandlung der Klägerin auch kein Privatarzt, der die Nadelepilation anbiete.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Berlin vom 23. August 2019 und Aufhebung des Bescheides der Beklagten
vom 27. September 2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 7. Februar 2018 zu verurteilen, die Kosten für die Epilationsbehandlung
zur dauerhaften Haarentfernung im Gesicht i.H.v. 1.272,00 EUR zu erstatten und in Höhe von mindestens weiteren 1.200 EUR zu
übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils.
Der Senat hat mit Schreiben vom 6. April 2020 den Beteiligten mitgeteilt, dass beabsichtigt sei die Berufung ohne mündliche
Verhandlung durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten
verwiesen.
II.
A. Der Senat konnte die Berufung gemäß §
153 Abs.
4 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) durch Beschluss zurückweisen, da er sie einstimmig für unbegründet sowie eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich
hält und die Beteiligten vorher angehört worden sind.
B. Die nach §
143 SGG zulässige Berufung bleibt ohne Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 27. September 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 7. Februar 2018 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten; die Beklagte hat zu Recht eine Kostenerstattung
für die bereits durchgeführten und auch zukünftige Behandlungen in Gestalt der Nadelepilation durch die Kosmetikerin A abgelehnt.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung ihrer bereits aufgewendeten Kosten oder Übernahme weiterer Kosten der Epilation
durch Frau A. Es handelt sich um ärztliche Leistungen, die im Rahmen der Versorgung gesetzlich Versicherter wie der Klägerin
nicht von einer Kosmetikerin erbracht werden dürfen. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat Bezug auf die Gründe
der erstinstanzlichen Entscheidung (§
153 Abs.
2 SGG). Das Sozialgericht hat sorgfältig und detailliert unter Berücksichtigung der durch die höchstrichterliche Rechtsprechung
entwickelten Grundsätze ausgeführt, dass die Voraussetzungen auch eines Ausnahmefalles in Gestalt eines Systemversagens im
Fall der Klägerin nicht nachgewiesen sind. Dem hat die Begründung der Berufung nichts im Ergebnis Überzeugendes entgegengesetzt.
Es bleibt - auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens - zu ergänzen:
Der Arztvorbehalt des §
15 SGB V i.V.m. §
28 SGB V erfasst auch die hier streitgegenständliche Behandlung mittels Elektro-Epilation zur dauerhaften Haarentfernung. Dies ergibt
sich - worauf das Sozialgericht zutreffend hingewiesen hat - aus der Gebührenordnungsposition 02300 EBM. Diese konkretisiert
den kleinchirurgischen Eingriff u.a. wie folgt: "Epilation durch Elektrokoagulation im Gesicht und/oder an den Händen bei
krankhaftem und entstellendem Haarwuchs." Die (begehrte) Leistung der Kosmetikerin A unterscheidet sich in keiner Weise von
der insoweit mit dem EBM abgebildeten ärztlichen Leistung, außer, dass sie keine approbierte Ärztin ist und bereits deshalb
nicht nach dem EBM abrechnen darf.
Keine andere Beurteilung rechtfertigt der Vortrag, die Kosmetikerin führe anders als die Podologen im Fall des Urteils des
BSG vom 18. Dezember 2018 keine eigenständige Leistung durch. Die Elektro-Epilation ist auch dann eine (eigenständige) ärztliche
Leistung, wenn sie von Hilfspersonen unter Verantwortung des Arztes erbracht wird. §
28 Abs.
1 Satz 2
SGB V bestimmt, dass zur ärztlichen Behandlung auch die Hilfeleistung anderer Personen gehört, die von dem Arzt angeordnet oder
von ihm zu verantworten ist. Nur weil im Fall der Elektro-Epilation durch Kosmetikerinnen überhaupt kein Arzt oder Vertragsarzt
die Verantwortung für die Einzelbehandlung trägt, wird die Leistung selbst dadurch weder zu einer nichtärztlichen, die nicht
dem Vorbehalt des §
15 SGB V unterfällt noch verliert sie das Merkmal der eigenständigen Erbringung. Die Außerachtlassung der Mindestvorgaben des
SGB V bei der Leistungserbringung durch approbierte Ärzte verändert somit das Wesen der Leistung i.S. des
SGB V nicht.
Es ist keineswegs gesichert, dass im Fall der Klägerin ein Systemversagen vorliegt. Die Klägerin hat als Bestandteil der Leistungen
der Krankenbehandlung zur Geschlechtsangleichung Anspruch darauf, dass Barthaare im Gesicht, die der Angleichung an einen
weiblichen Phänotyp entgegenstehen, entfernt werden. Es ist keineswegs evident, dass dafür allein die Nadelepilation zur Verfügung
steht. Da die moderne Laserepilation mittlerweile ebenfalls langfristige bis dauerhafte Haarentfernung verspricht, kommt auch
diese Methode als Haarentfernungsmethode grundsätzlich in Betracht und müssen sich Versicherte ggf. auch darauf verweisen
lassen.
Selbst wenn aber gerade im Hinblick auf die vertragsärztliche Leistung der Elektroagulation ein Systemversagen vorliegt, muss
am Erfordernis der Approbation als Mindestqualifikation für den Behandlungsanspruch auch in dieser Situation festgehalten
werden (BSG, Urteil vom 13. Dezember 2016 - B 1 KR 4/16 R -, Rn. 17; Urteil vom 18. Dezember 2018 - B 1 KR 34/17 R - Nagelspangenbehandlung durch Podologen sowie jüngst für die Nadelepilation durch Kosmetikerinnen: Urteil des LSG Berlin-Brandenburg
vom 15. August 2019 - L 1 KR 558/16, jeweils zitiert nach juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§
160 Abs.
2 SGG).