Tatbestand
Der Kläger begehrt die Bescheidung eines Widerspruchs.
Der 1939 geborene, alleinstehende Kläger lebt in einer städtischen Gemeinschaftsunterkunft in T. Er bezieht eine Altersrente
durch die Deutsche Rentenversicherung, deren Zahlbetrag ab Juli 2017 90,03 € monatlich betrug, sowie seit März 2016 ergänzende
Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII. Zuletzt waren ihm mit Bescheid vom 06.12.2016 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 05.10.2017 für die Zeit vom 01.01.2017
bis zum 31.12.2017 Grundsicherungsleistungen bewilligt worden (zuletzt i.H.v. 565,27 €).
Mit Bescheid vom 12.12.2017 bewilligte die Beklagte dem Kläger für den Zeitraum vom 01.01.2018 bis zum 31.12.2018 Leistungen
der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung i.H.v. 728,66 € monatlich. Dieser Betrag setzte sich zusammen aus 416,00
€ Regelbedarf, Mehrbedarfen i.H.v. insgesamt 112,32 €, Miet- und Nebenkosten i.H.v. 136,37 € und Leistungen für Winterfeuerung
(einmalig) i.H.v. 154,00 €. Als Einkommen berücksichtigte die Beklagte eine monatliche Altersrente i.H.v. 90,03 €. Von diesen
Leistungen überwies sie einen Betrag von 176,35 € an die Stadt T als Betreiberin der Obdachlosenunterkunft. Dieser Betrag
umfasste die dort entsprechend der "Satzung der Stadt T für Übergangswohnheime und Obdachlosenunterkünfte der L, T vom 09.09.2016"
anfallenden Miet- und Nebenkosten (68,54 € bzw. 67,83 € monatlich) sowie eine Stromkostenpauschale i.H.v. 39,98 € monatlich.
Der Kläger hatte um diese Direktzahlung gebeten.
Gegen den Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 16.12.2017 wegen der "ständigen Anpassung von Grundsicherung und Rente"
eine "1. Beschwerde" ein.
Mit Schreiben vom 18.12.2017 legte er eine "2. Beschwerde" ein und führte aus, er beanstande die sehr hohe Stromkostenpauschale.
Es liege eine Ungleichbehandlung vor.
Mit weiterem Schreiben vom 19.12.2017 erhob der Kläger gegen den Bescheid vom 12.12.2017 eine "3. Beschwerde". Es werde erneut
die ungerechte Mietzahlung kritisiert. Die anfallenden Mietkosten müssten entsprechend der Wohnfläche umgelegt werden.
Schließlich legte der Kläger mit Schreiben vom 20.12.2017 eine "4. Beschwerde" ein. Die anfallenden Betriebskosten seien ungerecht
verteilt. Sie seien nach Größe der Wohnfläche und der benutzenden Personen zu verteilen.
Mit Teilabhilfe- und Widerspruchsbescheid vom 06.03.2018 bewilligte die StädteRegion B dem Kläger weitere Leistungen für Stromkosten
i.H.v. 6,67 € monatlich im Rahmen einer Regelbedarfserhöhung und wies den Widerspruch des Klägers vom 16.12.2017 nach Beteiligung
sozial erfahrener Dritter im Übrigen zurück. Dabei wertete sie die vier "Beschwerden" des Klägers als einheitlichen Widerspruch.
Am 18.06.2018 hat der Kläger bei dem Sozialgericht Aachen Untätigkeitsklage erhoben. Seine Beschwerde vom 19.12.2017 (= "3.
Beschwerde") habe keine Beachtung und Bearbeitung gefunden.
Der Kläger hat nach der Auslegung des Sozialgerichts sinngemäß beantragt,
seinen Widerspruch vom 19.12.2017 gegen den Bescheid vom 12.12.2017 zu bescheiden.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beschwerde vom 19.12.2017 sei als weitere Begründung des Widerspruchs vom 16.12.2017 gewertet und im Widerspruchsbescheid
vom 06.03.2018 berücksichtigt worden.
Mit Gerichtsbescheid vom 10.07.2018 hat das Sozialgericht nach Anhörung der Beteiligten die Klage abgewiesen. Die Untätigkeitsklage
sei unzulässig, weil die Beschwerde des Klägers vom 19.12.2017 als weitere Begründung seines zuvor eingelegten Widerspruchs
gewertet worden und mit Widerspruchsbescheid vom 06.03.2018 beschieden worden sei. Eine Untätigkeit der Beklagten liege damit
nicht vor.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 16.07.2018 eingelegten Berufung. Es sei eigenartig, dass ein Widerspruchsbescheid
für viele Rechtsfälle gleichzeitig gelten solle. Zudem sei die Höhe der anfallenden Mietzahlungen zu kritisieren.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Aachen vom 10.07.2018 abzuändern und seinen Widerspruch vom 19.12.2017 zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie verweist auf den Widerspruchsbescheid vom 06.03.2018. Hinsichtlich der Höhe der Unterkunftskosten sei sie an den Gebührenbescheid
für die Obdachlosenunterkunft gebunden. Gegen diesen hätte der Kläger Klage vor dem Verwaltungsgericht erheben müssen, wenn
er mit der Höhe der Unterkunftskosten nicht einverstanden gewesen sei.
Auf Nachfrage des Gerichts hat der Kläger erklärt, er halte einen Mietpreis von 120 bis 140 € pro Person für angemessen. Er
begehre "eine gewaltige Reduzierung des Mietpreises" sowie eine "sehr umfangreiche Rückzahlung ab Dezember 2015".
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakten
der Beklagten Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Sie ist bereits unzulässig.
A. Auch bei einer Untätigkeitsklage kommt es für die Zulässigkeit der Berufung darauf an, ob der Mindestbeschwerdewert des
§
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG (750,01 €) erreicht wird (BSG, Urteil vom 10.10.2017 - B 12 KR 3/16 R Rn. 13; ferner BSG, Beschluss vom 06.10.2011 - B 9 SB 45/11 B Rn. 10 f.). Gegenstand des Verfahrens ist die (angebliche) Nichtbescheidung der "3. Beschwerde" des Klägers, mit der er sich
gegen die Höhe der Mietzahlungen wendet. Die Beklagte übernahm ausweislich des angefochtenen Bescheides Miet- und Nebenkosten
i.H.v. 136,37 €. Dies entspricht dem Betrag, den der Kläger entsprechend der "Satzung der Stadt T für Übergangswohnheime und
Obdachlosenunterkünfte der L T vom 09.09.2016" zu zahlen verpflichtet war. Dabei kann dahinstehen, ob diese Verpflichtung
rechtmäßig war; dies wäre ggf. in einem Klageverfahren vor dem zuständigen Verwaltungsgericht zu klären gewesen. Der Kläger
ist jedenfalls durch die Übernahme seiner vollen Unterkunftskosten durch die Beklagte wirtschaftlich in keiner Weise beschwert;
dementsprechend wird auch der Mindestbeschwerdewert für eine zulässige Berufung nicht erreicht. Die Berufung ist auch nicht
etwa deshalb statthaft, weil ein überjähriger Leistungszeitraum betroffen wäre, so dass es nach §
144 Abs.
1 Satz 2
SGG auf das Überschreiten eines Beschwerdewertes von 750 € nicht ankäme. Denn der Bescheid vom 12.12.2017, gegen den sich der
Kläger mit seiner "3. Beschwerde" gewandt hat, betrifft einen Leistungszeitraum von exakt nur einem Jahr (01.01. bis 31.12.2018).
Nur über die vermeintliche Nichtbescheidung des Widerspruches gegen diesen Bescheid hat das Sozialgericht entschieden; soweit
der Kläger während des laufenden Berufungsverfahrens auf Nachfrage des Senats hinsichtlich seiner Miethöhe ferner eine "sehr
umfangreiche Rückzahlung ab Dezember 2015" begehrt hat, kann dies den sich allein nach dem Entscheidungsumfang des Sozialgerichts
zu bemessenden Beschwerdewert nicht erhöhen.