Tatbestand
Der Kläger begehrt eine Beihilfe zur Anschaffung von Winterbekleidung.
Der 1939 geborene, alleinstehende Kläger wurde nach einer Zwangsräumung der zuvor bewohnten Notunterkunft in F, bei der sein
gesamtes persönliches Habe verloren ging, am 13.01.2016 in die städtische Obdachlosenunterkunft "L 5" in T eingewiesen. Er
bezieht eine Altersrente durch die Deutsche Rentenversicherung (DRV) mit einem Zahlbetrag von 90,03 € (Stand: 01.07.2017).
Bis zum 29.02.2016 erhielt er ergänzende Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten
Kapitel des SGB XII durch die Stadt F. Seit dem 01.03.2016 erbringt die Beklagte diese Leistungen.
Mit Schreiben vom 29.02.2016 beantragte der Kläger erstmalig bei der Beklagten die Gewährung einer Beihilfe für Winterbekleidung.
Zuvor hatte er bereits einen entsprechenden Antrag bei der vormals zuständigen Stadt F gestellt. Mit Bescheid vom 10.03.2016
bewilligte die Beklagte Grundsicherungsleistungen für den Zeitraum vom 01.03.2016 bis zum 31.12.2016 und wies zugleich darauf
hin, dass weitere als die in § 31 SGB XII genannten Beihilfen nicht gewährt werden könnten. Die erforderlichen Mittel seien vielmehr aus dem Regelsatz anzusparen.
Mit weiterem Bescheid vom 11.03.2016 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Beihilfe für Bekleidung ab. Gegen diesen Bescheid
legte der Kläger Widerspruch ein, den die StädteRegion B mit Widerspruchsbescheid vom 01.06.2016 zurückwies. Hiergegen erhob
der Kläger am 08.06.2016 vor dem Sozialgericht Aachen Klage (S 20 SO 86/16, später L 20 SO 401/16), die mit Urteil vom 05.07.2016
abgewiesen wurde.
Am 26.10.2016 beantragte der Kläger erneut die Gewährung einer Beihilfe für Winterbekleidung. Die Beklagte wandte sich daraufhin
mit Schreiben vom 24.11.2016 an den Kläger und bat um Mitteilung, ob der Antrag bis zu einer Entscheidung des Landessozialgerichts,
in dem es um die gleiche Rechtsfrage gehe, ruhend gestellt werden könne. Der Kläger überreichte daraufhin eine Liste, welche
Bekleidungsstücke er benötige: Thermo-Unterwäsche, Thermo-Hose, Pullover, Winterjacke, Handschuhe, Winterschuhe.
Mit Bescheid vom 17.01.2017 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers vom 26.10.2016 ab. Auch hiergegen legte der Kläger
Widerspruch ein, den die StädteRegion B mit Widerspruchsbescheid vom 30.05.2017 zurückwies. Dieser Bescheid ist Gegenstand
des Berufungsverfahrens L 20 SO 293/18 gewesen.
Mit Schreiben vom 05.10.2017 beantragte der Kläger wiederum die Gewährung einer Beihilfe für Winterbekleidung. Diesen Antrag
lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27.11.2017 ab. Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 01.12.2017 Widerspruch ein,
den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16.01.2018 zurückwies. Dieser Bescheid ist Gegenstand des Berufungsverfahrens
L 20 SO 435/18 gewesen.
Am 21.12.2017 beantragte der Kläger schließlich nochmals die Gewährung einer Beihilfe für Winterbekleidung. Mit Schreiben
vom 19.03.2018 wandte sich die Beklagte daraufhin an den Kläger und bat um Mitteilung, ob er seinen Antrag zurücknehme. Denn
am 05.03.2018 sei vor dem Landessozialgericht ein Vergleich geschlossen worden, wonach er eine Pauschale von 350 € für eine
Erstausstattung mit Bekleidung erhalte. Nachdem der Kläger bekräftigt hatte, an seinem Antrag festhalten zu wollen, weil er
sich mit einem "solch lächerlichen Betrag" nicht zufrieden gebe, lehnte die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 14.05.2018
ab. Hiergegen legte der Kläger unter dem 17.05.2018 Widerspruch ein.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.07.2018 wies die StädteRegion B den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 14.05.2018
nach Beteiligung sozial erfahrener Dritter zurück. Die Thematik der Zwangsräumung der Obdachlosenunterkunft in F im April
2015 sei bereits Gegenstand von Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht gewesen (L 20 SO 401/16 und L 20 SO 43/17,
L 20 SO 201/17 und L 20 SO 116/18). In diesen Verfahren sei ein Vergleich geschlossen worden, wonach dem Kläger eine Beihilfe
für die Bekleidungserstausstattung i.H.v. 350 € bewilligt worden sei. Zudem liege die Räumung bereits zweieinhalb Jahre zurück.
Es könne sich daher nur um ergänzenden Bedarf handeln, der jedoch aus dem Regelbedarf zu finanzieren sei.
Am 06.08.2018 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Aachen Klage erhoben, die er nicht weiter begründet hat.
Er hat in der Auslegung des Sozialgerichts sinngemäß beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 14.05.2018 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10.07.2018 zu verurteilen,
ihm Winterbekleidung zu bewilligen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat den angefochtenen Bescheid für zutreffend gehalten.
Mit Gerichtsbescheid vom 23.10.2018 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Rechtsgrundlage für den geltend gemachten
Anspruch könne allein §§ 42 Nr. 2, 31 Abs. 1 SGB XII sein. Beim Kläger bestehe kein Bedarf für eine Erstausstattung. Dies gelte insbesondere, nachdem ihm auf Grund des vor dem
Landessozialgericht geschlossenen Vergleichs eine Pauschale für eine Erstausstattung mit Bekleidung i.H.v. 350 € gewährt worden
sei.
Am 20.11.2018 hat der Kläger hiergegen Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er auf seine Ausführungen in dem Verfahren L
20 SO 293/18 verwiesen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Aachen vom 23.10.2018 abzuändern und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides
vom 14.05.2018 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10.07.2018 zu verurteilen, ihm weitere Leistungen für Winterbekleidung
als Zuschuss zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakten
der Beklagten Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist nicht begründet. Denn die Klage ist zwar zulässig,
aber unbegründet.
A. I. Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 14.05.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.07.2018.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Anfechtungs- und Verpflichtungsklage in Form der sog. Verpflichtungsbescheidungsklage
(§§
54 Abs.
1,
56 SGG). Begehrt ein Hilfebedürftiger Leistungen für Erstausstattungen in Form bestimmter Gegenstände und ohne sich auf eine bestimmte
Art der Leistung (Geld- oder Sachleistung) zu beschränken, steht dem Sozialhilfeträger zwar insoweit kein Handlungsermessen
zu; denn auf derartige Leistungen besteht ein Rechtsanspruch. Allerdings räumt ihm § 10 Abs. 1 und 3 SGB XII ein Auswahlermessen dergestalt ein, dass er die Leistungen als Sach- oder Geldleistungen, unter den Voraussetzungen des §
31 Abs. 3 SGB XII auch in Form von Pauschalbeträgen, erbringen kann. Ein Fall der Ermessensreduzierung auf Null, in dem eine kombinierte Anfechtungs-
und Leistungsklage gemäß §
54 Abs.1, 4, §
56 SGG statthaft ist, liegt nicht vor. Dies wäre nur der Fall, wenn der Sozialhilfeträger durch interne Verwaltungsrichtlinien dahin
gebunden wäre, dass für die Erstausstattung stets eine Leistung in Geld (in pauschalierter Höhe) statt einer Sachleistung
zu erbringen wäre (BSG, Urteil vom 19.08.2010 - B 14 AS 36/09 R Rn. 18). Das sieht die SGB XII-Richtlinie der StädteRegion B zu einmaligen Bedarfen indes so nicht vor. In Ziff. 31.3.2 wird für Männer über 16 Jahren zwar
eine grundsätzlich zu gewährende Pauschale von 335 € vorgesehen; Sachleistungen sollen aber auch zulässig sein, soweit Zweifel
an der zweckentsprechenden Verwendung der Mittel bestehen. Insofern besteht durchaus noch ein Auswahlermessen der Behörde.
II. Die Klage wurde fristgerecht und nach Durchführung des Vorverfahrens erhoben.
III. Dem Kläger kann auch nicht von vornherein ein Rechtschutzbedürfnis abgesprochen werden. Denn zwar hat der Kläger durch
den gerichtlichen Vergleich vom 05.03.2018 einen Betrag von 350 € zur Anschaffung von Bekleidung als Zuschuss im Rahmen einer
Erstausstattung erhalten. Er hat damit Leistungen nach § 31 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII als der einzig denkbaren rechtlichen Grundlage, die eine zuschussweise Leistungsgewährung ermöglicht, erhalten. Eine erneute
Gewährung von Erstausstattung scheidet aus, weil der Kläger schon nicht geltend gemacht hat, dass ein neues Ereignis die bereits
angeschafften Kleidungsstücke erneut unwiederbringlich zerstört hätte. Er macht jedoch geltend, dass der gewährte Betrag nicht
ausreichend gewesen sei, um seinen Bedarf zu decken; diesbezüglich hat er im Verfahren L 20 SO 293/18 auch nachgewiesen, dass
er mit dem erhaltenen Geld überwiegend Sommerbekleidung, nicht jedoch die hier begehrte Winterbekleidung erwerben konnte bzw.
erworben hat. Da zugleich nicht feststeht, dass die gewährte Pauschale tatsächlich bedarfsdeckend ist, kann dem Kläger ein
Rechtschutzbedürfnis nicht abgesprochen werden.
B. Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Kläger ist durch den Bescheid vom 14.05.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 10.07.2018 nicht beschwert i.S.d. §
54 Abs.
2 S. 1
SGG. Denn ein Anspruch auf eine höhere als die bereits gewährte Erstausstattung besteht nicht.
I. 1. Einzig denkbare Anspruchsgrundlage für die Gewährung zuschussweiser Leistungen für Bekleidung ist § 31 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII (i.V.m. § 42 Nr. 2 SGB XII). Danach werden u.a. Leistungen zur Deckung von Bedarfen für Erstausstattungen für Bekleidung gesondert erbracht.
2. Für die Erbringung dieser Leistungen ist die Beklagte gem. §§ 97 Abs. 1, 98 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. § 1 Nr. 1 der "Satzung über die Durchführung der Aufgaben nach dem SGB XII in der StädteRegion B vom 29.10.2009" sachlich und örtlich zuständig.
3. Dem geltend gemachten Anspruch des Klägers steht jedoch der gerichtliche Vergleich vom 05.03.2018 entgegen.
a) Zwar wurde der Vergleich nicht nur mit der Beklagten im vorliegenden Verfahren beklagten Stadt T, sondern auch mit der
Stadt F geschlossen. Dieser Umstand steht einer Wirkung des Vergleichs für und gegen die Beklagte des vorliegenden Verfahrens
aber von vornherein nicht entgegen. Denn sowohl die Stadt T als auch die Stadt F sind kreisangehörige Städte der StädteRegion
B. Tatsächlich Verpflichteter des Vergleichs war damit die StädteRegion B in ihrer Funktion als (delegierender) zuständiger
örtlicher Sozialhilfeträger (vgl. §§ 98 Abs. 1, § 3 Abs. 2 SGB XII i.V.m. § 1 der Satzung über die Durchführung der Aufgaben nach dem SGB XII in der StädteRegion B vom 29.10.2009), die auch die Kosten der zu erbringenden Sozialhilfeleistungen trägt (vgl. § 5 der
Satzung).
b) Aus den Umständen des Einzelfalls ergibt sich im vorliegenden Fall, dass die Beteiligten mit dem Abschluss des gerichtlichen
Vergleichs einen Anspruch des Klägers auf Bekleidungserstausstattung auf Grund der vorausgegangenen Räumung endgültig regeln
wollten (vgl. zu einem Fall, in dem das BSG nach Abschluss eines Vergleichs auch die Anwendbarkeit von § 44 SGB X für ausgeschlossen hielt, Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 17/13 R Rn. 21 ff.). Gegenstand der in dem Verfahren L 20 SO 401/16 und vorliegend angefochtenen Bescheide war jeweils ein Anspruch
auf Gewährung einer Beihilfe für Winterbekleidung, der sich einzig aus § 31 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII ergeben kann. Auf Grund der erfolgten Räumung der Notunterkunft in F kann sich aber nur ein einmaliger Anspruch auf Erstausstattung
ergeben. Ist dieser befriedigt, käme ein solcher Anspruch erst dann erneut in Betracht, wenn eine neue Bedarfslage auf Grund
eines Verlustes der einmal angeschafften Gegenstände geltend gemacht würde. Der Kläger stellte indes den Antrag vom 21.12.2017
vielmehr deshalb, weil ihm bislang keine Erstausstattung gewährt wurde. Einen erneuten Bedarfsanfall hat er hingegen nicht
geltend gemacht. Er trägt vielmehr ausschließlich vor, dass die gewährten Leistungen nicht ausreichend seien, er daher weitere
1.000 bis 2.000 € benötige. Den Umständen, unter denen der Vergleich am 05.03.2018 geschlossen wurde, ist aber zu entnehmen,
dass sich die dortigen Beteiligten umfassend und endgültig über den Erstausstattungsanspruch einigen wollten. Dafür spricht
bereits, dass der Kläger mit Abschluss des Vergleichs insgesamt vier Berufungsverfahren, in denen ein Anspruch auf Winter-
bzw. Sommerbekleidung streitig war, für erledigt erklärt hat. Dem in die Sitzungsniederschrift aufgenommenen Hinweis des Senatsvorsitzenden
ist auch zu entnehmen, dass der Anspruch auf eine Erstausstattung in Höhe einer vollen Ganzjahrespauschale bezogen auf das
Jahr 2018 gewährt werden sollte. Dass hier nur eine vorläufige Regelung getroffen werden sollte, geht aus der Sitzungsniederschrift
nirgends hervor. Insbesondere ist kein Vorbehalt des Klägers erkennbar, in weiteren - dem Senat damals noch nicht bekannten,
erstinstanzlichen - Verfahren weitergehende Ansprüche auf der Grundlage desselben Lebenssachverhaltes geltend zu machen. Insbesondere
vor dem Hintergrund der zahlreichen Auseinandersetzungen zwischen den Beteiligten (und vorgehend auch des Klägers mit der
Stadt F) kann der Vergleich vielmehr nur so verstanden werden, dass zwischen den Beteiligten eine endgültige Regelung zu einer
Erstausstattung mit Bekleidung vereinbart werden sollte. Die Beteiligten haben sich auf Vorschlag des Gerichts und auf Grund
der gegebenen Hinweise durch gegenseitiges Nachgeben auf einen Kompromiss geeinigt; ein weitergehender Anspruch sollte damit
gerade ausgeschlossen sein.
II. Ein Anspruch des Klägers auf Kostenübernahme für weitere Bekleidungsgegenstände käme daher allenfalls als Darlehen in
Betracht. Nach § 37 Abs. 1 SGB XII sollen, soweit im Einzelfall ein von den Regelbedarfen umfasster und nach den Umständen unabweisbar gebotener Bedarf auf
keine andere Weise gedeckt werden kann, auf Antrag hierfür notwendige Leistungen als Darlehen erbracht werden. In der mündlichen
Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger eine darlehensweise Gewährung der begehrten Leistungen aber ausdrücklich abgelehnt.
C. Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
D. Gründe für eine Zulassung der Revision bestehen nicht.