Nichtzulassungsbeschwerde
Verfahrensrüge
Verletzung rechtlichen Gehörs
Überraschungsentscheidung
1. Unabhängig davon, dass ein Prozessgericht grundsätzlich nicht verpflichtet ist, die für die richterliche Überzeugungsbildung
möglicherweise leitenden Gesichtspunkte vorher mit den Beteiligten zu erörtern, ist eine Überraschungsentscheidung aber nur
dargetan, wenn aufgezeigt wird, welches Vorbringen ggf. verhindert worden ist und inwiefern die angefochtene Entscheidung
darauf beruhen kann.
2. Mit der Gewährung rechtlichen Gehörs soll verhindert werden, dass die Beteiligten durch eine Entscheidung überrascht werden,
die auf Rechtsauffassungen, Tatsachen oder Beweisergebnissen beruht, zu denen sie sich nicht äußern konnten.
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen
vom 8. November 2017 wird als unzulässig verworfen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 60 820,84 Euro festgesetzt.
Gründe:
I
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten darüber, ob die Klägerin für
die Beschäftigung des Beigeladenen zu 1. als Gesellschafter-Geschäftsführer in den Jahren 2010 bis 2013 Sozialversicherungs-
und Umlagebeiträge in Höhe von insgesamt 60820,84 Euro zu zahlen hat (Bescheid vom 6.8.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 3.12.2015). Das SG Osnabrück hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 7.2.2017). Das LSG Niedersachsen-Bremen hat die Berufung
zurückgewiesen. Der Geschäftsführervertrag enthalte typische Merkmale einer abhängigen Beschäftigung. Als Minderheitsgesellschafter
ohne Sperrminorität habe der Beigeladene zu 1. ihm nicht genehme Weisungen nicht verhindern können. Das schuldrechtlich vereinbarte
Vetorecht habe aus wichtigem Grund gekündigt werden können (Beschluss vom 8.11.2017). Gegen die Nichtzulassung der Revision
wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde.
II
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen
(§
160a Abs
4 S 1 Halbs 2 iVm §
169 SGG). Die Klägerin hat entgegen §
160a Abs
2 S 3
SGG den allein geltend gemachten Zulassungsgrund des Verfahrensfehlers (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG) nicht hinreichend bezeichnet.
Die Klägerin macht mit der Begründung, das LSG habe sich ohne ihre Anhörung auf die Unterzeichnung des Geschäftsführervertrags
durch W. in dessen Eigenschaft als bevollmächtigter Vertreter der Hauptgesellschafterin gestützt, die Verletzung des Anspruchs
auf rechtliches Gehör (Art
103 Abs
1 GG, §
62 SGG) geltend. Mit ihm soll zwar verhindert werden, dass die Beteiligten durch eine Entscheidung überrascht werden, die auf Rechtsauffassungen,
Tatsachen oder Beweisergebnissen beruht, zu denen sie sich nicht äußern konnten (BSG Urteil vom 16.3.2016 - B 9 V 6/15 R - SozR 4-3100 § 60 Nr 7 RdNr 26; BVerfG Beschluss vom 29.5.1991 - 1 BvR 1383/90 - BVerfGE 84, 188, 190). Unabhängig davon, dass ein Prozessgericht grundsätzlich nicht verpflichtet ist, die für die richterliche Überzeugungsbildung
möglicherweise leitenden Gesichtspunkte vorher mit den Beteiligten zu erörtern (BSG Beschluss vom 21.6.2000 - B 5 RJ 24/00 B - SozR 3-1500 § 112 Nr 2 S 3 mwN), ist eine Überraschungsentscheidung aber nur dargetan, wenn aufgezeigt wird, welches
Vorbringen ggf verhindert worden ist und inwiefern die angefochtene Entscheidung darauf beruhen kann (BSG Beschluss vom 1.8.2017 - B 13 R 323/16 B - Juris RdNr 15). Daher wäre von der Klägerin darzulegen gewesen, dass das LSG bei Gewährung rechtlichen Gehörs zu einem
für sie günstigeren Ergebnis und damit zu einer gegenteiligen Gesamtwürdigung der für und gegen eine Beschäftigung des Beigeladenen
zu 1. sprechenden Umstände gekommen wäre (vgl BSG Beschluss vom 24.10.2013 - B 13 R 253/13 B - Juris RdNr 12). Dass der wegen der gerügten Gehörsverletzung unterbliebene Vortrag geeignet gewesen wäre, die Entscheidung
zu beeinflussen (vgl BSG Beschluss vom 25.7.2017 - B 11 AL 23/17 B - Juris RdNr 6), geht aus der Beschwerdebegründung nicht hervor.
Der behauptete Verstoß gegen §
128 Abs
2 SGG wird aus denselben Gründen nicht hinreichend bezeichnet.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung
beizutragen (§
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
Die Streitwertfestsetzung folgt aus §
197a Abs
1 S 1 Teils 1
SGG iVm § 52 Abs 1 und Abs 3 S 1, § 47 Abs 1 S 1 und Abs 3 sowie § 63 Abs 2 S 1 GKG.