Gewährung einer Altersrente für besonders langjährig Versicherte
Divergenzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Vergleichbare Sachverhalte
Gründe:
Mit Urteil vom 17.1.2018 hat das Bayerische LSG Ansprüche der Klägerin auf Gewährung einer Altersrente für besonders langjährig
Versicherte und (hilfsweise) einer Altersrente für Frauen für die Zeit vom 1.10.2014 bis 31.12.2014 (jeweils unter Berücksichtigung
von weiteren rentenrechtlichen Zeiten) abgelehnt und die Berufungen der Klägerin gegen zwei Urteile des
SG München vom 11.5.2016 zurückgewiesen.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten am 2.3.2018 Beschwerde
beim BSG eingelegt. Sie macht ein Abweichen des LSG-Urteils von der Rechtsprechung des BSG sowie einen Verfahrensmangel geltend (§
160 Abs
2 Nr
2 und
3 SGG).
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist.
Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG),
- das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO Nr 2) oder
- ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO Nr 3).
Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des §
160a Abs
2 S 3
SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß §
160a Abs
4 S 1 iVm §
169 SGG zu verwerfen.
1. Divergenz iS von §
160 Abs
2 Nr
2 SGG liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen.
Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten
Rechtssatz des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat. Eine Abweichung liegt folglich nicht schon dann vor, wenn die Entscheidung des
LSG nicht den Kriterien entspricht, die das BSG aufgestellt hat, sondern erst, wenn das LSG diesen Kriterien widersprochen, also eigene rechtliche Maßstäbe entwickelt hat.
Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die
Zulassung der Revision wegen Abweichung. Darüber hinaus verlangt der Zulassungsgrund der Divergenz, dass der angefochtene
Beschluss auf der Abweichung beruht. Bezogen auf die Darlegungspflicht bedeutet das vorstehend Gesagte, dass die Beschwerdebegründung
erkennen lassen muss, welcher abstrakte Rechtssatz in der höchstrichterlichen Entscheidung enthalten ist und welcher im Beschluss
des LSG enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht; ferner muss aufgezeigt werden, dass auch das Revisionsgericht die
oberstgerichtliche Rechtsprechung in einem künftigen Revisionsverfahren seiner Entscheidung zugrunde zu legen haben wird (zum
Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 72 mwN). Diesen Darlegungserfordernissen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Die Klägerin trägt vor, das LSG widerspreche den "Grundsätzen" des BSG (Urteil vom 8.2.2001 - B 11 AL 21/00 R),
"wonach ein Antragsteller der zutreffende Angaben gemacht hat (wie hier die Klägerin), im allgemeinen nicht zu Gunsten der
Fachbehörde dazu angehalten sein darf, Bewilligungsbescheide des Näheren auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Der Antragsteller
dürfe davon ausgehen, dass eine Fachbehörde nach den für die Leistung erheblichen Tatsachen gefragt und die wahrheitsgemäßen
Angaben zutreffend umsetzt. Das gilt auch, soweit Antragsteller über ihre Rechte und Pflichten durch Merkblätter aufgeklärt
werden, die abstrakte Erläuterung über Voraussetzungen von Ansprüchen und deren Bemessung enthalten. Andernfalls würde dem
Begünstigten durch Merkblätter das Risiko für die sachgerechte Berücksichtigung von eindeutigen Tatsachen durch eine Fachbehörde
aufgebürdet."
Das LSG habe dagegen die Auffassung vertreten, die Klägerin habe jedenfalls grob fahrlässig die Rechtswidrigkeit des Bescheides
vom 10.10.2014 nicht erkannt, "obwohl sie durch einfachste und naheliegende Überlegungen ohne weiteres erkennen (hätte) können,
dass das der Anspruch auf Rente nicht besteht."
Es kann dahin gestellt bleiben, ob die Klägerin mit ihrem Vorbringen, einen tragenden abstrakten Rechtssatz des BSG hinreichend konkret formuliert. Jedenfalls geht aus der Beschwerdebegründung schon nicht hervor, dass das BSG in der herangezogenen Entscheidung auf der Grundlage der darin angeblich aufgestellten Rechtssätze eine Fallkonstellation,
die mit derjenigen der Klägerin vergleichbar ist, anders entschieden hat als das LSG im angegriffenen Urteil. Ein Widerspruch
in der Rechtsprechung ist nur möglich, wenn sich zwei Rechtssätze auf zumindest vergleichbare Sachverhalte beziehen und diese
unterschiedlich regeln (BSG Beschluss vom 13.2.2013 - B 5 R 398/12 B - RdNr 8). Den der zitierten Rechtsprechung des BSG zugrunde liegenden Sachverhalt zu Kenntnis und Kennenmüssen der Rechtswidrigkeit von Arbeitslosgengeld-Bewilligungen der
Höhe nach (Urteil vom 8.2.2001 - B 11 AL 21/00 R) schildert die Klägerin jedoch nicht.
Zudem stellt die Klägerin den zitierten "Grundsätzen" des BSG keinen abstrakten Rechtssatz des LSG gegenüber. Wie ihre Ausführungen in der Beschwerdebegründung zeigen, das Urteil des
LSG weiche bei der Begründung seiner Zurückweisung der Berufung von höchstrichterlicher Rechtsprechung ab, "soweit es den
Bescheid vom 31.12.2014 über die Rückforderung der gewährten Altersrente für Frauen (Bescheid vom 10.10.2014) mangels Vertrauensschutz
(zugunsten der Klägerin) als rechtmäßig einstuft", rügt die Klägerin in der Sache unter Hinweis auf das zitierte Urteil des
BSG eine fehlerhafte Rechtsanwendung des LSG, das irrtümlich die Voraussetzungen einer Rücknahme nach § 45 SGB X bejaht habe. Ob das LSG die Sache richtig entschieden hat, ist jedoch nicht Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde (vgl
BSG SozR 1500 § 160a Nr 7, 67).
2. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung
beruhen könne (§
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 1
SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§
160a Abs
2 S 3
SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist
die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem
Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 2
SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§
109 und
128 Abs
1 S 1
SGG und auf eine Verletzung des §
103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt
ist.
Die Klägerin trägt vor, das LSG verstoße "gegen die Regeln zur Beweiswürdigung gemäß §
203 SGB VI", soweit es die Anrechnung von weiteren Beitragszeiten mangels Nachweisbarkeit ablehne. Die Klägerin habe ausreichend dargelegt,
dass sie eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt habe. Diese sei sowohl im Schreibwarenhandel als auch bei
einer Tätigkeit als Auszubildende in einer Rechtsanwaltskanzlei als überwiegend wahrscheinlich anzusehen. Die Klägerin macht
damit eine Verletzung des §
128 Abs
1 S 1
SGG geltend. Darauf kann eine Nichtzulassungsbeschwerde nach dem Wortlaut des §
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 2
SGG ausdrücklich nicht gestützt werden.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (vgl §
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 Abs
1 und 4
SGG.