Krankenversicherung
Anspruch auf zukünftige Versorgung nach Beendigung der Mitgliedschaft
Verfahrensrüge
Verwerfung einer Berufung als unzulässig
Gründe:
I
Der bei der beklagten Krankenkasse (KK) bis 30.6.2017 versichert gewesene Kläger ist mit seinem Begehren, ihm 149,04 Euro
zu erstatten und die Kosten zukünftiger medizinischer Leistungen zu übernehmen, bei der Beklagten und in den Vorinstanzen
erfolglos geblieben. Das SG hat die Klage mangels eines Verwaltungsaktes als unzulässig abgewiesen. Das LSG hat die Berufung des Klägers im Tenor zurückgewiesen
und zur Begründung ausgeführt, die Berufung sei hinsichtlich des Kostenerstattungsanspruchs unzulässig, weil der Wert des
Beschwerdegegenstands 750 Euro nicht überschreite und die Berufung vom SG nicht zugelassen worden sei. Im Übrigen sei die Berufung jedenfalls seit 1.7.2017 unbegründet. Mit dem Ende der Mitgliedschaft
seien Leistungsansprüche des Kläger gegen die Beklagte nach §
19 Abs
1 SGB V erloschen. Ein Ausnahmefall nach §
19 Abs
1a bis
3 SGB V liege nicht vor (Beschluss vom 11.12.2017).
Der Kläger, der "alle Rechtsmittel" geltend macht, wendet sich sinngemäß gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Beschluss
und begehrt, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Beschluss Prozesskostenhilfe
(PKH) unter Beiordnung des Rechtsanwalts F., zu bewilligen.
II
Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von PKH und Beiordnung eines Rechtsanwalts ist abzulehnen (dazu 1.), seine Beschwerde
ist zu verwerfen (dazu 2.).
1. Nach §
73a Abs
1 S 1
SGG iVm §§
114,
121 ZPO kann einem bedürftigen Beteiligten für das Beschwerdeverfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt und ein Rechtsanwalt beigeordnet werden, wenn - ua - die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende
Aussicht auf Erfolg bietet. Daran fehlt es.
Der Kläger kann aller Voraussicht nach mit seinem Begehren auf Zulassung der Revision nicht durchdringen, weil es keine hinreichende
Aussicht auf Erfolg bietet. Nach Durchsicht der Akten fehlen - auch unter Würdigung des Klägervorbringens - Anhaltspunkte
dafür, dass der Kläger einen der in §
160 Abs
2 Nr
1 bis
3 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe darlegen könnte.
a) Die Sache bietet keine Hinweise für eine über den Einzelfall des Klägers hinausgehende grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache
(§
160 Abs
2 Nr
1 SGG). Insbesondere ist mit Blick auf §
19 SGB V und die Rspr des erkennenden Senats (vgl BSGE 111, 168 = SozR 4-2500 § 31 Nr 22, RdNr 9 mwN) nichts dafür ersichtlich, dass der Kläger eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung
dazu formulieren könnte, ob nach Beendigung der Mitgliedschaft bei einer KK noch Anspruch auf zukünftige Versorgung mit medizinischen
Leistungen durch diese bestehe.
b) Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass das LSG entscheidungstragend von Rspr des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abgewichen sein könnte (Zulassungsgrund gemäß §
160 Abs
2 Nr
2 SGG).
c) Der Kläger dürfte auch keinen Verfahrensfehler des LSG dartun können, auf dem die Entscheidung des LSG beruhen kann (Zulassungsgrund
gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 SGG). Nach §
160 Abs
2 Nr
3 SGG ist eine Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen
kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von §
109 und §
128 Abs
1 S 1
SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des §
103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende
Begründung nicht gefolgt ist (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG). Anhaltspunkte für einen Verfahrensmangel liegen nicht vor.
Insbesondere dürfte der Kläger nicht darlegen können, dass sich ein solcher daraus ergibt, dass das LSG die Berufung - wie
aus den Gründen des Beschlusses ersichtlich - als unzulässig verworfen hat, soweit der Kläger im Wege der Berufung die Erstattung
von 149,04 Euro geltend gemacht hat. Ein Verfahrensmangel kann grundsätzlich auch dann vorliegen, wenn das LSG die Berufung
als unzulässig verworfen hat, obwohl es eine Sachentscheidung hätte treffen müssen (vgl BSGE 1, 283, 286 f; BSGE 15, 169, 172; BSG SozR 1500 § 160a Nr 55 S 73; BSG SozR 4-1500 § 156 Nr 1 RdNr 4). Soweit das LSG unter Hinweis auf höchstrichterliche Rspr (BSG SozR 4-1500 § 144 Nr 9 RdNr 5 f) die Auffassung vertritt, es handele sich bei der Erstattungsforderung für eine in der Vergangenheit in Anspruch
genommene zahnärztliche Leistung über 149,04 Euro und für Ansprüche auf zukünftige medizinische Leistungen um unterschiedliche
Streitgegenstände, deren Berufungsfähigkeit jeweils gesondert zu prüfen sei, begegnet dies rechtlichen Bedenken. Das BSG hat insoweit lediglich ausgeführt (BSG SozR 4-1500 § 144 Nr 9 RdNr 6), eine Auslegung, nach der in Verfahren, in denen einer von mehreren Streitgegenständen nicht unter eine der
Ausschlussregelungen des §
144 Abs
1 SGG fällt, die Berufung hinsichtlich aller Streitgegenstände automatisch als zulässig angesehen wird, würde mit dem von §
144 Abs
1 SGG beabsichtigten Zweck, sog Bagatellstreitigkeiten grundsätzlich auf eine Instanz zu beschränken, in Widerspruch stehen. Vielmehr
ist in solchen Fällen nach Streitgegenständen zu differenzieren und nur hinsichtlich derjenigen, die unter §
144 Abs
1 SGG fallen, zu prüfen, ob diese zusammen einen Wert von 750 Euro im Sinne der Nr 1 oder 10 000 Euro im Sinne der Nr 2 übersteigen.
Hier betreffen beide klägerischen Begehren im Wege der objektiven Klagehäufung Ansprüche, die auf eine Geld-, Dienst- oder
Sachleistung gerichtet sind (§
144 Abs
1 S 1 Nr
1 SGG) und von denen einer zukünftige Leistungen ohne Angabe einer zeitlichen Grenze betrifft.
Selbst wenn man einen Verfahrensfehler annähme, wäre für die Gewährung von PKH bezogen auf den Erstattungsanspruch von 149,04
Euro kein Raum. PKH soll es einem Bedürftigen nicht ermöglichen, Verfahren durchzuführen, welche im Ergebnis nicht zu seinen
Gunsten ausgehen können, die also ein verständiger Rechtsuchender nicht auf eigene Kosten führen würde (vgl BSG SozR 4-1500 § 73a Nr 2 RdNr 3 mwN; BSG Beschluss vom 4.8.2016 - B 1 KR 56/16 B - RdNr 7). So verhält es sich hier. Es ist - wie schon das SG in seinem Urteil hervorgehoben und weshalb es die Klage als unzulässig abgewiesen hat - schon nichts dafür ersichtlich, dass
die Beklagte über das Begehren des Klägers auf Erstattung von 149,04 Euro durch Verwaltungsakt überhaupt entschieden hat.
Im Übrigen ist dem SG-Urteil zu entnehmen, dass die Kosten, deren Erstattung der Kläger begehrt, auf einer vom Leistungskatalog der gesetzlichen
Krankenversicherung nicht umfassten Mehrkostenvereinbarung zwischen Kläger und Zahnarzt beruhen.
Da PKH nicht bewilligt werden kann, entfällt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts gemäß §
73a Abs
1 S 1
SGG iVm §
121 Abs
1 ZPO.
2. Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig und daher gemäß §
160a Abs
4 S 1 Halbs 2
SGG iVm §
169 S 3
SGG zu verwerfen. Vor dem BSG müssen sich die Beteiligten, außer im PKH-Verfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen (§
73 Abs
4 S 1
SGG). Der Kläger, der nicht zu dem Kreis der zugelassenen Prozessbevollmächtigten gehört, hat die Beschwerde jedoch selbst eingelegt.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.