Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde im sozialgerichtlichen Verfahren; Bezeichnung des Verfahrensmangels der Verletzung
rechtlichen Gehörs
Gründe:
I
Im Streit sind höhere Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG), insbesondere ein Mehrbedarf nach § 23 BSHG (Bescheid vom 17.10.2003; Widerspruchsbescheid vom 24.11.2004, mit dem dem Widerspruch insoweit teilweise stattgegeben worden
ist, als die Anrechnung von Kindergeld rückgängig gemacht wurde).
Die hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) Schleswig abgewiesen (Urteil vom 12.7.2007), weil für Ansprüche auf Mehrbedarf nach § 23 BSHG, insbesondere nach dessen Abs 4 (kostenaufwendige Ernährung), keine Anhaltspunkte vorlägen. Für einen Mehrbedarf nach § 23 Abs 3 BSHG (bei Gewährung bestimmter Eingliederungshilfen) lägen die Voraussetzungen beim Kläger, der bis 29.2.2004 teilstationär betreut
und danach in eine Wohngruppe aufgenommen worden sei, nicht vor.
Die Berufung gegen das Urteil des SG blieb erfolglos (Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts [LSG] vom 2.12.2008). Zur Begründung seiner Entscheidung
hat das LSG ausgeführt, es könne dahinstehen, inwieweit der Kläger das Begehren auf Erhalt eines Mehrbedarfs bereits im Verwaltungsverfahren
geäußert habe; jedenfalls sei sein Antrag entsprechend auslegbar gewesen. Das SG habe aber zu Recht einen Anspruch auf Mehrbedarf abgelehnt.
Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG wendet sich der Kläger und rügt Verfahrensfehler. Das LSG habe seinen
Vortrag im Schriftsatz vom 26.11.2008 zur Geltendmachung eines Mehrbedarfs nach § 23 Abs 4 BSHG nicht bzw nicht ausreichend berücksichtigt und damit sein rechtliches Gehör (§
62 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) verletzt. Das LSG sei auf den wesentlichen Kern seines Tatsachenvortrags von zentraler Bedeutung nicht eingegangen;
dies lasse auf eine Nichtberücksichtigung schließen, sofern der Vortrag nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts nicht unerheblich
bzw offensichtlich unsubstantiiert sei (BVerfG, NJW 1996, 3203; NJW 1999, 3287; NVwZ 2001, Beilage Nr 3, 28; BVerfG, Beschluss vom 23.7.2003 - 2 BvR 624/01 -, NVwZ-RR 2004, 3). Außerdem habe es die Amtsermittlungspflicht (§
103 SGG) verletzt, weil es einem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt sei. Er (der Kläger) habe im Schriftsatz
vom 26.11.2008 "sinngemäß" ("offenbar geplante Aussetzung aus vollstationärer Versorgung in teilstationäre ohne Versorgung
mit Lebensmitteln") die Einholung eines medizinischen Gutachtens von Amts wegen im Hinblick auf den von ihm geltend gemachten
Krankheitszustand (hyperkinetisches Syndrom) beantragt, um zu klären, in welchem Ausmaß sein gesundheitliches Leistungsvermögen
die Gewährung von Mehrbedarf begründe. Außerdem habe er das LSG darauf hingewiesen, dass er die Sachaufklärungspflicht noch
nicht als erfüllt ansehe. Dass er keinen konkreten Beweisantrag gestellt habe, sei mangels anwaltlicher Vertretung unerheblich
(BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 1). Bei Einholung eines internistischen Gutachtens hätte sich ergeben, dass ein angemessener Mehrbedarf
zu gewähren sei.
II
Die Beschwerde ist unzulässig, weil der vom Kläger geltend gemachte Zulassungsgrund der Verfahrensmängel (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG) nicht in der nach §
160a Abs
2 Satz 3
SGG gebotenen Weise bezeichnet ist. Der Senat konnte deshalb über die Beschwerde ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter nach
§
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2
SGG iVm §
169 Satz 3
SGG entscheiden.
Soweit der Kläger eine Verletzung des rechtlichen Gehörs rügt, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Gericht das Vorbringen
der Beteiligten zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Die Gerichte brauchen demnach im Rahmen der Gewährung rechtlichen
Gehörs nicht jedes einzelne Vorbringen in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu behandeln (BVerfGE 83, 24, 35; 86, 133, 145 f; 96, 205, 216 f mwN; BSG, Beschlüsse vom 12.2.2004 - B 4 RA 67/03 B - und vom 4.8.2004 - B 13 RJ 167/03 B; vgl auch Keller in Meyer-Ladewig ua,
SGG, 9. Aufl 2008, §
62 RdNr 7 mwN); dies gilt nur dann nicht, wenn es sich, worauf der Kläger unter Zitierung von Entscheidungen des BVerfG selbst
hinweist, um zentrales Vorbringen handelt. Der Kläger hätte deshalb über die entsprechende Zitierung der Rechtsprechung des
BVerfG hinaus darlegen müssen, dass es sich bei dem angeblich nicht beachteten Vorbringen um zentralen Vortrag gehandelt hat;
daran fehlt es hier. Der Kläger hat vielmehr selbst ausgeführt, dass sein Vorbringen (allenfalls) als Geltendmachung eines
Mehrbedarfs wegen kostenaufwendiger Ernährung - en passant - auszulegen gewesen sein soll. Dies widerspricht geradezu den
Anforderungen an zentralen Vortrag. Zumindest aber gesteht der Kläger damit selbst ein, dass das LSG diesen Vortrag - vor
dem Hintergrund der Entscheidung des SG - für offensichtlich unsubstantiiert gehalten hat. Die vom Kläger angeführten schriftsätzlichen Äußerungen lassen keineswegs
zwangsläufig auf einen Mehrbedarf schließen; sie nähren nicht einmal einen entsprechenden Verdacht. Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde
hat der Kläger andererseits ausdrücklich selbst vorgetragen, das Gericht müsse dann auf Vorbringen nicht eingehen, wenn es
dieses für offensichtlich unsubstantiiert bzw unbeachtlich halte.
Die Rüge der Verletzung der Amtsermittlungspflicht entspricht ebenso wenig den gesetzlichen Anforderungen an die Begründung
einer Nichtzulassungsbeschwerde. Auf die Verletzung des §
103 SGG (Sachaufklärung) kann die Nichtzulassungsbeschwerde nach §
160 Abs
2 Nr
3 SGG nur dann gestützt werden, wenn sie sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt
ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) erfordert die Darlegungspflicht im Zusammenhang mit der
Rüge der Verletzung des §
103 SGG die Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne weiteres auffindbaren Beweisantrags, die Wiedergabe der Rechtsauffassung
des LSG, verbunden mit Ausführungen dazu, dass sich das LSG auf Grund dieser Rechtsauffassung zur weiteren Sachaufklärung
hätte gedrängt fühlen müssen, die Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und schließlich
- außer bei absoluten Revisionsgründen - Ausführungen dazu, dass und warum die Entscheidung des LSG auf der angeblich unterlassenen
Beweisaufnahme beruhen kann (BSG SozR 1500 § 160 Nr 5 und 35; SozR 1500 § 160a Nr 14, 24 und 34; SozR 3-1500 § 160 Nr 9, 29 und 31 mwN); darüber hinaus ist Vortrag erforderlich, dass der Beweisantrag in der letzten
mündlichen Verhandlung aufrechterhalten geblieben ist (BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 9, 29 und 31 mwN). Inwieweit vorliegend wegen
fehlender anwaltlichen Vertretung geringere formale Anforderungen zu stellen sind, worauf der Kläger im Ansatz zu Recht hinweist,
bedarf keiner abschließenden Beurteilung. Zweifel an der Annahme eines Beweisantrags ergeben sich insbesondere aus den vom
Kläger geschilderten Gesamtumständen des angeblichen Beweisantrags. Jedenfalls hat der Kläger nicht hinreichend dargelegt,
weshalb das LSG sich hätte gedrängt fühlen müssen, Beweis zu erheben. Sein eigener Vortrag läuft aber darauf hinaus, dass
das LSG bereits nicht erkannt hat, dass Mehrbedarf wegen kostenaufwendiger Ernährung überhaupt in Betracht kommen soll. Zudem
fehlt es an einer Darlegung, inwieweit das Urteil des LSG auf dem behaupteten Verfahrensmangel beruhen kann. Dies aber wäre
erforderlich, weil es sich bei dem gerügten Verfahrensmangel nicht um einen absoluten Revisionsgrund handelt (§
202 SGG iVm §
547 Zivilprozessordnung). Insoweit hat der Kläger - abgesehen davon, dass er den Sachverhalt ohnedies nur rudimentär schildert - nicht vorgetragen,
dass ihm Mehrkosten wegen kostenaufwendiger Ernährung tatsächlich entstanden sind bzw entstehen oder dass bzw warum die Verurteilung
zur Gewährung eines Mehrbedarfs nach § 23 Abs 4 BSHG auch ohne tatsächliche Mehrkosten in Betracht kommt.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.