Beschädigtenrente nach dem OEG
Verfahrensrüge
Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht
Aufrechterhaltener Beweisantrag
Notwendiger Inhalt eines Beweisantrages
1. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, es liege ein Verfahrensmangel vor, auf dem die angefochtene Entscheidung
beruhen könne, so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden
Tatsachen substantiiert dargetan werden.
2. Gemäß §
160 Abs.
2 Nr.
3 Halbs. 2
SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel dabei auf eine Verletzung des §
103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt
ist.
3. Will die Beschwerde demnach einen Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht rügen, so muss sie einen für
das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrag bezeichnen, dem das LSG nicht gefolgt ist.
4. Dafür muss nicht nur die Stellung des Antrags, sondern auch aufgezeigt werden, über welche im Einzelnen bezeichneten Punkte
Beweis erhoben werden sollte.
Gründe:
I
Die Klägerin begehrt die Anerkennung von Schädigungsfolgen und die Zuerkennung einer Beschädigtenrente nach dem
Opferentschädigungsgesetz (
OEG) iVm dem Bundesversorgungsgesetz.
Sie behauptet, ihr Hausarzt habe sie vergewaltigt. Unabhängig davon sei sie von einem psychisch kranken Mann mit einem Messer
verfolgt worden.
Der Beklagte lehnte den Antrag hinsichtlich beider Vorfälle ab (Bescheid vom 18.7.2003, Widerspruchsbescheid vom 4.8.2005).
Das SG hat die Klage abgewiesen. Die Schilderungen der Klägerin von ihrer Vergewaltigung seien nicht glaubhaft (Urteil vom 28.11.2011).
Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen. Das Gericht habe sich nicht mit der notwendigen Gewissheit davon überzeugen können,
dass die Klägerin die von ihr geschilderte Vergewaltigung erlitten habe. Bei der Bedrohung durch einen psychisch Kranken mit
einem Messer habe es sich nicht um eine Angriff iS des §
1 OEG gehandelt (Urteil vom 23.3.2017).
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat die Klägerin Beschwerde zum BSG eingelegt. Das LSG habe seine Pflicht zur Amtsermittlung verletzt.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil
die behaupteten Verfahrensmängel nicht ordnungsgemäß dargetan worden sind (vgl §
160a Abs
2 S 3
SGG).
1. a) Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde wie im Fall der Klägerin darauf gestützt, es liege ein Verfahrensmangel vor, auf
dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 1
SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§
160a Abs
2 S 3
SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 2
SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel dabei auf eine Verletzung des §
103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt
ist. Will die Beschwerde demnach einen Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht rügen (§
103 SGG), so muss sie einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrag bezeichnen, dem das LSG nicht gefolgt
ist. Dafür muss nicht nur die Stellung des Antrags, sondern auch aufgezeigt werden, über welche im Einzelnen bezeichneten
Punkte Beweis erhoben werden sollte (vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 6 mwN).
Die Beschwerde hat indes keinen Beweisantrag bezeichnet und nicht einmal behauptet, dass die Klägerin einen solchen Antrag
gestellt habe. Ihre Kritik, das LSG habe den Angeschuldigten persönlich anhören und zudem weiter zum Grad der Schädigungsfolgen
(GdS) der Klägerin ermitteln müssen, kann ihrer Rüge daher nicht zum Erfolg verhelfen. Ohnehin erschließt sich nicht, warum
es vom Rechtsstandpunkt des LSG aus auf einen möglichen GdS ankommen sollte, obwohl das LSG schon einen Angriff iS des §
1 OEG verneint hat.
b) Ebenfalls keinen Verfahrensmangel bezeichnet die Klägerin mit ihrer Rüge der überlangen Dauer ihres Gerichtsverfahrens.
Die Beschwerde geht nicht auf die Rechtsschutzmöglichkeiten ein, die das 2011 in Kraft getretene Gesetz über den Rechtsschutz
bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (ÜGG) in Form der Verzögerungsrüge und des Entschädigungsanspruchs
geschaffen hat. Die Beschwerde legt nicht dar, warum es für die Klägerin darüber hinaus noch weiteren Rechtsschutzes im Rahmen
der Nichtzulassungsbeschwerde zum BSG bedürfte (vgl BSG Beschluss vom 15.10.2015 - B 9 V 15/15 B - Juris).
Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§
160a Abs
4 S 1 Halbs 2, §
169 SGG).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl §
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 Abs
1 SGG.