Erstattung zweimal überwiesener Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes
Nichtzulassungsbeschwerde
Wesentlicher Verfahrensmangel
Gründe
I.
Streitig ist die Erstattung zweimal überwiesener Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II - Alg
II -) gemäß dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Der Beklagte hat dem Kläger entgegen den Angaben seines Betreuers mit Bescheid vom 18.11.2014 bewilligtes Alg II auf ein Konto
bei der Postbank überwiesen. Dies hat der Betreuer mit Schreiben vom 04.12.2014 moniert, das Geld sei auf das bisher bekannte
Konto (bei der Sparkasse) zu überweisen. Mit Schreiben vom 05.12.2014 hat der Beklagte mitgeteilt, Alg II sei auf das falsche
Konto überwiesen worden und werde nochmals auf das zutreffende Konto bei der Sparkasse überwiesen.
Zunächst ohne Anhörung hat der Beklagte mit Bescheid vom 18.06.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.09.2015 (Kläger
bekanntgegeben am 23.06.2015) den auf die Sparkasse überwiesenen Betrag zurückgefordert. Er sei ohne Verwaltungsakt geleistet
worden. Dies hätte dem Betreuer bewusst sein müssen. Daher sei eine Rücknahme entsprechend § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) möglich.
Hiergegen hat sich die Klägerbevollmächtigte an das Sozialgericht Nürnberg (SG) gewandt. Der Kläger begehre die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und werde "nach Bewilligung der Prozesskostenhilfe" "nachfolgende
Anträge" stellen. Den Fragebogen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen hat die Bevollmächtigte des Klägers
am 04.11.2015 übersandt. Am 22.02.2016 hat die Bevollmächtigte des Klägers mitgeteilt, die Klage sei zulässig. Die Klageschrift
habe deutlich gezeigt, dass eine gerichtliche Überprüfung eines Verwaltungsaktes begehrt werde. Der Beklagte hat die fehlende
Zulässigkeit der Klage wegen bedingter Klageerhebung gerügt. Das Sozialgericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 18.01.2017
Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt. Daraufhin hat die Bevollmächtigte des Klägers beantragt, den Bescheid vom
18.06.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.09.2015 "aufzugeben". Mit Urteil vom 18.01.2017 hat das Sozialgericht
diesem Antrag stattgegeben. Es handle sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit. Die Erstattungsforderung des auf die
Postbank überwiesenen Betrages sei rechtswidrig. Der Kläger als Betreuter sei nicht bösgläubig gewesen. Die Berufung hat das
SG nicht zugelassen.
Dagegen hat der Beklagte Nichtzulassungsbeschwerde zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) erhoben und sowohl den Erlass eines
Sachurteils als auch die fehlende Begründung hinsichtlich des zutreffenden Sachverhaltes gerügt.
II.
Vorliegend ist die Berufung wegen wesentlicher Verfahrensmängel zuzulassen. Der Beklagte hat sowohl den Erlass eines Sachurteils
anstelle eines Prozessurteils und eine fehlende Amtsermittlung hinsichtlich der tatsächlich erfolgten Rückforderung der zweiten
Zahlung des bewilligten Alg II auf das Konto bei der Sparkasse gerügt. Sowohl der Erlass eines Sachurteiles anstelle eine
Prozessurteiles wie auch das Fehlen von Urteilsgründen stellen einen wesentlichen Verfahrensmangel dar (vgl. hierzu Leitherer
in Meyer-Ladwig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Aufl., § 144 Rn. 34). Das SG ist ohne Prüfung der Rechtslage von einer Zulässigkeit der seiner Meinung nach am 15.10.2015 erhobenen Klage ausgegangen,
obwohl diese nur bedingt erhoben worden war bzw. obwohl hier nach der Bewilligung gegebenenfalls über eine Wiedereinsetzung
in den vorigen Stand auf Antrag des Klägers - auch dieser fehlt - hätte entschieden werden müssen (vgl. hierzu Thüringer Landessozialgericht,
Beschluss vom 09.08.2016 - L 6 KR 137/16 B -, Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, vom 26.01.2010 - L 5 AS 1949/09 B -, Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 27.05.2009 - L 19 B 217/08 AS - und BSG, Beschluss vom 13.04.1981 - 11 BA 46/81 - alle veröffentlicht in [...]). Dabei war zu berücksichtigen, dass in dem am 15.10.2015 beim SG eingegangen Schriftsatz zunächst die Bewilligung von Prozesskostenhilfe begehrt wurde und ausdrücklich erst nach der Bewilligung
von Prozesskostenhilfe Anträge angekündigt worden sind. Die nachfolgende Begründung in diesem Schriftsatz stellt eine Begründung
der Erfolgsaussicht für den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe dar, jedenfalls aber keine eigenständige, unabhängig
von der der Bewilligung von Prozesskostenhilfe erhobene Klage. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Fragebogen zu den
persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Klägers erst nach Ablauf der Klagefrist am 04.11.2015 übersandt worden
ist. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist erst in der mündlichen Verhandlung erfolgt. Hiernach hat die Bevollmächtigte
des Klägers ihre Anträge gestellt. Unabhängig von der Frage, ob vorliegend ein Prozessurteil hätte ergehen müssen, fehlt es
dem Urteil des SG an Entscheidungsgründen (§
136 Abs.
1 Nr.
6 Sozialgerichtsgesetz -
SGG -). Das SG ist auf den vorliegenden Sachverhalt überhaupt nicht eingegangen. Es hat eine Erstattung der ersten Zahlung auf das Konto
der Postbank geprüft. Vorliegend ist jedoch streitig eine Erstattung der zweiten Zahlung auf das Konto der Sparkasse. Dabei
hat das SG auch nicht das Schreiben des Betreuers des Klägers vom 04.12.2014 berücksichtigt, im Rahmen dessen er die Überweisung auf
ein falsches Konto moniert. Dieses Schreiben könnte sich gegebenenfalls als Widerspruch darstellen, dem mit Schreiben vom
05.12.2014 - gegebenenfalls in Form eines Änderungsbescheides - vom Beklagten stattgegeben worden sein könnte. Auch die zutreffende
Bekanntgabe des Bescheides vom 18.06.2015 ist fraglich. All dies hat das SG nicht geprüft, es ist von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen.
Nach alledem war die Berufung zuzulassen.
Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, denn hierüber ist im Rahmen des Berufungsverfahrens zu entscheiden.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§
177 SGG).