Gründe
I.
Im Berufungsverfahren der Klägerin geht es um eine Versorgung nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG).
Die Klägerin macht Hinterbliebenenversorgung nach ihrem Ehemann geltend. Sie geht von einer gesundheitlichen Schädigung im
Zusammenhang mit dem bei ihrem Ehemann 1987 diagnostizierten Rektumkarzinom, an dessen Folge dieser 1991 verstorben war, im
Hinblick auf die Exposition des Ehemanns während seiner Zugehörigkeit zur Bundeswehr von 1960 bis 1965 mit insbesondere Thorium,
Röntgenstörstrahlung, Infraschall, RA-226-Leuchtfarbe sowie Asbest aus.
Im Berufungsverfahren erstellte der Sachverständigen Dr. H. im Auftrag des Senats unter dem Datum vom 24.04.2011 ein Gutachtens,
in dem er zu dem Ergebnis kam, dass beim verstorbenen Ehegatten die Auswirkungen eines metastasierenden Rektumkarzinoms ursächlich
für den Eintritt des Todes gewesen seien, dass ein schädigendes Ereignis im Sinne des SVG nicht wahrscheinliche Ursache des Todes gewesen sei und dass das Leben des verstorbenen Ehegatten nicht um mindestens ein
Jahr durch schädigende Ereignisse im Sinne des SVG verkürzt worden sei.
Ein erster mit Schreiben vom 09.02.2013 von der Klägerin gestellter Befangenheitsantrag gegen den zuständigen Berichterstatter
wurde abgelehnt. Anschließend beauftragte der Berichterstatter mit Schreiben vom 23.08.2013 Dr. H. mit der Erstellung eines
Ergänzungsgutachtens.
Mit Schreiben vom 02.09.2013 gab Dr. H. den Gutachtensauftrag mit der Begründung zurück, dass er seine Gutachtertätigkeit
beendet habe und über keinerlei Infrastruktur für derartige Arbeiten mehr verfüge. Er sehe aber keinerlei Anlass, von seiner
bisherigen Einschätzung abzuweichen. Auch bei der zusätzlich aufgeworfenen Frage einer Verursachung durch Asbest sehe er nicht
den geringsten theoretisch begründeten Anhaltspunkt. Wegen seiner von den Erwartungen der Klägerin abweichenden Kenntnisse
erkläre er sich für befangen.
Mit Schreiben vom 02.09.2013 hat die Klägerin erneut einen Befangenheitsantrag gegen den zuständigen Berichterstatter und
anschließend mit Schreiben vom 04.09.2013 den gegenständlichen Antrag auf Ablehnung des Sachverständigen Dr. H. gestellt.
Nach Entscheidung des Senats über den zweiten gegen den Berichterstatter gerichteten Befangenheitsantrag hat dieser bei der
Klägerin angefragt, ob der Befangenheitsantrag gegen den Sachverständigen angesichts der Tatsache, dass sich Dr. H. nicht
mehr sachverständig äußern werde, noch aufrecht erhalten werde. Trotz gerichtlicher Nachfrage hat sich die Klägerin dazu nicht
geäußert.
II.
Der Ablehnungsantrag ist unzulässig, weil er nicht fristgerecht gestellt worden ist; im Übrigen fehlt ihm auch das Rechtschutzbedürfnis.
Nach §
118 Abs.
1 Satz 1
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) i.V.m. §
406 Abs.
1 Satz 1, §
42 Abs.
1 und
2 der
Zivilprozessordnung (
ZPO) kann ein gerichtlich bestellter Sachverständiger aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, wegen
Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Sachverständige tatsächlich befangen ist.
Entscheidend ist vielmehr, ob ein Beteiligter von seinem Standpunkt aus vernünftigerweise Bedenken gegen dessen Unparteilichkeit
haben kann (vgl. Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss vom 03.03.1966, Az.: 2 BvE 2/64).
Der Ablehnungsantrag ist gem. §
406 Abs.
2 Satz 1
ZPO bei dem Gericht oder Richter, von dem der Sachverständige ernannt worden ist, vor seiner Vernehmung zu stellen, spätestens
jedoch zwei Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung. Zu einem späteren Zeitpunkt ist die
Ablehnung nur zulässig, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund
früher geltend zu machen (§
406 Abs.
2 Satz 2
ZPO). Dies trifft grundsätzlich zu, wenn der Antragsteller den Ablehnungsgrund aus dem Verhalten des Sachverständigen bei der
Begutachtung herleitet (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig, Keller, Leitherer,
SGG, 10. Aufl. 2012, §
118 Rn. 12 l; Ahrens, in: Wieczorek, Schütze,
ZPO, 3. Aufl. 2010, §
406 Rn. 39). In einem derartigen Fall ist der Ablehnungsantrag unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern (§
121 Abs.
1 Satz 1
Bürgerliches Gesetzbuch), also innerhalb einer den Umständen des Einzelfalls angepassten Prüfungs- bzw. Überlegungsfrist zu stellen (vgl. Oberlandesgericht
- OLG - Koblenz, Beschluss vom 29.06.1998, Az.: 3 U 1078/95; OLG Köln, Beschluss vom 19.08.2008, Az.: 5 W 39/08).
Das Gericht geht mit der überwiegenden Rechtsprechung und Literatur davon aus, dass eine nachträgliche Ablehnung nach §
406 Abs.
2 Satz 2
ZPO jedenfalls nach mehr als einem Monat nicht mehr unverzüglich ist (vgl. Beschluss des Senats vom 10.05.2011, Az.: L 15 SB 36/09; Thüringer Landessozialgericht - LSG -, Beschluss vom 29.06.2006, Az.: L 6 RJ 132/04 - Ablehnung des Sachverständigen nach mehr als einem Monat nicht mehr unverzüglich; OLG Köln, a.a.O. - maximal ein Monat
Überlegungsfrist; Bayer. LSG, Beschluss vom 01.02.2010, Az.: L 2 R 663/09 B - ca. zwei Wochen Überlegungsfrist; Keller, a.a.O., § 118 Rn. 12 l - Überlegungsfrist jedenfalls nicht länger als ein Monat).
Die Klägerin leitet, wie ihrem Schreiben vom 04.09.2013 unzweifelhaft zu entnehmen ist, ihre Gründe für die Ablehnung wegen
Besorgnis der Befangenheit ausschließlich aus den Umständen bei und den Ausführungen des Sachverständigen in seinem Gutachten
vom 24.04.2011 ab. Die angegebenen Gründe für den Befangenheitsantrag waren ihr damit seit langem bekannt. Dies belegt die
Klägerin selbst, wenn sie die vorgetragenen Befangenheitsgründe mit Hinweis auf ihre Schreiben vom 30.06.2011 und vom 22.03.2012
erläutert. Die Frist zur unverzüglichen Geltendmachung der Ablehnungsgründe war damit zum Zeitpunkt der Antragstellung seit
mehr als zwei Jahren abgelaufen.
Der Befangenheitsantrag ist daher bereits aus diesem Grund unzulässig. Im Übrigen fehlt ihm, wenn die Klägerin einen Anlass
für die Besorgnis einer Befangenheit des Sachverständigen aus der Tatsache herleiten möchte, dass er mit gerichtlichem Schreiben
vom 23.08.2013 um eine ergänzende Äußerung gebeten worden ist, auch das Rechtsschutzbedürfnis. Denn der Sachverständige wird
wegen der vom Gericht akzeptierten Rückgabe des Auftrags, die bereits vor dem Befangenheitsantrag erfolgt ist, und seiner
endgültigen Tätigkeitsaufgabe im Verfahren der Hauptsache nicht mehr tätig sein (vgl. für die gleichartige Konstellation eines
ausgeschiedenen Richters: Keller, a.a.O., § 60, Rdnr. 10b).
Lediglich der Vollständigkeit halber weist der Senat die Klägerin darauf hin, dass sich eine Besorgnis der Befangenheit nicht
damit begründen lassen würde, wenn aus ihrer Sicht dem Sachverständigen die notwendige Fachkenntnis fehlen würde ( vgl. Beschluss
des Senats vom 04.12.2012, Az.: L 15 SF 237/12 AB; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 24.07.1996, Az.: L 2 U 1617/96 B; Bundesgerichtshof, Urteil vom 05.11.2002, Az.: X ZR 178/01, und Beschluss vom 15.03.2005, Az.: VI ZB 74/04; Keller, a.a.O., § 118, Rdnr. 12k).
Da das Ablehnungsgesuch als unzulässig zu verwerfen ist, hat es einer Anhörung des betroffenen Sachverständigen nicht bedurft
(vgl. Keller, a.a.O., § 118 Rn. 12 m).
Dieser Beschluss ergeht kostenfrei (§
183 SGG) und ist nicht anfechtbar (§
177 SGG).