Tatbestand:
Der Gegenstand des Verfahrens ist auf Wiedergutmachung an den behinderten Sohn der Klägerin, auf Gewährung einer lebenslangen
Rente an ihren Sohn sowie Schmerzensgeld, für alles Erlebte, auf eine Nachzahlungen vom Finanzamt, auf eine Gesetzesänderung
mit dem Zwecke, eine lebenslange Rente für Menschen einzuführen, die als junge Menschen schwer erkranken und auf Zahlung der
einbehaltenen Leistungen durch die Krankenkasse gerichtet.
Am 20.12.2010 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht München (SG) gegen die Kreisverwaltung des Rhein-Lahn-Kreises erhoben. Sie ist verheiratet und lebt in A ... Ihr behinderter Sohn, R.
B., lebt in Marokko.
Die Klägerin arbeitet als Krankenschwester und erhält weder Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) noch
Leistungen der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII).
Im dem an das SG gerichteten Schreiben vom 20.12.2010 hat die Klägerin den Antrag gestellt, gegen die Kreisverwaltung Rhein-Lahn-Kreis in
53129 Bad Ems etwas zu unternehmen. Dem Schriftsatz war unter anderem auch ein Bescheid vom 18.10.2010 beigefügt, durch welchen
der Beklagte bei der Gemeinde A. ein Amtshilfeersuchen/Vollstreckungshilfe stellte. Dabei ging es um die Rückforderung von
Wohngeld gemäß Bescheid vom 01.12.2005. Zudem war eine Mahnung für Abfallentsorgung vom 08.10.2010 der Beklagten beigelegt.
Sie führte unter anderem aus, dass es sich bei den Forderungen des Beklagten um unberechtigte Forderungen handle und führte
aus, wann sie welche Beträge an den Beklagten überwiesen habe.
Das SG, bei dem die Sache unter dem Sozialhilferegister eingetragen worden ist, hat die Klägerin am 30.12.2010 um Klarstellung gebeten,
ob sie sich gegen die Rückforderung von Wohngeld wenden möchte. Dabei hat das SG ausgeführt, dass in diesem Fall der Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht zu verweisen sei, da der Rechtsweg zu den Sozialgerichten
insofern unzulässig sei. Am 01.02.2011 hat die Klägerin geantwortet, dass Sie nicht beim Verwaltungsgericht, sondern weiterhin
beim Sozialgericht in München klagen wolle. Zudem hat sie ausgeführt, es gehe nicht nur um Wohngeld, sondern um Verbrechen
gegen die Menschlichkeit, gegen Grundmenschenrechte und die Würde des Menschen.
Sie stellte unter anderem die folgenden Anträge sinngemäß,
- auf Wiedergutmachung für alles in den 21 Jahren von allen Schuldigen Erlebte, die sich an ihrem behinderten Sohn nachweisbar
schuldig machten und auch an ihr Verbrechen verübten,
- auf Gewährung einer lebenslangen Rente an ihren Sohn sowie Schmerzensgeld für alles Erlebte, auch die Zwangsbehandlungen
in den Krankenhäusern,
- auf eine Nachzahlungen vom Finanzamt,
- auf eine Gesetzesänderung mit dem Zwecke, eine lebenslange Rente für Menschen einzuführen, die als junge Menschen schwer
erkranken und
- auf Zahlung der einbehaltenen Leistungen durch die Krankenkasse.
Der Beklagte hat keine Anträge gestellt und am 10.01.2011 mitgeteilt, dass gegenüber der Klägerin mit bestandskräftigem Bescheid
vom 01.12.2005 eine Wohngeldrückforderung in Höhe von 1479 Euro bestehe. Die Restforderung belaufe sich derzeit auf 1050,60
Euro. In dieser Angelegenheit sei ein Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht Koblenz durchgeführt worden, welches wegen
fehlender Mitwirkung der Schuldnerin abgewiesen worden sei.
Am 14.02.2011 wurde die Klägerin mit einer Frist bis zum 25.02.2011 gebeten, ihr Rechtsschutzbegehren näher zu konkretisieren,
da dieses sonst unzulässig sei.
Durch Gerichtsbescheid vom 28. Februar 2011 hat das SG die Klage mit der Begründung als unzulässig abgewiesen, dass der Klageantrag zu unbestimmt sei, soweit die Klägerin die Wiedergutmachung
für alles Erlebte in den 21 Jahren von allen Schuldigen verlange, die sich an ihrem behinderten Sohn nachweisbar schuldig
machten und auch an ihr diverse Verbrechen verübten. Zum einen sei nicht klar, gegen wen sie diese Ansprüche richte und zum
anderen setzte ein Anspruch nach dem Opferentschädigungsgesetz zumindest die konkrete Benennung des Schädigers und der schädigenden
Handlung voraus. Das Begehren der Klägerin auf Gesetzesänderung sei unzulässig. Die Aufzählung der im
Sozialgerichtsgesetz vorgesehenen Klagearten sei abschließend und nicht auf Abänderung von Gesetzen gerichtet. Soweit sich die Klägerin ursprünglich
gegen die Rückforderung von Wohngeld gewendet habe, sei das Gericht davon ausgegangen, dass sie dieses Begehren nicht mehr
primär verfolge. Eine Verweisung an das Verwaltungsgericht habe die Klägerin ausdrücklich abgelehnt, nachdem sie darauf hingewiesen
wurde, dass eine Entscheidung darüber nicht möglich sei. Hinsichtlich des Anspruchs auf Schmerzensgeld und möglichen Schadensersatzforderungen
müsste das Gericht den Rechtsstreit an das für Amtshaftungsklagen zuständige Landgericht (§§
71 Gerichtsverfassungsgesetz, 839
Bürgerliches Gesetzbuch, Artikel
34 Grundgesetz) verweisen und für die Klägerin entstünden sodann in diesem Verfahren Gerichtskosten. Im Übrigen seien die Anträge der Klägerin
unzulässig, da die Klägerin auch nach Aufforderung durch das Gericht ihre Anträge nicht präzisiert habe. Bleibt das Klageziel
in diesem Sinne unklar, sei die Klage unzulässig.
Hiergegen hat die Klägerin Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Sie hat angeführt, dass sie jetzt erneut
Klage stelle und in den alten Stand zurückversetzt werden wolle. Sie wolle, dass das Gericht von ihrem Sohn und ihr und ihrem
Leben erfahre. Ihr Sohn stelle durch sie erneut Antrag auf Schmerzensgeld, angemessene Entschädigung und lebenslange Rente.
Sie kämpfe um eine Rente, damit ihr kranker Sohn durch eigenes Geld lebenslang versorgt sei. Es sei ungerecht, dass ihr Sohn
nie in die Rentenkasse habe einbezahlen können.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts München vom 28.02.2011 zu Leistungen zu verurteilen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten beider Instanzen und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Eine Entscheidung über die Zulassung der Berufung bedurfte es nicht (§
143 Sozialgerichtsgesetz -
SGG -). Die Klage zielt zum Teil nicht auf einen der in §
144 Abs.
1 SGG genannten Klagegegenstände. Was den Anspruch auf eine lebenslange Rente betrifft, wäre jedenfalls der maßgebliche Streitwert
überschritten.
Die Klägerin ist durch das angefochtene Urteil auch beschwert, denn dieses hat ihre Rechtsschutzbegehren als unzulässig abgewiesen.
Die Berufung ist aber nicht begründet, weil die Klage der Klägerin nicht zulässig war und zu Recht deswegen abgewiesen worden
ist.
Was eine Klage im Einzelnen ausmacht, ist im
SGG nicht beschrieben. Die Formvorschriften sind jedenfalls eingehalten. So schreibt §
90 SGG (Klageerhebung) vor, dass die Klage bei dem zuständigen Gericht der Sozialgerichtsbarkeit schriftlich oder zur Niederschrift
des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu erheben ist. Die Klage ist ein bestimmender Schriftsatz, durch den eine Prozesshandlung
vorgenommen wird. Ob Klage erhoben werden soll, ist durch Auslegung zu ermitteln (zur Auslegung von Prozesshandlungen vgl.
BSGE 89, 199, 200 mwN; vgl. auch Meyer-Ladewig, Rn 11a vor § 60). Dabei sind alle eingereichten Unterlagen zu berücksichtigen.
Die in §
92 SGG geregelte Materie enthält zwar die Überschrift "Klageschrift", sie beschreibt aber Mindesterfordernisse der Prozesshandlung.
Dazu gehören zwingend (vgl. §
92 Abs.
1 S. 1
SGG) die Bezeichnung des Klägers, des Beklagten und des Gegenstandes des Klagebegehrens. Das hat die Klägerin nach Durchführung
des Klärungsverfahrens gemäß §
92 Abs.
2 S. 2
SGG bewirkt. Sie hat teils für sich teils für ihren Sohn Rechte eingefordert und eine bestimmte Kreisverwaltung als Beklagten
bezeichnet. Was den Gegenstand des Klagebegehrens betrifft, ist in §
92 Abs.
1 S. 1
SGG gemeint, was auch schon zur aF vor 2008 angenommen wurde. Nicht der technisch-juristische Begriff des Streitgegenstandes
wird in Bezug genommen, sondern der Kläger muss sein Begehren angeben, also z. B. den Verwaltungsakt bezeichnen, den das Gericht
aufheben oder zu dem das Gericht verurteilen soll, die Feststellung, die das Gericht treffen soll, die Leistung, die begehrt
wird. Die zwingenden Anforderungen des §
92 Abs
1 S 1
SGG zum Klagebegehren können schon dann erfüllt sein, wenn der Sachverhalt, über den das Gericht entscheiden soll, angegeben
oder wenigstens umrissen ist, da die Regelung zum "bestimmten Antrag" nur als Soll-Vorschrift ausgestaltet ist.
Insoweit ist nach dem Vortrag der Klägerin eine zulässige Klage erhoben. Denn sie verlangt Wiedergutmachung, Gewährung einer
lebenslangen Rente an ihren Sohn, Nachzahlungen vom Finanzamt, eine Gesetzesänderung mit dem Zwecke, eine lebenslange Rente
für Menschen einzuführen, die als junge Menschen schwer erkranken und Zahlung der einbehaltenen Leistungen durch die Krankenkasse.
Alle diese Dinge sind hier aber von der von der Klägerin bezeichneten Beklagten nicht vorenthalten worden. Der beklagte Kreis
hat sich lediglich zum Sachverhalt über die Wohngeldrückforderung eingelassen und auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz
vom 28.02.2007 verwiesen. Zu den aufgeführten Forderungen der Klägerin hat der Beklagte keine Regelungen getroffen. Soweit
gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch
die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein (§
54 Abs.
1 S. 2
SGG). Einen derartigen Verwaltungsakt behauptet die Klägerin nicht einmal. Sie bringt auch nicht vor, dass ihr ein solcher verweigert
worden ist, etwa im Sinne einer Untätigkeitsklage (vgl. §
88 SGG).
Die allgemeine Leistungsklage ist auf ein Tun, Dulden oder Unterlassen des Klagegegners gerichtet. In diesem Sinne verlangt
die Klägerin Verschiedenes von dem Beklagten. Soweit aber ein Verwaltungsakt erstritten werden soll, ist die - wie oben dargestellt
unzulässige - Verpflichtungsklage vorrangig. Im Übrigen muss auch bei der Leistungsklage eine Beschwer vorhanden und der Kläger
zur Klage befugt sein. Auch hier müsste die Klägerin eine Beschwer geltend machen und zur Klage befugt sein.
Die Herbeiführung gesetzlicher Vorschriften ist nicht Aufgabe der Gerichte. Die Gerichte sind allenfalls zur Gestaltung individueller
Rechtsverhältnisse (hier auch nur in der Anfechtungsklage) befugt. Eine normsetzende Befugnis kommt ihnen nicht zu. Art.
19 Abs.
4 Grundgesetz hält den Rechtsweg nur offen, wenn jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt wird.
Insgesamt ist damit die Berufung zurückzuweisen.
Kosten sind nicht zu erstatten (§
193 SGG).
Gründe zur Zulassung der Revision nicht ersichtlich (§
160 SGG).