Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Kosten für eine in München ambulant durchgeführte Gamma- Knife- Behandlung
(7.542,38 Euro) nebst Fahrt- und Unterkunftskosten (zusammen 838,80 Euro).
Der im Jahre 1951 geborene Kläger ist bei der Beklagten krankenversichert. Er erlitt im August 2003 einen Hirninfarkt und
leidet unter einem linksseitigen Acusticusneurinom. Seine behandelnde Neurologin Dr. A beantragte mit Schreiben vom 7. Juni
2004 für ihn bei der Beklagten die Übernahme der Kosten einer Gamma-Knife-Behandlung des Neurinoms. Mit diesem nur in München
oder Aachen durchführbaren radiochirurgischen Verfahren könne ein operativer Eingriff in Vollnarkose vermieden werden, der
angesichts von neurologischen Ausfallerscheinungen beim Kläger problematisch sei.
Auf Veranlassung der Beklagten hat der Medizinische Dienst der Krankenkassen Berlin-Brandenburg (MDK, C.) am 16. Juni 2004
erklärt, die Standardtherapie eines Acusticusneurinoms bestehe in seiner chirurgischen Entfernung; das radiochirurgische Verfahren
sei nur zweite Wahl. Eine Kontraindikation für den offenen chirurgischen Eingriff sei nicht dokumentiert. Im Fall einer Kontraindikation
könne eine radiochirurgische Behandlung aber in Berlin in der Charité an zwei Standorten durchgeführt werden.
Dem Kläger teilte die Beklagte daraufhin am 28. Juni 2004 mit, die Kosten für eine radiochirurgische Behandlung im Linearbeschleuniger
im B Krankenhaus übernehmen zu können, eine Übernahme der Kosten für eine Gamma-Knife-Behandlung könne dagegen nicht erfolgen.
Letztere sei nicht von der vertragsärztlichen Versorgung umfasst, weil der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen diese
neue Behandlungsmethode noch nicht anerkannt habe.
Hiergegen wandte der Kläger sich in einem Schreiben vom 13. Juli 2004 und brachte vor, sich im B Krankenhaus vorgestellt zu
haben; dort werde eine 14tägige stationäre Aufnahme für erforderlich gehalten; die ihm vorgeschlagene Strahlentherapie in
Form einer stereotaktischen Bestrahlung könne das Neurinom auch bestenfalls nur zum Wachstumsstopp bringen. Die strahlenchirurgische
Gamma-Knife-Behandlung sei demgegenüber weniger aufwändig und führe zudem zu einer Verkleinerung des Neurinoms.
Am 9. August 2004 ließ der Kläger in München eine Voruntersuchung für die Gamma-Knife-Behandlung durchführen.
Mit Bescheid vom 1. Oktober 2004 lehnte die Beklagte die beantragte Kostenübernahme ab. Zur Begründung wurde auf den Inhalt
des Schreibens vom 28. Juni 2004 Bezug genommen und erklärt, nicht finanzielle, sondern rechtliche Gründe seien ausschlaggebend
für die Entscheidung.
Zur Begründung seines hiergegen eingelegten Widerspruchs legte der Kläger ein Schreiben des Münchener Neurochirurgen Dr. B
W vom 11. Oktober 2004 vor. Danach sei die Gamma-Knife-Behandlung als radiochirurgische Maßnahme der größervolumigen stereotaktischen
Schädelbestrahlung vorzuziehen. Als Gefäßpatient (Schlaganfall, Hypertonie) müsse der Kläger im Falle der Bestrahlung gegebenenfalls
mit ungünstigen Krankheitsfolgen rechnen. Zuzugestehen sei aber, dass die Gamma-Knife-Behandlung im ambulanten Sektor in Deutschland
"gebührenrechtlich bislang nicht erfasst" sei.
Auf Veranlassung der Beklagten nahm am 21. Oktober 2004 Dr. Rfür den MDK zu dem Widerspruch Stellung. Zu unterscheiden sei
zwischen Mikrochirurgie einerseits und stereotaktischer Bestrahlung andererseits. Letztere könne entweder als Einzeitbestrahlung
(Radiochirurgie, Gamma-Knife) oder als fraktionierte Bestrahlung durchgeführt werden. Ausreichende Studien zum Vergleich dieser
Verfahren lägen nicht vor. Ziel aller radiotherapeutischen Verfahren sei die Tumorkontrolle, nicht aber die Entfernung des
Tumors. Die strahlentherapeutische Abteilung der C führe sowohl einzeitige radiochirurgische als auch hypofraktionierte stereotaktische
Bestrahlungen bei Acusticusneurinomen durch; im Klinikum B erfolge die Bestrahlung immer hypofraktioniert. Für das Ergebnis
der radiochirurgischen Behandlung sei es unerheblich, ob sie mit einem Gamma-Knife oder mit einem adaptierten Linearbeschleuniger
durchgeführt werde. In der C erfolgten radiochirurgische Behandlungen während eines zwei- bis dreitägigen stationären Aufenthalts;
die hypofraktionierte Behandlung könne ambulant erfolgen. Dem Kläger wurde diese MDK-Stellungnahme am 26. Oktober 2004 ausgehändigt.
Unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme des Neurochirurgen Dr. B W vom 29. Oktober 2004, in der dieser der MDK-Stellungnahme
vom 21. Oktober 2004 entgegen trat und die Vorzüge der Gamma-Knife-Behandlung gegenüber anderen radiotherapeutischen Verfahren
beschrieb, hielt der Kläger seinen Widerspruch aufrecht.
Mit Bescheid vom 19. November 2004 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück und wies erneut darauf hin, dass neue
Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nur dann zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden dürften, wenn
der Gemeinsame Bundesausschuss eine entsprechende Richtlinie beschlossen habe, an der es hier indessen fehle.
Am 17. Dezember 2004 hat der Kläger Klage erhoben. Die Gamma-Knife-Behandlung hat er am 24. Januar 2005 in München von Dr.
Berndt W ambulant durchführen lassen. Hierfür ist eine Rechnung nach der Gebührenordnung für Ärzte über 7.542,38 Euro erstellt worden. Außerdem sind dem Kläger nach seinem Vorbringen Übernachtungs- und Fahrtkosten in Höhe
von insgesamt 838,80 Euro entstanden. Die Erstattung dieser Beträge begehrt er im vorliegenden Verfahren.
Zur Begründung seiner Klage hat er im Wesentlichen vorgebracht: Aus medizinischen und sozialen Gründen sei die Beklagte zur
Kostenerstattung verpflichtet. Auf die Behandlung mit dem Linearbeschleuniger in Verbindung mit einem längeren stationären
Aufenthalt habe er nicht verwiesen werden dürfen. Die Gamma-Knife-Behandlung sei die wesentlich mildere.
Die Beklagte hat Bezug genommen auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide. Dem Vorschlag des MDK, sich in der C wegen einer
radiochirurgischen Behandlung bei Dr. W vorzustellen, sei der Kläger nicht gefolgt. Die Behandlung mit dem Linearbeschleuniger
sei gegenüber der Gamma-Knife-Behandlung gleichwertig. Erstere sei zudem kostengünstiger, denn nach der entsprechenden DRG
fielen nur insgesamt 3.230,60 Euro an.
Für den MDK hat Dr. R am 22. März 2005 im Klageverfahren ergänzend Stellung genommen. Wissenschaftliche Daten zum Beleg eines
Vorteils der Gamma-Knife-Behandlung gegenüber der Behandlung mit einem Linearbeschleuniger seien nicht vorhanden.
Mit Urteil vom 28. März 2006 hat das Sozialgericht Cottbus die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
Die Beklagte habe die Kostenübernahme bzw. -erstattung nicht zu Unrecht abgelehnt. Die Gamma-Knife-Behandlung sei keine vertragsärztliche
Leistung, insoweit fehle es an einer Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses nach §
135 Abs.
1 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (
SGB V). Damit sei die Gesetzliche Krankenversicherung nicht verpflichtet, die Sachleistung zu erbringen. Ein Systemversagen liege
nicht vor, denn rechtzeitig sei dem Kläger eine alternative Behandlungsmethode benannt worden; insbesondere sei der Kläger
im Oktober 2004 auf die Behandlungsmöglichkeit bei Dr. W in der C hingewiesen worden. Nichts anderes ergebe sich aus dem Beschluss
des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 (1 BvR 347/98), denn der Kläger leide nicht an einer lebensbedrohlichen, regelmäßig tödlich verlaufenden Krankheit.
Gegen das ihm am 21. April 2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 22. Mai 2006 (Montag) Berufung eingelegt. Zur Begründung
trägt er vor, einen Kostenerstattungsanspruch zu haben, weil er von der Beklagten nicht rechtzeitig auf die Möglichkeit einer
stationären Behandlung hingewiesen worden sei (Hinweis auf Bundessozialgericht, Urteil vom 4. April 2006, B 1 KR 5/05 R). Die Gamma-Knife-Behandlung werde auch stationär durchgeführt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 28. März 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 1. Oktober 2004 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 19. November 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm die Kosten für die durchgeführte
Gamma-Knife-Behandlung in Höhe von 7.542,38 Euro sowie Fahrt- und Unterkunftskosten in Höhe von insgesamt 838,80 Euro zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und weist darauf hin, den Kläger schon mit Aushändigung des MDK-Gutachtens
vom 21. Oktober 2004 auf die Möglichkeit der stationären Behandlung hingewiesen zu haben.
Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs
der Beklagten Bezug genommen, der, soweit wesentlich, Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung
war.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig, hat aber keinen Erfolg.
Zu Recht hat das Sozialgericht entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten der beantragten Behandlung
mit dem Gamma-Knife hat (§
13 Abs.
3 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch,
SGB V). Danach setzt der Anspruch auf Kostenerstattung voraus, dass die Krankenkasse entweder eine unaufschiebbare Leistung nicht
rechtzeitig erbringen konnte oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Beide Voraussetzungen liegen nicht vor.
Eine unaufschiebbare Leistung im Sinne der ersten Tatbestandsvariante lag nicht vor.
Mit dem Unvermögen der Krankenkasse zur rechtzeitigen Erbringung einer unaufschiebbaren Leistung kann der Kostenerstattungsanspruch
nur begründet werden, wenn es dem Versicherten aus medizinischen oder anderen Gründen nicht möglich oder nicht zuzumuten war,
vor der Beschaffung die Krankenkasse einzuschalten (Bundessozialgericht, Urteil vom 25. September 2000, B 1 KR 5/99 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 16). So lag es hier nicht, denn der Kläger konnte den schließlich im Januar 2005 vorgenommenen
Eingriff über einige Monate hinweg planen und wandte sich in diesem Rahmen auch an die Beklagte, die unter Zuhilfenahme des
MDK spätestens im Oktober 2004 ausführlich Stellung nahm zur beabsichtigten Behandlung mit dem Gamma-Knife.
Die Beklagte hat eine Kostenübernahme der streitigen Behandlung auch nicht zu Unrecht abgelehnt.
Maßstab für die Leistungsverpflichtung der Beklagten sind §
27 Abs.
1 Satz 2
SGB V, wonach die Krankenbehandlung die ärztliche Behandlung umfasst, und §§
2 Abs.
1,
12 Abs.
1 SGB V. Danach haben die Krankenkassen den Versicherten die Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§
12 SGB V) zur Verfügung zu stellen, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherung zugerechnet werden. Behandlungsmethoden
der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten
Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen (§
2 Abs.
2 SGB V). Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein, sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten.
Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer
nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§
12 Abs.
1 SGB V). Ergänzend hierzu regelte §
135 Abs.1
SGB V in der im Januar 2005 geltenden, hier maßgeblichen Fassung als Erlaubnisvorbehalt, dass neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden
in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden dürfen, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss
auf Antrag einer Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder eines Spitzenverbandes der Krankenkassen
in Richtlinien nach §
92 Abs.
1 Satz 2 Nr.
5 SGB V Empfehlungen abgegeben hat über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren
medizinischen Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachten Methoden
- nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung.
Die Gamma-Knife-Behandlung ist trotz ihrer langjährigen Anwendung in der Medizin eine neue Behandlungsmethode in diesem Sinne.
Nach § 2 der im Januar 2005 geltenden, hier anzuwendenden BUB-Richtlinien (Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs-
und Behandlungsmethoden gemäß §
135 Abs.1
SGB V vom 1. Dezember 2003, B Anz. 2004 Nr. 57 S. 5678) können als neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nur Leistungen gelten,
die noch nicht als abrechnungsfähige Leistungen im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) enthalten sind oder die als ärztliche
Leistungen im EBM aufgeführt sind, deren Indikationen aber wesentliche Änderungen oder Erweiterungen erfahren. Demgemäß hat
der behandelnde Arzt, Privatdozent Dr. W, die Abrechnung für den Kläger (nur) privatärztlich nach GOÄ Nr. 5860 bis 5863 erstellt und zuvor in seiner Stellungnahme vom 11. Oktober 2004 eingeräumt, dass die Behandlung mit dem
Gamma-Knife im ambulanten Sektor in Deutschland (zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung) gebührenrechtlich "nicht
erfasst" sei.
Die gesetzlichen Krankenkassen waren danach bei einer neuen Behandlungsmethode, die in den BUB-Richtlinien in der Anlage A
(anerkannte Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden) nicht aufgeführt war, zu einer Leistung nicht verpflichtet; die ständige
Rechtsprechung des Bundessozialgerichts hat dies untermauert (vgl. nur Urteil vom 16. Dezember 2008, B 1 KR 11/08 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 14). Einem Anspruch auf Kostenerstattung gemäß §
13 Abs.
3 SGB V steht daher vorliegend entgegen, dass der Gemeinsame Bundesausschuss dieses Verfahren in den Richtlinien gemäß §
92 Abs.
1 Satz 2 Nr.
5 SGB V nicht als therapeutisch zweckmäßige Behandlungsmethode empfohlen hat.
Ausnahmefälle, in denen es keiner Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses bedarf, liegen im Falle des Klägers nicht vor.
Für einen Seltenheitsfall, bei dem eine Ausnahme von diesem Erfordernis erwogen werden könnte (vgl. dazu BSGE 93, 236 = SozR 4-2500 § 27 Nr. 1, jeweils RdNr. 21 ff. - Visudyne),ist nichts vorgetragen, ebenso wenig für ein Systemversagen (vgl.
dazu BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr. 12, jeweils RdNr. 17 m.w.N. - LITT; vgl. auch Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 11. September
2003, L 4 KR 93/02, zur Gamma-Knife-Behandlung, zitiert nach juris, dort Rdnr. 25 bis 31) Auch Anhaltspunkte für eine hier gebotene grundrechtsorientierte
Auslegung (vgl. z.B. im Anschluss an BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr. 5: BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr. 12, jeweils RdNr. 20 ff. m.w.N. - LITT) sind weder vorgebracht worden noch sonst ersichtlich. Die
verfassungskonforme Auslegung setzt u.a. voraus, dass eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende (vgl.BSGE
96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr. 4,jeweils RdNr. 21 und 30 m.w.N. - Tomudex) oder eine zumindest wertungsmäßig damit vergleichbare
Erkrankung vorliegt (vgl. BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr. 7, jeweils RdNr. 31 - D-Ribose).Daran fehlt es. Mit dem Kriterium einer Krankheit, die zumindest mit
einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung in der Bewertung vergleichbar ist, ist eine strengere
Voraussetzung umschrieben, als sie etwa mit dem Erfordernis einer "schwerwiegenden" Erkrankung für die Eröffnung des so genannten
Off-Label-Use (vgl. dazu BSGE 89, 184 ff. = SozR 3-2500 § 31 Nr. 8 - Sandoglobulin)formuliert ist (vgl. BSG, SozR 4-2500 § 31 Nr. 8 RdNr. 17 - Mnesis; SozR 4-2500
§ 27 Nr. 10 RdNr. 34 - Neuropsychologische Therapie). Einen solchen Schweregrad erreicht das Acusticusneurinom des Klägers
nicht.
Ein Kostenerstattungsanspruch ergibt sich auch nicht aus dem Herstellungsanspruch aufgrund eines Beratungs- oder Auskunftsfehlers
(vgl. BSG vom 30. 03.1995, BSGE 76, 84; BSG vom 05. 04. 2000, SozR 3-1200 § 14 Nr. 29). Denn es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte den Kläger unzutreffend
oder unvollständig beraten (§
14 SGB I) oder ihre Auskunftspflicht verletzt hätte (§
15 SGB I). Umgekehrt ist festzustellen, dass die Beklagte mit Unterstützung durch den MDK alles in ihrer Macht stehende unternommen
hat, um den Kläger sachgerecht zu beraten. Im Zentrum der Betrachtung steht hier das Gutachten von Dr. R vom 21. Oktober 2004,
in dem der Kläger auf einen zwei- bis dreitägigen Aufenthalt in der C verwiesen wurde, um sich dort einer radiochirurgischen
Behandlung mit dem Linearbeschleuniger zu unterziehen. Dieses Gutachten, das den Kläger zu einer Kontaktaufnahme mit dem benannten
Oberarzt in der C hätte bewegen sollen, wurde dem Kläger auch ausgehändigt.
Der Hinweis des Klägers auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 4. April 2006 (B 1 KR 5/05 R) und die Alternative der stationären Gamma-Knife-Behandlung verfängt nicht. Der Antrag des Klägers, gestellt durch seine
behandelnde Neurologin Dr. Ambrosius am 7. Juni 2004, zielte nämlich ausschließlich auf eine ambulante Behandlung, die für
den Einsatz des Gamma-Knife typisch sein dürfte; die gesamte Behandlung dauert nach den in dem Verwaltungsvorgang der Beklagten
enthaltenen Materialien nämlich nur insgesamt fünf Stunden. Hierauf hat der Kläger auch ausdrücklich in der Klagebegründung
vom 14. Januar 2005 hingewiesen, wo er den Abschluss der Behandlung nach fünf bis sechs Stunden als entscheidenden Vorteil
gegenüber der längerwierigen Behandlung im Linearbeschleuniger schilderte. Zudem hat die Beklagte den Kläger dezidiert auf
Behandlungsalternativen hingewiesen, nämlich auf die Behandlung mit dem Linearbeschleuniger an der C Berlin, verbunden mit
einem zwei- bis dreitägigen stationären Aufenthalt. Der Fall des Klägers ist insoweit nicht vergleichbar mit dem vom Bundessozialgericht
entschiedenen Fall, in dem es um die Erstattung der Kosten einer Uterus-Arterien-Embolisation zur Behandlung eines Myoms ging,
die üblicher Weise ebenso ambulant wie stationär vorgenommen werden kann.
Auch das vom Prozessbevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung überreichte Urteil des Bundessozialgerichts
vom 16. Dezember 2008 (B 1 KR 11/08 R) führt nicht entscheidend weiter. Die Kernaussage jener Entscheidung besteht nämlich nur darin, dass Krankenhausbehandlung
nicht schon deshalb im medizinischen Sinne "erforderlich" ist, weil eine bestimmte Leistung zwar ambulant erbracht werden
kann, vertragsärztlich aber mangels positiver Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses nicht zu Lasten der gesetzlichen
Krankenversicherung erbracht werden darf. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit dieser Gedanke hier zugunsten des Klägers fruchtbar
gemacht werden könnte, da im Rahmen der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung keine Leistungspflicht der Beklagten besteht
und eine stationäre Behandlung gerade nicht erfolgte, so dass sich die Frage nach deren Notwendigkeit nicht stellt.
Ebenso wenig zwingt die Therapiefreiheit der vom Kläger konsultierten Ärzte die Beklagte zur Kostenübernahme (vgl. Bundessozialgericht,
Urteil vom 25. September 2000, B 1 KR 24/99 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 17). Eine Therapiefreiheit in dem Sinne, dass Untersuchungs- oder Behandlungsmaßnahmen beliebig
eingesetzt werden könnten, kennt nämlich weder das einfache Recht noch das Verfassungsrecht. Die in der Bundesärzteordnung
in § 1 Abs. 2 enthaltene Therapiefreiheit ist schon berufsrechtlich durch die Bindung an den medizinischen Standard und die
Regeln der ärztlichen Kunst eingeschränkt und wird in der gesetzlichen Krankenversicherung durch die Erfordernisse einer beitragsfinanzierten,
solidarischen Krankenversicherung ebenfalls faktisch begrenzt. Dies bedeutet, dass der Kläger die beantragte Behandlung zwar
erbringen lassen konnte, aber die Beklagte zu einer Kostenübernahme nicht verpflichtet ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§
160 Abs.
2 Nr.1 und 2
SGG).