Anerkennung eines Schulunfalls in der gesetzlichen Unfallversicherung
Kein Vorliegen einer versicherten Tätigkeit beim Sturz vom Bett einer an Epilepsie leidenden Schülerin nach einem Krampfanfall
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung eines Ereignisses vom 2. Juni 2015 als Arbeits- bzw. Schulunfall.
Die 1998 geborene Klägerin leidet an einem Moya-Moya-Syndrom mit Z. n. mehreren Hirninfarkten und cerebraler Bypass-OP und
mit spastischer rechtsbetonter Tetraparese sowie strukturell-fokaler Epilepsie. Zum Zeitpunkt des Unfalls war sie Schülerin
der D Schule D-Stadt (Schule mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung) und befand sich auf einer von der Schule organisierten
mehrtägigen Radtour.
Am Morgen des 2. Juni 2015 kam es gegen 08:30 Uhr in der Unterkunft in E-Stadt im Zimmer der Klägerin zu dem streitgegenständlichen
Ereignis, das die bei dem Landkreis Fulda angestellte, die Klägerin begleitende persönliche Teilhabeassistentin, die Zeugin
F., in der Unfallanzeige vom 8. Juni 2015 wie folgt schilderte:
"Wir wollten zum Frühstück gehen. A. wollte ihren Rucksack holen (wg. Wasser & Medikamenten). Dabei blieb sie leicht mit dem
Fuß am Koffer hängen und erschreckte sich etwas (verkrampfte leicht, war schnell wieder bei sich). Ich setzte sie auf ihr
Bett. Ich drehte mich kurz weg, um den Rucksack zu schließen. Aus mir unerfindlichen Gründen rutschte sie vom Bett. Vermutlich
ist sie nach vorne oder an der Wand entlang gefallen. A. selbst konnte sich nicht daran erinnern, ob ihr kurz vorm Sturz schwindelig
war. Das nächste, was ich sehen konnte, war, wie A. am Boden lag."
Die Klägerin zog sich hierbei eine Luxation der Zähne 21 und 22 mit Fraktur des Zahnes 22 zu; außerdem wurde das linke Glas
ihrer Brille zerkratzt.
Der Direktor der Schule teilte der Beklagten mit Schreiben vom 4. September 2015 nach Rücksprache mit der Zeugin F. mit, die
Klägerin habe an diesem Tag das Zimmer verlassen, um sich im Bad fertig zu machen. Weiterhin habe sie im Wohnbereich der Unterkunft
gesessen und sich mit ihren Mitschülern und dem Personal unterhalten. Sie habe sich dann auf ihr Zimmer begeben, um ihren
Rucksack zu holen. Dabei habe sich der Unfall ereignet.
Mit Bescheid vom 11. Mai 2015 lehnte die Beklagte eine "Gewährung von Entschädigungsleistungen" ab, da es sich bei dem Ereignis
vom 2. Juni 2015 nicht um einen Versicherungsfall gehandelt habe. Aufgrund einer plötzlichen Kreislaufdysregulation und damit
aus einer inneren Ursache sei es zu einem Abrutschen vom Bett mit anschließendem Sturz auf das Gesicht gekommen. Eine äußere
Gewalteinwirkung habe nicht vorgelegen.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 2. Februar 2016 zurück und führte aus,
es lasse sich jedenfalls nicht mit der für die haftungsbegründende Kausalität erforderlichen Wahrscheinlichkeit feststellen,
dass die zur Zeit des Unfalls konkret verrichtete Tätigkeit, das bloße abwartende Sitzen auf dem Bett, ohne Hinzutreten eines
weiteren betriebsbezogenen Umstandes wesentlich ursächlich oder mitursächlich für den Sturz auf das Gesicht gewesen sei. Das
vorherige Sitzen auf dem Bett sei zudem aufgrund eines zuvor bereits offensichtlich erlittenen Krampfanfalls und nicht wegen
betrieblicher Umstände erfolgt.
Hiergegen hat die durch ihre Mutter als Betreuerin vertretene Klägerin am 29. Februar 2016 Klage bei dem Sozialgericht Fulda
(Sozialgericht) erhoben.
Das Sozialgericht hat Patientenunterlagen der Klägerin der Schön Klinik Vogtareuth und des Klinikums Fulda sowie des behandelnden
Hausarztes Dr. G. beigezogen. Anschließend hat das Sozialgericht ein fachneurologisches Sachverständigengutachten des Dr.
H. vom 30. Dezember 2016 mit ergänzender Stellungnahme vom 17. April 2017 eingeholt. Dieser hat ausgeführt, ob es sich um
einen Sturz aus innerer Ursache oder um ein epileptisches Anfallereignis gehandelt habe, lasse sich aufgrund der schlechten
Unfalldokumentation gutachterlich weder in die eine noch in die andere Richtung eindeutig positiv belegen. Da der genaue Unfallablauf
nicht beobachtet worden sei, sei spekulativ, welche Faktoren genau zum Sturz beigetragen hätten. Da die Klägerin aufgrund
der Schlaganfallfolgen eine offensichtliche schwere motorische Behinderung habe, habe diese mit hoher Wahrscheinlichkeit zum
Sturz beigetragen. Ein epileptisches Anfallsgeschehen als Sturzursache sei wesentlich unwahrscheinlicher, wenn auch nicht
ganz auszuschließen. Aus der Tatsache und dem Ablauf des Sturzes ohne offensichtliche Abfangreaktion könne nicht auf eine
Bewusstseinseintrübung geschlossen werden.
Die Klägerin hat Fotografien des Zimmers, in dem sich der Unfall ereignet hat, sowie der Sitzposition vorgelegt.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 4. Dezember 2017 hat das Sozialgericht die persönliche Teilhabeassistentin der Klägerin,
Frau F., als Zeugin gehört. Wegen der Einzelheiten in der Aussage der Zeugin wird auf die Sitzungsniederschrift vom 4. Dezember
2017 Bezug genommen.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 4. Dezember 2017 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klägerin stehe
zwar grundsätzlich auf der Klassenfahrt in Form einer mehrtägigen Radtour der Fahrrad-AG als Schülerin unter dem Schutz der
gesetzlichen Unfallversicherung. Aber nicht jede Tätigkeit auf dieser Fahrt sei vom Versicherungsschutz umfasst. Wenn es sich
um rein persönliche, von der versicherten Tätigkeit nicht mehr beeinflussbare Belange handele, liege kein Versicherungsschutz
vor. Allein vom Ablauf her handele es sich aber schon nicht um eine vom Versicherungsschutz umfasste Tätigkeit. Sowohl das
Fertigmachen im Zimmer als auch das Holen des Rucksacks bzw. des Schals seien rein private Tätigkeiten. Das Setzen auf das
Bett, um sich von dem Krampfanfall bzw. dem Verkrampfen zu erholen, sei ebenfalls eine rein private Tätigkeit der Gesundheitsfürsorge.
Essen, Trinken und Schlafen seien vom Versicherungsschutz ausgenommen, da es sich um den persönlichen Bedürfnissen dienende
Tätigkeiten handele. Betriebsbedingte Umstände, die zur Herstellung eines inneren Zusammenhanges dienen könnten, seien nicht
zu erkennen und auch nicht vorgetragen. Allein die Abwesenheit von zu Hause und der gewohnten Umgebung führten nicht zur Annahme
besonderer betriebsbedingter Umstände, auch nicht in Kenntnis der Behinderung der Klägerin. Nichts anderes ergebe sich aus
dem Vorhandensein der Wand und des Nachttisches neben dem Bett der Klägerin. Insoweit könne keine besondere Gefahr erkannt
werden. Auch habe die Betreuerin auf einen sicheren Sitz der Klägerin geachtet. Eine besondere Gefahr ergebe sich auch nicht
aus den beengten räumlichen Verhältnissen in der Jugendherberge im Vergleich zum Zimmer der Klägerin zu Hause. Schließlich
sei sie fest und sicher auf dem Bett sitzend von diesem herabgerutscht. Letztlich lasse sich mit der für den Vollbeweis erforderlichen
Gewissheit nicht sagen, warum die Klägerin vom Bett gerutscht sei. Jedoch fehle es bei dem Geschehen an der Realisierung einer
dem Schutzzweck der Unfallversicherung entsprechenden Gefahr.
Gegen dieses ihrem Prozessbevollmächtigten am 13. Dezember 2017 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 8. Januar 2018 Berufung
zum Hessischen Landessozialgericht in Darmstadt eingelegt.
Die Klägerin trägt vor, die Sichtweise des Sozialgerichts sei zu eng und könne jedenfalls nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts
vom 23. Januar 2018 (B 2 U 8/16 R) nicht mehr in dieser Form aufrechterhalten werden. Aus dieser Entscheidung werde deutlich, dass die Zuordnung privater Tätigkeiten
in den Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung in einem größeren bzw. weiteren Maßstab erfolgen müsse, als
dies bislang erfolgt sei. Vorliegend sei davon auszugehen, dass der Unfall der Klägerin eben nicht in der gewohnten Umgebung
sich ereignet habe, d.h. in einer von der regelmäßigen Situation abweichenden Gegebenheit. Hieraus ergebe sich dann eben eine
Besonderheit, die - weil zu Grunde liegende Maßnahmen - dem schulischen Bereich zuzuordnen sei, nachdem sich der Unfall eben
während eines von der Schule organisierten Radausfluges ereignet habe. Hieraus folge ein ausreichender ursächlicher Zusammenhang.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 4. Dezember 2017 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11.
November 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Februar 2016 zu verurteilen, das Ereignis vom 2. Juni 2015 als
Arbeits- bzw. Schulunfall im Sinne von §
8 Abs.
1 S. 1
SGB VII anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit Schriftsätzen vom 23. Mai 2018 (Beklagte) bzw. vom 21. Juni 2018 (Prozessbevollmächtigter der
Klägerin) mit einer Entscheidung des Rechtsstreits durch den Senat ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere auch im Vorbringen der Beteiligten, wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie
der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der Beratung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte über die zulässige Berufung der Klägerin aufgrund der Einverständniserklärungen der Beteiligten ohne mündliche
Verhandlung gemäß §
124 Abs.
2 SGG entscheiden.
Die Berufung ist unbegründet.
Das Urteil des Sozialgerichts vom 4. Dezember 2017 und der Bescheid der Beklagten vom 11. November 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 2. Februar 2016 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Die Klägerin stand bei Eintritt des schädigenden Ereignisses am 2. Juni 2011 nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.
Das Vorliegen eines Arbeits- bzw. Schulunfalls kann folglich nicht festgestellt werden.
Arbeitsunfälle sind nach §
8 Abs.
1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch - Gesetzliche Unfallversicherung - (
SGB VII) Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§
2,
3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls im Sinne des §
8 Abs.
1 Satz 2
SGB VII ist danach erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen
ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zum Unfallereignis geführt hat und letzteres einen Gesundheits(
erst)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Die versicherte Tätigkeit ist
vorliegend nach §
2 Abs.
1 Nr.
8b SGB VII festzustellen. Danach sind Schüler in der gesetzlichen Unfallversicherung kraft Gesetzes versichert während des Besuchs von
allgemein- oder berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von der Schule
oder im Zusammenwirken mit ihr durchgeführten Betreuungsmaßnahmen. Zum Schulbesuch gehört neben Betätigungen im Schulunterricht
sowie den dazugehörigen Pausen und Prüfungen auch die Teilnahme an sog. Schulveranstaltungen (BSG, Urteil vom 26. Oktober 2004 - B 2 U 41/03 R, SozR 4-2700 §
8 Nr. 7 RdNr. 14; Bieresborn, in: jurisPK-
SGB VII, 2. Auflage 2014, §
2 RdNr. 171 m.w.N.). Der Versicherungsschutz ist hierbei auf den organisatorischen Verantwortungsbereich der Schule beschränkt
(st. Rspr. des BSG, vgl. z. B. Urteil vom 30. Juni 2009 - B 2 U 19/08 R, SozR 4-2700 § 2 Nr. 13 RdNr. 24 ff. m.w.N.; Urteil vom 26. Oktober 2004 a.a.O. m.w.N.). Dieser organisatorische Verantwortungsbereich
erfordert einen unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang zur Schule, woran es fehlt, wenn wirksame schulische
Aufsichtsmaßnahmen nicht mehr gewährleistet sind (BSG, Urteil vom 30. Juni 2009, a.a.O., RdNr. 25; Urteil vom 18. April 2000 - B 2 U 5/99 R, SozR 3-2200 § 539 Nr. 49 S. 214). Versicherungsschutz in der Schülerunfallversicherung kann aber auch bestehen, wenn der
räumlich-zeitliche Zusammenhang (z.B. bei Klassenfahrten, Theaterbesuchen außerhalb der Unterrichtszeit) oder wirksame schulische
Aufsichtsmaßnahmen (z.B. bei Schülerbetriebspraktika oder Tätigkeiten in der Schülermitverwaltung) weitgehend gelockert sind.
Ein "Besuch der Schule", wie ihn §
2 Abs.
1 Nr.
8b Alt. 1
SGB VII tatbestandlich voraussetzt, findet also nicht ausschließlich im Schulgebäude und auf dem Schulgelände statt (BSG, Urteil vom 23. Januar 2018, - B 2 U 8/16 - juris Rdnr. 14). Versicherungsschutz besteht im Zusammenhang mit der Teilnahme an einer solchen Schulveranstaltung jedoch
nur für Verrichtungen, die im sachlichen Zusammenhang mit der grundsätzlich versicherten Tätigkeit als Schüler stehen (BSG, Urteil vom 26. Oktober 2004, a.a.O., RdNr. 15; Urteil vom 5. Oktober 1995 - 2 RU 44/94, SozR 3-2200 § 539 Nr. 34), nicht hingegen, wenn sich die betreffende Person rein persönlichen, von der versicherten Tätigkeit
nicht mehr beeinflussten Belangen widmet (BSG, Urteil vom 25. Januar 1977 - 2 RU 50/76, juris RdNr. 15). Dies führt in der Regel zu einer Unterbrechung der versicherten Tätigkeit und damit zu einer Unterbrechung
des Versicherungsschutzes.
Der Senat geht bei der Prüfung, ob es sich bei dem Ereignis vom 2. Juni 2015 um einen versicherten Schülerunfall gehandelt
hat, von folgendem, aufgrund der Angaben der Zeugin F. feststehenden Sachverhalt aus:
Die Klägerin hielt sich zum Zeitpunkt des Unfallereignisses zusammen mit ihrer persönlichen, bei dem Landkreis Fulda angestellten
Teilhabeassistentin, der Zeugin F., in dem von ihr und der Zeugin in der vorangegangenen Nacht genutzten Herbergszimmer auf.
Sie wollten den Rucksack der Klägerin oder deren Halstuch holen und dann das Zimmer verlassen, um zum Frühstück zu gehen.
Dabei kam die Klägerin an eine Tasche oder einen Koffer, die/der auf dem Boden stand, erschrak und krampfte. Deshalb setzte
die Zeugin die Klägerin auf deren Bett und achtete dabei - ihren Angaben zufolge - auf einen sicheren Sitz der Klägerin mit
dem Gesäß zur Mitte des Bettes hin. Anschließend drehte die Zeugin sich weg, um etwas zu holen. Während sie der Klägerin den
Rücken zuwandte, stürzte diese neben das Bett. Wie es zu diesem Sturz gekommen ist, lässt sich nicht aufklären.
Vor dem Hintergrund dieses Sachverhaltes ist zunächst festzustellen, dass das Geschehen nicht allein aufgrund der Anwesenheit
und der Tätigkeit der persönlichen Teilhabeassistentin als versicherte Tätigkeit im Rahmen der schulischen Veranstaltung "mehrtägige
Fahrradtour" zu bewerten ist. Die von der Teilhabeassistentin wahrgenommenen Betreuungsaufgaben stehen nicht schulischen Aufsichtsmaßnahmen
durch Lehrpersonal gleich, sondern dienen ausschließlich dem Ausgleich behinderungsbedingter Nachteile, um die Teilnahme am
Unterricht ebenso wie an anderen schulischen Veranstaltungen zu ermöglichen. Die konkrete, auch mit Unterstützung durch die
Teilhabeassistenz vorgenommene Handlung ist mit Blick auf die Rechtsfrage des Vorliegens einer versicherten Tätigkeit so zu
beurteilen, wie dies bei Schülern und Schülerinnen der Fall wäre, die nicht auf eine entsprechende Unterstützung angewiesen
sind.
Im Weiteren kann ausgehend von dem oben dargestellten Sachverhalt dahingestellt bleiben, ob im Rahmen einer Klassenfahrt das
Holen von Rucksack oder Schal aus dem Übernachtungszimmer bzw. der Weg im Übernachtungszimmer, der vorgenommen wird, um das
Zimmer zu verlassen und den Frühstücksraum aufzusuchen, versicherte Tätigkeiten sind. Denn auch diese Handlungen sind nicht
maßgeblich für das hier konkret vorliegende Unfallereignis; sie waren zum Unfallzeitpunkt vielmehr unterbrochen durch eine
Handlung, die als ausschließlich höchstpersönliche Verrichtung anzusehen ist. Die einzige konkret im Unfallzeitpunkt feststellbare
Handlung ist das Sitzen der Klägerin auf dem Bett im Zimmer der Unterkunft. Ob es unmittelbar aus dieser Position heraus (z.
B. wegen eines erneuten Krampfens) oder bei dem Versuch, aufzustehen oder die Sitzposition zu verändern, zu dem Sturz gekommen
ist, und was für solche Handlungen Motiv gewesen sein könnte, ist vorliegend nicht aufzuklären. Das Sitzen auf dem Bett aber
ist allein veranlasst durch ein zuvor aufgetretenes, nach den Angaben der Zeugin F. ebenso wie nach den Angaben des Schulrektors
in dessen Schreiben vom 4. September 2015 bei der Klägerin wiederholt auftretendes, mit ihrer Grunderkrankung im Zusammenhang
stehendes Krampfen. Die Zeugin F. hat hierzu angegeben, dass es bei der Klägerin in unterschiedlicher Häufigkeit - bis zu
mehrmals in der Woche - zu einem solchen Krampfen kommt, weshalb für sie im Rahmen ihrer Tätigkeit immer im Fokus gestanden
hat, die Klägerin in solchen Situationen zu stützen oder festzuhalten. Allein diesem Zweck diente auch das Positionieren der
Klägerin auf dem Bett; sie sollte dort in stabiler Lage warten, bis die Zeugin mit ihr gemeinsam das Zimmer verlassen konnte.
Diese Position des Abwartens, aus der heraus es dann zu dem letztlich von seinem Ablauf her nicht aufklärbaren Sturz gekommen
ist, ist keiner versicherten Tätigkeit und keinem versicherten Weg zurechenbar, sondern sollte allein der Sicherheit der Klägerin
im Hinblick auf ein ihrer Grunderkrankung und damit ihrer höchstpersönlichen Sphäre, nämlich ihrer Gesundheitsfürsorge, zuzurechnendes
Sturzrisiko dienen.
Eine abweichende Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht unter
Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) in dessen Urteil vom 23. Januar 2018 (B 2 U 8/16 R). Das BSG hat hierin zunächst entschieden, dass auch eine schulisch veranlasste Gruppenprojektarbeit, die im häuslichen Bereich eines
Schülers/Mitschülers durchgeführt wird, dem Unfallversicherungsschutz unterfällt, und damit auch die in diesem Zusammenhang
zurückzulegenden Wege. Dies steht für den vorliegenden Fall der schulisch veranlassten mehrtägigen Radtour nicht im Streit.
Im Weiteren hat das BSG in dieser Entscheidung in Übereinstimmung mit seiner früheren Rechtsprechung ausgeführt, dass jugendtypische Gruppenprozesse
und hieraus sich ergebende Gefahren den Versicherungsschutz ebenfalls nicht ausschließen. Ein solcher Sachverhalt liegt hier
aber nicht vor. Darüber hinaus hat das BSG aber auch in dieser Entscheidung bestätigt, dass maßgeblich im Rahmen der Beurteilung der konkret zum Unfallzeitpunkt vorgenommenen
Handlung die "objektivierte Handlungstendenz" ist. Auch während der nach dieser Entscheidung des BSG grundsätzlich versicherten Gruppenprojektarbeit ist also nicht jede beliebige Handlung als versicherte Tätigkeit zu bewerten,
sondern auch hiernach ist die im konkreten Einzelfall durchgeführte Tätigkeit und die dieser zu Grunde liegende Handlungstendenz
zu prüfen. Wie oben dargestellt, war im vorliegenden Fall die Handlungstendenz auf die höchstpersönliche Sphäre der Klägerin
gerichtet.
Darüber hinaus lassen sich bei dem Sturz der Klägerin von ihrem Bett auch keinerlei Umstände feststellen, durch die diese
dort und zu diesem Zeitpunkt einer besonderen, ihrem durch die schulische Veranstaltung bedingten Aufenthaltsort zuzuschreibenden
Gefahr ausgesetzt gewesen ist. Auf die insoweit von Seiten der Klägerin angeführten, auf dem Fußboden gelagerten Gegenstände
(Tasche, Koffer) kommt es dabei nicht an, da diese bei dem Sturz vom Bett keine Rolle gespielt haben.
Die Berufung konnte daher keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG, diejenige über die Nichtzulassung der Revision auf §
160 Abs.
2 SGG.