Betriebsprüfungsbescheid
Eingetragene Partnerschaftsgesellschaft
Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs
Keine Antragsbefugnis des Gesellschafters
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen einen Betriebsprüfungsbescheid der Antragsgegnerin.
Der Antragsteller ist Partner der eingetragenen Partnerschaftsgesellschaft (PartG) N Rechtsanwälte (im Folgenden: Arbeitgeberin), die im vorliegenden Fall als seine Verfahrensbevollmächtigten auftreten.
Bei dieser führte die Antragsgegnerin am 28.9.2015 eine Betriebsprüfung betreffend den Zeitraum vom 1.1.2011 bis 31.8.2015
durch, als deren Folge sie die Verpflichtung der Arbeitgeberin zur Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen und Umlagen
in Höhe von 3.576,89 EUR (einschließlich Säumniszuschlägen von 786,50 EUR) feststellte (Bescheid v. 6.10.2015, adressiert
an "N Rechtsanwälte"). Zur Begründung führte sie aus, die Arbeitgeberin habe bei den Arbeitnehmerinnen D N und K N den geldwerten
Vorteil (privater) Nutzung eines Firmen-Pkw falsch berechnet, indem sie einen zu geringen Nettoabzug in den Lohnabrechnungen
vorgenommen habe. Da bereits bei der vorangegangenen Prüfung der "Sachverhalt der fehlerhaften Kfz-Berechnung" beanstandet
worden sei (Bescheid v. 9.3.2011), habe die Arbeitgeberin Kenntnis von ihrer Zahlungspflicht gehabt, sodass Säumniszuschläge
zu erheben seien.
Aus den insoweit beispielhaft vorliegenden Lohnabrechnungen für Frau D N (Dezember 2014) und Frau K N (Oktober 2011) ergeben
sich folgende Berechnungen der Arbeitgeberin:
Im Original: Tabelle
Beide Arbeitnehmerinnen wohnten unter derselben Anschrift. Die wöchentliche Arbeitszeit von Frau D N betrug 30 Stunden, diejenige
von Frau K N 40 Stunden.
Gegen diesen Bescheid erhob die Arbeitgeberin am 2.11.2015 Widerspruch. Zugleich beantragte sie die Aussetzung der Vollziehung.
Der Widerspruch wurde unterzeichnet vom Antragsteller des vorliegenden Verfahrens. Dieser führte aus, er habe beiden Arbeitnehmerinnen
Zuschüsse zu den Kosten der Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gezahlt. Auf die Zahlung dieser Zuschüsse habe kein Rechtsanspruch
bestanden. Sie seien weder einzel- noch tarifvertraglich geschuldet, sondern zusätzlich zum geschuldeten Arbeitslohn gezahlt
worden, und zwar in der Höhe, in welcher die Arbeitnehmerinnen andernfalls Werbungskosten hätten geltend machen können. Daher
seien sie in zulässiger Weise pauschal versteuert worden, sodass Sozialversicherungsbeiträge nicht anfielen. Es dürften auch
keine Säumniszuschläge erhoben werden. Bei der vorangegangenen Prüfung sei ein abweichender Sachverhalt beanstandet worden.
Die Antragsgegnerin lehnte den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ab (Schreiben v. 3.11.2015). Daraufhin hat - unter dem
Briefkopf der Arbeitgeberin - der Antragsteller, vertreten durch die Partnerschaftsgesellschaft und unter Vorlage einer auf
diese lautenden Vollmacht, am 23.11.2015 beim Sozialgericht (SG) Düsseldorf Aussetzung der Vollziehung beantragt. Zur Begründung hat er sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren wiederholt.
Der Antragsteller hat beantragt,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 6.10.2015 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie hat im Wesentlichen auf den angefochtenen Bescheid verwiesen und den Bescheid vom 9.3.2011 zu den Akten gereicht, auf
dessen Inhalt Bezug genommen wird.
Das SG hat dem Antrag entsprochen (Beschluss v. 18.12.2015, auf dessen Gründe Bezug genommen wird).
Gegen den ihr am 28.12.2015 zugestellten Beschluss richtet sich die am 28.1.2016 erhobene Beschwerde der Antragsgegnerin.
Diese hat den Bescheid vom 6.10.2015 geändert und die Nachforderung auf 2.057,50 EUR (einschließlich Säumniszuschläge von
447,00 EUR) ermäßigt (Teilabhilfebescheid v. 26.2.2016). Zur Begründung führt sie aus, entgegen der Annahme der Arbeitgeberin
betrage die Entfernung zwischen Wohnung und Tätigkeitsort bei beiden Arbeitnehmerinnen nicht 9 km, sondern 13 km. Aufgrund
dessen sei für die private Nutzung des Firmen-Pkw für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ein geldwerter Vorteil von
127,92 EUR (32.800,00 EUR x 0,03 % x 13) bei Frau D N und von 44,85 EUR (11.500,00 EUR x 0,03 % x 13) bei Frau K N anzunehmen.
Bei Letztgenannter habe nur dieser Betrag, nicht aber die von der Arbeitgeberin angenommenen 59,40 EUR pauschal versteuert
werden dürfen, weshalb von einem monatlichen Entgelt von 28,35 EUR (offenbar errechnet aus der Differenz von 59,40 EUR und
dem von der Arbeitgeberin als geldwertem Vorteil aus der Nutzung für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zugrunde gelegten
Betrag von 31,05 EUR) zu wenig Beiträge gezahlt worden seien.
Bei der Arbeitnehmerin D N sei die zulässige Pauschalversteuerung dagegen zu begrenzen auf die fiktiven Werbungskosten in
Höhe von 58,50 EUR (0,30 EUR x 13 km x 15 Arbeitstage). Der Differenzbetrag von 69,42 EUR und nicht nur die von der Arbeitgeberin
angenommenen 29,16 EUR seien der Beitragspflicht unterworfen, weshalb von 40,26 EUR zu wenig Beiträge gezahlt worden seien.
Die Antragsgegnerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 18.12.2015 aufzuheben und den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung
des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 6.10.2015 in Gestalt des Teilabhilfebescheides vom 26.2.2016 abzulehnen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt den angefochtenen Beschluss und weist erneut darauf hin, dass es im vorliegenden Fall nicht um Beitragszahlung
auf Vorteile aus der privaten Nutzung von Firmenfahrzeugen, sondern auf die von ihm gewährten Zuschüsse zu Fahrten zwischen
Wohnung und Arbeitsstätte gehe.
Der Senat hat die Verwaltungsakte der Antragsgegnerin beigezogen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin ist begründet. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs
der Arbeitgeberin gegen den Bescheid vom 6.10.2015 in Gestalt des Teilabhilfebescheides vom 26.2.2016 (dazu unter 1.) hat
keinen Erfolg, weil er unzulässig ist (dazu unter 2.). Im Hinblick auf den bisherigen Verfahrensverlauf nutzt der erkennende
Senat die Gelegenheit des vorliegenden Beschlusses gleichwohl zu rechtlichen Hinweisen (dazu unter 3.).
1. Gegenstand des vorliegend zu entscheidenden Verfahrens auf einstweiligen Rechtsschutz ist der Antrag auf Anordnung der
aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Arbeitgeberin gegen den Bescheid vom 6.10.2015 in Gestalt des Teilabhilfebescheides
vom 26.2.2016, der gemäß §
86 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) Gegenstand des noch anhängigen Widerspruchsverfahrens geworden ist. Dieser Antrag kann nur dahingehend ausgelegt werden,
dass es sich um einen Antrag des Antragstellers, nicht dagegen der Partnerschaftsgesellschaft, der er angehört, in ihrer Funktion
als Arbeitgeberin handelt.
Für dieses Verständnis spricht zunächst die Formulierung des Antrags, in dem ausdrücklich der Antragsteller als Einzelperson
aufgeführt ist, während als Prozessbevollmächtigte die gesamte Anwaltskanzlei angegeben wird. Es kommt hinzu, dass der Antragsteller
eine von ihm unterzeichnete, auf die Partnerschaft ausgestellte Prozessvollmacht vorgelegt hat, was die gewollte Personenverschiedenheit
von Antragsteller und Prozessbevollmächtigten unterstreicht. Schließlich ist der Antragsteller Fachanwalt für Steuerrecht
und damit nicht nur rechtskundig, sondern speziell im öffentlich-rechtlichen Verfahrensrecht bewandert, was die Annahme eines
Missverständnisses bei der Benennung der Beteiligten ausschließt.
2. Der in diesem Sinne auszulegende Antrag ist unzulässig, weil es sowohl an der Antragsbefugnis als auch am Rechtsschutzbedürfnis
des Antragstellers fehlt.
a) Im Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz ist in entsprechender Anwendung von §
54 Abs.
1 Satz 2
SGG antragsbefugt, wer im Hauptsacheverfahren klagebefugt ist. Dies ist beim Antragsteller nicht der Fall.
aa) Der Senat hat zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) bereits entschieden, dass Arbeitgeberin der dort beschäftigten
Arbeitnehmer die Gesellschaft, nicht die einzelnen Gesellschafter ist (Senat, Urteil v. 25.1.2012, L 8 R 67/09, [...]). Dem entspricht es, dass der Gesellschafter einer GbR nicht befugt ist, gegen einen an die GbR adressierten Betriebsprüfungsbescheid
Klage zu erheben (Senat, Beschluss v. 30.3.2011, L 8 R 149/11 B, [...]). Für die PartG kann nichts anderes gelten, zumal, wie bei der offenen Handelsgesellschaft, ihre rechtliche Selbständigkeit anders als bei
der GbR ausdrücklich gesetzlich angeordnet ist (§ 7 Abs. 2 Partnerschaftsgesellschaftsgesetz [PartGG] i.V.m. § 124 Handelsgesetzbuch).
b) Es kann dahingestellt bleiben, ob Partner einer Partnerschaftsgesellschaft - ebenso wie Gesellschafter einer Personengesellschaft
(vgl. hierzu BGH, Urteil v. 17.9.1991, XI ZR 256/90, NJW 1992, 112 [113] n.w.N.) - in Notfällen analog §
744 Abs.
2 Bürgerliches Gesetzbuch Ansprüche der Partnerschaft geltend machen können. Denn für einen solchen Notfall ist im vorliegenden Fall nichts ersichtlich
oder vorgetragen.
b) Ebenso wenig hat der Antragsteller ein Rechtsschutzbedürfnis an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung.
aa) Wie sich schon aus dem systematischen Zusammenhang zu §
86a Abs.
3 SGG erschließt, dient das Rechtsinstitut der Anordnung der aufschiebenden Wirkung dazu, den Adressaten eines Bescheides vor dessen
Vollziehung, d.h. der einseitigen Durchsetzung der im Bescheid getroffenen Regelung mit hoheitlichen Mitteln, zu schützen
(vgl. BVerwG, Urteil v. 20.11.2008, 3 C 13/08, NJW 2009, 1099 f.; BVerfG, Beschluss v. 19.6.1973, 1 BvL 39/69 u.a., BVerfGE 35, 263 [264]). Für einen hierauf gerichteten Antrag besteht dementsprechend kein Rechtsschutzbedürfnis, wenn dem Antragsteller zum
Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung eine Vollstreckung nicht (mehr) droht.
bb) So liegt es hier. Adressat des angegriffenen Prüfbescheides ist nicht der Antragsteller, sondern die Partnerschaftsgesellschaft.
Nur dieser gegenüber besteht mithin die Möglichkeit der Vollstreckung aus dem Bescheid mit einseitigen, hoheitlichen Mitteln.
Eine Vollstreckung unmittelbar gegenüber dem Antragsteller scheidet dagegen nach gegenwärtiger Sach- und Rechtslage aus.
cc) Etwas anderes folgt nicht daraus, dass der Antragsteller ggf. - zumal als möglicher Verantwortlicher für eine fehlerhafte
Beitragsberechnung - als weiterer Haftungsschuldner gemäß § 8 Abs. 2 PartGG in Betracht kommt. Denn hierfür bedürfte es zunächst eines Haftungsbescheides gegen ihn, zu dessen Erlass überdies nicht
die Antragsgegnerin als prüfender Rentenversicherungsträger, sondern die Einzugsstelle auf der Grundlage von §
28h Abs.
1 Satz 3 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (
SGB IV) zuständig wäre (vgl. näher Senat, Urteil v. 25.1.2012, L 8 R 67/09; zur Zweiteilung des Verfahrens zur Erhebung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen bei Betriebsprüfungen siehe auch BSG, Urteil v. 15.9.2016, B 12 R 2/15 R, zur Veröffentlichung in SozR 4-2400 § 22 Nr. 5 vorgesehen).
3. Im Hinblick auf Verlauf und Dauer des bisherigen Verfahrens und angesichts seiner aufgrund des Geschäftsverteilungsplans
des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen bestehenden ausschließlichen Zuständigkeit für Streitsachen nach § 28p
SGB IV bei Betriebsprüfungen durch Träger der allgemeinen Rentenversicherung nimmt der Senat den vorliegenden Beschluss gleichwohl
zum Anlass zu folgenden - die Beteiligten rechtlich nicht bindenden - Hinweisen zur Sach- und Rechtslage.
a) Nach gegenwärtigem Sachstand geht die Antragsgegnerin aller Voraussicht nach in zwei entscheidungserheblichen Punkten von
einem unzutreffenden Sachverhalt aus:
aa) Soweit in den Gehaltsabrechnungen der Arbeitnehmerinnen in den Netto-Bezügen ein Betrag von 59,40 EUR verbucht ist, liegt
dem - wie der Antragsteller im Verfahren mehrfach betont hat - offenbar eine tatsächliche Zahlung von Fahrgeld in der genannten
Höhe zugrunde, welche die Arbeitgeberin den Arbeitnehmerinnen zusätzlich zu der ihnen eingeräumten Möglichkeit, einen Dienstwagen
auch für Fahrten von der Wohnung zur Arbeitsstätte zu nutzen, monatlich gewährt hat. Es handelt sich nicht etwa lediglich
um den Betrag, den die Arbeitgeberin für im Rahmen der Kfz-Nutzung pauschal versteuerungsfähig und beitragsfrei gehalten hat.
bb) Zutreffend geht die Arbeitgeberin in diesem Zusammenhang von einer Entfernung von 9 km zwischen der Wohnung der Arbeitnehmerinnen
und dem Kanzleisitz aus. Gibt man beide Adressen etwa im Routenplaner https://wego.here.com ein, so wird als kürzeste Verbindung
mit dem Pkw eine Strecke von 9,3 km angegeben. Es mag sein, dass andere Routenplaner, wie etwa der von der Antragsgegnerin
zu Rate gezogene, zu längeren Strecken gelangen. Der Senat hält es indessen nicht für zulässig, im Rahmen einer Betriebsprüfung
eine andere Entfernung als die vom Arbeitgeber angenommene zugrunde zu legen, wenn diese vertretbar ermittelt worden ist.
b) Ausgehend hiervon lässt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht abschließend beurteilen, ob die Arbeitgeberin zutreffend
von Beitragsfreiheit der Fahrgeldzahlungen ausgegangen ist.
aa) Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Sozialversicherungs-Entgeltverordnung (SvEV) sind Einnahmen nach §
40 Abs.
2 Einkommensteuergesetz (
EStG) dem Arbeitsentgelt nicht zuzurechnen und daher nicht beitragspflichtig. Zu diesen Einnahmen gehören nach §
40 Abs.
2 Satz 2
EStG vom Arbeitgeber zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geleistete und pauschal besteuerte Zuschüsse zu den Aufwendungen
des Arbeitnehmers für Fahrten zwischen Wohnung und Tätigkeitsort bis zu dem Betrag, den der Arbeitnehmer nach §
9 Abs.
1 Satz 3 Nr.
4, Abs.
2 EStG als Werbungskosten geltend machen könnte, wenn die Bezüge nicht pauschal besteuert würden. Als Werbungskosten können dabei
pro Arbeitstag 0,30 EUR je vollem Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte angesetzt werden.
bb) In der Annahme einer maßgeblichen Entfernung von 9 km kann man zu einem Betrag von 59,40 EUR monatlich nur kommen, wenn
man von 22 Arbeitstagen pro Monat ausgeht (22 Arbeitstage x 9 km x 0,30 EUR = 59,40 EUR). Zwar kann nach R 40.2 Abs. 6 Satz
1 Nr. 2 Buchst. b) aa) Lohnsteuerhandbuch (LStH) 2014 - die betreffende Passage war insoweit in den Lohnsteuerhandbüchern aller streitbefangenen Jahre gleich - "aus Vereinfachungsgründen"
eine Benutzung des Kfz an 15 Arbeitstagen monatlich zu Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte unterstellt werden, was
eine häufigere Benutzung nicht ausschließt. Eine Benutzung an - durchschnittlich - 22 Arbeitstagen ist indessen unter Berücksichtigung
von Feiertagen und Erholungsurlaub kaum vorstellbar. Insoweit sind ggf. noch zusätzliche Erläuterungen der Arbeitgeberin und
ggf. weitere Ermittlungen der Antragsgegnerin erforderlich.
cc) Zweifel bestehen aus Sicht des Senats derzeit auch am Vortrag des Antragstellers, das Fahrgeld werde zusätzlich zum ohnehin
geschuldeten Arbeitslohn gezahlt. Wie der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden hat, ist der "ohnehin geschuldete Arbeitslohn"
der arbeitsrechtlich geschuldete. Zusätzlich erbracht werden nur freiwillig gezahlte Fahrtkostenzuschüsse (BFH, Urteil v.
19.9.2012, VI R 55/11, BFHE 239, 91). Vor diesem Hintergrund erscheint es dem Senat zunächst ratsam, die (bislang nicht vorliegenden) Arbeitsverträge der Arbeitnehmerinnen
beizuziehen. Unabhängig davon können arbeitsrechtliche Ansprüche nicht nur aus Arbeits- oder Tarifvertrag, sondern auch aufgrund
betrieblicher Übung entstehen, d.h. aufgrund der regelmäßigen Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers, aus
der die Arbeitnehmer schließen können, das ihnen die erbrachten Leistungen auch künftig auf Dauer gewährt werden sollen. Dabei
kommt es nicht auf den Verpflichtungswillen des Arbeitgebers an, sondern darauf, wie die Arbeitnehmer sein Verhalten nach
Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände verstehen durften (std. Rspr.; statt aller: BAG; Urteil v. 21.6.2011,
9 AZR 203/10, AP Nr. 53 zu §
307 BGB m.w.N.). In diesem Zusammenhang ist zumindest auffällig, dass das Fahrgeld offenbar von 2011 bis 2014 regelmäßig und in gleicher
Höhe gezahlt worden ist. Es kommt hinzu, dass jedenfalls das der Arbeitnehmerin D N gezahlte Arbeitsentgelt gemessen an der
geschuldeten Arbeitszeit außerordentlich niedrig ist (ausgehend von einer Arbeitszeit von wöchentlich 30 Stunden ergibt sich
ein Stundenlohn von 5,38 EUR). Es erscheint dem Senat zumindest erläuterungsbedürftig, aus welchen anderen Gründen als der
sicheren und berechtigten Erwartung der Gewährung eines Dienstwagens zu einem Listenpreis von 32.800 EUR und der Zahlung großzügig
bemessener Fahrtkostenzuschüsse als Nettoleistung eine Sekretariatskraft in einer Anwaltskanzlei eine derartige Vergütung
akzeptieren sollte.
dd) Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass die Möglichkeit der Pauschalversteuerung mit der Folge der Beitragsfreiheit
in der Sozialversicherung in Höhe der fiktiven Werbungskosten nur einmal genutzt werden kann. Kann der Arbeitnehmer ein betriebliches
Kfz für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte einsetzen und wird für den daraus entstehenden geldwerten Vorteil (vgl.
§
8 Abs.
2 Satz 3
EStG) die Pauschalversteuerung in Anspruch genommen, so ist diese damit verbraucht. Die Zahlung eines Fahrgeldes ist in diesem
Fall - ggf. in vollem Umfang - steuer- und beitragspflichtig (vgl. R 40.2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b) aa) LStH 2014 ["mit Ausnahme der Nummer 1"] sowie BMF-Schreiben v. 31.10.2013 Ziff. 5.2 ["Bei ausschließlicher Benutzung eines zur
Nutzung überlassenen Kraftwagens ist die Höhe der pauschalierungsfähigen Sachbezüge und Zuschüsse des Arbeitgebers auf die
Entfernungspauschale beschränkt"]).
c) Lediglich ergänzend weist der Senat auf Folgendes hin: Soweit die Antragsgegnerin im Fall von Frau K N annimmt, unter Anwendung
der 0,03-%-Regelung ergebe sich ein pauschal versteuerungsfähiger Betrag von 44,85 EUR (statt der von der Arbeitgeberin angenommenen
31,05 EUR), ist die Annahme einer nachträglich beitragspflichtigen Entgeltdifferenz von 28,35 EUR (Differenz zwischen 59,40
EUR und 31,05 EUR) inkonsequent. In diesem Fall wäre die "zutreffende" Entgeltdifferenz auf 14,55 EUR zu bemessen (Differenz
zwischen 59,40 EUR und 44,85 EUR).
d) Die Erhebung von Säumniszuschlägen erscheint nach bisheriger Sach- und Rechtslage nicht ausreichend begründet. Vielmehr
erlaubt die Begründung des zu den Akten gereichten Bescheides vom 9.3.2011 auch die Auslegung, dass es dort um einen anderen
Sachverhalt als den vorliegenden gegangen ist, nämlich die "richtige" Bemessung des Listenpreises eines Firmenwagens.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. §
154 Abs.
1 Verwaltungsgerichtsordnung, die Entscheidung über den Streitwert auf §§ 52, 53 Abs. 2 Nr. 4 Gerichtskostengesetz.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§
177 SGG).