Sozialversicherungspflicht einer Beobachterin im Kompetenzfeststellungsverfahren einer GmbH zur Förderung der beruflichen
Bildung
Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit
Weisungsgebundenheit und Eingliederung in die Organisation
Kein Vorliegen einer eigenen Betriebsstätte oder eines unternehmerischen Risikos
Keine Tätigkeit für weitere Auftraggeber
Unerheblichkeit der Höhe der gezahlten Vergütung
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens (§ 7a Sozialgesetzbuch Viertes Buch [SGB IV]) darüber,
ob die Beigeladene zu 1) in ihrer Tätigkeit als Beobachterin im Kompetenzfeststellungsverfahren für die Klägerin im Zeitraum
vom 12.2.2010 bis zum 9.7.2010, vom 6.9.2010 bis zum 11.8.2011, vom 17.10.2011 bis zum 10.7.2012, vom 23.8.2012 bis zum 29.1.2013
und vom 4.3.2013 bis zum 18.7.2013 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen
Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung und vom 25.9.2013 bis zum 18.2.2014 der Versicherungspflicht in
der gesetzlichen Rentenversicherung unterlag.
Bei der Klägerin handelt es sich um eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (AG D, HRB 000). Ihr Unternehmensgegenstand ist die Förderung von beruflicher Bildung und Erziehung sowie der Jugendhilfe. Sie bietet
in ihrem Berufsorientierungszentrum B und einer Nebenstelle in D Beratungsangebote und handlungsorientierte Maßnahmen für
junge Menschen an, die der Berufswahlorientierung, dem Jugendhilfeangebot, der Berufsvorbereitung, der Berufsausübung und
Berufsausbildung bzw. der Arbeitsvermittlung dienen. Dazu werden Potenzialanalysen und Berufsfelderprobungen durchgeführt.
Im Rahmen einer solchen Potenzialanalyse und Berufsfelderprobung wird es Schülern ermöglicht, in verschiedenen, praxisnahen
Berufsfeldern zu arbeiten. Dabei werden diese pädagogisch begleitet und angeleitet. Die Beobachter haben dabei die Aufgabe,
die Schüler bei der Verrichtung der verschiedenen Tätigkeiten zu beobachten und nach verschiedenen Kriterien zu bewerten.
In der Regel betreut ein Beobachter vier Schüler. Konkret durchlaufen die Schüler nach der durchgeführten Potenzialanalyse
an den Werkstatttagen verschiedene Werkstätten. In diesen werden die Gruppen von Ausbildern angeleitet und von Beobachtern
bei der Verrichtung ihrer Tätigkeiten bewertet. Die Klägerin verfügt über vollständig ausgestattete Werkstätten für Maler,
Maurer, Schreiner, Elektrotechniker, Metallbauer etc.
Dieses Angebot fußt u.a. auf dem Berufsorientierungsprogramm (BOP) des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF).
Nach den dortigen Richtlinien für die Förderung der Berufswahlorientierung in überbetrieblichen und vergleichbaren Berufsbildungsstätten
(BOP-Richtlinie, Stand 1.6.2010 und 6.12.2011) soll u.a. die enge Abstimmung und Rückkopplung der Ergebnisse der Berufsorientierung
mit Schule und Eltern es ermöglichen individuellen Potenzialen rechtzeitig durch Maßnahmen Rechnung zu tragen (Ziff. 1.1.3
BOP-Richtlinie 2011, Ziff. 1.1.4. Richtlinie 2010). Die Berufswahlorientierung dient dazu individuelle Interessen und Fähigkeiten
zu entdecken und eine entsprechende ausgerichtete Auswahl eines Betriebspraktikums zu ermöglichen. Die Potenzialanalyse stellt
dabei die Grundlage für die erfolgreiche Gestaltung der Werkstatttage dar (Ziff. 1.1.4 BOP-Richtlinie 2011). Eine begleitende
Evaluation untersucht dabei die Methoden und Wirkungen von Potenzialanalyse und Werkstatttagen (Ziff. 1.1.6 BOP-Richtlinie
2011, Ziff. 1.6 Richtlinie 2010). Gegenstand der Förderung durch das BMBF sind dabei Berufsorientierungsmaßnahmen für Schüler/innen,
die einen Abschluss der Sekundarstufe I als höchsten Schulabschluss an einer allgemeinbildenden Schule anstreben, bestehend
aus einer Potenzialanalyse, die in der Regel ab Klasse 7/2 durchgeführt wird, und Werkstatttagen in einer überbetrieblichen
Bildungsstätte oder vergleichbaren Bildungsstätten in der Regel ab Klasse 8. Beides soll in engem zeitlichen Zusammenhang
durchgeführt werden (Ziff. 2 BOP-Richtlinie 2011). Dabei bezieht sich die Potenzialanalyse insbesondere auf die individuellen
Kompetenzen, Neigungen, Interessen und die jeweiligen Entwicklungspotenziale der Jugendlichen. Sie hat den vorgegebenen Qualitätsstandards
zu entsprechen. Die Ergebnisse der Potenzialanalyse sind für die berufsorientierenden Werkstatttage zu nutzen (Ziff. 4.1 BOP-Richtlinie
2011). Im Rahmen der Werkstatttage soll den Jugendlichen durch individuelle Rückmeldungen ihre Stärken und das konkrete Verhalten
zu jedem Berufsbild gespiegelt werden. Im Rahmen eines Zertifikates werden ihre Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungspotenziale
dokumentiert (Ziff. 4.2.2.2 und 4.2.2.3 BOP-Richtlinie 2011). Für die Organisation und Koordination der Berufsorientierungsmaßnahme
und die individuelle Betreuung der Schüler soll eine Projektleitung eingesetzt werden. Diese hat die Ausgestaltung der Maßnahme
eng mit der Schule abzustimmen und die Eltern einzubeziehen. Zwischen der Schule und der Berufsbildungsstätte sind Kooperationsvereinbarungen
zu schließen (Ziff. 4.3 bis 4.5 BOP-Richtlinie 2011, Ziff. 4.1.7, 4.2 Richtlinie 2010).
Ausweislich dieser (exemplarisch vorgelegten) Kooperationsvereinbarungen (KV) der Klägerin mit interessierten Schulen, die
zur inhaltlichen, qualitativen und organisatorischen Umsetzung auf die o.g. Richtlinie Bezug nehmen, kennt die Schule das
Umsetzungskonzept der Klägerin und befürwortet es. Dieses beinhaltet insbesondere die Teilnahme aller Schüler der 8. Klasse,
die vorgeschaltete Potenzialanalyse für alle teilnehmenden Schüler, die praxisorientierte Erprobung in mindestens drei Berufsfeldern
mit mindestens 65 Zeitstunden Gesamtumfang, eine regelmäßige individuelle Rückmeldung und den Abschluss mit Zertifikat sowie
die kontinuierliche und abgestimmte Einbindung aller Akteure, also auch der Lehrkräfte und Eltern. Im Übrigen wird auf den
Inhalt der Richtlinien und KV Bezug genommen.
Im Rahmen zweier, stichprobenartig durchgeführter Betriebsprüfungen bei der Klägerin durch den prüfenden Rentenversicherungsträger
wurden für die Prüfzeiträume 2008 bis 2011 und 2012 bis 2015 jeweils keine Feststelllungen bezogen auf das vorliegende Vertragsverhältnis
getroffen (Bescheide vom 29.11.2012 und 22.2.2016).
Die 1971 geborene Beigeladene zu 1) ist ausgebildete Medizinische Fachangestellte mit dem Schwerpunkt Entwicklungsdiagnostik.
Sie wurde in den streitigen Zeiträumen bei der Klägerin auf der Basis von Honorarabrechnungen im folgenden zeitlichen und
finanziellen Umfang tätig:
(Im Original: Tabelle)
Am 22.10.2014 stellte die Beigeladene zu 1) bei der Beklagten einen Antrag auf Statusfeststellung nach §
7a SGB IV mit dem Begehren, die Tätigkeit bei der Klägerin als Beschäftigung zu werten. Sie habe die Vorgabe erhalten, an welchem Ort
und zu welcher Zeit der Unterricht durchzuführen sei. Auch sei der Inhalt vorgegeben gewesen. Die Arbeit sei nicht frei einteilbar
gewesen. Sie sei in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingebunden gewesen und habe keine eigenen Entscheidungen treffen
können. Als Anlagen legte die Beigeladene zu 1) Buchungsübersichten für den Zeitraum Dezember 2009 bis Dezember 2013 und eine
Honorarabrechnung vom 10.1.2014 vor.
Auf Nachfrage der Beklagten erklärte sie weiter, dass sie keine Dozententätigkeit ausgeübt, sondern Schüler einer 8. Klasse
innerhalb eines Projektes beobachtet habe. Sie habe nur sporadisch ausgefallene Dozenten vertreten. Es habe einen Pool von
Beobachtern gegeben, aus dem der jeweilige Bedarf akquiriert worden sei. Einen schriftlichen Vertrag hätte sie mit der Klägerin
nicht geschlossen. Eine Ablehnung von Aufträgen sei grundsätzlich möglich gewesen. Die Termine für die Einsätze seien mündlich,
per E-Mail oder telefonisch vereinbart worden. Zu Beginn des Halbjahres seien die jeweiligen Termine für das nächste halbe
Jahr per E-Mail versandt worden. In diesem Plan habe man sich eintragen können. Anschließend habe sie eine Bestätigung der
Einsätze für das nächste halbe Jahr erhalten. Die konkreten Daten (Schüler, Name, Werkstattplan) seien ihr ca. 14 Tage vorher
zugeleitet worden. Ihr Auftrag sei es gewesen, Fähigkeitsprofile der beobachteten Schüler zu erstellen. Diese Profile seien
nicht prüfungsrelevant, sondern dienten der Berufswahlorientierung der Schüler. Sie unterrichte nicht. Es gebe keinen Rahmenlehrplan
oder Vertretungsstunden. Sie habe nach vorgegebenen Kriterien Beobachtungen der Schüler während der praktischen Berufsfelderprobungen
durchgeführt bzw. die daraus entstandenen Fähigkeitsprofile in dafür vorgegebene Vordrucke eingetragen. Später seien noch
Potentialanalysen nach einem vorgegebenen Testverfahren hinzugekommen.
Der Arbeitsbeginn bzw. Ablaufplan sei immer gleich gewesen. Sie habe in der Regel um 8:30 Uhr begonnen und ihre Tätigkeit
um 15:30 Uhr beendet und eine Tagespauschale von 100,00 EUR dafür erhalten. Zum Abschluss habe es ein Auswertungsgespräch
gegeben, welches in der jeweiligen Schule durchgeführt und je nach Schülerzahl unterschiedlich vergütet worden sei. Dabei
seien pro Schüler 30 Minuten Auswertungsgespräch vorgesehen gewesen. Die Schüler seien benotet worden. Sie hätten die Stufen
zwischen 1 und 5 erreichen können, die dann noch kommentiert und mit einer abschließenden Gesamtbeurteilung versehen worden
seien. Je nach Schule hätten die Schüler zwischen drei bis zehn Tagen in der Berufsbildungsstätte an einem Projekt teilgenommen.
Die Schülergruppen seien in der Regel von der Schule zusammengestellt worden und hätten sich nach den dortigen Interessen
gerichtet. Sie habe Nebenpflichten gehabt. Es seien Anwesenheitslisten zu pflegen, Pausenaufsicht zu führen, Schüler zu den
Werkstätten und zum Mittagessen zu begleiten und zu beaufsichtigen gewesen. Sie habe mit den Schülern am Ende des Tages Tagesberichte
erstellt, Berufswahlpässe eingesammelt und Selbsteinschätzungsbögen mit den Schülern ausgefüllt. Ferner seien eventuelle Krankmeldungen
weiterzuleiten gewesen. Es habe keine Lehrer-/Notenkonferenzen gegeben. Selten habe es Besprechungen oder Schulungen gegeben.
Sie habe mit Frau B zusammengearbeitet, die die Koordination durchgeführt habe. Es habe eine tägliche Besprechung vor und
nach der praktischen Berufsfelderprobung gegeben. An dieser hätten die verschiedenen Beobachter und Anleiter in den Werkstätten
teilgenommen. Sie hätten dort Informationen über Schüler ausgetauscht. Sie habe sich bei Potenzialanalysen mit Kollegen ausgetauscht,
da diese in der Regel zu zweit durchgeführt worden seien. Es habe eine gemeinsame Pausenaufsicht gegeben. Vor der Maßnahme
habe sie einen Ordner mit schriftlichen Anweisungen und den dazugehörigen Dokumenten erhalten. Insofern habe die Klägerin
alle erforderlichen Materialien zur Verfügung gestellt (Kopien für die Auswertung, Materialien für die praktischen Arbeiten
und ggf. auch einen Laptop). Die Vergütung sei auf einem Vordruck der Klägerin abgerechnet worden. Sie sei für alle Beobachter
ihrem Wissen nach gleich gewesen. Ausgefallene Tage seien nicht honoriert worden. Wenn sie selbst ausgefallen sei, habe eine
andere Honorarkraft oder ein Angestellter der Klägerin ihre Aufgaben übernommen. Gegebenenfalls habe auch der Anleiter gleichzeitig
noch beobachten müssen. Ergänzend reichte die Beigeladene zu 1) weitere Unterlagen ein: Zeit- und Ablaufplan inkl. Angaben
zum Personaleinsatz, Hinweise für Beobachter/-innen, Vordrucke (Fähigkeitsprofil, Beobachtungsbogen, Honorar-Abrechnung, Selbsteinschätzungsbogen,
Potenzialanalyse, ausgefülltes Fähigkeitsprofil), exemplarische Arbeitsblätter, Emailverkehr mit der Zeugin B sowie einen
Zeitplan für die Auswertungsgespräche. Auf den Inhalt dieser Unterlagen wird Bezug genommen.
Die Klägerin erklärte sich auf Nachfrage der Beklagten wie folgt: Die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) sei im Rahmen des Projektes
Berufsorientierung geleistet worden. Das Projekt sehe für die Schüler frühzeitige Potenzialanalysen und Berufsfelderkundung
vor. Hierfür würden Ausbilder aus dem jeweiligen Berufsfeld und Beobachter eingesetzt. Die Beigeladene zu 1) sei in den Maßnahmen
der Berufswahlorientierung als Beobachterin im Einsatz gewesen. Ihre Aufgabe habe darin bestanden, die Schüler nach standardisierten
Kriterien zu beobachten und zu beurteilen. Es sei jeweils eine Anfrage der Projektleiterin erfolgt, ob die Beigeladene zu
1) an bestimmten Tagen als Beobachterin tätig werden wolle. Die Termine seien mitgeteilt worden und die Beigeladene zu 1)
habe zu- oder absagen können. Sie sei im genannten Zeitraum insgesamt 81 Mal zum Einsatz gekommen. Festangestellte Mitarbeiter
hätten feste Arbeitszeiten von 7:45 Uhr bis 16:30 Uhr gehabt und seien an Weisungen gebunden gewesen. Ergänzend zu ihrem Vortrag
legte sie Übersichten zu den Honorarzahlungen an die Beigeladene zu 1) und exemplarische Honorar-Abrechnungen vor, auf deren
Inhalt Bezug genommen wird.
Sodann hörte die Beklagte die Beteiligten mit Schreiben vom 13.2.2015 zu der beabsichtigten Feststellung der Versicherungspflicht
der Beigeladenen zu 1) in ihrer Tätigkeit als Beobachterin im Kompetenzfeststellungsverfahren bei der Klägerin im Zeitraum
vom 7.12.2009 bis zum 26.2.2014 in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und nach
dem Recht der Arbeitsförderung an. Für eine abhängige Beschäftigung spreche, dass das Beobachtungsverfahren im Hinblick auf
Inhalte und Abläufe vorgegeben sei. Der organisatorische Rahmen der Tätigkeit habe sich nach dem Schulalltag gerichtet und
sei durch diesen vorbestimmt gewesen. Der Tätigkeitsort sei bei der Klägerin gewesen. Die Tätigkeit sei mit einem Tagessatz
vergütet worden. In Ausübung der Tätigkeit habe sich kein unternehmerisches Risiko ergeben. Es seien Anwesenheitslisten zu
führen, Pausenaufsicht zu übernehmen, Schüler zu begleiten und zu beaufsichtigen gewesen. Die Beigeladene zu 1) habe Tagesberichte
geschrieben. Es habe sich um eine Projekttätigkeit gehandelt, die einem Projektleiter unterstanden habe. Innerhalb der Projektarbeit
seien tägliche Besprechungen mit den Beteiligten erfolgt. Für eine selbstständige Tätigkeit spreche, dass die Beigeladene
zu 1) nicht verpflichtet gewesen sei, Aufträge anzunehmen. Sie habe anhand einer Liste ihre Einsatzwünsche eingetragen. Sie
habe ihren eigenen Laptop eingesetzt. Ausgefallene Tage seien nicht honoriert worden. Diese Gesichtspunkte träten jedoch im
Rahmen der Gesamtabwägung zurück.
Dem trat die Klägerin entgegen (Schreiben v. 6.3.2015). Im Unterschied zu festangestellten Mitarbeitern habe die Beigeladene
zu 1) keinen Anspruch auf Urlaub, Sozialleistungen, Überstundenvergütung sowie Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall gehabt.
Im Fall ihrer Verhinderung habe sie das wirtschaftliche Risiko selbst tragen müssen. Es habe keine Verpflichtung bestanden,
angebotene Aufträge anzunehmen. Sie habe auch für andere Einrichtungen als Beobachter tätig werden können. Folglich habe sie
sowohl die freie Verfügungsmöglichkeit über ihre eigene Arbeitskraft als auch über die zeitliche Lage der von ihr angenommenen
Aufträge gehabt. Sie habe weder ein Weisungsrecht gegenüber den Teilnehmern noch ein Haus-, Weisungs- oder Maßregelrecht besessen.
Richtig sei, dass das Beobachtungsverfahren im Rahmen der Beauftragung zum Teil vorgegeben worden sei. Die zu beobachtenden
Inhalte seien jedoch als Teil des Auftrages zu betrachten und könnten deshalb als Merkmal für eine abhängige Beschäftigung
nicht herangezogen werden. Die Klägerin beschäftige sich mit beruflicher Aus-, Fort- und Weiterbildung. Die von der Bildungsstätte
durchgeführten Maßnahmen seien in der Regel auf ein bis zu fünf Tagen angesetzt gewesen. Die Maßnahmen fänden nicht täglich
statt, sondern hätten feste Beginn- und Endtermine, die sowohl vormittags als auch nachmittags liegen könnten. Der Beigeladenen
zu 1) sei freigestellt gewesen, an welchen Tagen sie als Beobachterin die Maßnahme habe begleiten möchten. Ein regelmäßiger
Schulalltag finde nicht statt. Das durch die Beigeladene zu 1) vorgetragene Führen der Anwesenheitsliste sei Teil des Auftrages
und somit kein Merkmal des abhängigen Beschäftigungsverhältnisses gewesen. Die Beaufsichtigung der Teilnehmer sei Aufgabe
der Ausbilder und der begleitenden Aufsichtspersonen und gehöre nicht zu den Aufgaben der Beigeladenen zu 1) als Beobachterin.
Bei den Tagesberichten würden die Ergebnisse der Beobachtungen festgehalten. Sie dienten somit der später zu erstellenden
Beurteilung. Es habe keine täglichen Besprechungen zwischen den Beteiligten gegeben.
Sodann stellte die Beklagte fest, dass die Beigeladene zu 1) für die Klägerin als Beobachterin im Kompetenzfeststellungsverfahren
im Zeitraum vom 7.12.2009 bis zum 26.2.2014 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung,
der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlegen habe (Bescheid v. 10.3.2015). Auf die Begründung
wird Bezug genommen.
Dagegen erhob die Klägerin am 28.3.2015 Widerspruch. Die Kriterien einer selbstständigen Tätigkeit überwögen bei der Beigeladenen
zu 1), sodass eine abhängige Beschäftigung nicht festzustellen sei. Die Beigeladene zu 1) sei hinsichtlich der Gestaltung
ihrer Arbeitszeit nicht an die Weisungen der Klägerin gebunden gewesen. Dieser Annahme stehe nicht entgegen, dass sie in ihrer
zeitlichen Souveränität durch die notwendige Zusammenarbeit mit anderen an den Projekten Beteiligten eingeschränkt gewesen
sei. Dies gelte nach der Rechtsprechung sogar dann, wenn sich der Dienstverpflichtete zu diesem Zweck in einen Dienstplan
eingliedere (BAG, Urteil v. 17.4.2013, 10 AZR 668/12; BAG, Urteil v. 15.12.1999, 5 AZR 566/98, jeweils juris). So sei es hier. Die Beigeladene zu 1) habe im Rahmen des Projektes ihre zeitliche Souveränität im Interesse
einer funktionierenden Zusammenarbeit aufgegeben. Anders sei eine Zusammenarbeit nicht möglich gewesen. Die Beigeladene zu
1) sei in der Gestaltung ihrer Tätigkeit frei gewesen. Sie habe ihren Arbeitsort frei gewählt. Die Orte, an denen die Beobachtungen
durchgeführt worden seien, hätten sich nach den klägerischen Bedürfnissen gerichtet. Die Beigeladene zu 1) habe die Möglichkeit
gehabt, Aufträge - wegen des Ortes - abzulehnen. Sie - die Klägerin - sei nicht berechtigt gewesen, die Beigeladene zu 1)
zu verpflichten, an einem bestimmten Ort ihre Dienste zu erbringen. Der Einsatz eigener Betriebsmittel sei nicht erforderlich
gewesen, da die Tätigkeit im Wesentlichen keiner Betriebsmittel bedurft habe. Es seien lediglich Beobachtungen zu dokumentieren
gewesen. Diese Dokumentation sei unter anderem aus Gründen der Vergleichbarkeit auf standardisierten Dokumentationsvorlagen
der Klägerin erfolgt. Das unternehmerische Risiko habe bei der Beigeladenen zu 1) gelegen. Sie habe frei darüber entscheiden
können, ob sie von der Klägerin angebotene Aufträge annehme. Die Beigeladene zu 1) habe die Leistung höchstpersönlich ausgeführt.
Sie habe die Leistung gerade aufgrund ihrer besonderen Qualifikation erbracht. Insofern sei auch keine Delegation in Betracht
gekommen.
Die Beigeladene zu 1) teilte mit, dass ihre Arbeitszeit von der Projektleiterin der Klägerin, Frau B, vorgegeben worden sei
(Schreiben v. 6.8.2015). Der Ablauf des Tages sei stets gleich gewesen. Auch die Pausenzeiten seien durch die Projektleiterin
vorgegeben worden. Das Arbeitsende sei jeweils um 15:30 Uhr gewesen. Dies könne dem Zeit- und Ablaufplan entnommen werden.
Nur bei dem Beginn der Arbeitszeit habe es geringe Abweichungen gegeben, was allerdings mit der Anreise der Schüler aus den
Schulen zusammengehangen habe. Diese seien jeweils von der Projektleiterin direkt mit den zuständigen Personen der betroffenen
Schulen abgestimmt worden. Sie habe darauf keinen Einfluss nehmen können. Der Arbeitsort sei immer in den Räumlichkeiten der
Klägerin gewesen. Ihr sei nicht freigestellt gewesen, die Beobachtung außerhalb der Räumlichkeiten der Klägerin durchzuführen.
Dies sei auch nicht möglich gewesen. Frau B habe die Teams eingeteilt und die dazu benötigten Werkstätten. Ein Plan mit den
Schülergruppen und den dazugehörigen Gewerken sei erst ein paar Tage vor Beginn der Maßnahme mitgeteilt worden. Zu Beginn
des Schuljahres seien Listen an alle Teilnehmer des Projektes gesandt worden, in welche u.a. sie Zeiten für das nächste Schulhalbjahr
habe eintragen können. Praktisch habe es nicht die Möglichkeiten gegeben, Projekte abzulehnen. Es habe vielmehr die Angst
bestanden, dann nicht mehr eingesetzt zu werden. Sie habe keinen Dritten einsetzen können. Grund dafür sei nicht die erforderliche
Qualifikation gewesen. Die Tätigkeit hätten teilweise auch studentische Hilfskräfte und fachfremde Arbeitnehmer der Klägerin
durchgeführt. Falls sie daher Beobachtungen ausnahmsweise nicht habe durchführen können, sei der Ersatz durch die Projektleiterin
bestimmt worden. Es habe auch Anweisungen hinsichtlich der Beurteilung der einzelnen Schüler gegeben. Zudem sei sie verpflichtet
gewesen, studentische Hilfskräfte, die durch die Klägerin angeworben worden seien, einzuarbeiten.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 7.12.2015 als unbegründet zurück. Auf die Begründung wird Bezug
genommen.
Dagegen hat sich die Klägerin mit ihrer Klage zum Sozialgericht (SG) Münster vom 18.12.2015 gewandt. Ergänzend zu ihrem bisherigen Vortrag hat die Klägerin folgendes erklärt: Sofern Vorgaben
durch Frau B zur Bestimmung der Arbeitszeit gemacht worden seien, sei dies vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Schulklassen
zu bestimmten, vorher festgelegten Zeiten in die Einrichtungen der Klägerin gekommen seien. Eingedenk dessen, dass die Durchführung
von Potenzialanalysen und Berufsfelderprobungen hätten zeitlich sehr engmaschig durchorganisiert und geplant werden müssen,
sei es erforderlich gewesen, den Beobachtern für die konkreten Tage, an denen sie auf Honorarbasis tätig geworden seien, einen
engen Zeitplan vorzugeben. Da die Beigeladene zu 1) jedoch nicht verpflichtet gewesen sei, an den jeweiligen Tagen tätig zu
werden, habe sie ihre Arbeitszeit dennoch frei bestimmen können. Sofern die Beigeladene zu 1) vortrage, der Arbeitsort sei
ihr vorgegeben worden, sei dies dem Umstand geschuldet, dass die Beobachtungen nur in den Werkstätten der Klägerin hätten
stattfinden können. Da im Rahmen von Berufsfelderprobungen jeweils alle Werkstätten hätten zur Verfügung stehen müssen - welche
Werkstatt genutzt worden sei, habe dann von den beruflichen Neigungen der Schüler abgehangen -, sei es nicht möglich, die
Ausrüstung einzelner Werkstätten beispielsweise in die Schule zu verlegen. Die notwendigen Betriebsmittel seien ein Stift,
die Formulare der Klägerin und ein Laptop gewesen. Die Formulare, auf denen die Beobachtungen der Potenzialanalyse und Berufsfelderprobung
dokumentiert worden seien, müssten von ihr - der Klägerin - vorgegeben werden, damit die Ergebnisse der Beobachtungen vergleichbar
und objektivierbar seien. Es sei falsch, dass die Beigeladene zu 1) nicht die Möglichkeit gehabt habe, Projekte abzulehnen.
Tatsächlich sei es so, dass die Klägerin Termine benannt habe. Daraus habe sie frei wählen können, ob und wann Termine geblockt
worden seien. Sie - die Klägerin - habe studentische Hilfskräfte und fachfremde Arbeiter eingesetzt. Dies sei allerdings erst
nach einer entsprechenden Schulung und Unterweisung geschehen. Es sei auch nicht so, dass die Projektleiterin den Ersatz bestimmt
habe, wenn ein Beobachter kurzfristig ausgefallen sei. Tatsächlich habe sie eine E-Mail an die übrigen Beobachter geschickt
und nachgefragt, ob ein Beobachter kurzfristig einspringen könne. Ein unternehmerisches Risiko komme bei der Tätigkeit nicht
in Betracht, da es sich um eine reine Dienstleistung ohne maßgeblichen Material- und Kapitaleinsatz handele. Es sei auch nicht
richtig, dass die Arbeitszeit einseitig bestimmt worden sei, denn der Beigeladenen zu 1) sei freigestellt gewesen, sich für
bestimmte Projekte einzutragen. Die erforderliche Koordinierung sei aus der Natur der Sache heraus im Wege gleichberechtigter
Absprache erfolgt. Die Beigeladene zu 1) sei auch nicht eingegliedert tätig gewesen. Sie habe nicht im Rahmen von laufender
Zuarbeit für andere Mitarbeiter der Klägerin gearbeitet. Sie sei stattdessen zur Erbringung von konkret abgrenzbaren Leistungen
verpflichtet worden. Tätigkeitsort und -art sowie der zeitliche Rahmen seien bereits Bestandteil des Vertrages und somit Einzelanweisungen
der Klägerin entzogen gewesen.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 10.3.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.12.2015 aufzuheben und festzustellen,
dass für die Beigeladene zu 1) in ihrer Tätigkeit als Beobachterin im Kompetenzfeststellungsverfahren für die Klägerin in
der Zeit vom 7.12.2009 bis 26.2.2014 eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen
Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung nicht bestand.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ihren Bescheid für rechtmäßig erachtet. Es sei von Einzelaufträgen auszugehen, weshalb der Möglichkeit, Aufträge abzulehnen,
keine Bedeutung zukomme. Nach Auftragsannahme würden der Beigeladenen zu 1) Arbeitszeit und Arbeitsort seitens der Klägerin
vorgegeben. Die tatsächlich bestehende Eingliederung in den Betrieb trete nicht deshalb in seiner Bedeutung zurück, weil sie
(auch) in der Eigenart der zu erbringenden Leistung begründet sei. Die Tätigkeit als Beobachterin im Kompetenzfeststellungsverfahren
sei eine höherrangige Tätigkeit, weshalb die Weisungsgebundenheit durchaus gelockert gewesen sein dürfe. Viele Gestaltungsmöglichkeiten
hinsichtlich der Art und Weise der Ausführung der Tätigkeit seien indes nicht vorhanden gewesen, da die Vordrucke der Klägerin
zu verwenden gewesen seien. In der von Seiten der Klägerin bestehenden Gesamtverpflichtung habe die Beigeladene zu 1) Teilaufgaben
übernommen. Sie sei innerhalb des laufenden Geschäfts der Klägerin allgemein für die Beobachtung im Kompetenzfeststellungsverfahren
zuständig gewesen und habe den Weisungen der Klägerin unterlegen. Die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) werde in die Planung
der Klägerin einbezogen und sei somit Teil der Gesamtorganisation. Sie arbeite grundsätzlich in hohem Maße selbstbestimmt
und verfüge über fachliche Entscheidungsspielräume und Freiheiten. Darüber hinaus trage die Beigeladene zu 1) kein unternehmerisches
Risiko.
Die durch das SG mit Beschlüssen vom 2.2. und 4.3.2016 am Verfahren beteiligten Beigeladenen zu 1) bis 4) haben keine Anträge gestellt.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme am 23.3.2017 hat das SG den Geschäftsführer der Klägerin sowie die Beigeladene zu 1) angehört und die Zeugin B uneidlich vernommen. Auf die Sitzungsniederschrift
wird Bezug genommen.
Mit Urteil vom 23.3.2017 hat das SG der Klage stattgegeben. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das ihr am 8.5.2017 zugestellte Urteil hat sich die Beklagte mit ihrer Berufung vom 8.6.2017 gewandt. Sie trägt unter
Vertiefung ihres bisherigen Vortrages ergänzend vor, dass die Beweiswürdigung des SG in folgenden Punkten verfehlt sei: Aus den Hinweisen für die Beobachter im Kompetenzfeststellungsverfahren lasse sich eine
weisungsgebundene Eingliederung der Beigeladenen zu 1) bei der Klägerin ableiten. Die Tätigkeit sei u.a. gekennzeichnet durch
tägliche Aufgaben mit formalen Vorgaben in erheblichem Umfang. Für das Teilnahmezertifikat sei eine Gesamtbeurteilung nach
festgelegten Kriterien zu erstellen. Es seien mit Ausbildern und Lehrern Gespräche zu führen. Schließlich habe die Beigeladene
zu 1) von der Zeugin Korrekturanmerkungen zu den abgegebenen Berichten erhalten. Auch dieses spreche für eine weisungsgebundene
Kontrolle der Tätigkeit.
Nachdem die Beklagte in der mündlichen Verhandlung am 14.8.2019 den Bescheid vom 10.3.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 7.12.2015 dahingehend geändert hat, dass sie die Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) in ihrer Tätigkeit für die
Klägerin in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung
in den Zeiträumen vom 12.2.2010 bis zum 9.7.2010, vom 6.9.2010 bis zum 11.8.2011, vom 17.10.2011 bis zum 10.7.2012, vom 23.8.2012
bis zum 29.1.2013 und vom 4.3.2013 bis zum 18.7.2013 sowie ausschließlich in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 25.9.2013
bis zum 18.2.2014 festgestellt hat, beantragt sie nunmehr,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 23.3.2017 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Nachdem die Klägerin ihr Klagebegehren auf die vorgenannten Zeiträume beschränkt hat, beantragt sie,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Zudem hat sie auf das Urteil des Bundessozialgerichtes (BSG) vom 14.3.2018 (B 12 R 3/17 R) verwiesen.
Der Senat hat mit Beschluss vom 14.1.2019 die Beigeladene zu 5) am Verfahren beteiligt. Die Beigeladenen haben sämtlich keine
Anträge gestellt.
Zudem hat der Senat folgende Unterlagen beigezogen: Handelsregisterauszug der Klägerin, Auszüge aus der Internetpräsenz der
Klägerin, Versicherungsverlauf der Beigeladenen zu 1), exemplarische Kooperationsvereinbarungen, Protokoll der Schlussbesprechung
im Betriebsprüfungsverfahren, Betriebsprüfungsbescheid vom 22.2.2016, Honorarabrechnungen der Beigeladenen zu 1), Erläuterungen
der Projekte und Finanzierung, BOP-Richtlinien, Einkommensteuerbescheide der Beigeladenen zu 1), Qualitätsstandards für die
Potentialanalyse des BMBF sowie das Umsetzungskonzept der Klägerin. Auf den Inhalt dieser Unterlagen wird Bezug genommen.
Am 16.11.2018 hat der Senat einen Termin zur Erörterung des Sachverhaltes mit den Beteiligten durchgeführt, in welchem er
den Geschäftsführer der Klägerin und die Beigeladene zu 1) angehört hat. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 14.8.2019
hat der Senat diese erneut angehört und zudem die Zeugin B uneidlich vernommen. Auf die jeweiligen Sitzungsniederschriften
wird Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte
der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Senat hat in Abwesenheit der Beigeladenen zu 2) bis 5) in der Sache verhandeln und entscheiden können, da er sie mit ordnungsgemäßen
Terminsmitteilungen auf diese Möglichkeit hingewiesen hat.
Die am 8.6.2017 bei dem Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) schriftlich eingelegte Berufung der Beklagten gegen
das ihr am 8.5.2017 zugestellte Urteil des SG Münster vom 23.3.2017 ist zulässig, insbesondere gemäß den §§
143,
144 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) ohne gerichtliche Zulassung statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt worden (§§
151 Abs.
1, Abs.
3,
64 Abs.
1,
63 SGG).
Die Berufung ist zudem begründet. Die gegen den Bescheid vom 10.3.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.12.2015
und des nach §§
153,
96 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens gewordenen Bescheides vom 14.8.2019 erhobene Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und
Feststellungsklage (§§
54 Abs.
1 1. Alt., 55 Abs.1 Nr.
1,
56 SGG) für das Rechtsschutzbegehren (§
123 SGG) statthaft sowie fristgerecht (§§
87 Abs.
1 Satz 1,
90, 64, 63
SGG) erhoben und auch im Übrigen zulässig.
Es fehlt ihr insbesondere auch nicht an einem Rechtsschutzbedürfnis, da die Beigeladene zu 1) im Zeitpunkt ihrer Antragstellung
die Prüfung eines bereits abgeschlossenen Zeitraums begehrt hat. Das Rechtsschutzinteresse fehlt zwar dann, wenn Umstände
vorliegen, die das subjektive oder objektive Interesse an der Durchführung des Rechtsstreites entfallen lassen (vgl. dazu
BSG, Urteil v. 12.7.2012, B 14 AS 35/12 R, SozR 4-1500 § 54 Nr. 28). Dass die Beigeladene zu 1) das Statusfeststellungsverfahren beantragt hat, belegt jedoch ihre
Zweifel am Vorliegen bzw. Nichtvorliegen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis, die die Prüfung der Versicherungspflicht
rechtfertigen (vgl. zur Frage des Feststellungsinteresses nach §
7a Abs.
1 SGB IV Pietrek in: jurisPK-
SGB IV, 3. Aufl., §
7a Rdnr. 91ff.). Das gilt auch dann, wenn es sich um einen bereits abgeschlossenen Zeitraum in der Vergangenheit handelt (BSG, Urteil v. 4.6.2009, B 12 KR 31/07 R, juris; Senat, Urteil v. 30.4.2014, L 8 R 744/11, juris; Senat, Urteil v. 11.2.2015, L 8 R 968/10; Senat, Urteil v. 20.4.2016, L 8 R 1136/13, Senat, Urteil v. 14.11.2018, L 8 R 702/16, jeweils juris).
Das SG hat der Klage allerdings zu Unrecht stattgegeben, denn die angefochtenen Feststellungen in ihrer jetzigen Fassung beschweren
die Klägerin nicht im Sinne des §
54 Abs.
2 Satz 1
SGG, weil sie sich nicht als rechtswidrig erweisen. Die Beklagte hat im Rahmen des §
7a Abs.
1 SGB IV formell (hierzu unter I.) und materiell (hierzu unter II.) rechtmäßig festgestellt, dass die Beigeladene zu 1) in ihrer Tätigkeit
für die Klägerin als Beobachterin im Kompetenzfeststellungsverfahren in den Zeiträumen vom 12.2.2010 bis zum 9.7.2010, vom
6.9.2010 bis zum 11.8.2011, vom 17.10.2011 bis zum 10.7.2012, vom 23.8.2012 bis zum 29.1.2013 und vom 4.3.2013 bis zum 18.7.2013
der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und nach dem
Recht der Arbeitsförderung und im Zeitraum vom 25.9.2013 bis zum 18.2.2014 in der gesetzlichen Rentenversicherung unterlag.
I. Der nach ordnungsgemäßer Anhörung (§
7a Abs.
4 SGB IV i.V.m. §
24 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch [SGB X]) der Klägerin (Schreiben v. 13.2.2015) ergangene Verwaltungsakt ist formell rechtmäßig.
Die Beklagte war abweichend von §
28h Abs.
2 SGB IV für die Feststellung der Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) im Rahmen der - hier beantragten - optionalen Statusfeststellung
nach §
7a Abs.
1 Satz 1
SGB IV zuständig (§
7a Abs.
1 Satz 3
SGB IV). Ein anderer Versicherungsträger hatte - soweit ersichtlich - im Zeitpunkt der Antragstellung, dem 22.10.2014, ein Verfahren
zur Feststellung der Sozialversicherungspflicht in der streitigen Auftragsbeziehung zur Klägerin mit der Folge einer nach
§
7a Abs.
1 Satz 1 a.E.
SGB IV ausgelösten Sperrwirkung nicht eingeleitet (vgl. zur Sperrwirkung des Einzugsstellenverfahrens nach §
28h Abs.
2 SGB IV sowie des Betriebsprüfungsverfahrens nach § 28p
SGB IV BSG, Urteil v. 29.6.2016, B 12 R 5/14 R, juris, Rdnr. 27 m.w.N.).
Es ist insbesondere nicht ersichtlich, dass im Rahmen der durchgeführten Betriebsprüfungen mit den Prüfzeiträumen 2008 bis
2011 und 2012 bis 2015 das vorliegend relevante Vertragsverhältnis geprüft worden ist. Stattdessen wurde im letzten Prüfzeitraum
diese Frage seitens der prüfenden Deutschen Rentenversicherung (DRV) Westfalen im Hinblick auf das anhängige Verfahren ausdrücklich
offengelassen.
II. Die streitgegenständlichen Bescheide sind auch materiell rechtmäßig. Die Beklagte hat letztlich zutreffend festgestellt,
dass die Beigeladene zu 1) in ihrer Tätigkeit für die Klägerin der Versicherungspflicht in den oben bezeichneten Zweigen der
Sozialversicherung in den streitigen Zeiträumen unterlag (hierzu unter 1.). Tatbestände, die eine Versicherungsfreiheit der
Beigeladenen zu 1) in diesen Zweigen der Sozialversicherung begründen, bestehen nach Erlass des Bescheides vom 14.8.2019 durch
die Beklagte nicht mehr (hierzu unter 2.). Der Eintritt der Versicherungspflicht wurde auch nicht nach §
7a Abs.
6 SGB IV aufgeschoben (hierzu unter 3.).
1. Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt
beschäftigt sind (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch [SGB V], § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes
Buch [SGB XI], § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch [SGB VI], § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch
[SGB III]).
Die Beigeladene zu 1) ist bei der Klägerin gegen Entgelt (§
14 SGB IV) beschäftigt gewesen. Fehlen - wie im vorliegenden Fall - in Bindungswirkung erwachsene (§
77 SGG) behördliche Feststellungen zum sozialversicherungsrechtlichen Status in einer konkreten Auftragsbeziehung, beurteilt sich
das Vorliegen einer Beschäftigung nach §
7 Abs.
1 SGB IV.
Beschäftigung ist gemäß §
7 Abs.
1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind
eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Nach der ständigen
Rechtsprechung des BSG setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung
in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer,
Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich
bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein.
Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen
Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und
Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild
der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (st. Rspr.; vgl. BSG, Urteil v. 14.3.2018, B 12 KR 13/17 R, zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; Urteil v. 16.8.2017, B 12 KR 14/16 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 31; Urteil v. 31.3.2017, B 12 R 7/15 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 30; Urteil v. 30.4.2013, B 12 KR 19/11 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 21; jeweils m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger
Tätigkeit vgl. BVerfG, Beschluss v. 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder
selbstständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt,
in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar,
d.h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (BSG, Urteil v. 23.5.2017, B 12 KR 9/16 R, SozR 4-2400 § 26 Nr. 4).
Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist regelmäßig vom - wahren und wirksamen - Inhalt der zwischen den
Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Auf dieser Grundlage ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses
zum Typus der abhängigen Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen,
ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (vgl. hierzu im Einzelnen BSG, Urteil v. 24.3.2016, B 12 KR 20/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 29; Urteil v. 18.11.2015, a.a.O.; Urteil v. 29.7.2015, a.a.O.).
a) Nach diesen Kriterien richtet sich auch die Beurteilung der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) für die Klägerin. Die vorgenannten
Grundsätze sind nicht deshalb zu modifizieren, weil es sich bei der zu beurteilenden Tätigkeit um eine Unterrichts- oder Dozententätigkeit
handeln würde (zu den insoweit maßgeblichen Beurteilungsgrundsätzen vgl. BSG, Urteil v. 12.2.2004, B 12 KR 26/02 R, USK 2004-25 m.w.N.; Senat, Urteil v. 20.4.2016, L 8 R 21/15; Senat, Urteil v. 20.4.2016. L 8 R 1136/13, jeweils juris).
Die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) ist indes nicht mit einer Dozenten- oder Lehrtätigkeit vergleichbar. Als Lehrtätigkeit
sind grundsätzlich das Übermitteln von Wissen und die Unterweisung von praktischen Tätigkeiten zu verstehen. Der Begriff der
Lehrtätigkeit ist weit auszulegen und umfasst sowohl die Vermittlung von theoretischen Kenntnissen als auch die Unterweisung
von körperlichen Tätigkeiten. Keine Lehrtätigkeit liegt jedoch vor, wenn die Tätigkeit überwiegend als Beratung zu qualifizieren
ist. Eine Beratung ist dadurch geprägt, dass der Berater neben der Vermittlung von Kenntnissen oder Fähigkeiten zur Lösung
eines Problems zusätzlich Entscheidungshilfen bzw. -vorschläge anbietet, die vom zu Beratenden angenommen werden können (Pietrek
in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGB VI, 2. Aufl. 2013, §
2 SGB VI, Rn. 96f). Die Beigeladene zu 1) vermittelte keine Lehrinhalte an Schüler, sondern beobachtete diese, analysierte ihre Potenziale
und gab Handlungsempfehlungen.
b) Entscheidend bleibt daher, wie die Tätigkeit organisiert und ausgestaltet worden ist (vgl. BSG, Urteil v. 25.4.2012, B 12 KR 24/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 15, m.w.N.; Senat, Urteil v. 18.6.2014, L 8 R 1052/12, juris). Ausgangspunkt der sozialversicherungsrechtlichen Statusbeurteilung ist demnach das praktizierte Vertragsverhältnis
der Beteiligten, wie es sich aus den getroffenen Vereinbarungen ergibt bzw. - sofern solche nicht festgestellt werden können
- aus der gelebten Beziehung erschließen lässt.
aa) Die Vertragsparteien haben keinen schriftlichen Vertrag geschlossen. Der Inhalt der mündlichen Verabredungen folgt u.a.
aus der schriftlichen Schilderung der Zeugin B über den üblichen Verlauf eines Interessentengesprächs, dem vorgelegten E-Mail-Verkehr
sowie den Erläuterungen der Beigeladenen zu 1) und der Zeugin B in den Terminen erster und zweiter Instanz. Danach strukturierte
sich die Zusammenarbeit der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) zur Überzeugung des Senats im Wesentlichen folgendermaßen:
Die Beigeladene zu 1) übernahm die Aufgaben der Begleitung und Beobachtung von Schülergruppen durch die Module Potenzialanalyse
und/oder Berufsfelderkundungen. Während der Potenzialanalyse leitete sie die Aufgabenstellungen für die Schüler und beobachtete
und dokumentierte während der Aufgabenstellung ca. vier Schülern. Während der Berufsfelderkundungen beobachtete sie eine Schülergruppe
von acht bis zehn Schülern bei berufspraktischen Arbeiten, die durch einen Ausbilder/Dozenten angeleitet wurden und dokumentierte
diese. Zur Aufgabenerfüllung wurden der Beigeladenen zu 1) seitens der Klägerin sämtliche Arbeitsmaterialien zur Verfügung
gestellt (z.B. Ordner mit allen Unterlagen in Gruppenstärke). In den Ferien wurden keine Tätigkeiten ausgeübt. Die Einsätze
wurden zu Beginn des Schulhalbjahres geplant. Dafür sandte die Zeugin B eine E-Mail an den Pool der Beobachter/-innen mit
der Bitte in der dort anhängenden Excel-Tabelle einzutragen, in welchen Zeiträumen Einsätze in Frage kommen. Dabei waren grundsätzlich
nur Zeitblöcke von vier bzw. fünf Tagen erwünscht (E-Mail v. 13.7.2012).
Dafür erhielt die Beigeladene zu 1) ein Tageshonorar von 100,00 EUR. Nach den schriftlichen Schilderungen war die Tagespauschale
anhand von 6 Std./Tag kalkuliert. Die Beigeladene zu 1) gab an, sie habe in der Regel um 8:30 Uhr begonnen und ihre Tätigkeit
um 15:30 Uhr beendet. Die Einsatztage wurden von der Klägerin erfasst, die auf dieser Basis eine Honorarabrechnung erstellte.
Diese wurde mit Unterschrift durch die Beigeladene zu 1) bestätigt.
b) Auf dieser vertraglichen Grundlage war die Beigeladene zu 1) im Rahmen von auf die jeweiligen Schuljahre bzw. -halbjahre
befristeten Dauerschuldverhältnissen mit konkret im Voraus festgelegten Einsatztagen für die Klägerin tätig (vgl. zur Maßgeblichkeit
der zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer bestehenden konkreten Rechtsbeziehung bei der Feststellung von Versicherungspflicht
oder Versicherungsfreiheit im Rahmen des Statusfeststellungsverfahrens nach §
7a SGB IV vgl. BSG, Urteil v. 11.3.2009, B 12 R 11/07 R, SozR 4-2400 § 7a Nr. 2; BSG, Urteil v. 4.6.2009, B 12 KR 31/07 R, SozR 4-2400 § 7a Nr. 3; BSG, Urteil v. 28.9.2011, B 12 R 17/09 R; BSG, Urteile v. 30.10.2013, B 12 KR 17/11 R, und v. 4.6.2019, B 12 R 2/18 R, jeweils juris).
Diesen befristeten Dauerschuldverhältnissen lag ein zu Beginn zwischen der Zeugin B für die Klägerin und der Beigeladenen
zu 1) mündlich geschlossener Rahmenvertrag zugrunde, welcher eine auf Dauer angelegte Geschäftsbeziehung eröffnete, jedoch
(im Voraus) nur bestimmte Einzelheiten - wie die Aufgaben sowie die Abrechnungsmodalitäten - künftig abzuschließender Verträge
festlegte (vgl. BSG, Urteil v. 30.10.2013, a.a.O.; Bundesgerichtshof [BGH], Urteil v. 30.4.1992, VII ZR 159/91 NJW-RR 1992, 977, 978). Auf seiner Grundlage fand schulhalbjährlich eine Terminplanung statt, mittels derer die Klägerin Termine anbot, die
die Beigeladene zu 1) annehmen konnte oder nicht. Da bei Vertragsgestaltungen dieser Art für die Frage der Versicherungspflicht
grundsätzlich jeweils auf die Verhältnisse abzustellen ist, die nach der Auftragsannahme während der Ausführung des jeweiligen
Auftrages bestehen, ist die Möglichkeit der Auftragsablehnung für die Statusbeurteilung irrelevant (BSG, Urteil v. 4.6.2019, a.a.O., m.w.N.).
c) Im Rahmen der - ausgehend von diesen Vereinbarungen - vorzunehmenden Gesamtabwägung sprechen die zwischen der Klägerin
und der Beigeladenen zu 1) getroffenen vertraglichen Regelungen und deren tatsächliche Umsetzung für eine abhängige Beschäftigung.
Die Beigeladene zu 1) war in einem Maße weisungsgebunden [hierzu unter aa)] in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingegliedert
[hierzu unter bb)], wie dies für eine abhängige Beschäftigung prägend ist. Maßgeblich für Selbständigkeit sprechende Gesichtspunkte
liegen hingegen nicht vor [hierzu unter cc)].
aa) Die Beigeladene zu 1) war in ihrer Tätigkeit als Beobachterin im Kompetenzfeststellungsverfahren bei der Klägerin weisungsgebunden
tätig.
(1) Weisungsgebunden arbeitet, wer - im Umkehrschluss zu § 84 Abs. 1 Satz 2 Handelsgesetzbuch (HGB) - nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (std. Rspr.: BAG, Urteil v.
21.7.2015, 9 AZR 484/14, NZA 2016, 344 ff.; Urteil v. 25.9.2013, 10 AZR 282/12, NJW 2013, Urteil v. 15.2.2012, 10 AZR 301/10, NZA 2012, 731 ff.; jeweils m.w.N.). Die Einschränkungen der Gestaltungsfreiheit müssen nicht auf einzelnen Anordnungen des Arbeitgebers
beruhen. Vielmehr kann die Weisungsgebundenheit - namentlich bei einer Tätigkeit höherwertiger Art, wie sie im vorliegenden
Fall zu beurteilen ist - auch zu einer "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert sein" (BSG, Urteil v. 29.6.2016, B 12 R 5/14 R, USK 2016-48; Urteil v. 24.3.2016, B 12 KR 20/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 29; Urteil v. 18.11.2015, a.a.O.; jeweils m.w.N.). Eigenverantwortlichkeit und inhaltliche Freiheiten
bei der Aufgabenerfüllung sind erst dann ein aussagekräftiges Indiz für Selbständigkeit, wenn sie nicht mehr innerhalb des
Rahmens einer derartigen dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess zu verorten sind und insbesondere eigennützig durch den Auftragnehmer
zur Steigerung seiner Verdienstchancen eingesetzt werden können (BSG, Urteil v. 18.11.2015, a.a.O.). Die Beurteilung hängt dabei auch von der Art der jeweiligen Tätigkeit ab (BAG, a.a.O.). Größere
Spielräume, die auch abhängig Beschäftigten aufgrund der Natur ihrer Tätigkeit zustehen, können dabei nicht als maßgebendes
Kriterium für die Abgrenzung von selbständiger Tätigkeit von abhängiger Beschäftigung herangezogen werden (BSG, Urteil v. 25.4.2012, a.a.O.; Senat, Urteil v. 15.2.2017, L 8 R 86/13).
(2) Vertragsinhalt - jedenfalls aufgrund der Vertragspraxis - war, dass die Beobachtungen in den Räumlichkeiten der Klägerin
stattfanden. Da sich dies allerdings bereits aus der Natur der Sache ergibt, spricht dieser Umstand weder für noch gegen eine
abhängige Beschäftigung. Im Gegenzug ist allerdings festzustellen, dass die Beigeladene zu 1) auch nicht über eine eigene
Betriebsstätte verfügte und damit nicht über eine bei einer selbständig Tätigen üblichen eigenen Betriebsorganisation. Auch
hatte sie nicht das Recht ihren Arbeitsplatz frei zu wählen (vgl. BSG, Urteil v. 18.11.2015, a.a.O.; Senat, Urteils v. 30.8.2017, L 8 R 962/15, juris).
(3) In zeitlicher Hinsicht haben die Vertragsparteien schulhalbjährliche Vereinbarungen über die Einsatztage getroffen. Dies
spricht entgegen der Ansicht der Klägerin allerdings weder für noch gegen die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses, da
die Statusbeurteilung erst an das jeweilige nach Auftragsannahme zustande gekommene befristete Dauerschuldverhältnis anknüpft.
Zudem war die zeitliche Auswahlmöglichkeit der Beigeladenen zu 1) durch die Vororganisation der Klägerin eingeschränkt. Die
Zeiten für die durchzuführenden Tätigkeiten standen bereits vorher fest. Zudem waren die Einsätze en bloc anzunehmen. Ansonsten
hätte sich der Blickwinkel der Beobachtung verschoben. Ferner hatte die Beigeladene zu 1) keinen Einfluss auf die Ablaufgestaltung.
Sie erhielt 14 Tage vor Beginn einer Berufswahlorientierung einen zeitlichen Ablaufplan, der nicht mit ihr, sondern im Vorfeld
nur mit den Schulen abgestimmt worden war. Das galt auch für den zeitlichen Ablauf und Umfang der Auswertungsgespräche, die
in den Schulen stattfanden.
(4) Die Beigeladene zu 1) unterlag auch in der Art und Weise ihrer Tätigkeit einem Weisungsrecht der Klägerin.
(a) Als Nebenpflichten hatte die Klägerin der Beigeladenen zu 1) einseitig weitere Aufgaben auferlegt, die mit der Tätigkeit
im Zusammenhang standen, nämlich die Nutzung standardisierter Dokumentationsformulare, Begleitung der Gruppen zu Frühstück
und Mittagessen gemäß dem vorgefertigten Ablaufplan, Erkennen von Krisensituationen und ggf. Intervention (Konkretisierung
im Merkblatt "Hinweise für Beobachter": korrigierender Eingriff zusammen mit den Ausbildern), Austeilen der Namensschilder
und Schnellhefter an die Gruppe (die täglich wieder eingesammelt werden mussten) sowie das Führen einer Anwesenheitsliste.
(b) Der konkrete Inhalt der Aufgabendurchführung ergab sich aus dem durch die Klägerin - einseitig - erstellten Ablaufplan,
der den Beobachtern zwei Wochen vorher zur Verfügung gestellt wurde. Aus diesem folgte für die Beigeladene zu 1) neben dem
angesprochenen zeitlichen Ablauf der Berufswahlorientierung, ihr erforderlicher Personaleinsatz als "Beobachter" und der jeweilige
Ort, an dem sie sich einzufinden hatte. Zudem ergab sich der Termin für die Auswertungsgespräche in der Schule. Welche Schüler
sie aus der Gruppe zu beobachten hatte, folgte aus einem weiteren Plan der Klägerin, der die konkreten Schülergruppen einem
Beobachter zuteilte. Wie die Beobachtungen zu dokumentieren und welche Aufgaben den Schülern zu stellen waren, folgte bereits
aus den zu verwendenden, durch die Klägerin zur Verfügung gestellten Arbeitsmaterialien.
(c) Die weiteren Erwartungen der Klägerin an ihre Beobachter konnte die Beigeladene zu 1) u.a. deren "Hinweisen für die Beobachter/innen"
entnehmen (E-Mail v. 30.8.2012 zur Führung der Beobachtungsordner sowie Leitfaden zur BWO-Einheit - Eignungstest Berufswahl & Berufe in meiner Region). Darin wurden Vorgaben zur Erstellung der Fähigkeitsprofile
(jeweils pro Berufsfeld, in digitaler Form mit anschließender Speicherung im BOZ-Netz), den Tagesberichten, welche die Schüler
schreiben sollen (täglich) und Selbsteinschätzungsbögen sowie Teilnahmezertifikaten gemacht. Sie waren auch nach den Erläuterungen
der Beigeladenen zu 1), an denen der Senat keinen Grund hat zu zweifeln, verbindlich. Entgegen der Ansicht des SG sieht der Senat die sich aus den verschiedenen Merkblättern der Klägerin ergebenen Vorgaben nicht als vereinbart an. Entsprechende
beidseitige, mit Rechtsbindungswillen abgegebene Willenserklärungen sind weder substantiiert vorgetragen noch anderweitig
erkennbar. Es ist auch fernliegend anzunehmen, dass die Beigeladene zu 1) auch nur ansatzweise in der Lage gewesen wäre, die
Vertragsbedingungen insoweit auszuhandeln.
Ferner schrieb die Klägerin ihren Beobachtern einen Fortbildungsbedarf vor (z.B. E-Mail v. 22.2.2013: Einsatz bei Potenzialanalysen
nur, wenn vorab eine zweitägige Schulung besucht wurde). Insofern ist die Aussage der Zeugin, wonach diese Veranstaltung "freiwillig"
gewesen sei, nicht glaubhaft. Auch zu Beginn ihrer Tätigkeit wurde die Beigeladene zu 1) nach Angaben der Zeugin B zunächst
geschult.
(d) Auch inhaltlich nahm die Klägerin, maßgeblich in Gestalt der Zeugin B, auf die Darstellung der Arbeitsergebnisse der Beobachter
und damit auch der Beigeladenen zu 1) Einfluss. Sie prüfte stichprobenartig die Dokumentationen der Potenzialanalysen als
auch die erstellten Fähigkeitsprofile. Ergebnis einer solchen Prüfung konnten entsprechend den Anforderungen der Klägerin
ihrerseits korrigierte Dokumentationen sein, wie sich exemplarisch in einer E-Mail v. 11.9.2012 zeigt. Dies bestätigte die
Zeugin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich. Darüber hinaus las noch eine Verwaltungsmitarbeiterin der
Klägerin die Dokumentationen Korrektur und berichtigte Rechtsschreib- und Grammatikfehler.
Die Beigeladene zu 1) übte ihre inhaltlich-fachliche Beurteilung demgemäß nicht frei von Weisungen aus. Zudem ist eine eigenständige
Arbeitsweise kein Synonym für eine zur Versicherungsfreiheit führende Selbständigkeit (Senat, Urteil v. 6.4.2016, L 8 R 355/14, juris). Vielmehr ist es gerade auch für eine abhängige Beschäftigung typisch, dass der Grad der Eigenständigkeit der Ausführung
mit der Qualifikation des Mitarbeiters und seiner Verantwortung wächst (Senat, Urteil v. 14.10.2015, L 8 R 480/12; Senat, Urteil v. 11.5.2016, L 8 R 975/12, jeweils juris).
(5) Bei dem hier - wie beschrieben - ausgeübten Weisungsrecht handelt es sich zur Überzeugung des Senats auch nicht um eine
bloße Verpflichtung, aus abstrakt-generellen öffentlich-rechtlichen Normen vorgegebene Regeln einzuhalten (vgl. BSG, Urteil v. 25.4.2012, B 12 KR 24/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 15; BSG, Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, USK 2008-45) oder öffentlich-rechtliche Anordnungen zu befolgen (vgl. BAG, Urteil v. 25.5.2005, 5 AZR 347/04, AP Nr. 117 zu §
611 BGB Abhängigkeit; Senat, Urteil v. 8.2.2017, L 8 R 162/15, juris zum Rettungsgesetz NRW bzgl. der Tätigkeit eines Notarztes). Den Förderrichtlinien sind lediglich rudimentäre Vorgaben
zu entnehmen. Die konkrete Ausgestaltung und Umsetzung lagen bei der Klägerin. Die Qualitätsstandards zur Potenzialanalyse
betreffen unabhängig von ihrer rechtlichen Einordnung nur einen Teilbereich der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) und tangieren
die Freiräume der eigenverantwortlichen Ausgestaltung der Beobachtertätigkeit durch die Klägerin nicht maßgeblich.
bb) Die Beigeladene zu 1) war i.S.v. §
7 Abs.
1 Satz 2
SGB IV in der für sie fremden, einseitig durch die Klägerin vorgegebenen Arbeitsorganisation tätig. Eine dienende Teilhabe am Arbeitsprozess
im Sinne abhängiger Beschäftigung liegt in der Regel vor, wenn das Arbeitsziel und der betriebliche Rahmen von dem Auftraggeber
gestellt oder auf seine Rechnung organisiert werden. Sie kann selbst dann noch gegeben sein, wenn lediglich der Geschäfts-
oder Betriebszweck vorgegeben und es dem Beschäftigten überlassen wird, welche Mittel er zur Erreichung der Ziele einsetzt
(vgl. Segebrecht, in: jurisPK-
SGB IV, 3. Aufl. 2016, §
7, Rdnr. 87 ff. m.w.N.).
(1) Zunächst setzte die Klägerin die Beigeladene zu 1) ein, um ihren Verbindlichkeiten nachzukommen.
Die Klägerin - und nicht etwa die Beigeladene zu 1) - schloss mit sämtlichen Schulträgern eine Kooperationsvereinbarung ab,
die allein sie verpflichtete und zur Abrechnung bzw. Förderung ihrer Leistungen berechtigte.
(2) Die der Beigeladenen zu 1) seitens der Klägerin übertragene Aufgabe war dabei per se auf die Ausführung einer aus dieser
vertraglichen Verpflichtung resultierenden Teilleistung beschränkt, nämlich der Beobachtung im Kompetenzfeststellungsverfahren.
Die vertraglich durch die Klägerin geschuldete Gesamtleistung wurde sodann im Rahmen eines wechselseitigen Zusammenwirkens
mit den weiteren Mitarbeitern der Klägerin unter Integration der durch die Beigeladene zu 1) erbrachten Teilleistung erbracht.
(3) Zur Ausführung ihrer Teilleistung war die Beigeladene zu 1) auf die personelle, sächliche und organisatorische Infrastruktur
der Klägerin angewiesen. Diese akquirierte und organisierte die jeweiligen Berufswahlorientierungseinheiten. Sie stellte neben
dem weiteren Personal - für die Organisation die Zeugin B und für die Bestückung der Werkstätten die Ausbilder/Anleiter -
auch die benötigten Werkstätten und die erforderlichen Arbeitsmaterialien zur Verfügung. Zudem wurden die Dokumentationen
in dem klägerischerseits vorgehaltenen BOZ-Netz archiviert.
(4) Die Beigeladene zu 1) war auch mit dem Personal der Klägerin im Wege des arbeitsteiligen Zusammenwirkens tätig. Sie stellte
sich zusammen mit den Ausbildern am Ende einer jeden Berufsfelderprobung einer "Feedback-Runde" mit den Schülern. Die Zeugin
B empfahl zudem den Beobachtern, bei fachlichen Dingen mit den Ausbildern Rücksprache zu halten. Den Fähigkeitsprofilen sollte
der Eindruck entnommen werden, dass auch die Bewertung der Ausbilder dort eingeflossen ist. Zudem setzte die Klägerin auch
teilweise zwei Beobachter für eine Gruppe von acht Schülern ein, so dass diese ihre Aufgabenwahrnehmung für die Klägerin untereinander
koordinieren mussten.
(5) Zudem nutzte die Beigeladene zu 1) nicht lediglich einen durch die Klägerin bereitgestellten Vertriebsweg, denn eigene
Aufträge als Beobachterin konnte sie - unabhängig von der Klägerin - im Rahmen dieser Vertragsstruktur gerade nicht akquirieren
und damit gegenüber den Schulträgern/fördernden Stellen auch keine eigenständig als wertschöpfend zu betrachtende (Teil-)Leistung
am Markt verwerten. Ihre Tätigkeit wurde vielmehr im Verhältnis zwischen ihr und der Klägerin allein durch diese in der beschriebenen
Weise herbeigeführt, finanziell abgewickelt und so organisatorisch im Wesentlichen in die Hand genommen (vgl. dazu BSG, Urteil v. 24.3.2016, B 12 KR 20/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 29). Die Beigeladene zu 1) war demzufolge in den arbeitsteiligen Prozess in einer Weise eingliedert,
der eine eigenverantwortliche Organisation ihrer Teilleistung faktisch ausschloss (vgl. dazu BSG, Urteil v. 31.3.2017, B 12 KR 16/14 R, juris Rdnr. 34 dort zur Abgrenzung Arbeitsvertrag/Werkvertrag).
cc) Wesentliche Merkmale, die für eine selbständige Tätigkeit sprechen und im Rahmen der Gesamtabwägung dermaßen überwiegen,
dass nicht von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen ist, sind nicht erkennbar.
(1) Die Beigeladene zu 1) verfügte im Streitzeitraum für das zu betrachtende Vertragsverhältnis nicht über eine eigene, unabhängig
von dem Betrieb der Klägerin bestehende Betriebsstätte. Auch bei (hypothetischer) Annahme eines häuslichen Arbeitszimmers
ist dies unerheblich. Nach der Rechtsprechung des BSG reicht ein Arbeitszimmer, von welchem aus die berufliche Tätigkeit koordiniert und in dem eine Büroausstattung mit Computer,
Drucker, Telefon und Akten vorgehalten wird, nicht über das hinaus, was in der modernen Lebenswirklichkeit auch in vielen
privaten Haushalten beschäftigter Arbeitnehmer vorzufinden ist, und ist nicht qualitativ mit einer festen Geschäftseinrichtung
oder Anlage zu vergleichen, die dem Betrieb eines Unternehmens dient (vgl. §
12 Satz 1
Abgabenordnung [AO]; BSG, Urteil v. 18.11.2015, a.a.O. m.w.N.).
(2) Die Beigeladene zu 1) hatte keine Möglichkeit ihre Tätigkeit zu delegieren. Um eine Vertretung, falls erforderlich, kümmerte
sich nicht die Beigeladene zu 1) sondern die Klägerin, wobei weder der Beigeladenen zu 1) noch der Zeugin B krankheitsbedingte
oder sonst verursachte Absagen der Beigeladen zu 1) nach Auftragsannahme erinnerlich gewesen sind.
(3) In Bezug auf die ausgeübte Tätigkeit unterlag die Beigeladene zu 1) auch keinem ausschlaggebenden unternehmerischen Risiko.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. BSG, Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, USK 2008-45) ist maßgebliches Kriterium hierfür, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des
Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen und persönlichen Mittel also ungewiss ist. Erforderlich
ist ein Risiko, das über das Risiko hinausgeht, für den Arbeitseinsatz kein Entgelt zu erzielen (Segebrecht in: jurisPK-
SGB IV, 3. Auflage, §
7 Rdnr. 94). Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko
auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft (vgl. BSG, Urteil v. 28.5.2008, a.a.O.; Senat, Urteil v. 30.4.2014, L 8 R 376/12, juris) oder größere Verdienstmöglichkeiten gegenüberstehen (vgl. BSG SozR 2400 § 2 Nr. 19, S. 30; BSG, Urteil v. 25.1.2001, B 12 KR 17/00 R, SozVers. 2001, 329, 332; BSG, Urteil v. 31.3.2015, B 12 KR 17/13 R, juris, Rdnr. 27). Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass ein unternehmerisches Tätigwerden bei reinen Dienstleistungen
- wie vorliegend - typischerweise nicht mit größeren Investitionen in Werkzeuge, Arbeitsgeräte oder Arbeitsmaterialien verbunden
ist (BSG, Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, juris, Rdnr. 27). Dass insofern auch bei der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) damit typische Fehlen solcher Investitionen
ist kein wesentlich ins Gewicht fallendes Indiz für eine abhängige Beschäftigung und gegen ein unternehmerisches Tätigwerden.
(a) Die Beigeladene zu 1) hat ihre eigene Arbeitskraft nicht mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt, denn ihre Vergütung
erfolgte nach Abrechnung durch die Klägerin. Das durch sie getragene Insolvenzrisiko der Klägerin entspricht dem Risiko, welches
auch ein Arbeitnehmer gegenüber seinem Arbeitgeber trägt. Das Risiko, nach dem Ende eines befristeten Dauerschuldverhältnisses
keinen Folgeauftrag zu erhalten bzw. nicht an allen gewünschten Einsatztagen "gebucht" zu werden, stellt entgegen der Ansicht
der Klägerin kein Unternehmerrisiko dar. Es handelt sich vielmehr um das jeden Beschäftigten treffende Beschäftigungsrisiko
nach dem Ende eines befristeten Beschäftigungsverhältnisses.
(b) Ein Kapitaleinsatz der Beigeladenen zu 1) im Hinblick auf die streitbefangenen Auftragsverhältnisse ist nicht erkennbar.
Insbesondere wurden ihr Fahrtkosten von der Klägerin ersetzt, wie den überreichten Abrechnungen zu entnehmen ist.
(c) Nicht erheblich ist, dass kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei Krankheit und Urlaub bestand. Vertragsklauseln bzw.
vertragliche - auch mündliche - Vereinbarungen, die darauf gerichtet sind, an den Arbeitnehmer bzw. Beschäftigtenstatus anknüpfende
arbeits-, steuer- und sozialrechtliche Regelungen abzubedingen bzw. zu vermeiden, lassen, auch wenn sie in der Praxis tatsächlich
umgesetzt werden, ausschließlich Rückschlüsse auf den Willen der Vertragsparteien, Beschäftigung auszuschließen, zu. Darüber
hinaus haben sie bei der im Rahmen des §
7 Abs.
1 SGB IV vorzunehmenden Gesamtabwägung keine eigenständige Bedeutung. Vielmehr setzen sie bereits das Fehlen des Status als Arbeitnehmer
bzw. Beschäftigter voraus und sind daher eher Folge einer rechtsirrigen Statuseinschätzung als Indiz für eine solche. Allein
die Belastung eines Erwerbstätigen, der im Übrigen nach der tatsächlichen Gestaltung des gegenseitigen Verhältnisses als abhängig
Beschäftigter anzusehen ist, mit zusätzlichen Risiken rechtfertigt nicht die Annahme von Selbstständigkeit im Rechtssinne
(BSG, Urteil v. 18.11.2015, a.a.O.). Abgesehen davon ist die Überbürdung sozialer Risiken abweichend von der das Arbeitsrecht
prägenden Risikoverteilung nur dann ein gewichtiges Indiz für unternehmerisches Handeln, wenn damit auch tatsächliche Chancen
einer Einkommenserzielung verbunden sind, also eine Erweiterung der unternehmerischen Möglichkeiten stattfindet (BSG, Urteil v. 11.3.2009, B 12 KR 21/07 R, USK 2009-25; Senat, Urteil v. 6.7.2016, a.a.O.), wofür im vorliegenden Fall jedoch nichts ersichtlich ist.
(4) Die Beigeladene zu 1) war nicht für weitere Auftraggeber tätig und hatte auch sonst keine weiteren Einkünfte.
(5) Die Höhe der an die Beigeladene zu 1) gezahlten Vergütung ist vorliegend kein für Selbständigkeit sprechendes Indiz (vgl.
hierzu BSG, Urteile v. 4.6.2019, u.a. B 12 R 11/18 R, juris).
(6) Die freie Verfügbarkeit hinsichtlich der eigenen Arbeitszeit ist vorliegend nach Annahme der Aufträge pro Schulhalbjahr
nicht erkennbar. Stattdessen war der Zeitrahmen für die Beigeladene zu 1) durch die Klägerin durchgetaktet. Ein in der Gesamtabwägung
wesentliches Indiz für eine selbstständige Tätigkeit ist hier insofern nicht zu erkennen.
(7) Dem etwaigen Willen der Beteiligten kein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zu begründen, kommt für
die Abgrenzung nach der Rechtsprechung des BSG indizielle Bedeutung nur dann zu, wenn dieser Wille den festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnissen nicht offensichtlich
widerspricht und er durch weitere Aspekte gestützt wird bzw. die übrigen Umstände gleichermaßen für Selbstständigkeit wie
für eine Beschäftigung sprechen (vgl. BSG SozR 2200 § 1227 Nr. 17 S. 38; BSG, Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, Die Beiträge 2008, 333 ff. juris Rdnr. 16). Das ist hier jedoch nicht der Fall. Vielmehr überwiegen die für eine abhängige
Beschäftigung sprechenden Gesichtspunkte [siehe dazu im Einzelnen unter c)]. In einem solchen Fall unterliegt der sozialversicherungsrechtliche
Status keiner uneingeschränkten Dispositionsfreiheit der Beteiligten (BVerfG, Beschluss v. 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Sozialversicherungsrecht ist öffentliches Recht und steht auch nicht mittelbar dadurch zur Disposition
der am Geschäftsleben Beteiligten, dass diese durch die Bezeichnung ihrer vertraglichen Beziehungen über den Eintritt oder
Nichteintritt sozialrechtlicher Rechtsfolgen verfügen können (Segebrecht in: jurisPK,
SGB IV, 3. Aufl. 2016 §
7 Rdnr. 93). Der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung und ihre Natur als eine Einrichtung des öffentlichen Rechts schließen
es grundsätzlich aus, über die rechtliche Einordnung allein nach dem Willen der Vertragsparteien, ihren Vereinbarungen oder
ihren Vorstellungen hierüber zu entscheiden (BSG, Urteil v. 18.12.2001, B 12 KR 8/01, a.a.O.; Urteil v. 3.4.2014, B 5 RE 13/14 R, SozR 4-2600 § 6 Nr. 12, Rdnr. 57).
d) Die Klägerin kann sich im Hinblick auf die beantragte Statusfeststellung nicht auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten
der Beigeladenen zu 1) berufen. Zwar haben die Vertragsparteien das Rechtsverhältnis einvernehmlich im Streitzeitraum als
vermeintlich selbständig gelebt. Jedoch obliegt der Klägerin als möglicher Arbeitgeberin die Prüfung der Versicherungspflicht.
Sie hätte sich rechtzeitig Rechtssicherheit durch eine Antragstellung nach §§ 7a, 28h
SGB IV verschaffen können.
e) Im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung überwiegen die Indizien, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen: Die gesetzlichen
Merkmale der Weisungsgebundenheit und der Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers liegen bei der Beigeladenen
zu 1) in gleicher Weise wie bei einem in Teilzeit beschäftigten Arbeitnehmer vor. Die Möglichkeit zur freien Verfügung über
die eigene Arbeitszeit ist bei der Beigeladenen zu 1) allenfalls in dem dargestellten, limitierten Umfang - wie im Übrigen
auch im Rahmen einer Teilzeitbeschäftigung zu erwarten - vorhanden. Maßgeblich für Selbständigkeit sprechende Gesichtspunkte
liegen nicht vor.
2. Versicherungsfreiheitstatbestände sind, nachdem die Beklagte ihre Bescheide in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat
angepasst hat, nicht mehr festzustellen.
3. Die Verschiebung des Versicherungsbeginns nach §
7a Abs.
6 SGB IV kommt nicht in Betracht. Dies gilt schon deshalb, weil der Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status
nach §
7a Abs.
1 SGB IV vorliegend nicht innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit im Jahr 2009, sondern erst im Jahr 2014 und damit erst
nach ca. fünf Jahren nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt worden ist.
Gründe gem. §
160 Abs.
2 SGG für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §
197a SGG i.V.m. § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz.