Ausbildungsförderung: Vermögen; Vermögensverfügung; Vermögensoffenlegung; Rechtsmissbrauch; Zweckschenkung; Bereicherungsanspruch;
Fremdvergleich; Grobe Fahrlässigkeit
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Rückforderung von Ausbildungsförderung.
Die am xx.xx.1981 geborene Klägerin schloss im Juni 2001 den Besuch des Gymnasiums mit der Abiturprüfung ab. Mit am 05.09.2001
beim Landratsamt xxxxxxxxxxx - Amt für Ausbildungsförderung - eingegangenem Antrag begehrte sie sodann die Gewährung von Ausbildungsförderung
für die Ausbildung zur Touristik-Managementassistentin bei der Akademie für Bürokommunikation und Welthandelssprachen in Stuttgart.
Mit dem Antrag gab die Klägerin zu ihrem Vermögen an, über Genossenschaftsanteile einer Volksbank in Höhe von 1.800,-- DM
zu verfügen. Ihre Ausbildung begann die Klägerin am 02.10.2001. Mit Bescheid vom 29.11.2001 bewilligte das Landratsamt xxx-xxxxxxx
der Klägerin für den Zeitraum von Oktober 2001 bis September 2002 Ausbildungsförderung in Höhe von monatlich 375,-- DM. Auf
ihren Folgeantrag vom 12.06.2002 bewilligte das Landratsamt mit Bescheid vom 27.09.2002 für den Zeitraum von Oktober 2002
bis September 2003 weitere Ausbildungsförderung in Höhe von monatlich 192,-- EUR.
Ein nach §
45 d Abs.
3 EStG erfolgter Datenabgleich durch das Bundesamt für Finanzen vom 18.12.2002 brachte hervor, dass die Klägerin bei der xxx- xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
im Jahr 2001 einen Freistellungsbetrag in Höhe von 575,-- DM geltend gemacht hatte. Auf Aufforderung durch das Landratsamt
xxxxxxxxxxx legte sie hierauf Bescheinigungen der Volksbank xxxxxxxxxxx xx sowie der xxxx vor. Hiernach verfügte sie am 05.09.2001
und am 12.06.2002 bei der erwähnten Volksbank über ein Sparguthaben in Höhe von 229,92 EUR und ein Geschäftsguthaben in Höhe
von 920,33 EUR. Ein von ihr bei der xxxxx eführtes Girokonto (Nr. xxxxxxxxxx) wies am 05.09.2001 einen Kontostand von 2.016,77
DM und am 12.06.2002 von 653,85 EUR auf. Ein ebenfalls bei der xxxx geführtes Sparkonto (Nr. xxxxxxxxxx) hatte am 05.09.2001
einen Kontostand von 1,84 DM und am 12.06.2002 von 0,97 EUR. Die xxxx bestätigte zudem, dass ein weiteres Sparkonto (Nr. xxxxxxxxxx)
von der Klägerin am 21.08.2001 aufgelöst und das Guthaben in Höhe von 21.408,29 DM (= 10.945,89 EUR) an dem selben Tag auf
ein Sparkonto ihres Großvaters, Herrn E. K., gebucht worden sei.
Mit Bescheid vom 27.06.2003 hob das Landratsamt Ludwigsburg die Bewilligungsbescheide vom 29.11.2001 und 27.09.2002 auf und
forderte die Klägerin zur Rückzahlung geleisteter Ausbildungsförderung in Höhe von insgesamt 4.028,76 EUR auf.
Mit ihrem hiergegen gerichteten Widerspruch machte die Klägerin geltend, ihr Großvater habe am 28.07.1999 ein Sparbuch für
sie angelegt und am 01.10.1999 hierauf 18.000,-- DM eingezahlt. Die Einzahlung des Geldes sei unter der aufschiebenden Bedingung
erfolgt, dass sie ein Auswärtsstudium aufnehme. Da mit ihrer Immatrikulation in Stuttgart im August 2001 festgestanden habe,
dass sie kein Auswärtsstudium beginne, habe sie das Sparbuch aufgelöst und das Geld vereinbarungsgemäß wieder dem Großvater
zukommen lassen. Sie sei niemals Eigentümerin des Geldes gewesen, da die aufschiebende Bedingung nicht eingetreten sei. Hiervon
abgesehen sei die von ihr geforderte Rückzahlung aber auch unbillig. So habe sie etwa für das Studium insgesamt 16.000,--
EUR an Studien- und Prüfungsgebühren zu bezahlen. Sie habe jedenfalls auf den Bestand der Bewilligungsbescheide vertraut und
ihr Vertrauen sei unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig. Die erbrachten Leistungen habe sie verbraucht.
Weitere von der Klägerin im Widerspruchsverfahren angeforderte Kontounterlagen erbrachten, dass auf dem Konto der xxxx Nr.
xxxxxxxxxx am 01.10.1999 eine Einzahlung von 18.000,-- DM sowie am 29.10.1999 eine weitere Einzahlung in Höhe von 2.030,--
DM erfolgt war. Die Mitteilung über die Kontoeröffnung vom 28.07.1999 beinhaltete, dass der Kontoinhaber wirtschaftlich Berechtigter
sei, das Konto nicht im Auftrag eines anderen eröffnet worden sei und Gläubiger der Spareinlage der Kontoinhaber sei. Den
Freistellungsauftrag vom 12.01.2001 hatte die Klägerin selbst unterzeichnet.
Mit Widerspruchsbescheid vom 02.02.2004 wies das Regierungspräsidium Stuttgart - Landesamt für Ausbildungsförderung - den
Widerspruch der Klägerin zurück. Es führte aus, Rechtsgrundlage für die Änderung der Bewilligungsbescheide sei § 45 SGB X. Die Bescheide vom 29.11.2001 und 27.09.2002 seien rechtswidrig, da der am 21.08.2001 an den Großvater der Klägerin übertragene
Betrag in Höhe von 21.408,29 DM zu Unrecht nicht als Vermögen der Klägerin berücksichtigt worden sei. Zwar sei die Rückübertragung
des Guthabens bürgerlich-rechtlich wirksam. Dies schließe es jedoch nicht aus, der Klägerin das Guthaben weiterhin insoweit
als Vermögen zuzurechnen, als die Vermögensverfügung als Rechtsmissbrauch anzusehen sei. So handele ein Auszubildender grundsätzlich
rechtsmissbräuchlich, wenn er, um eine Anrechnung von Vermögen in einem folgenden Bewilligungszeitraum zu vermeiden, dieses
an einen Dritten unentgeltlich übertrage, anstatt es für seinen Lebensunterhalt und seine Ausbildung einzusetzen. Unabhängig
von der bürgerlich-rechtlichen Wirksamkeit der Vermögensübertragung habe dies förderungsrechtlich zur Konsequenz, dass das
übertragene Vermögen dem Auszubildenden weiterhin zugerechnet werde. Die Übertragung des Sparguthabens an ihren Großvater
wenige Tage vor der Stellung des Antrags auf Ausbildungsförderung sei rechtsmissbräuchlich erfolgt. Die Klägerin habe nicht
nachgewiesen, dass ihr Großvater ihr gegenüber Forderungen gehabt habe. Sie könne sich gegenüber der Rückforderung auch nicht
auf Vertrauensschutz nach § 45 Abs. 2 S. 2 und 3 SGB X berufen, da sie die Rechtswidrigkeit der Bewilligungsbescheide infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt habe. Die Entscheidung
nach § 45 SGB X sei auch ermessensgerecht. Denn in Anbetracht der angespannten Haushaltslage der öffentlichen Hand und im Hinblick auf die
Gleichbehandlung aller Auszubildenden sei aufgrund der gegebenen Umstände des Falles das öffentliche Interesse, Ausbildungsförderung
nur insoweit zu leisten, als die gesetzlichen Voraussetzungen dafür vorliegen, höher einzustufen als das Interesse der Klägerin,
die rechtswidrig erhaltene Ausbildungsförderung zu behalten. Die geltend gemachte Rückforderung beruhe auf § 50 SGB X.
Die Klägerin hat am 01.03.2004 vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben, zu deren Begründung sie im Wesentlichen
ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt hat. Sie hat ergänzt, dass das auf dem Sparbuch befindliche Geld von
ihr nicht angetastet worden sei, die erfolgte Rückübertragung des Betrags auf das Konto ihres Großvaters habe einer rechtlichen
Verpflichtung entsprochen und sei daher nicht rechtsmissbräuchlich. Sie habe davon ausgehen dürfen, dass sie den von ihrem
Großvater erhaltenen Geldbetrag bei Nichtaufnahme eines Auswärtsstudiums wieder zurückzahlen müsse. Der Betrag von rund 20.000,--
DM sei im Falle ihrer auswärtigen Unterbringung nicht nur für eine Wohnungseinrichtung, sondern auch für die laufenden Kosten
eines Auswärtsstudiums, insbesondere Mietzinsen, vorgesehen gewesen.
Mit Beschluss vom 19.11.2004 hat das Verwaltungsgericht der Klägerin die Bewilligung von Prozesskostenhilfe versagt. In dem
hierauf angestrengten - erfolgreichen - Beschwerdeverfahren (VGH Baden-Württemberg, Az. 7 S 3920/04) haben die Klägerin und ihre Großeltern eidesstattliche Versicherungen erstattet, die die im Jahr 1999 erfolgten Zahlungen
betreffen.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid des Landratsamts Ludwigsburg vom 27.06.2003 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom
02.02.2004 aufzuheben.
Der Beklagte hat ebenfalls im Wesentlichen seine Rechtsauffassung wiederholt und beantragt,
die Klage abzuweisen.
In der mündlichen Verhandlung hat das Verwaltungsgericht die Klägerin zu den näheren Umständen der erfolgten Kontenbewegungen
befragt. Es hat zudem Beweis erhoben durch die Vernehmung ihrer Großeltern und ihrer Mutter. Wegen der Einzelheiten der Angaben
der Klägerin und der Zeugen wird auf den Inhalt des angegriffenen Urteils und der Niederschrift über die mündliche Verhandlung
vom 19.12.2005 Bezug genommen.
Mit Urteil vom 19.12.2005 - 11 K 892/04 - hat das Verwaltungsgericht Stuttgart den Bescheid des Landratsamts Ludwigsburg vom 27.06.2003 und den Widerspruchsbescheid
des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 02.02.2004 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die erfolgte Gewährung von
Ausbildungsförderung an die Klägerin sei nicht rechtswidrig gewesen; insbesondere habe die Klägerin zu den maßgeblichen Zeitpunkten
der Antragstellungen am 05.09.2001 und 12.06.2002 nicht über anrechenbares Vermögen verfügt. Das Gericht sei aufgrund der
Aussagen der vernommenen Zeugen zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin zur Rückzahlung des entsprechenden Geldbetrages
an ihren Großvater verpflichtet gewesen sei, weil sie während ihres Studiums bei ihren Eltern in G. habe wohnen können. Die
Klägerin habe auch ernstlich mit der Geltendmachung der Rückzahlungsforderung des Großvaters rechnen müssen, ohne dass insoweit
auf die für Angehörigendarlehen im Steuerrecht entwickelten Grundsätze abgestellt werden müsse.
Gegen das dem Beklagten am 30.12.2005 zugestellte Urteil hat dieser mit am 23.01.2006 eingegangenem Schriftsatz die vom Verwaltungsgericht
zugelassene Berufung eingelegt.
Zur Begründung der Berufung macht der Beklagte geltend, die Klägerin habe erst in der Zeit zwischen dem Ausfüllen ihres ersten
BAföG-Antrags und dem Zugang des Antrags bei der Behörde die Rückübertragung des Sparguthabens auf ihren Großvater veranlasst.
Die Rückübertragung habe nicht nur die eingezahlten Beträge in Höhe von 18.000,-- DM und 2.030,-- DM umfasst, sondern auch
den Eröffnungsbetrag von 10,-- DM, aufgelaufene Zinsen in Höhe von 1.368,29 DM sowie eine Umbuchung in Höhe von 67,83 DM.
Im Zeitpunkt des Ausfüllens des Antrags, dem 11.08.2001, habe sie danach noch über Vermögen verfügt. Selbst wenn aber als
maßgebender Zeitpunkt der Antragstellung der Zugang des Antrags bei der Behörde, also der 05.09.2001, anzusehen sei, sei das
Vermögen der Klägerin wegen dessen rechtsmissbräuchlicher Übertragung anzurechnen gewesen. Die Rechtsmissbräuchlichkeit der
Vermögensübertragung werde dadurch bestätigt, dass die Klägerin das Vermögen zeitnah zur Antragstellung übertragen habe. Im
Recht der Ausbildungsförderung seien Rückzahlungsverpflichtungen zwischen Angehörigen nur anzuerkennen, wenn der Vertrag als
solcher von seiner tatsächlichen Durchführung in allen wesentlichen Punkten dem zwischen Fremden Üblichen entspreche. Vereinbarungen
unter Angehörigen entsprächen regelmäßig nur dann dem Üblichen unter Fremden, wenn die Vereinbarung schriftlich festgehalten
sei und beide Vertragsparteien den Vertrag unterzeichnet hätten. Weiterhin müssten Regelungen über die Laufzeit des Vertragsverhältnisses,
die Art und Weise der Rückzahlung und die Verzinsung des Rückzahlungsanspruchs bestehen. Allein aufgrund übereinstimmender
Behauptungen von Verwandten könne eine Rückzahlungspflichtung nicht konstruiert werden. Das Verwaltungsgericht sei in seiner
Entscheidung von einer mündlichen Absprache über eine Schuldverpflichtung ausgegangen, wie hoch eine solche indes gewesen
sein soll, sei offen. So habe etwa der Großvater der Klägerin seinen beiden anderen Enkeln lediglich 18.000,-- DM überwiesen.
Es liege daher nahe, dass die Klägerin den zusätzlichen Betrag von 2.030,-- DM zu ihrem 18. Geburtstag geschenkt bekommen
habe. Weil sie einen Tag vor der Einzahlung der 2.030,-- DM von ihrem anderen Sparbuch 2.000,-- DM abgehoben habe, liege es
auch nahe, dass sie diesen Betrag zwischen ihren Sparbüchern transferiert habe. Ein bloße mündliche Absprache über eine Rückzahlungsverpflichtung
in der geltend gemachten Höhe ohne die Vereinbarung eines Fälligkeitstermins wäre jedenfalls unter Fremden nicht erfolgt.
Im Übrigen wäre es der Klägerin aber auch noch später möglich gewesen, ein Auswärtsstudium anzuschließen. Mangels einer bestehenden
Rückzahlungsverpflichtung sei somit ein Schuldenabzug nicht in Betracht gekommen, weshalb die Bewilligungsbescheide rechtswidrig
gewesen seien.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 19. Dezember 2005 - 11 K 892/04 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin ist der Berufung entgegengetreten. Sie beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin stellt heraus, dass sie den fraglichen Geldbetrag nach den Ausführungen der vom Verwaltungsgericht vernommenen
Zeugen nur für den Fall eines Auswärtsstudiums erhalten habe. Es sei vereinbart gewesen, dass das Geld andernfalls zurückzuzahlen
sei. Die Zeugenaussagen seien glaubhaft und widerspruchsfrei. Auch der Beklagte habe die Glaubwürdigkeit der Zeugen nicht
in Abrede gestellt. Er stelle lediglich frei erfundene Behauptungen ins Blaue hinein auf. Völlig unsubstantiiert behaupte
er, dass sie den weiteren Betrag von 2.030,-- DM zu ihrem 18. Geburtstag erhalten habe, was unrichtig sei. Auch dieser Betrag
sei vielmehr für ein Auswärtsstudium bestimmt gewesen. Da es sich bei ihr um das älteste Enkelkind ihres Großvaters handele
und der Zeitpunkt eines eventuellen Auswärtsstudiums kurz bevor gestanden habe, habe sie diesen Betrag erhalten. Die am 28.10.1999
von einem anderen Konto abgehobenen 2.000,-- DM stünden in keinerlei Zusammenhang mit den genannten 2.030,-- DM. Die 2.000,--
DM seien von ihren Eltern abgehoben und für deren Hausbau verwandt worden. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hätte sie
ernstlich mit der Geltendmachung der Rückzahlungsverpflichtung gegenüber ihrem Großvater rechnen müssen. Der Inhalt des vorliegend
abgeschlossenen Vertrags, der unter Familienangehörigen nicht der Schriftform bedurft habe, sei auch bestimmt oder jedenfalls
bestimmbar. Es ergebe sich bereits aus der Sache, dass sie den von ihrem Großvater auf das für sie angelegte Konto eingezahlten
Geldbetrag einschließlich Zinsen zurück bezahlen sollte. Hierüber sei eine konkludente Einigung erzielt worden. Als klar gewesen
sei, dass sie kein Auswärtsstudium aufnehmen würde, sei die Rückzahlungsverpflichtung fällig geworden. Im Innenverhältnis
sei - ohne die genaue Festlegung der rechtlichen Konstellation - klar gewesen, dass ihr das Geld nicht zustehe. Dass sie,
die Klägerin, nach ihrem Studium noch ein Auswärtsstudium hätte anschließen können, liege neben der Sache, da der Großvater
ihr allein ein Studium habe ermöglichen wollen, die Zeit nach diesem Studium sei nicht Gegenstand der Vereinbarung gewesen.
Es sei die Sorge des Großvaters gewesen, dass sie aus finanziellen Gründen nicht hätte studieren können, wenn sie einen Studienplatz
an einem auswärtigen Ort erhalten hätte. Das ihr überlassene Geld habe sie zurückbezahlt, bevor der Antrag auf Bewilligung
von Ausbildungsförderung bei dem Beklagten eingegangen sei. Dass der Beklagte den nahen zeitlichen Zusammenhang bemängele,
sei nicht nachvollziehbar. Die erfolgte Rückzahlung ergebe sich denknotwendig aus dem Sachzusammenhang.
Dem Senat liegen die Akten des Beklagten, des Verwaltungsgerichts und die im Beschwerdeverfahren wegen Prozesskostenhilfe
angefallenen Akten vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf diese Akten und die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze
Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die vom Verwaltungsgericht zugelassene, im Hinblick auf §
124a Abs.
3 Satz 1
VwGO fristgerecht begründete und auch sonst zulässige Berufung ist nicht begründet.
Das Verwaltungsgericht hat der zulässigen Anfechtungsklage im Ergebnis zu Recht stattgegeben. Der angefochtene Aufhebungs-
und Rückforderungsbescheid des Beklagten vom 27.06.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums
Stuttgart vom 02.02.2004 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§
113 Abs.
1 Satz 1
VwGO).
Nach § 45 Abs. 1 S.1 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, unter den Einschränkungen
der Absätze 2 und 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Eine
Rücknahme scheidet jedoch aus, wenn der Betroffene in schutzwürdiger Weise auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut hat
und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist (§ 45 Abs. 2 S. 1 SGB X); dies ist in der Regel bei einem Verbrauch der erbrachten Leistungen der Fall (§ 45 Abs. 2 S. 2 SGB X). Auf Vertrauensschutz kann sich der Begünstigte allerdings nicht berufen, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht,
die er (mindestens) grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (§ 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X). In diesem Fall wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen (§ 45 Abs. 4 S. 2 SGB X). Dieses muss innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen geschehen, welche die Rücknahme für die Vergangenheit rechtfertigen
(§ 45 Abs. 4 S. 3 SGB X). Soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten (§ 50 Abs. 1 S. 1 SGB X). Die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen (§ 50 Abs. 3 S. 1 SGB X).
Nach §
18 Abs.
1 SGB I und §§
1,
11 Abs.
1 BAföG besteht ein Anspruch auf individuelle Ausbildungsförderung, wenn einem Auszubildenden die für seinen Lebensunterhalt und
für seine Ausbildung erforderlichen Mittel nicht zur Verfügung stehen. Auf den Bedarf des Auszubildenden ist nach §§
11 Abs.
2,
26 ff.
BAföG sein Vermögen anzurechnen. Gemäß §
27 Abs.
1 S. 1 Nr.
2 BAföG gelten auch Forderungen als Vermögen, wobei der maßgebliche Zeitpunkt für die Wertbestimmung des Vermögens nach §
28 Abs.
2 BAföG der Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Gewährung von Ausbildungsförderung ist.
Die Bewilligungsbescheide des Beklagten vom 29.11.2001 und 27.09.2002 konnten nicht zurückgenommen werden. Denn der von dem
Beklagten angeführte Guthabensbetrag in Höhe von 21.408,29 DM war der Klägerin bei der Berechnung der Ausbildungsförderung
gerade nicht als Vermögen i.S.v. §
27 Abs.
1 BAföG anzurechnen. Das der Klägerin im Zeitpunkt der jeweiligen Antragstellungen zukommende Vermögen im Übrigen hatte gemäß §
29 Abs.
1 Nr.
1 BAföG anrechnungsfrei zu bleiben.
Es bestehen zwar keine Zweifel daran, dass die Klägerin, wie dies auch das Verwaltungsgericht zutreffend dargestellt hat,
bis zu der Rückübertragung des in Rede stehenden Kontoguthabens auf ihren Großvater am 21.08.2001 vollwertige Inhaberin der
Forderung aus dem betreffenden Konto gewesen ist. Ihre ursprüngliche gegenteilige Einlassung trifft daher nicht zu. Denn für
die Zuordnung von Vermögen ist allein maßgeblich, wer formal die Verfügungsgewalt darüber besitzt (vgl. etwa Senatsurteil
vom 17.09.2007 - 12 S 2539/06 -, juris). Aufgrund der objektiven Zugriffsmöglichkeit der Klägerin auf das umstrittene Sparkonto war ihr daher der Guthabensbetrag
zuzurechnen. Unerheblich ist insoweit, wer die Einzahlung vorgenommen oder wer ihr das Geld zur Verfügung gestellt hat. Für
die Vermögenszuordnung in dem vorliegenden Fall spielt es daher keine Rolle, dass das angelegte Geld der Klägerin von ihrem
Großvater zur Verfügung gestellt worden ist (vgl. auch die Senatsurteile vom 24.01.2008 - 12 S 691/07 - und vom 04.12.2008 - 12 S 2549/06 -; siehe auch BVerwG, Urteil vom 04.09.2008 - 5 C 30.07 - NVwZ 2009, 392).
Bereits im Zeitpunkt der Stellung ihres ersten Antrags auf Bewilligung von Ausbildungsförderung, dem 05.09.2001, war die Klägerin
indes nicht (mehr) Inhaberin der Forderung gegenüber der xxxx in Höhe der genannten 21.408,29 DM. Denn das entsprechende Konto
war bereits am 21.08.2001 aufgelöst und das Guthaben auf ein Konto ihres Großvaters gebucht worden. Im Sinne von §
28 Abs.
2 BAföG ("Zeitpunkt der Antragstellung") kann nur stets der jeweilige Zugang des Antrags bei der zuständigen
BAföG-Behörde maßgebend sein und nicht, wie es die Berufungsbegründung in den Raum stellt, das von dem jeweiligen Antragsteller
auf dem Antrag angegebene Datum (vgl. Rothe/Blanke,
Bundesausbildungsförderungsgesetz, Komm., 5. Aufl., §
28 RdNr. 9 und §
46 RdNr. 12 - insbesondere unter Hinweis auf die Regelung des §
16 Abs.
2 S. 2
SGB I).
Dieser Übertragungsvorgang schloss es indes nicht von vornherein aus, der Klägerin das Guthaben förderungsrechtlich weiterhin
als Vermögen insoweit zuzurechnen, als die Vermögensübertragung als Rechtsmissbrauch anzusehen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom
13.01.1983 - 5 C 103.80 -, NJW 1983, 2829 und Urteil vom 04.09.2008 - 5 C 12.08 -, NVwZ 2009, 395). Rechtsmissbrauch i.S.d. Rechtsprechung setzt dabei nicht voraus, dass der
BAföG-Empfänger subjektiv verwerflich gehandelt hat. Allein maßgeblich ist in diesem Zusammenhang, ob die Vermögensverfügung etwa
zeitnah zu der Antragstellung und ohne gleichwertige Gegenleistung erfolgt ist sowie im Widerspruch zu dem mit der Vermögensanrechnung
verfolgten Gesetzeszweck steht. Das Vermögen wird dann trotz einer zivilrechtlich wirksamen Übertragung förderungsrechtlich
dem Auszubildenden zugerechnet. Aufgrund der Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls kann es indes problematisch sein, wann
die Voraussetzungen einer treuwidrigen Vermögensübertragung anzunehmen sind (vgl. Roth, Die verwaltungsgerichtlichen Probleme
des
BAföG-Betrugs, NJW 2006, 1707).
Hiervon ausgehend kann der Senat seiner Entscheidung denjenigen Lebenssachverhalt zu Grunde legen, wie er sich bereits dem
Verwaltungsgericht aufgrund der Darlegungen der Beteiligten, der in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht
erfolgten Beweisaufnahme und dem Inhalt der im Prozesskostenhilfe-Beschwerdeverfahren vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen
ergeben hat. Der Senat sieht keinen Anlass, die Ergebnisse der vor dem Verwaltungsgericht erfolgten Beweisaufnahme anzuzweifeln
und etwa die Großeltern der Klägerin nochmals zu vernehmen (vgl. Kopp/Schenke,
VwGO, Komm., 14. Aufl., §
128 RdNr. 2), zumal auch die Beteiligten keine durchgreifenden Einwände gegen die seitens des Verwaltungsgerichts vorgenommene
Beweiswürdigung vorgebracht haben. Allein das Aufzeigen verschiedenster denkbarer Sachverhaltsalternativen durch den Beklagten
vermag die nachvollziehbare Beweiswürdigung durch das Verwaltungsgericht nicht zu erschüttern.
Hiernach beabsichtigte der Großvater der Klägerin, dieser vor ihrem Abitur einen Betrag von rund 20.000,-- DM zur Verfügung
zu stellen, der dann für ein mögliches, von der Klägerin beabsichtigtes auswärtiges Studium verwendet werden sollte und der
bis zur Aufnahme eines solchen Studiums nach dem Willen sowohl des Großvaters als auch der Klägerin selbst unangetastet bleiben
sollte. Vor dem Verwaltungsgericht äußerte der Großvater der Klägerin ausdrücklich, dass das Geld mit der Maßgabe angelegt
worden sei, dass es nur für ein Auswärtsstudium verwendet werden dürfe. Ansonsten müsse das Geld zurückgezahlt werden. In
gleicher Weise seien auch Konten für die zwei Geschwister der Klägerin eröffnet worden. Er selbst habe alle drei Sparbücher
in Besitz gehabt.
Zwar kann diese für den Senat nachgewiesene rechtliche Vereinbarung unter Familienangehörigen nicht - wie von Klägerseite
vorgebracht - als eine nach §
158 Abs.
1 BGB aufschiebend bedingte Schenkung angesehen werden, bei welcher die Klägerin die Verfügungsgewalt über das betreffende Sparguthaben
erst zu dem Zeitpunkt erlangen sollte, in welchem sie sich zu der Aufnahme eines auswärtigen Studiums entscheiden sollte.
Denn - wie bereits dargestellt - hatte die Klägerin schon mit der Eröffnung des Sparkontos im Oktober 1999 die vollständige
Verfügungsgewalt über die damit begründete Forderung gegenüber der Bank erlangt. Indes vermag der Senat die zwischen der Klägerin
und ihrem Großvater vorgenommene Vereinbarung als eine sogenannte Zweckschenkung anzusehen, also eine Schenkung, verbunden
mit der tatsächlichen Willensübereinstimmung der Vertragsschließenden über einen konkreten mit der Schenkung verfolgten Zweck
(vgl. Münchener Kommentar zum
BGB, 5. Aufl., §
525 RdNr. 8). Anders als bei der in §
525 BGB ausdrücklich gesetzlich vorgesehenen Auflagenschenkung wird bei einer Zweckschenkung keine vertragliche Einigung über eine
einklagbare Verpflichtung getroffen, sondern es besteht lediglich eine tatsächliche Willensübereinstimmung der Beteiligten
über den verfolgten Zweck. Wird bei einem derartigen Rechtsgeschäft der vereinbarte Zweck - vorliegend die intendierte Aufnahme
eines auswärtigen Studiums durch die Klägerin - nicht erreicht, steht dem Schenker ein Rückforderungsrecht nach §
812 Abs.
1 S. 2 Alt. 2
BGB als Bereicherungsanspruch wegen Zweckverfehlung zu (vgl. Palandt,
Bürgerliches Gesetzbuch, Komm., 16. Aufl., §
525 RdNr. 11; Münchener Kommentar zum
BGB, a.a.O.).
Ein derartiger Bereicherungsanspruch stellte sich nach der Auffassung des Senats in dem vorliegenden Fall auch insbesondere
als ein rechtlich durchsetzbarer Rückzahlungsanspruch des Großvaters der Klägerin dar mit der Folge, dass die am 21.08.2001
vollzogene Rückübertragung des betreffenden Sparguthabens auf diesen gerade nicht als in dem dargestellten Sinn rechtsmissbräuchlich
angesehen werden kann. Zwar lässt sich insoweit der vom Verwaltungsgericht angewandte - sehr großzügige - Maßstab zur Feststellung
einer rechtlich erheblichen Rückzahlungsverpflichtung nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sowie
der Rechtsprechung des Senats nicht vertreten. Indes reichen die in dem vorliegenden Fall erwiesenen näheren Umstände des
zwischen der Klägerin und ihrem Großvater abgeschlossenen Rechtsgeschäfts hin, um einen rechtlich durchsetzbaren Rückzahlungsanspruch
annehmen zu können.
Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 04.09.2008 - 5 C 12.08 -, NVwZ 2009, 395 zur Berücksichtigung eines Treuhandverhältnisses sowie Urteil vom 04.09.2008 - 5 C 30.07 -, NVwZ 2009, 392 zur Berücksichtigung eines Darlehens) setzen beachtliche Herausgabeansprüche gegen den Auszubildenden voraus, dass es sich
dabei um bestehende Schulden i.S.v. §
28 Abs.
3 S. 1
BAföG und damit um zivilrechtlich wirksame und vom Auszubildenden nachgewiesenen Verbindlichkeiten handelt. Eine Treuhandvereinbarung
etwa müsse ein entsprechendes Auftrags- oder Geschäftsbesorgungsverhältnis einschließen und es müsse eine konkrete, mit rechtsgeschäftlichem
Bindungswillen zustande gekommene Absprache nachgewiesen werden. An den Nachweis seien strenge Anforderungen zu stellen, was
in dem ausbildungsrechtlichen Zusammenhang gerade im Hinblick auf die Gefahr des Missbrauchs bei entsprechenden Abreden unter
Angehörigen gelte. Hierbei seien seitens der Ämter für Ausbildungsförderung und der Tatsachengerichte alle Umstände des Einzelfalles
sorgsam zu würdigen. Soweit die tatsächlichen Grundlagen eines Vertragsschlusses der Sphäre des Auszubildenden zuzuordnen
seien, obliege diesem bei der Aufklärung der erforderlichen Tatsachen eine gesteigerte Mitwirkungspflicht; die Nichterweislichkeit
der Tatsachen gehe insoweit zu seinen Lasten. Da die relevanten Umstände oft in familiären Beziehungen wurzelten oder sich
als innere Tatsachen darstellten, die häufig nicht zweifelsfrei feststellbar seien, sei es zudem gerechtfertigt, für die Frage,
ob ein entsprechender Vertragsschluss vorliege, äußerlich erkennbare Merkmale als Beweisanzeichen (Indizien) heranzuziehen.
Hierunter seien etwa eine erfolgte Separierung des Treuguts, der konkrete Inhalt der Abrede, der Zeitpunkt des Vertragsschlusses
sowie ein plausibler Grund für den Abschluss des Vertrags zu fassen (BVerwG, Urteil vom 04.09.2008 - 5 C 12.08 -, a.a.O.). Dasselbe gelte für Darlehensverbindlichkeiten. Auch insoweit sei es allein maßgeblich, ob ein Darlehensvertrag
zivilrechtlich wirksam abgeschlossen worden sei und dies von dem insoweit darlegungspflichtigen Auszubildenden auch nachgewiesen
werden könne. Hierbei müsse die Annahme einer wirksam begründeten Darlehensschuld unter Angehörigen nicht zwingend einem strikten
Fremdvergleich in dem Sinne standhalten, dass sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten in jedem Punkt
dem zwischen Fremden Üblichen zu entsprechen habe. Dass etwa eine schriftliche Vereinbarung getroffen worden sei, welche Abreden
über Zinsen sowie darüber vorsehe, dass der Rückzahlungsanspruch jedenfalls bei längerer Laufzeit ausreichend gesichert sei,
sei auch unter Berücksichtigung der berechtigten Belange der Missbrauchsabwehr ausbildungsförderungsrechtlich nicht zwingend
zu verlangen. Derartige Anforderungen eines strengen Fremdvergleichs gingen über das alleinige gesetzliche Erfordernis einer
bestehenden Schuld i.S.v. §
28 Abs.
3 S. 1
BAföG hinaus und ließen sich der Vorschrift nicht entnehmen. Sie würden sich auch nicht als gesondertes, neben die zivilrechtlichen
Anforderungen tretendes Erfordernis aus oder in Verbindung mit allgemeinen Grundsätzen ergeben. Vielmehr würden die mit dem
strengen Fremdvergleich verbundenen Beschränkungen für die Vertragsgestaltung wie insbesondere die Schriftlichkeit, weder
den tatsächlichen Verhältnissen noch der grundsätzlich durch Art.
6 Abs.
1 GG gebotenen Respektierung familiärer Vertrauensbeziehungen gerecht (BVerwG, Urteil vom 04.09.2008 - 5 C 30.07 -, a.a.O.). Mit seinem Urteil vom 17.09.2007 (a.a.O.) hatte auch bereits der Senat, der die Sichtweise des Bundesverwaltungsgerichts
teilt, hohe Anforderungen an den Nachweis von vermögensmindernden Schulden aus einer treuhänderischen Vereinbarung aufgestellt.
Insbesondere zur Vermeidung von Missbrauchsfällen bei behaupteten Vertragsverhältnissen unter nahen Angehörigen bedarf es
auch nach Auffassung des Senats insoweit plausibel zu machender und durch objektive Tatsachen zu belegender Nachweise.
Gemessen hieran sprechen in dem vorliegenden Fall genügend Indizien dafür, dass die Klägerin tatsächlich noch vor der Stellung
ihres Antrags auf Gewährung von Leistungen nach dem
Bundesausbildungsförderungsgesetz einem durchsetzbaren Bereicherungsanspruch ihres Großvaters ausgesetzt gewesen war, welchem sie sodann, ohne dass dies als
missbräuchliche Vermögensübertragung angesehen werden kann, mit der Rückübertragung des ihr von ihrem Großvater überlassenen
Guthabens samt dessen zwischenzeitlich erbrachter Erträgnisse am 21.08.2001 auch nachgekommen ist. Hierfür sprechen für den
Senat etwa die erfolgte Separierung des Guthabensbetrags auf einem ganz bestimmten, von den übrigen Bankkonten der Klägerin
getrennten Sparkonto, der Umstand, dass der Großvater sich im Besitz des das Konto betreffenden Sparbuchs befunden hat, der
von der Klägerseite plausibel dargestellte konkrete Zweck der Gewährung des Guthabensbetrags an die Klägerin sowie der ebenfalls
plausibel gemachte Zeitpunkt, ab welchem der Großvater die Rückgewähr des betreffenden Betrags beanspruchen konnte. Dass die
Rückübertragung des Guthabens auf den Großvater in dem vorliegenden Fall zeitnah zu der Stellung des ersten Antrags auf Gewährung
von Ausbildungsförderung durch die Klägerin erfolgte, spricht hier ausnahmsweise nicht gegen die Darstellung der Klägerseite.
Denn vorliegend sollte gerade die Aufnahme eines Studiums, welches die Klägerin auch von zu Hause aus absolvieren konnte,
den Rückzahlungsanspruch ihres Großvaters auslösen. Dass die Klägerin nach der Einlassung des Beklagten auch später noch ein
auswärtiges Studium hätte aufnehmen können, weshalb eine Rückübertragung des Guthabens seitens des Großvaters jedenfalls noch
nicht im August 2001 hätte beansprucht werden können, stellt sich nach der Auffassung des Senats mangels Hinweisen darauf,
dass die Vereinbarung auch für ein Zweitstudium der Klägerin gelten sollte, eher als fernliegend dar. Wie dargestellt bedurfte
die zwischen der Klägerin und ihrem Großvater abgeschlossene Vereinbarung im Grundsatz auch nicht der Schriftlichkeit. Der
Einhaltung der besonderen Formvorschrift des §
518 Abs.
1 BGB bedurfte es wegen der zugleich erfolgten Bewirkung der versprochenen Leistung (vgl. §
518 Abs.
2 BGB) nicht (vgl. zum Erfordernis der Schriftlichkeit für eine verbindliche Treuhandabrede auch bereits BVerwG, Beschluss vom
27.11.2008 - 5 B 54.08 -, juris, sowie Beschluss vom 09.01.2009 - 5 B 53.08 -, juris).
Durfte die Klägerin nach allem die Bewilligung von Ausbildungsförderung ohne die Anrechnung des ihr von ihrem Großvater gewährten
Guthabens beanspruchen, fehlt es an der Rechtswidrigkeit der beiden ergangenen Bewilligungsbescheide, weshalb der diese betreffende
Rücknahme- und Rückforderungsbescheid des Beklagten vom 27.06.2003 samt dem hierzu ergangenen Widerspruchsbescheid aufzuheben
ist.
Aber auch wenn in dem vorliegenden Fall keine hinreichenden Indizien für den Nachweis einer bestehenden Schuld und damit einer
zivilrechtlich wirksamen und durchsetzbaren Verbindlichkeit des Auszubildenden festgestellt werden könnten, stünde der Rechtmäßigkeit
des von der Klägerin angefochtenen Bescheids entgegen, dass dieser nicht wenigstens eine grobe Fahrlässigkeit i.S.v. § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X angelastet werden könnte, weshalb gemäß § 45 Abs. 4 S. 1 SGB X die Bewilligungsbescheide vom 29.11.2001 und vom 27.09.2002 nicht mit Wirkung für die Vergangenheit hätten zurückgenommen
werden können.
Nach der Legaldefinition in § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 SGB X ist grobe Fahrlässigkeit gegeben, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.
Dies ist bei einem Auszubildenden der Fall, wenn die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit seiner Angaben ihm sozusagen ins
Auge springen oder die Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts sich ihm aufgrund offensichtlicher Mängel aufdrängen musste,
insbesondere, wenn er schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt hat. Grob fahrlässig handelt auch
der Auszubildende, der seiner Pflicht zur Erkundigung bei dem
BAföG-Amt nicht nachkommt, sofern sich ihm eine solche Nachfrage aufdrängen musste. Maßgebend ist dabei kein objektiver, abstrakter
Sorgfaltsmaßstab, sondern es kommt auf die jeweilige persönliche Einsichtsfähigkeit des Auszubildenden unter Berücksichtigung
der besonderen Umstände des Einzelfalles an (vgl. Rothe/Blanke, a.a.O., §
20 RdNr. 5.3; Ramsauer/Stallbaum/Sternal,
BAföG, Komm., 4. Aufl., § 20 Anhang; von Wulffen, SGB X, Komm., 6. Aufl., § 45 RdNr. 48 ff.; BVerwG, Beschluss vom 28.05.2004 - 5 B 52.04 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.06.2003 - 7 S 1697/02 -, juris, und Urteil vom 04.03.1996 - 7 S 2275/95 -, FamRZ 1996, 1243).
Hiervon ausgehend vermag seitens des Senats von einer groben Fahrlässigkeit der Klägerin bereits deswegen nicht ausgegangen
zu werden, weil diese mit der Stellung ihrer Anträge auf Bewilligung von Ausbildungsförderung vom 05.09.2001 und 12.06.2002
soweit ersichtlich bereits keine unrichtigen Angaben gemacht hat. Die Klägerin hatte insbesondere entsprechend dem Wortlaut
der seinerzeit verwendeten einschlägigen Formblätter zur Beantragung von Ausbildungsförderung lediglich dasjenige Vermögen
i.S.v. §
27 Abs.
1 BAföG anzugeben, das sie im Zeitpunkt der jeweiligen Antragstellungen innegehabt hatte. Hierzu rechnete indes - wie dargestellt
- nicht mehr das von ihr bereits zum 21.08.2001 zurück übertragene fragliche Bankguthaben. In dem zu entscheidenden Fall spricht
auch nichts dafür, dass die Klägerin - entgegen dem ausdrücklichen Wortlaut der Antragsvordrucke - ausnahmsweise auch in der
Zeit (kurz) vor den jeweiligen Antragstellungen noch innegehabtes Vermögen anzugeben hatte, zumal ihr eine etwaige Rechtsmissbräuchlichkeit
der Vermögensverfügung vom 21.08.2001 keineswegs bewusst sein musste. Vielmehr durfte sich die Klägerin nach ihren eigenen
Darlegungen, nach den Äußerungen der in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht vernommenen Zeugen und nach
dem Inhalt der im Prozesskostenhilfe-Beschwerdeverfahren vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen wenigstens aus laienhafter
Sicht dazu verpflichtet gesehen haben, das fragliche Sparguthaben auf ihren Großvater zurück zu übertragen, nachdem ihr klar
geworden war, dass sie es nicht für ein auswärtiges Studium benötigte. Jedenfalls sprechen keinerlei Anhaltspunkte dafür,
dass die Klägerin von einer ihrem Großvater nicht zustehenden Rückübertragung des Sparguthabens ausgegangen ist. Ausgehend
von dem individuellen Verständnishorizont einer Schülerin bzw. jungen Auszubildenden darf durchaus angenommen werden, dass
sich die Klägerin einer, wenn auch unbestimmten, familiären Verpflichtung ausgesetzt gesehen hat. Hiernach hätte ihr gerade
nicht ohne weitere Überlegungen klar gewesen sein müssen, dass sie bei ihren jeweiligen Anträgen auf Gewährung von Ausbildungsförderung
die Vermögensübertragung vom 21.08.2001 - so sie denn als rechtsmissbräuchlich angesehen werden musste - hätte erwähnen müssen,
weshalb auch aus diesem Grunde nicht von einer ihr anzulastenden groben Fahrlässigkeit i.S.v. § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 gesprochen
werden könnte.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§
154 Abs.
2,
188 S. 2 Hs. 1
VwGO.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§
132 Abs.
2 VwGO).