Einsatz landwirtschaftlichen Vermögens zur Vergütung des Pflegers nach § 1835 Abs. 3 Satz 1 BGB a.F.
Gründe:
I. 1. Für den Betroffenen war unter dem 30.3.1990 Pflegschaft angeordnet worden. Sie umfaßte folgende Wirkungskreise:
a) Vertretung des Pfleglings in vermögensrechtlichen Angelegenheiten.
b) Vertretung des Pfleglings in persönlichen Angelegenheiten, soweit es die ärztliche Behandlung sowie die Bestimmung des
Aufenthalts betrifft.
Am 5.4.1990 wurde Rechtsanwalt R zum Pfleger bestellt. Unter dem 21.11.1991 hob das Amtsgericht auf Antrag des Betroffenen
die Pflegschaft wieder auf.
2. Mit Schriftsatz vom 2.1.1992 beantragte der frühere Pfleger, ihm eine Vergütung von 8.000,-- DM zuzüglich 14 % Mehrwertsteuer
und die Erstattung von Auslagen in Höhe von 1.162,70 DM zuzüglich 14 % Mehrwertsteuer zu bewilligen. Diesem Antrag gab das
Amtsgericht am 20.2.1992 in vollem Umfang statt. Mit Beschluß vom 21.5.1992 wies das Landgericht die Beschwerde des Betroffenen
als unbegründet zurück. Auf die weitere Beschwerde des Betroffenen hob der Senat die Entscheidung des Landgerichts ganz und
die Entscheidung des Amtsgerichts insoweit auf, als darin Auslagen des ehemaligen Pflegers festgesetzt wurden. Er wies den
Antrag des ehemaligen Pflegers, seine Auslagen festzusetzen, zurück und verwies im übrigen die Sache zu anderer Behandlung
und neuer Entscheidung an das Landgericht zurück, weil weder zum Zeitaufwand noch zum Stundensatz des früheren Pflegers ausreichende
Feststellungen getroffen waren. Das Landgericht hat diese Feststellungen nachgeholt und mit Beschluß vom 26.7.1994 die Beschwerde
nach Maßgabe des Beschlusses des Senats vom 26.11.1992 erneut als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die mit
Anwaltschriftsatz eingelegte weitere Beschwerde des Betroffenen. Er greift die Annahme des Landgerichts an, er sei nicht mittellos
im Sinn von §
1835
BGB.
II. Die zulässige weitere Beschwerde ist nicht begründet.
1. Wie schon im Beschluß des Senats vom 26.11.1992 (FamRZ 1994, 849 LS) dargelegt ist, sind für die Entscheidung des vorliegenden Falles die §§
1835,
1836
BGB in der bis zum 31.12.1991 geltenden Fassung anzuwenden, weil die Pflegschaft bereits am 21.11.1991 aufgehoben wurde.
2. Das Landgericht hat die im Beschluß des Senats vom 26.11.1992 angesprochenen Mängel behoben und die Höhe der Vergütung
konkret durch Feststellungen zum Stundensatz und zur Zahl der aufgewendeten Stunden des Pflegers ermittelt. Hiergegen wendet
sich die weitere Beschwerde nicht.
3. Ohne Rechtsfehler geht das Landgericht davon aus, daß der Betroffene nicht als mittellos im Sinn von §
1835 Abs.
3 Satz 1
BGB a.F. angesehen werden kann. Einigkeit besteht in Rechtsprechung und Literatur darüber, daß dieser Begriff der Mittellosigkeit
nicht wörtlich genommen werden kann. Die Frage, ob - soweit es um den Einsatz des Vermögens, nicht des Einkommens geht - §
88
BSHG unmittelbar oder über §
115 Abs.
2
ZPO [a.F.] anzuwenden ist, hat der Senat bisher zwar nicht abschließend entschieden. Er hat aber eindeutig zum Ausdruck gebracht,
daß in bezug auf das einzusetzende Vermögen die Regelung des § 88
BSHG heranzuziehen ist. Hieran wird festgehalten. Danach ist Mittellosigkeit im Sinn von §
1835 Abs.
3
BGB a.F. dann gegeben, wenn die laufenden Einkünfte des Betroffenen unter den Sätzen der Tabelle zu §
114
ZPO und denen des BSHG liegen und das Vermögen die Schongrenzen von §
115 Abs.
2
ZPO [a.F.], § 88
BSHG nicht überschreitet (BayObLGZ 1992, 372). Die Frage bedarf deshalb keiner neuen Entscheidung. Auch für die Frage des Einsatzes
von landwirtschaftlichem Grundvermögen kann nichts anderes gelten.
§ 88
BSHG enthält keine besonderen Regelungen für landwirtschaftliches Grundvermögen. Der Begriff des Hausgrundstücks in § 88 Abs. 2 Nr. 7
BSHG ist nicht identisch mit dem Grundstücksbegriff des
BGB (vgl. BVerwGE 59, 294/300; Brühl in BSHG, Lehr- und Praxiskommentar 2. Aufl. § 88 Rn. 25; Gottschick/Giese BSHG 9. Aufl. § 88 Rn. 5.7; Oestreicher/Schelter/Kunz BSHG § 88 Rn. 13). Danach ist möglicherweise nicht einmal das Grundstück jedem Zugriff entzogen, auf welchem das Wohnhaus des Landwirts
steht (vgl. Knopp/Fichtner BSHG 7. Aufl. § 88 Rn. 14: Geschützt sind Wohngebäude, Hof und Hausgarten. Weitere Flächen müssen gegebenenfalls eingesetzt werden; vgl. auch
BVerwG ZfSH 1971, 22/24.). Keinesfalls gilt § 88 Abs. 2 Nr. 7
BSHG für andere landwirtschaftliche Grundstücke, also für solche, welche nicht mit einem Wohnhaus bebaut sind. Auch in der Zwangsvollstreckung
hat der Gesetzgeber landwirtschaftliche Grundstücke kaum bevorzugt behandelt (vgl. etwa §§
811,
813,
851a
ZPO; §§ 10, 21, 149 Abs. 3
ZVG). Die kostenrechtlichen Regelungen in § 19 Abs. 4, § 126
KostO können nicht ergänzend herangezogen werden. Bei Anwendung des einschlägigen § 88
BSHG ist deshalb der Betroffene keinesfalls als mittellos anzusehen. Dies hat zur Folge, daß ein Anspruch des früheren Pflegers
gegen die Staatskasse nicht besteht. Er hat gemäß §§
1915,
1836
BGB a.F. einen Anspruch auf Zahlung einer Vergütung gegen den Betroffenen.
4. Der Ausspruch über die Erstattung der dem früheren Pfleger entstandenen notwendigen Kosten in den Rechtsmittelverfahren
folgt aus § 13a Abs. 1
FGG. Insoweit mußte für die im Erstbeschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Kosten die Entscheidung des Landgerichts geändert
werden. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren ist gemäß § 131 Abs. 3, §§ 30, 31
KostO festgesetzt worden.