Anerkennung eines Unfalls als Arbeitsunfall oder Wegeunfall
Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Gründe
I
Mit vorbezeichnetem Beschluss hat das LSG Berlin-Brandenburg die Berufung des Klägers gegen das erstinstanzliche Urteil vom
20.3.2019 zurückgewiesen, mit dem das SG Berlin die Klage abgewiesen hat. Der Kläger hatte mit ihr begehrt, unter Aufhebung
der Bescheide der Beklagten diese zu verurteilen, das Ereignis vom 19.10.1977 als Arbeitsunfall anzuerkennen.
Der Kläger hat mit Schreiben vom 11.1.2021 um Prozesskostenhilfe (PKH) für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde gegen
den vorgenannten Beschluss des LSG nachgesucht, und beantragt, einen Rechtsanwalt beizuordnen.
II
1. Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von PKH ist abzulehnen.
Ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur
zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht
auf Erfolg bietet (§
73a Abs
1 Satz 1
SGG iVm §
114 Abs
1 Satz 1
ZPO). Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt. Es ist nicht erkennbar, dass ein nach §
73 Abs
4 SGG zugelassener Prozessbevollmächtigter in der Lage wäre, eine Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers erfolgreich zu begründen.
Nach §
160 Abs
2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), das angefochtene Urteil von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) abweicht
und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Ein solcher Zulassungsgrund ist weder aufgezeigt worden noch nach Durchsicht der Akten aufgrund der im PKH-Verfahren gebotenen
summarischen Prüfung des Streitstoffs zu erblicken. Dagegen ist eine allgemeine Überprüfung des vorinstanzlichen Urteils in
dem Sinne, ob das LSG unter Würdigung des Inhaltes der Akten, der Angaben des Klägers und der Beweiserhebung richtig entschieden
hat, im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde nicht statthaft.
a) Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die allgemeine, über den Einzelfall
hinausgehende Bedeutung hat. Die Frage muss außerdem klärungsbedürftig sein. Das ist grundsätzlich nicht der Fall, wenn die
Antwort darauf von vornherein praktisch außer Zweifel steht oder die Frage bereits höchstrichterlich entschieden ist (zum
Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70). Rechtsfragen, die in diesem Sinne grundsätzliche Bedeutung haben könnten und sich in diesem Verfahren stellen, sind nicht
erkennbar. So ist in der Senatsrechtsprechung bereits geklärt, unter welchen Voraussetzungen ein in der ehemaligen DDR erlittener
Unfall als Arbeitsunfall anzuerkennen ist (vgl zB BSG Urteil vom 26.11.2019 - B 2 U 3/18 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 53 mwN). Auch ist durch das BSG entschieden, dass derjenige Versicherte, der die Anerkennung eines Unfalls als Arbeits- oder Wegeunfall begehrt, die objektive
Beweislast dafür trägt, dass er unmittelbar vor dem Unfall eine versicherte Tätigkeit verrichtete bzw sich auf einer Wegstrecke
mit der subjektiven Handlungstendenz fortbewegte, einen versicherten Weg zurückzulegen (stRspr; vgl zuletzt BSG Urteil vom 6.10.2020 - B 2 U 9/19 R - zur Veröffentlichung in SozR bestimmt, mwN).
b) Der Zulassungsgrund der Divergenz (§
160 Abs
2 Nr
2 SGG) könnte ebenfalls nicht mit Erfolg geltend gemacht werden. Divergenz (Abweichung) bedeutet Widerspruch im Rechtssatz oder
- anders ausgedrückt - das Nichtübereinstimmen tragender abstrakter Rechtssätze, die den miteinander zu vergleichenden Entscheidungen
zugrunde gelegt worden sind. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung
von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat (BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 72 mwN). Dass diese Voraussetzungen hier vorliegen könnten, ist nicht ersichtlich.
c) Schließlich lässt sich auch kein Verfahrensmangel feststellen, der gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 SGG zur Zulassung der Revision führen könnte. Nach §
160 Abs
2 Nr
3 SGG kann der Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung von §
109 SGG und §
128 Abs
1 Satz 1
SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des §
103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende
Begründung nicht gefolgt ist. Dass ein zur Zulassung der Revision führender Verfahrensmangel vorliegen könnte, ist auch unter
Berücksichtigung der in den Vorinstanzen geäußerten Auffassung des Klägers, das Vorliegen eines Arbeitsunfalls sei erwiesen,
nicht ersichtlich. Ein von dem im Berufungsverfahren anwaltlich vertretenen Kläger aufrechterhaltener Beweisantrag, dem das
LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt sein könnte, ist nicht ersichtlich. Auf Fehler der Beweiswürdigung kann die
Beschwerde grundsätzlich nicht gestützt werden.
2. Da dem Kläger somit keine PKH zu bewilligen ist, hat er nach §
73a Abs
1 Satz 1
SGG iVm §
121 Abs
1 ZPO auch keinen Anspruch auf Beiordnung eines Rechtsanwalts.