Rente wegen Erwerbsminderung
Verfahrensrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Gründe
I
Zwischen den Beteiligten ist streitig ein Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Nach einem früheren erfolglosen Rentenverfahren beantragte der im Jahr 1958 geborene Kläger bei der Verbindungsstelle in Zagreb
am 15.12.2016 erneut die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Auch diesen Antrag lehnte die Beklagte wegen fehlender
versicherungsrechtlicher Voraussetzungen ab (Bescheid vom 24.5.2017; Widerspruchsbescheid vom 20.9.2017).
Das SG Landshut hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 14.12.2018 abgewiesen. Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Leistung
einer Rente wegen Erwerbsminderung seien zuletzt im Juni 1995 erfüllt gewesen. Anhaltspunkte für eine damals bereits eingetretene
Erwerbsminderung fehlten. Aussagekräftige medizinische Unterlagen aus dieser Zeit habe das Gericht von den behandelnden Ärzten
nicht erhalten können. Die von M im Zeitraum Februar 1997 bis Januar 1999 beschriebene Mittelohrinfektion sowie eine dokumentierte
Nasenoperation in Kroatien (Unterlagen aus den Jahren 2005 und 2006) reichten nicht aus, um ein Gutachten nach Aktenlage in
Auftrag zu geben. Eine ggf später eingetretene Erwerbsminderung könne einen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung
nicht begründen (Urteil vom 28.1.2021).
Gegen die Nichtzulassung der Revision hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er macht als Zulassungsgrund einen Verfahrensmangel geltend (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG).
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist. Ein Grund für die Zulassung
einer Revision wurde nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des §
160a Abs
2 Satz 3
SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß §
160a Abs
4 Satz 1 iVm §
169 SGG zu verwerfen.
1. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde damit begründet, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung
beruhen könne (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG), so müssen zur Bezeichnung des Verfahrensmangels zunächst die den Verfahrensfehler (vermeintlich) begründenden Tatsachen
substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist es erforderlich darzulegen, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend
von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht.
Gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 2
SGG kann ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§
109 und
128 Abs
1 Satz 1
SGG und auf eine Verletzung des §
103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt
ist. Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung des Klägers nicht gerecht.
Der Kläger rügt, das LSG habe seine Amtsermittlungspflicht gemäß §
103 SGG und den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt "wegen Missachtung von Vortrag bzw. Beweisanträgen". Bereits vor dem SG habe er mit Schriftsatz vom 27.4.2018 beantragt, "ärztliche Unterlagen, Atteste und Berichte" über seinen "Erwerbsunfähigkeitszustand"
bis zur Aufgabe seiner Beschäftigung in Deutschland (bis Mai 1993) bei der Beklagten und seiner früheren Krankenkasse anzufordern.
Bei Stellung seines Rentenantrags habe er sämtliche Unterlagen der Beklagten übergeben. Auch habe er im Berufungsverfahren
auf Beeinträchtigungen nach einer Herzoperation hingewiesen und in mehreren Schriftsätzen darum ersucht, alle Unterlagen der
Rentenakte, insbesondere den Schriftverkehr mit dem kroatischen Versicherungsträger anzufordern. Schon bei Klageerhebung habe
er beantragt, ein medizinisches Gutachten in Auftrag zu geben.
Wird ein Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht geltend gemacht, muss die Beschwerdebegründung hierzu jeweils
folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren, bis zum Schluss aufrechterhaltenen
Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, aufgrund derer bestimmte Tatfragen
als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen, (3) Darlegung der von dem betreffenden Beweisantrag berührten Tatumstände,
die zu weiterer Sachaufklärung Anlass gegeben hätten, (4) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme
und (5) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des LSG auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen
kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterlassenen Beweisaufnahme von seinem Rechtsstandpunkt
aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (vgl dazu im Einzelnen ua BSG Beschluss vom 3.4.2020 - B 9 SB 71/19 B - juris RdNr 8; BSG Beschluss vom 20.1.2021 - B 5 R 248/20 B - juris RdNr 7).
Der Kläger hat danach schon keine prozessordnungsgemäßen Beweisanträge wiedergegeben, die er bis zum Schluss des Berufungsverfahrens
aufrechterhalten hat. Solche Beweisanträge müssen die zu begutachtenden Punkte (Tatsachen) angeben (vgl §
118 Abs
1 Satz 1
SGG iVm §
403 ZPO) und sich im Rentenverfahren gerade mit den Auswirkungen dauerhafter Gesundheitsbeeinträchtigungen auf das berufliche Leistungsvermögen
befassen (vgl zB BSG Beschluss vom 20.7.2020 - B 13 R 267/19 B - juris RdNr 10; BSG Beschluss vom 13.8.2020 - B 5 R 121/20 B - juris RdNr 6 mwN). Der Kläger legt nicht dar, mit welchem entscheidungsrelevanten Inhalt weitere Unterlagen von der Beklagten und der früheren
Krankenkasse zum Gesundheitsbild und daraus folgenden Leistungseinschränkungen hätten erlangt werden können. Er behauptet
lediglich, diese hätten den Nachweis erbracht, dass er bereits im Juni 1995 erwerbsgemindert gewesen sei. Mit diesem Vortrag
wird er den Anforderungen an die Darlegung eines Beweisantrags in einem Rentenverfahren nicht gerecht.
Dies gilt auch, soweit der Kläger vorträgt, das LSG sei seinem Antrag auf Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens
und auf Klärung von "Unregelmäßigkeiten im Bericht von Herrn W" nicht nachgekommen. Auch dazu fehlen nähere Angaben, insbesondere
auf welchem Fachgebiet und mit welchen voraussichtlichen Ergebnissen eine Beweisaufnahme mittels Sachverständigengutachten
hätte stattfinden und welche "unzutreffenden Feststellungen" in sozialmedizinischen Stellungnahmen der Beklagten hätten widerlegt
werden sollen.
Schließlich fehlt es an einem hinreichenden Vortrag dazu, dass der Kläger Beweisanträge bis zum Schluss aufrechterhalten hat.
Das Berufungsgericht hat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil am 28.1.2021 entschieden.
Der Kläger verweist auf verschiedene Schriftsätze, zuletzt mit Datum vom 21.5.2020. Dass er sein Anliegen, weitere medizinische
Unterlagen anzufordern und ein Sachverständigengutachten einzuholen, bis zum Ende des Berufungsverfahrens mehr als ein halbes
Jahr später und auch nach Erklärung seines Einverständnisses zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung aufrechterhalten
hat, lässt sich der Beschwerdebegründung nicht entnehmen.
Soweit der Kläger neben einer Verletzung des §
103 SGG gleichzeitig eine Gehörsverletzung geltend macht, ist ebenfalls kein Verfahrensmangel hinreichend bezeichnet. Eine Gehörsrüge
darf nicht zur Umgehung der nach §
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 2
SGG eingeschränkten Nachprüfbarkeit einer Verletzung der Amtsermittlungspflicht führen (vgl BSG Beschluss vom 14.4.2009 - B 5 R 206/08 B - SozR 4-1500 §
160 Nr 18 RdNr 6, 9). Andernfalls liefen die Beschränkungen für die Sachaufklärungsrüge (§
103 SGG) im Ergebnis leer (vgl BSG Beschluss vom 6.2.2007 - B 8 KN 16/05 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 12 RdNr 7 und aus jüngerer Zeit BSG Beschluss vom 20.1.2021 - B 5 RE 13/20 B - juris RdNr 9).
Mit seiner Rüge, das LSG habe sich auch darauf gestützt, dass der Kläger bis zum Jahr 2000 selbstständig tätig gewesen sei
und vom kroatischen Rentenversicherungsträger erst seit 2010 eine Invalidenrente beziehe, dies spreche gegen eine vor Juni
1995 eingetretene Erwerbsminderung, greift der Kläger in der Sache die Beweiswürdigung des LSG an. Eine solche Rüge ist im
Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde schon aufgrund der ausdrücklichen Anordnung in §
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 2
SGG ausgeschlossen (vgl BSG Beschluss vom 15.6.2021 - B 5 R 52/21 B - juris RdNr 12 mwN).
2. Indem der Kläger "am Rande" und "im Hinblick auf Art. 12 Sozialversicherungsabkommen Kroatien/Deutschland" zudem als Frage
von grundlegender Bedeutung aufwirft, "ob bei Erfüllung des Tatbestandes der Erwerbsminderung nach dem Recht des einen Staates
auch die Erfüllung der Voraussetzungen der Erwerbsminderung nach dem Recht des anderen Staates anzunehmen ist", hat er auch
den Zulassungsgrund einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) nicht formgerecht dargelegt. Zur ordnungsgemäßen Bezeichnung eines solchen Revisionszulassungsgrundes muss der Beschwerdeführer
eine Rechtsfrage benennen und zudem deren (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit)
sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen
(stRspr, zB BSG Beschluss vom 31.7.2017 - B 1 KR 47/16 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 30 RdNr 4 mwN). Die Beschwerdebegründung enthält hierzu keinerlei nähere Ausführungen.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (vgl §
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.