Weitergewährung einer Erwerbsminderungsrente
Divergenzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Gründe
I
Der 1988 geborene Kläger begehrt die Weitergewährung einer Erwerbsminderungsrente.
Die Beklagte gewährte ihm eine bis letztlich zum 31.8.2016 befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung (sog Arbeitsmarktrente
wegen Verschlossenheit des Arbeitsmarktes bei teilweiser Erwerbsminderung). Den Weitergewährungsantrag des Klägers lehnte
sie nach Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens ab (Bescheid vom 1.8.2016; Widerspruchsbescheid vom 14.11.2016). Das SG hat die Klage abgewiesen, nachdem es ua Entlassungsberichte des Psychiatrischen Zentrums N in W beigezogen und ein Gutachten
vom 28.7.2017 beim Psychiater, Psychotherapeuten und Suchtmediziner L sowie auf Antrag des Klägers ein Gutachten vom 13.11.2017
beim Neurologen, Psychiater und Schmerztherapeuten W eingeholt hatte (Urteil vom 29.4.2019). Die dagegen gerichtete Berufung hat das LSG nach Einholung eines ergänzenden Befundberichts mit Beschluss vom 12.4.2022
zurückgewiesen. Zutreffend sei das SG zu der Überzeugung gelangt, der Kläger könne bei Berücksichtigung von qualitativen Einschränkungen noch jedenfalls leichte
körperliche Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit
sei nicht erforderlich. Weder sei die Erwerbstätigkeit des Klägers durch mehrere schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen
gemindert noch durch eine besonders einschneidende Behinderung. Den bestehenden qualitativen Einschränkungen werde im Wesentlichen
durch die Beschränkung auf körperlich leichte Tätigkeiten Rechnung getragen. Wegefähigkeit bestehe.
Der Kläger hat gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung Beschwerde zum BSG eingelegt, die er mit Schriftsatz vom 19.7.2022 begründet hat.
II
1. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig und daher gemäß §
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm §
169 Satz 2 und
3 SGG zu verwerfen. Sie wird nicht in der nach §
160a Abs
2 Satz 3
SGG gebotenen Form begründet. Der Kläger legt die geltend gemachte Divergenz nicht anforderungsgerecht dar.
Divergenz iS von §
160 Abs
2 Nr
2 SGG liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen.
Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das Berufungsgericht einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen
abstrakten Rechtssatz des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat. Bezogen auf die Darlegungspflicht muss die Beschwerdebegründung erkennen lassen,
welcher abstrakte Rechtssatz in der höchstrichterlichen Entscheidung enthalten ist und welcher im Urteil des LSG enthaltene
Rechtssatz dazu im Widerspruch steht (vgl BSG Beschluss vom 14.4.2020 - B 5 RS 13/19 B - juris RdNr 4 mwN). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Der Kläger bringt sinngemäß vor, das LSG sei von der Entscheidung des BSG vom 31.10.2012 (B 13 R 107/12 B) abgewichen. Danach sei bei ernsthaften Zweifeln, ob ein Versicherter noch unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen
Arbeitsmarktes in einem Betrieb einsetzbar sei, mindestens eine Verweisungstätigkeit zu benennen. Zudem könne das Risiko häufiger
Arbeitsunfähigkeit zu einer Erwerbsminderung führen, wenn feststehe, dass die (vollständige) Arbeitsunfähigkeit so häufig
auftrete, dass die während eines Arbeitsjahres zu erbringende Arbeitsleistung nicht den Mindestanforderungen entspreche, die
ein "vernünftig und billig denkender Arbeitgeber" zu stellen berechtigt sei. Der Kläger entnimmt der angegriffenen Entscheidung
indes keinen tragenden abstrakten Rechtssatz, der im Widerspruch zu einem tragenden abstrakten Rechtssatz in der genannten
BSG-Entscheidung stehen könnte. Er macht vielmehr im Kern geltend, ihm hätte eine konkrete Verweisungstätigkeit benannt werden
müssen, weil es für ihn angesichts eines komplexen psychiatrischen Krankheitsbilds mit wiederkehrenden stationären Aufenthalten,
fortbestehender Arbeitsunfähigkeit und ohne Aussicht auf Genesung keine Beschäftigungsmöglichkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt
mehr gebe. Auf den darin liegenden Vorwurf, das Berufungsgericht habe inhaltlich falsch entschieden, lässt sich eine Revisionszulassung
wegen Divergenz aber von vornherein nicht stützen (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 8.8.2019 - B 5 R 282/18 B - juris RdNr 16 mwN). Das Gleiche gilt, soweit der Kläger unter Berufung auf insbesondere die Angaben des behandelnden Psychiaters K und des Sachverständigen
W ausführt, warum nach seinem Dafürhalten (weiterhin) eine Erwerbsminderung bestehe. Soweit der Kläger den Ausführungen des
Sachverständigen L die Empfehlung für eine befristete Erwerbsminderungsrente entnimmt und darauf hinweist, nach der Rechtsprechung
des BSG könne Erwerbsminderung auch bei behandlungsfähigen Erkrankungen bestehen, macht er ebenfalls nur eine inhaltliche Unrichtigkeit
der angegriffenen Entscheidung und keine Abweichung im Grundsätzlichen geltend.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 Abs
1 und 4
SGG.