Weitergewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung
Verfahrensrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Gründe
I
Die im Jahr 1961 geborene Klägerin erhielt vom beklagten Rentenversicherungsträger ua aufgrund anhaltender Beschwerden und
deutlicher Funktionsstörungen nach Implantation eines künstlichen Kniegelenks im Zeitraum vom 1.1.2011 bis zum 31.12.2012
eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Ihr Antrag auf Weitergewährung dieser Rente ist ohne Erfolg geblieben (Bescheid vom 5.12.2011, Widerspruchsbescheid vom 19.6.2012, Urteil des SG Lübeck vom 14.7.2015, Urteil des LSG vom 19.4.2021). Das LSG hat ausgeführt, die Klägerin habe die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsminderung
letztmals am 29.11.2013 erfüllt. Zu diesem Zeitpunkt habe bei ihr nach dem Ergebnis der sozialmedizinischen Ermittlungen kein
zeitlich herabgesetztes Leistungsvermögen bestanden. Die Leistungsfähigkeit der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt
sei zwar in vielfacher Weise qualitativ, nicht jedoch quantitativ beeinträchtigt gewesen.
Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt. Sie rügt ausschließlich Verfahrensmängel.
II
1. Nach Schließung des 13. Senats zum 1.7.2021 durch Erlass des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 24.6.2021 (vgl §
202 Satz 1
SGG iVm §
130 Abs
1 Satz 2
GVG) ist die Zuständigkeit für die ursprünglich unter dem Aktenzeichen B 13 R 114/21 B geführte Streitsache gemäß Geschäftsverteilungsplan (Stand 1.7.2021) auf den 5. Senat übergegangen.
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist. Die Klägerin hat einen
Verfahrensmangel (Revisionszulassungsgrund nach §
160 Abs
2 Nr
3 SGG) nach Maßgabe der Erfordernisse des §
160a Abs
2 Satz 3
SGG nicht ausreichend bezeichnet. Die Beschwerde ist daher gemäß §
160a Abs
4 Satz 1 iVm §
169 SGG zu verwerfen.
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde damit begründet, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung
beruhen könne (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG), so müssen zur Bezeichnung des Verfahrensmangels (§
160a Abs
2 Satz 3
SGG) zunächst die den Verfahrensfehler (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist
es erforderlich darzulegen, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem
Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 2
SGG kann ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§
109 und
128 Abs
1 Satz 1
SGG und auf eine Verletzung des §
103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt
ist.
Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung der Klägerin nicht gerecht. Sie rügt eine Verletzung des §
103 SGG, weil das LSG weder K, den jahrelangen Behandler ihrer Knieproblematik, als sachverständigen Zeugen noch ihren Ehemann als
Zeugen vernommen und auch kein neurologisch-psychiatrisches Sachverständigengutachten eingeholt habe.
Wird ein Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht geltend gemacht, muss die Beschwerdebegründung hierzu jeweils
folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren, bis zum Schluss aufrechterhaltenen
Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, aufgrund derer bestimmte Tatfragen
als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen, (3) Darlegung der von dem betreffenden Beweisantrag berührten Tatumstände,
die zu weiterer Sachaufklärung Anlass gegeben hätten, (4) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme
und (5) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des LSG auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen
kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterlassenen Beweisaufnahme von seinem Rechtsstandpunkt
aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (stRspr, vgl BSG Beschluss vom 12.12.2003 - B 13 RJ 179/03 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 5 mwN; BSG Beschluss vom 3.4.2020 - B 9 SB 71/19 B - juris RdNr 8; BSG Beschluss vom 20.1.2021 - B 5 R 248/20 B - juris RdNr 7; Fichte in Fichte/Jüttner,
SGG, 3. Aufl 2020, §
160a RdNr 56; Voelzke in jurisPK-
SGG, §
160a RdNr 167, Stand 14.10.2020).
Das Vorbringen der Klägerin entspricht bereits nicht den unter Punkt (1) genannten Anforderungen. Sie trägt zu K lediglich
vor, sie habe mehrfach und zuletzt mit Schriftsatz vom 5.5.2020 seine Einvernahme als sachverständigen Zeugen "hinsichtlich
der Knieproblematiken" beantragt. Damit ist kein prozessordnungsgemäßer Beweisantrag bezeichnet (vgl §
118 Abs
1 Satz 1
SGG iVm §
373 ZPO; s dazu auch BSG Beschluss vom 11.12.2019 - B 13 R 164/18 B - juris RdNr 11). Zudem hat die Klägerin auch nicht aufgezeigt, dass sie ihr Beweisbegehren bis zum Schluss, dh im Falle einer Entscheidung
ohne mündliche Verhandlung auch noch bei Erteilung des Einverständnisses mit dieser Verfahrensweise (vgl §
124 Abs
2 SGG) aufrechterhalten hat (zu diesem Erfordernis BSG Beschluss vom 25.11.2013 - B 13 R 339/13 B - juris RdNr 6 mwN). Dasselbe gilt auch, soweit die Klägerin vorträgt, es hätten "zumindest" von diesem Zeugen "Krankenpapiere, Aufzeichnungen,
Krankengeschichten, Untersuchungsbefunde" beigezogen werden müssen (s dazu auch die Befundberichte von K, Bl 18, 31, 53, 68, 81 SG-Akte).
Soweit die Klägerin beanstandet, ihr Ehemann sei vom LSG nicht als Zeuge zur Untersuchungssituation beim Sachverständigen
B vernommen worden, ist ihrem Vorbringen ein gegenüber dem LSG insoweit geltend gemachter Beweisantrag nicht zu entnehmen.
Die Beschwerdebegründung führt weiterhin aus, die Klägerin habe im Rahmen ihrer Stellungnahme zur ergänzenden Stellungnahme
des Sachverständigen B vom 4.12.2017 ua die Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Sachverständigengutachtens als "nach
§
106 Abs.
3 Nr.
5 SGG angezeigt" bezeichnet. Zudem habe sie vorgetragen, sie gehe davon aus, "dass wenigstens zwei neue Gutachten einzuholen sein
werden". Es kann offenbleiben, ob damit ein prozessordnungsgemäßer Beweisantrag iS von §
118 Abs
1 Satz 1
SGG iVm §
403 ZPO wiedergegeben ist. Jedenfalls fehlt auch insoweit jeglicher Vortrag, dass sie dieses Begehren bei Erteilung ihrer Zustimmung
zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung aufrechterhalten habe.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl §
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.