Aufhebung und Erstattung einer Witwenrente
Divergenzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Darlegung einer Abweichung
Gründe
I
Streitig ist die Aufhebung und Erstattung einer Witwenrente in einem Überprüfungsverfahren.
Die 1940 geborene Klägerin bezieht seit März 1987 eine große Witwenrente von der Beklagten. Bis 2001 schrieb die Beklagte
die Klägerin jährlich zwecks Ermittlung des aus ihrer selbstständigen Erwerbstätigkeit auf die Rente anzurechnenden Einkommens
an. Erst im Mai 2017 fiel der Beklagten auf, dass die Einkommensanrechnung ab dem 1.7.2001 zu überprüfen war. Nach Vorlage
der Einkommensteuerbescheide der Jahre 1999 bis 2015 berechnete die Beklagte die Witwenrente der Klägerin mit Bescheid vom
3.11.2017 ab dem 1.7.2004 neu und stellte für den Zeitraum vom 1.7.2004 bis zum 30.11.2017 eine Überzahlung iHv 14.453,12
Euro fest. Den zunächst dagegen erhobenen Widerspruch nahm die Klägerin am 12.12.2017 zurück. Mit Schreiben vom 16.8.2018
beantragte die Klägerin die Überprüfung des Aufhebungs- und Erstattungsbescheids vom 3.11.2017. Die Beklagte lehnte den Antrag
ab (Bescheid vom 8.4.2019, Widerspruchsbescheid vom 18.6.2019).
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 10.8.2020 abgewiesen. Mit Urteil vom 17.12.2021 hat das LSG die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte habe im Ergebnis zu Recht die Rücknahme des Bescheids vom 3.11.2017 gemäß § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X abgelehnt. Die Voraussetzungen des § 48 Abs 1 Satz 1 und Satz 2 SGB X iVm § 50 Abs 1 Satz 1 SGB X hätten vorgelegen. Ab dem 1.7.2005 sei infolge des erzielten Erwerbseinkommens eine Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen
eingetreten, die zum Zeitpunkt des Erlasses des rechtmäßigen Bescheids vom 6.8.2001 vorgelegen hätten. Die Klägerin habe in
der Zeit vom 1.7.2005 bis zum 30.11.2017 Einkommen bezogen, das iS des § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X zu einer Minderung des Anspruchs auf Witwenrente geführt habe. Ein sog atypischer Fall, der eine Ermessensentscheidung erforderlich
gemacht hätte, sei - entgegen der Auffassung der Klägerin - nicht gegeben.
Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt. Sie macht eine Divergenz geltend.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist. Die Beschwerdebegründung
legt den allein geltend gemachten Revisionszulassungsgrund der Divergenz (§
160 Abs
2 Nr
2 SGG) nicht in der nach §
160a Abs
2 Satz 3
SGG gebotenen Weise dar. Die Beschwerde ist daher gemäß §
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm §
169 SGG zu verwerfen.
Divergenz iS von §
160 Abs
2 Nr
2 SGG liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen.
Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten
Rechtssatz des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat. Nicht die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall, sondern nur eine Nichtübereinstimmung
im Grundsätzlichen ermöglicht die Zulassung der Revision wegen Divergenz (stRspr; zB BSG Beschluss vom 11.3.2021 - B 5 R 296/20 B - juris RdNr 11 mwN). Eine Abweichung liegt folglich nicht schon dann vor, wenn die Entscheidung des LSG nicht den Kriterien entspricht, die das
BSG aufgestellt hat, sondern erst, wenn das LSG diesen Kriterien widersprochen, also eigene rechtliche Maßstäbe entwickelt hat.
Bezogen auf die Darlegungspflicht bedeutet dies, dass die Beschwerdebegründung erkennen lassen muss, welcher abstrakte Rechtssatz
in der höchstrichterlichen Entscheidung enthalten ist und welcher im Urteil des LSG enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch
steht (vgl BSG Beschluss vom 11.3.2021 - B 5 R 296/20 B - juris RdNr 9 mwN). Diesen Darlegungserfordernissen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Die Klägerin bringt vor, das LSG sei von der ständigen Rechtsprechung des BSG abgewichen. Dass der angegriffenen Entscheidung ein tragender abstrakter Rechtssatz zu entnehmen sei, der im Widerspruch
zu einem vom BSG aufgestellten tragenden abstrakten Rechtssatz stehen könnte, zeigt sie jedoch nicht auf. Sie gibt lediglich fünf Sätze aus
der Entscheidung des LSG wieder. Darin wird ausgeführt, warum aus Sicht des LSG im Fall der Klägerin ein atypischer Fall nicht
vorliege. Es folgen unter Hinweis auf drei BSG-Entscheidungen drei Sätze, zum Ermessenserfordernis in atypischen Fällen und insbesondere zu den Voraussetzungen eines atypischen
Falls iS des § 48 Abs 1 Satz 2 SGB X. Worin die Divergenz in den abstrakten Rechtssätzen bestehen soll, erläutert die Klägerin nicht. Sie führt lediglich aus,
warum aus ihrer Sicht ein atypischer Fall gegeben ist. Auf den darin liegenden Vorwurf, das Berufungsgericht habe inhaltlich
falsch entschieden, lässt sich eine Revisionszulassung wegen Divergenz aber von vornherein nicht stützen (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 8.8.2019 - B 5 R 282/18 B - juris RdNr 16 mwN). Das Gleiche gilt für das Vorbringen der Klägerin, die Beklagte habe auch den Rentenbescheid vom 8.4.2005 aufheben müssen.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl §
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.