Anerkennung weiterer rentenrechtlich zu berücksichtigender Zeiten
Höherer Rentennachzahlungsbetrag
Verfahrensrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Gründe
I
Der Kläger begehrt die Auszahlung eines Betrages in Höhe von 10.696,58 Euro aus einer ihm mit Bescheid vom 19.7.2001 für die
Zeit ab dem 1.10.1997 gewährten Rente wegen Berufsunfähigkeit. Von der Nachzahlung in Höhe von 46 629,95 DM zog die Beklagte
einen Erstattungsanspruch des Arbeitsamtes Hoyerswerda in Höhe von 20 920,69 DM ab. Nach der Anerkennung weiterer rentenrechtlich
zu berücksichtigender Zeiten durch die Beklagte beantragte der Kläger in dem vor dem SG anhängigen Verfahren noch die Zahlung von 10.696,58 Euro aus dem Bescheid vom 19.7.2001. Das SG hat mit Urteil vom 5.8.2008 die Klage abgewiesen. Mit Bescheid vom 28.4.2009 setzte die Beklagte die Rente unter Berücksichtigung
weiterer Zeit neu fest und wies einen Nachzahlungsbetrag in Höhe von 3000,08 Euro aus. Dieser Bescheid sei nach §
96 SGG Gegenstand des Verfahrens. Mit Bescheid vom 24.8.2018 stellte die Beklagte zusätzliche Zeiten und einen Nachzahlungsbetrag
in Höhe von 1914,90 Euro fest und mit Bescheid vom 29.8.2018 einen Nachzahlungsbetrag in Höhe von 3366,49 Euro. Der Kläger
erklärte mit Schriftsatz vom 23.8.2021, dass sich abgesehen von der begehrten Zahlung in Höhe von 10.696,58 Euro alle bezifferbaren
Ansprüche erledigt hätten und außer dieser Summe noch die Anzahl der Entgeltpunkte in den drei Bescheiden vom 28.4.2009, 24.8.2018
und 29.8.2018 streitbefangen sei. Mit dem hier angefochtenen Urteil hat das LSG die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Hinsichtlich
der Aufhebung der genannten Bescheide sei die Berufung bereits unzulässig, weil diese nicht nach §
96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden seien. Bei ihrem Erlass sei der ursprüngliche Bescheid vom 19.7.2001 bereits bestandskräftig
gewesen. Im Übrigen sei die Berufung unbegründet.
Gegen die Nichtzulassung der Revision hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er macht als Zulassungsgrund Verfahrensfehler geltend (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG).
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist. Die Beschwerde ist daher
gemäß §
160a Abs
4 Satz 1 iVm §
169 SGG zu verwerfen.
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung
beruhen könne (§
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 1
SGG), so müssen zur Bezeichnung des Verfahrensmangels (§
160a Abs
2 Satz 3
SGG) zunächst die Tatsachen substantiiert dargetan werden, aus denen sich der Verfahrensfehler ergeben soll. Darüber hinaus ist
die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem
Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 2
SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§
109 und
128 Abs
1 Satz 1
SGG und auf eine Verletzung des §
103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt
ist.
Die Rüge einer Verletzung des §
96 Abs
1 SGG hat der Kläger nicht hinreichend dargetan (zu den Anforderungen vgl BSG Beschluss vom 23.8.2017 - B 13 R 165/17 B - juris RdNr 7). Er trägt vor, das LSG sei rechtsirrig davon ausgegangen, dass der Bescheid vom 19.7.2001 nicht mehr Gegenstand des Verfahrens
gewesen sei, und habe deshalb zu Unrecht die Bescheide vom 28.4.2009, 24.8.2018 und 29.8.2018 nicht in das Verfahren einbezogen.
Damit rügt der Kläger keine Verletzung des §
96 SGG, weil in das Verfahren einbezogene Verwaltungsakte einen mit dem bislang streitbefangenen prozessualen Anspruch gleichen
Streitgegenstand gebildet hätten. Er beanstandet vielmehr die Auffassung des LSG, dass der Bescheid vom 19.7.2001 zum Zeitpunkt
des Erlasses der späteren Bescheide nicht mehr angefochten gewesen sei. Gegen welche Verfahrensvorschrift dadurch verstoßen
worden sein soll, wird nicht deutlich. Soweit der im gesamten Verfahren anwaltlich vertretene Kläger auf das Prinzip der Meistbegünstigung
verweist, führt dies bereits deshalb nicht weiter, weil er gleichzeitig einräumt, dass er die Aufhebung bzw Änderung des Bescheids
vom 19.7.2001 vor dem SG nicht mehr beantragt hat. Der Kläger zeigt im Übrigen auch nicht auf, inwiefern sich ein höherer Rentennachzahlungsbetrag
ergeben hätte, wenn über die - vermeintlich - einzubeziehenden Bescheide mitentschieden worden wäre. Aufgrund dieser Bescheide
erfolgten jeweils gesonderte Nachzahlungen.
Aus den Ausführungen des Klägers ergibt sich auch kein Verstoß gegen die Begründungspflicht nach §
128 Abs
1 Satz 2 und §
136 Abs
1 Nr
6 SGG. Nach diesen Vorschriften sind im Urteil die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
Das Gericht muss nicht jeden Gesichtspunkt, der erwähnt werden könnte, abhandeln (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 1.12.2020 - B 12 KR 48/20 B - juris RdNr 9 mwN). Auch braucht es nicht zu Fragen Stellung nehmen, auf die es nach seiner Auffassung nicht ankommt. Eine Entscheidung ist deshalb
nicht schon dann nicht mit Gründen versehen, wenn das Gericht sich unter Beschränkung auf den Gegenstand der Entscheidung
kurz gefasst und nicht jeden Gesichtspunkt, der möglicherweise hätte erwähnt werden können, behandelt hat. Zugleich wäre die
Begründungspflicht selbst dann nicht verletzt, wenn die Ausführungen des Gerichts zu den rechtlichen Voraussetzungen und tatsächlichen
Gegebenheiten falsch, oberflächlich oder wenig überzeugend sein sollten (vgl zB BSG Beschluss vom 11.6.2021 - B 13 R 7/21 B - juris RdNr 11; BSG Beschluss vom 22.1.2008 - B 13 R 144/07 B - juris RdNr 7 mwN). Dass gemessen daran das Urteil des LSG als nicht mit Gründen versehen anzusehen sei, ist in der Beschwerdebegründung nicht
dargetan. Das LSG hat zur Höhe des Erstattungsanspruchs ausgeführt, Anhaltspunkte dafür, dass der Erstattungsanspruch in Höhe
von 20 920,69 DM nicht bestehe bzw falsch berechnet worden sei, seien weder vorgetragen worden noch ergäben sie sich aus den
Akten. Hierzu trägt der Kläger vor, das LSG habe nicht berücksichtigt, dass er die Berechnung des Erstattungsanspruchs mehrfach
gerügt habe. Er untermauert dies mit Auszügen aus Schriftsätzen, in denen er Bedenken geäußert hat, ob Rente und Arbeitslosenhilfe
"gegeneinander aufgerechnet" werden dürften. Dieser Vortrag betrifft die rechtlichen Grundlagen des Erstattungsanspruchs und
dessen Erfüllungswirkung und nicht die zutreffende Ermittlung von dessen Höhe. Soweit der Kläger in weiteren Schriftsätzen
geltend gemacht hat, es sei ein Freibetrag auf den Betrag einer Unfallrente als Arbeitslosenhilfe deklariert worden, bleibt
bereits unklar, welche konkreten tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkte das LSG zwingend hätte ausdrücklich erwähnen
müssen.
Ein Verfahrensfehler ist auch insofern nicht hinreichend dargelegt, als der Kläger die unterbliebene Beiladung der Bundesagentur
für Arbeit beanstandet. Warum eine solche Beiladung iS des §
75 Abs
2 SGG notwendig gewesen sein soll, begründet der Kläger nicht nachvollziehbar. Die bloße Wiederholung des Gesetzestextes ist dafür
nicht ausreichend. Soweit er darauf verweist, dass er einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid der Bundesagentur erfolgreich
angefochten habe, fehlt es an jeder Erörterung, welche rechtliche Bedeutung dies im Kontext der hier maßgeblichen Vorschriften
der §§ 102 ff SGB X haben könnte. Unberücksichtigt ist auch die Rechtsprechung des BSG, wonach das Bestehen eines Erstattungsanspruchs im Verhältnis des nachrangig verpflichteten Leistungsträgers zum Rentenversicherungsträger
lediglich eine materiellrechtliche Vorfrage im Verhältnis zwischen dem Versicherten und dem Rentenversicherungsträger ist
und die Voraussetzungen für eine notwendige Beiladung des Erstattungsberechtigten nicht vorliegen (vgl BSG Urteil vom 6.9.2017 - B 13 R 20/14 R - BSGE 124, 98 = SozR 4-3250 § 48 Nr 1, RdNr 25).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl §
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.