Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz
Beiordnung eines Notanwalts
Gründe
I
Zwischen den Beteiligten sind streitig Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz
(AVItech) sowie die damals erzielten Arbeitsentgelte.
Mit Bescheid vom 7.3.2000 stellte die Beklagte Zeiten der Zugehörigkeit zur AVItech (1.8.1960 bis 31.10.1970, 1.4.1972 bis
15.2.1973 und 1.4.1977 bis 30.6.1990) und die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte fest. Der Widerspruch des Klägers
blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 8.8.2000). Die Klage zum SG Gotha auf Feststellung weiterer Zeiträume als Zeiten der Zugehörigkeit zur AVItech und der darin erzielten
Arbeitsentgelte wurde abgewiesen (Urteil vom 30.9.2002). Seine dagegen erhobene Berufung nahm der Kläger zurück.
Mit Schreiben an das SG vom 12.11.2018 hat der Kläger die Wiederaufnahme des früheren Verfahrens und die Feststellung weiterer Zeiten der Zugehörigkeit
zur AVItech begehrt. Während des sozialgerichtlichen Verfahrens hat die Beklagte mit Bescheid vom 10.9.2019 festgestellt,
dass der Feststellungsbescheid vom 7.3.2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.8.2000 und in der Fassung der Bescheide
vom 15.2.2007 und 20.3.2007 rechtswidrig ergangen sei. Das AAÜG sei nicht anwendbar, der frühere Feststellungsbescheid könne aber nach dem Gesetz nicht mehr zurückgenommen werden. Das SG
Gotha hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 20.11.2019). Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei bereits unzulässig. Ein Widerspruchsverfahren
gegen den im Überprüfungsverfahren ergangenen Bescheid vom 10.9.2019 sei nicht durchgeführt worden. Durch die Rücknahme der
Berufung sei das frühere sozialgerichtliche Verfahren gegen den Bescheid vom 7.3.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 8.8.2000 beendet worden und könne nicht mehr fortgeführt werden. Das Urteil vom 28.4.2021 ist dem Kläger am 11.6.2021
zugestellt worden.
Der Kläger hat gegen das vorbezeichnete Urteil mit einem am 29.6.2021 beim BSG eingegangenen, von ihm selbst unterzeichneten Schreiben vom 24.6.2021 "Revision" eingelegt und ua ausgeführt, er vermeide
"vorausschauend" eine Nichtzulassungsbeschwerde. Er gehe "entgegen der Rechtsmittelbelehrung zum o.g. Urteil" davon aus, dass
das BSG seinem Antrag stattgeben und die Revision zulassen werde. Mit Schreiben vom 1.7.2021 hat die Berichterstatterin dem Kläger
mitgeteilt, dass den Beteiligten eine Revision nur nach entsprechender Zulassung eingelegt und die Nichtzulassung der Revision
selbstständig durch Beschwerde angefochten werden kann. Auch auf den beim BSG geltenden Vertretungszwang hat die Berichterstatterin hingewiesen. Mit Schreiben vom 8.7.2021 hat der Kläger geantwortet,
er habe sich "in Kenntnis der Rechtsmittelbelehrung" des ihm am 11.6.2021 zugestellten Urteils "zur Revision entschieden".
Um eine Vertretung durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten habe er sich erfolglos bemüht. Er sei jedoch von kompetenten
Stellen ermuntert worden, die Revision selbstständig zu beantragen und dem BSG fristgemäß verfügbar zu machen.
II
Das Rechtsmittel des Klägers bleibt ohne Erfolg.
1. Die Revision ist unzulässig. Sie ist schon nicht formgerecht eingelegt, weil der Kläger sich nicht durch einen vor dem
BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§
73 Abs
4 SGG) hat vertreten lassen und er selbst nicht zu dem vertretungsberechtigten Personenkreis gehört. Für sein Vorhaben, sich selbst
zu vertreten, gibt es im geltenden Recht keine Grundlage. Als oberstes Bundesgericht ist das BSG zur Entscheidung über Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung, zur Wahrung der Rechtseinheit und zur Fortbildung des Rechts
berufen. Hierzu schreibt das Gesetz die Mitwirkung eines fachkundigen Prozessbevollmächtigten vor, der das Vorbringen des
Beteiligten ordnet und auf rechtliche Relevanz prüft, ehe er es dem Gericht vorträgt. Dies dient einerseits dem Schutz der
Beteiligten vor Belastungen durch aussichtslose Rechtsmittel. Andererseits soll der Vertretungszwang auch einen Beitrag dazu
leisten, dass die begrenzten personellen Ressourcen der Justiz zur zeitnahen Rechtsschutzgewährung effektiv eingesetzt werden
können (vgl BSG Beschluss vom 22.9.2020 - B 5 R 212/20 B - SozR 4-1500 § 73 Nr 11 RdNr 6 mwN; die hiergegen erhobene Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen:
BVerfG <Kammer> Beschluss vom 2.12.2020 - 1 BvR 2527/20).
Die Revision ist im Übrigen auch nicht statthaft, weil sie weder im angefochtenen Urteil des LSG noch durch Beschluss des
BSG zugelassen worden ist (§
160 Abs
1, §
160a Abs
4 Satz 1
SGG). Auch dies war bereits Inhalt der Rechtsbehelfsbelehrung zum Urteil vom 28.4.2021 und des Hinweisschreibens der Berichterstatterin
vom 1.7.2021.
2. Soweit der Kläger geltend macht, er habe sich erfolglos um die Vertretung durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten
bemüht, hat er keinen Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts gestellt. Auch ist es für ein beabsichtigtes Rechtsmittelverfahren
vor einem obersten Bundesgericht erforderlich, erfolglose Bemühungen um eine Prozessvertretung bei zumindest fünf zugelassenen
Prozessbevollmächtigten substantiiert aufzuzeigen (stRspr, zB BSG Beschluss vom 20.3.2018 - B 2 U 28/18 B - juris RdNr 3; BSG Beschluss vom 16.10.2007 - B 6 KA 3/07 S - juris RdNr 2). Entsprechende Darlegungen müssen spätestens bis zum Ablauf der Rechtsmittefrist erfolgen, da anderenfalls eine Wiedereinsetzung
aufgrund fehlenden Verschuldens an der Fristversäumung regelmäßig nicht in Betracht kommt (BSG Beschluss vom 10.5.2011 - B 2 U 3/11 BH - juris RdNr 9; BSG Beschluss vom 19.2.2001 - B 11 AL 205/00 B - juris RdNr 3). Auch dies ist nicht geschehen.
Die Verwerfung der Revision erfolgt ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter (§
169 SGG).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.