Feststellung von Beschäftigungszeiten als Zeiten einer fiktiven Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen
Intelligenz
Fehlen der betrieblichen Voraussetzungen
Voraussetzungen für die Beiordnung eines Notanwalts
Gründe
I
Der Kläger begehrt im Überprüfungsverfahren die Feststellung seiner Beschäftigungszeiten vom 17.7.1967 bis zum 30.6.1990 in
der ehemaligen DDR als Zeiten der (fiktiven) Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech - Anlage 1 Nr 1 zum AAÜG). Das LSG hat einen solchen Anspruch des Klägers wegen des Fehlens der betrieblichen Voraussetzungen für eine fiktive Einbeziehung
in die AVItech verneint und seine Berufung gegen den klageabweisenden Gerichtsbescheid des SG Chemnitz zurückgewiesen (Urteil vom 30.3.2021). Das LSG-Urteil wurde dem Kläger am 17.4.2021 zugestellt. Dieser hat mit Schreiben vom 25.5.2021 "Verfahrensrüge und Beschwerde"
zum BSG erhoben, nachdem er bereits mit Schreiben vom 21.4.2021 beim LSG eine Protokollberichtigung beantragt sowie Verfahrensrügen
geltend gemacht und mit Schreiben vom 15.5.2021 Verfassungsbeschwerde zum BVerfG eingelegt hatte. Der Kläger trägt vor, er
habe trotz intensiver Suche (Kontaktierung von fast 20 Rechtsanwälten) niemanden gefunden, der zur Durchführung einer Nichtzulassungsbeschwerde
bereit gewesen sei. Nach Auskunft eines befragten Rechtsanwalts lasse sich keine neue Rechtsfrage formulieren; es handele
sich nach seiner Ansicht allenfalls um eine fehlerhafte Anwendung des Rechts. Auf Nachfrage des Berichterstatters hat der
Kläger mit Schreiben vom 16.6.2021 und vom 8.7.2021 seine Beschwerde weiter erläutert.
II
1. Der Senat deutet die Beschwerde des Klägers gegen die Entscheidung des LSG vom 30.3.2021 als Beschwerde gegen die dort
ausgesprochene Nichtzulassung der Revision gemäß §
160a Abs
1 Satz 1
SGG. Diese Beschwerde ist als unzulässig zu verwerfen, weil sie weder rechtzeitig (dh innerhalb der Monatsfrist des §
160a Abs
1 Satz 2
SGG) noch formgerecht durch einen vor dem BSG zur Vertretung befugten Prozessbevollmächtigten (vgl §
73 Abs
4 SGG) erhoben worden ist (§
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm §
169 SGG). Die vom Kläger vorab eingelegte Verfassungsbeschwerde zum BVerfG wahrt die Frist für die Erhebung einer Nichtzulassungsbeschwerde
beim BSG nicht. Dasselbe gilt für den Antrag an das LSG auf "Protokollberichtigung gem. §
164 ZPO - Anzeige Verfahrensrügen Art.
3,
19,
103 GG, §
62,
103,
178a (1) 2
SGG usw". Ohne Bedeutung für den Lauf der Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde ist auch, dass das LSG über den Antrag
des Klägers auf Berichtigung des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 30.3.2021 erst mit Beschluss vom 1.7.2021 entschieden
hat (allgemein zur Rüge eines Verfahrensmangels in einer Nichtzulassungsbeschwerde unter Berufung auf Fehler des Protokolls vgl
BSG Beschluss vom 3.11.2014 - B 12 KR 48/14 B - juris RdNr 9).
2. Einen förmlichen Antrag auf Beiordnung eines sog Notanwalts (vgl §
202 Satz 1
SGG iVm §
78b ZPO) hat der Kläger nicht gestellt. Selbst wenn sein Vorbringen im Schreiben vom 25.5.2021 zur "Mandatsverweigerung von fast 20
kontaktierten Rechtsanwälten" in diesem Sinne gedeutet würde, könnte es keinen Erfolg haben, weil es erst nach Ablauf der
Frist zur Einlegung der Beschwerde angebracht worden ist. Da Anhaltspunkte für das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen
weder vorgetragen noch sonst erkennbar sind, müsste die gerichtliche Bestellung eines Notanwalts schon allein deshalb abgelehnt
werden (vgl BSG Beschluss vom 4.8.2016 - B 13 R 213/16 B - juris RdNr 4 mwN; BSG Beschluss vom 17.8.2017 - B 1 KR 6/17 C - SozR 4-1750 § 78b Nr 2 RdNr 5; BSG Beschluss vom 13.1.2021 - B 5 R 16/20 BH - juris RdNr 6).
3. Soweit der Kläger meint, die von ihm kontaktierten Rechtsanwälte würden sich nur im Interesse ihrer eigenen Existenzsicherung
(weitere Zusammenarbeit mit den Sozialgerichten) weigern, gegen eine falsche Rechtsanwendung durch die Sozialgerichtsbarkeit
vorzugehen, lässt er außer Acht, dass eine im Einzelfall möglicherweise fehlerhafte Anwendung des AAÜG bzw der VO-AVItech kein Grund ist, der zur Revisionszulassung führen kann. Primäre Aufgaben des Revisionsgerichts sind die
Wahrung der Rechtseinheit und die Rechtsfortbildung. §
160 Abs
2 Nr
1 und
2 SGG eröffnet daher die Zulassung der Revision nur bei Rechtssachen von grundsätzlicher Bedeutung oder im Falle einer Abweichung
von höchstrichterlicher Rechtsprechung. Daneben lässt §
160 Abs
2 Nr
3 SGG mit gewissen Einschränkungen auch Verfahrensrügen als Revisionszulassungsgrund zu und ermöglicht damit eine Kontrolle der
Verfahrensführung durch die Berufungsgerichte. Vor dem Hintergrund dieser gesetzlichen Begrenzung der Revisionszulassungsgründe
dient die Verpflichtung zur Vertretung durch Prozessbevollmächtigte im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde vor dem BSG insbesondere dazu, dass ein Fachkundiger die Rechtslage genau durchdenkt und von aussichtslosen Beschwerden - nicht zuletzt
zum Schutz der Beteiligten - absieht (vgl BSG Beschluss vom 22.9.2020 - B 5 R 212/20 B - SozR 4-1500 § 73 Nr 11 RdNr 6 mwN; die Verfassungsbeschwerde hiergegen wurde nicht zur Entscheidung angenommen: BVerfG
<Kammer> Beschluss vom 2.12.2020 - 1 BvR 2527/20).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.