Vergütung stationärer Krankenhausbehandlungen in der gesetzlichen Krankenversicherung
Keine schuldhafte Pflichtverletzung des Krankenhauses durch die Behandlung von Patienten durch einen mit gefälschten Unterlagen
approbierten Arzt
Kein Schadensersatzanspruch der Krankenkasse
Anforderungen an die Feststellung des Erstattungsanspruchs im Hinblick auf eigenständige und abgrenzbare Behandlungsabschnitte
ohne Mitwirkung des Arztes
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über die Erstattung gezahlter Vergütung für stationäre Krankenhausbehandlungen.
Das beklagte, zur Behandlung gesetzlich Versicherter zugelassene Krankenhaus beschäftigte von 2009 bis 2015 P zunächst als
Assistenzarzt und später als Facharzt. P hatte sich dort unter Vorlage einer Approbationsurkunde als Arzt beworben, die ihm
durch das beigeladene Land erteilt worden war. Er hatte allerdings weder die ärztliche Prüfung noch eine Facharztprüfung abgelegt.
Bei den im Approbationsverfahren vorgelegten Unterlagen hatte es sich um Fälschungen gehandelt. Nach Bekanntwerden der Täuschung
nahm das beigeladene Land die Approbation des P bestandskräftig zurück. Das Krankenhaus machte nach Anfechtung des Arbeitsvertrages
gegenüber P die für seine Beschäftigung verauslagten Kosten und Beiträge geltend. P wurde ua wegen Körperverletzung in 336
Fällen zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.
Die klagende Krankenkasse (KK) verlangte vom Krankenhaus die vollständige Erstattung der Vergütung für 14 stationäre Behandlungen
ihrer Versicherten, an denen P mitgewirkt hatte. Das Krankenhaus hielt dem entgegen, es habe auf die Richtigkeit der behördlichen
Approbationserteilung vertrauen dürfen. Das SG hat die Klage abgewiesen. Eine rechtsgrundlose Leistung liege nicht vor, da der Vergütungsanspruch des Krankenhauses von
dem Zusammenwirken einer Vielzahl von Beteiligten bestimmt werde (Urteil vom 6.2.2018). Auf die Berufung der KK hat das LSG
das Urteil des SG geändert und das Krankenhaus zur Erstattung der von der KK zuletzt noch für zehn Behandlungsfälle ab 2012 begehrten 31 595,44
Euro verurteilt (Urteil vom 17.12.2020). Der KK stehe ein Anspruch auf Schadensersatz zu. Das Krankenhaus habe seine Pflicht
zur Behandlung der Versicherten dadurch verletzt, dass es die Behandlungen nicht von einem Arzt habe vornehmen lassen. Das
Verschulden des P sei dem Krankenhaus hierbei zuzurechnen. Der Schaden sei in Höhe der gesamten gezahlten Vergütung entstanden
und nicht auf den Anteil des Operateurs begrenzt. Die Behandlungen seien für die KK insgesamt wertlos gewesen.
Das Krankenhaus rügt mit seiner Revision die Verletzung von §
39 Abs
1, §
69 Abs
1 Satz 3
SGB V iVm §§
280,
278 BGB, §
109 Abs
4 Satz 3
SGB V, § 2 Abs 2, § 7 KHEntgG und § 5 Abs 1 BÄO. Zu Unrecht habe das LSG seine Haftung unabhängig von Art, Schwere und Dauer der Gesamtbehandlung sowie den ordnungsgemäß
erbrachten anderen ärztlichen Leistungen angenommen. Es habe der Rücknahme der Approbation zu Unrecht auch gegenüber dem gutgläubigen
Krankenhaus Rückwirkung beigemessen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 17. Dezember 2020 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen
das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 6. Februar 2018 zurückzuweisen,
hilfsweise,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 17. Dezember 2020 aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten
Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. P habe durch die Behandlungen Straftaten begangen. Hierfür müsse die
Versichertengemeinschaft keine Vergütung leisten.
Das beigeladene Land stellt keinen Antrag.
II
Die zulässige Revision des beklagten Krankenhauses ist im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung
und Entscheidung begründet (§
170 Abs
2 Satz 2
SGG). Der Senat kann auf Grundlage der Feststellungen des LSG nicht abschließend entscheiden, ob der klagenden KK der im bestehenden
Gleichordnungsverhältnis zulässig mit der (echten) Leistungsklage (stRspr; vgl BSG vom 16.7.2020 - B 1 KR 15/19 R - BSGE 130, 299 = SozR 4-2500 § 275 Nr 32, RdNr 7 mwN) geltend gemachte Erstattungsanspruch zusteht. Unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen
eines Schadensersatzanspruchs (dazu 1.) hat die KK einen Erstattungsanspruch dem Grunde nach (dazu 2.). Über den Umfang des
Erstattungsanspruchs kann der Senat nicht abschließend entscheiden, weil das LSG - von seinem Rechtsstandpunkt aus konsequent
- hierzu keine Feststellungen getroffen hat (dazu 3.).
1. Es besteht kein Schadensersatzanspruch der KK wegen einer eigenen schuldhaften Pflichtverletzung des Krankenhauses. Dieses
durfte auf die Richtigkeit der behördlich erteilten Approbation vertrauen und war grundsätzlich nicht gehalten, die Qualifikation
von P bei dessen Einstellung eigenständig zu überprüfen. Hinweise auf ein Überwachungsverschulden des Krankenhauses ergeben
sich aus den Feststellungen des LSG nicht.
Ob ein Schadensersatzanspruch wegen einer Zurechnung des Verschuldens des P besteht, lässt der Senat offen. Der hier auf die
Rückzahlung der Vergütung gerichtete Schadensersatzanspruch würde nicht weitergehen als ein Erstattungsanspruch. Bei der Ermittlung
des normativen Schadens wären dieselben Fragen zu beantworten wie hinsichtlich des Umfangs des Erstattungsanspruchs.
2. Die KK hat einen Erstattungsanspruch gegen das Krankenhaus auf Rückzahlung der geleisteten Vergütung dem Grunde nach. Denn
die KK hat die Vergütung ohne Rechtsgrund erbracht. Ein Rechtsgrund für die Vergütung (dazu a) fehlt hier, da nach den nicht
mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffenen und daher den Senat bindenden (§
163 SGG) Feststellungen des LSG ein Nichtarzt stationäre Krankenhausleistungen, die dem Arztvorbehalt unterliegen, erbracht hat (dazu
b), für die kein Vergütungsanspruch besteht (dazu c).
a) Zahlungen ohne Rechtsgrund begründen einen Erstattungsanspruch des Zahlenden gegenüber dem Zahlungsempfänger, sei es nach
allgemeinen Grundsätzen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs, sei es nach §
69 Abs
1 Satz 3
SGB V iVm §§
812 ff
BGB (vgl BSG vom 16.7.2020 - B 1 KR 15/19 R - BSGE 130, 299 = SozR 4-2500 § 275 Nr 32, RdNr 10 mwN).
aa) Rechtsgrundlage des von dem beklagten Krankenhaus wegen der stationären Behandlung der Versicherten geltend gemachten
Vergütungsanspruchs ist §
109 Abs
4 Satz 3
SGB V iVm § 7 KHEntgG und § 17b KHG. Das Gesetz regelt in diesen Vorschriften die Höhe der Vergütung der zugelassenen Krankenhäuser bei stationärer Behandlung
gesetzlich Krankenversicherter und setzt das Bestehen des Vergütungsanspruchs als Gegenleistung für die Erfüllung der Pflicht,
erforderliche Krankenhausbehandlung nach §
39 SGB V zu gewähren (§
109 Abs
4 Satz 2
SGB V), dem Grunde nach als Selbstverständlichkeit voraus. Der Anspruch wird durch Vereinbarungen auf Bundes- und Landesebene konkretisiert.
Die Zahlungsverpflichtung der KK entsteht unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch
die Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung - wie hier - in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und
im Sinne von §
39 Abs
1 Satz 2
SGB V erforderlich und wirtschaftlich ist (vgl BSG vom 19.3.2020 - B 1 KR 20/19 R - BSGE 130, 73 = SozR 4-2500 § 12 Nr 18, RdNr 11 mwN).
Erforderlich ist die Krankenhausbehandlung grundsätzlich nur dann, wenn die Behandlung dem allgemein anerkannten Stand der
medizinischen Erkenntnisse entspricht und notwendig ist. Der Anspruch auf Krankenbehandlung hat sich generell daran auszurichten,
welche Behandlung unter Beachtung des Qualitätsgebots (§
2 Abs
1 Satz 3
SGB V) und des umfassenden Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit notwendig und ausreichend ist, um das angestrebte Behandlungsziel
zu erreichen. Das Qualitätsgebot stellt im Rahmen der Erforderlichkeit auch Anforderungen an die strukturellen und prozeduralen
Voraussetzungen der Leistungserbringung (vgl BSG vom 16.8.2021 - B 1 KR 18/20 R - SozR 4-2500 § 2 Nr 17 RdNr 9 mwN).
bb) Der Verstoß gegen das Qualitätsgebot in Gestalt von Mindestanforderungen während einzelner Abschnitte einer Krankenhausbehandlung
schließt grundsätzlich auch die Vergütung anderer, nicht eigenständig abgrenzbarer Behandlungsabschnitte (dazu 3.) aus, die
für sich genommen dem Qualitätsgebot entsprechen. Eine hiernach dem Qualitätsgebot nicht entsprechende Krankenhausbehandlung
ist insgesamt unwirtschaftlich und damit nicht zu vergüten (vgl BSG vom 19.4.2016 - B 1 KR 28/15 R - SozR 4-2500 § 137 Nr 7 RdNr 13 ff, dort zu den Folgen der Nichtbeachtung der vom Gemeinsamen Bundesausschuss aufgestellten
Mindestqualitätsanforderungen beim Bauchaortenaneurysma; vgl zum Vergütungsanspruch bei Nichterfüllung von Mindestanforderungen
an die Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität nach §
137 Abs
1 Satz 3 Nr
2 SGB V BSG vom 16.8.2021 - B 1 KR 18/20 R - SozR 4-2500 §
2 Nr 17 RdNr 11 ff und zum Qualitätsgebot Bockholdt in Hauck/Noftz
SGB V, § 109 RdNr 165 ff, Stand 2022; zu Leistungen außerhalb des Versorgungsvertrages BSG vom 23.6.2015 - B 1 KR 20/14 R - BSGE 119, 141 = SozR 4-2500 § 108 Nr 4, RdNr 8 ff und zum Vergütungsanspruch bei Verstößen gegen Mindestmengenvorgaben des GBA nach §
136b Abs
5 Satz 2
SGB V). Die Mitwirkung eines Nichtarztes bei operativen Eingriffen stellt außerhalb des ärztlich angeleiteten und überwachten Einsatzes
von Pflege-, Funktions- und medizinisch-technischem Personal sowie von zu ihrer ärztlichen und nicht-ärztlichen Ausbildung
hinzugezogenen Personen einen Verstoß gegen die für Krankenhausbehandlungen geltenden Mindestanforderungen dar. Denn der in
§
15 Abs
1 Satz 1
SGB V geregelte Arztvorbehalt ist wesentlicher Bestandteil des Qualitätsgebots und legt für alle Bereiche des
SGB V die Mindestanforderungen für ärztliches Behandeln fest.
Nach §
15 Abs
1 Satz 1
SGB V ist die Erbringung ärztlicher Leistungen den Ärzten und Zahnärzten vorbehalten. "Arzt" im Sinne dieser Regelung ist nur der
approbierte Heilbehandler. Bei diesen ist in generalisierender Betrachtungsweise davon auszugehen, dass sie aufgrund ihrer
langjährigen theoretischen und praktischen Ausbildung und der Ablegung staatlicher Prüfungen den Anforderungen entsprechen,
die für eine effektive, den Wirtschaftlichkeitsmaximen der GKV entsprechende Krankenbehandlung erforderlich sind (stRspr;
vgl BSG vom 11.10.1994 - 1 RK 26/92 - juris RdNr 20; BSG vom 13.12.2016 - B 1 KR 4/16 R - juris RdNr 15 f; BSG vom 18.12.2018 - B 1 KR 34/17 R - SozR 4-2500 § 28 Nr 9 RdNr 14; BSG vom 17.12.2020 - B 1 KR 19/20 R - SozR 4-2500 § 15 Nr 3 RdNr 11 f).
Wer den ärztlichen Beruf ausüben will, bedarf nach § 2 Abs 1 BÄO der Approbation. Die für die Approbation erforderlichen Voraussetzungen des öffentlich-rechtlichen Berufsrechts dienen dazu,
alle Patienten vor fachlich oder persönlich ungeeigneten Behandlern zu schützen und möglichen, sich daraus für die Gesundheit
der Patienten und die finanziellen Mittel der Kostenträger ergebenden Gefahren vorzubeugen. Die GKV prüft dies nicht eigenständig,
sondern knüpft an die Approbation als Ergebnis des Prüfungsvorgangs der zuständigen Landesbehörden an. Die KKn sind weder
befugt, diese Grundqualifikation erneut zu überprüfen noch die Approbation durch eine eigene berufsrechtliche Bewertung zu
ersetzen (vgl BSG vom 13.12.2016 - B 1 KR 4/16 R - juris RdNr 15). Die Approbation ist notwendige Voraussetzung für die Ausübung des Arztberufs. Mit ihr werden ua die fachliche
Befähigung zur Ausübung eines akademischen Heilberufs, die berufsrechtliche Würdigkeit und die gesundheitliche Eignung belegt.
Sie spricht im Sinne einer widerlegbaren Vermutung dafür, dass der Betreffende über die durch das Bestehen der ärztlichen
Prüfung nachzuweisende medizinische Mindestqualifikation verfügt. Sie fingiert diese aber nicht. Fehlt es an der durch ein
Studium der Medizin im Sinne des § 3 Abs 1 Satz 1 Nr 4 BÄO und durch die bestandene ärztliche Prüfung nachgewiesenen medizinischen Grundqualifikation, verletzt dies den Arztvorbehalt.
Denn soweit es um die fachliche Befähigung geht, setzt §
15 Abs
1 Satz 1
SGB V ebenso wie die BÄO voraus, dass diese Befähigung tatsächlich erworben wurde und durch eine tatsächlich abgelegte und erfolgreich bestandene
Prüfung nachgewiesen ist (ähnlich Remmert/Schütz in Orlowski/Remmert, GKV-Kommentar
SGB V, §
15 RdNr 14, Stand 4/2021; Freudenberg in jurisPK-
SGB V, 4. Aufl, Stand 15.6.2020, §
15 RdNr 19).
Der Arztvorbehalt des §
15 Abs
1 Satz 1
SGB V soll Gefahren vorbeugen, die sich aus der mangelnden Befähigung eines Heilbehandlers für die Gesundheit der Versicherten
und die finanziellen Mittel der KKn ergeben können. Insofern enthält §
15 Abs
1 SGB V eine spezifische Ausprägung des Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsgebotes im Sinne der §
2 Abs
1 Satz 3, §
12 Abs
1 SGB V (Remmert/Schütz in Orlowski/Remmert, GKV-Kommentar
SGB V, §
15 RdNr
11 f, Stand 4/2021). Die zwingende materielle Anforderung des Rechts der GKV, ein Studium der Medizin im Sinne des § 3 Abs 1 Satz 1 Nr 4 BÄO absolviert und die ärztliche Prüfung bestanden zu haben, besteht unabhängig vom Approbationsrecht und seinen Möglichkeiten,
eine Statusentscheidung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Ob und in welchem Umfang anderes zu gelten hat, wenn nicht über
die Qualifikation getäuscht wurde, sondern aus anderen Gründen nachträglich Streit darüber entsteht, ob die Voraussetzungen
für die Statusentscheidung überhaupt bestanden haben oder später weggefallen sind, kann der Senat hier offenlassen (vgl zur
vorläufigen Berufsausübung trotz Approbationsrücknahme bei Gleichwertigkeits- und Facharztprüfung OVG Hamburg vom 8.10.2021
- 3 Bs 217/21).
Der in §
15 SGB V und damit in den Gemeinsamen Vorschriften des Dritten Kapitels des
SGB V (Leistungen der Krankenversicherung) geregelte Arztvorbehalt umfasst auch die Krankenhausbehandlung (§
27 Abs
1 Satz 2 Nr
5 SGB V). §
15 Abs
1 SGB V erfasst nach seinem Wortlaut die ärztliche und die zahnärztliche Behandlung, sodass der Arztvorbehalt für jede ärztliche
Behandlung gilt, sei sie ambulant oder stationär, akut oder rehabilitativ (Remmert/Schütz in Orlowski/Remmert, GKV-Kommentar
SGB V, §
15 RdNr 20, Stand 4/2021; Freudenberg in jurisPK-
SGB V, 4. Aufl, Stand 15.6.2020, §
15 SGB V RdNr 15; Noftz in Hauck/Noftz
SGB V, §
15 RdNr 8, Stand 2018; Hauck in Peters, Handbuch der Krankenversicherung, §
15 SGB V RdNr 9a, Stand 2019).
b) Nach den nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des LSG erfüllte P nicht den Arztvorbehalt
des §
15 Abs
1 Satz 1
SGB V. Er hatte mangels Ablegung der ärztlichen Prüfung zu keinem Zeitpunkt die Grundqualifikation als Arzt erlangt. Die Rücknahme
der Approbationsentscheidung nach § 5 Abs 1 BÄO beseitigte rückwirkend die mit der Approbation verbundene berufsrechtliche Stellung und die Qualifikation als Arzt (hM; vgl
dazu Schiwy, Deutsches Arztrecht, 170. EL, Stand 2/2022, § 5 BOÄ, Ziff. 1; Schirmer/Dochow in Wenzel, Medizinrecht, 4. Aufl
2020, Kap 10 RdNr 26; Wollersheim in Clausen/Schroeder-Printzen, Medizinrecht, 3. Aufl 2020, § 6 RdNr 13; Janda, Medizinrecht,
4. Aufl 2019, S 100; Rehborn in Laufs/Kern/Rehborn, Arztrecht, 5. Aufl 2019, § 8 RdNr 29; Schelling in Spickhoff, Medizinrecht, 3. Aufl 2018, BÄO § 5 RdNr 1; Haage in Narr/Hübner, Ärztliches Berufsrecht, 2. Aufl 2018, Teil B II 2 RdNr 1; aA lediglich Warntjen, MedR 2018,
728, 729).
c) Sofern P an den Behandlungen der Versicherten mitgewirkt hat, besteht insgesamt kein Vergütungsanspruch. Nach der Rechtsprechung
des Senats setzt der Vergütungsanspruch voraus, dass Leistungen insgesamt unter Beachtung der einschlägigen Qualitätsvorgaben
erbracht werden. Verstöße führen dazu, dass die Leistung insgesamt nicht zu vergüten ist.
Die Auswirkungen der Mitwirkung eines Nichtarztes auf die Krankenhausbehandlung lassen sich nicht quantifizieren. Denn bei
der mit der Fallpauschalenvergütung abgegoltenen Krankenhausbehandlung handelt es sich um eine komplexe Gesamtleistung, bestehend
insbesondere aus ärztlicher Behandlung, Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, die für die Versorgung
im Krankenhaus notwendig sind, sowie Unterkunft und Verpflegung (BSG vom 28.2.2007 - B 3 KR 15/06 R - SozR 4-2500 § 39 Nr 9 RdNr 11). Ein einzelner Mangel einer Mindestqualitätsanforderung infiziert daher im Regelfall gleichsam
die gesamte Behandlung. Unerheblich ist, ob am Behandlungsgeschehen noch andere Personen, insbesondere andere Ärzte mitgewirkt
haben, welchen kalkulatorischen Anteil die ärztliche Leistung im Rahmen der durchschnittlichen Vergütung nach dem DRG-System
hat, welcher Anteil sich im konkreten Fall aus der Abrechnung des vom Nichtarzt zu verantwortenden OPS-Kodes ergibt oder ob
die unter Verstoß gegen das Qualitätsgebot erfolgte Leistung im Einzelfall erlösrelevant war.
Ist P an einer Operation selbst beteiligt gewesen, ist es gleichwohl grundsätzlich ausgeschlossen, dass unter Nichtkodierung
der Prozedur eine andere, geringer vergütete Fallpauschale für die Dauer der stationären Behandlung berechnet wird (zu den
Ausnahmen vgl 3.). Unerheblich ist auch, ob die von P erbrachten Leistungen für sich genommen medizinisch mangelfrei waren.
Denn erst die Anerkennung einer Forderung durch die Rechtsordnung, hier die Beachtung des Arztvorbehalts, verleiht dieser
den wirtschaftlichen Wert (vgl BVerfG vom 5.5.2021 - 2 BvR 2023/20 - RdNr 18, juris; Wiegand, NZS 2021, 982).
Dem Krankenhaus steht für die erbrachten Leistungen, die unter Verstoß gegen das Leistungserbringerrecht der GKV bewirkt wurden,
auch kein Vergütungsanspruch auf bereicherungsrechtlicher Grundlage zu. Der Anwendung von bereicherungsrechtlichen Vorschriften
stehen öffentlich-rechtliche Wertungszusammenhänge entgegen (stRspr; vgl BSG vom 12.8.2021 - B 3 KR 8/20 R - SozR 4-2500 § 33 Nr 56 RdNr 20; BSG vom 20.4.2016 - B 3 KR 23/15 R - SozR 4-2500 § 124 Nr 4 RdNr 32 mwN; BSG vom 17.11.2015 - B 1 KR 12/15 R - BSGE 120, 69 = SozR 4-2500 § 109 Nr 50, RdNr 23 mwN).
3. Der Vergütungsanspruch ist nur dann nicht insgesamt ausgeschlossen, wenn der Nichtarzt an einem eigenständigen und abgrenzbaren
Behandlungsabschnitt nicht mitgewirkt hat. Denn der Ausschluss des Vergütungsanspruchs dient allein der Einhaltung des Qualitätsgebots
und soll keine darüberhinausgehende Sanktion des Leistungserbringers bewirken. Der Ausschluss des Vergütungsanspruchs erstreckt
sich daher nicht auf Leistungsteile der Krankenhausbehandlung, die vom Rechtsverstoß nicht erfasst sein können. Wurden eigenständige
und abgrenzbare Krankenhausleistungen erbracht, die nicht in Beziehung zum Verstoß gegen das Qualitätsgebot stehen, besteht
hierfür ein Vergütungsanspruch.
a) Eine Krankenhausleistung ist in diesem Sinne eigenständig, wenn für sie unabhängig von der Behandlung, an der der Nichtarzt
rechtswidrig mitgewirkt hat, eine eigenständige Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit bestand. Eine Krankenhausleistung ist
in diesem Sinne abgrenzbar, wenn die ohne Rechtsverstoß erfolgte Behandlung ihrerseits abrechenbar ist und nicht Vor-, Mit-
oder Folgebehandlung der unter Rechtsverstoß erfolgten Behandlung ist. Die unter dem Rechtsverstoß erfolgte Leistung und die
mit ihr in unmittelbarem Zusammenhang stehende Behandlung muss vollständig hinweggedacht werden können, ohne dass die Notwendigkeit
einer stationären Behandlung und ihre Abrechenbarkeit entfielen.
Beispiele dafür können sein: Leistungen bei einer interkurrenten Erkrankung oder bei einer bereits bei stationärer Aufnahme
bestehenden anderen Erkrankung, die aus sich hieraus Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit begründet hat. Voraussetzung ist
ferner, dass der Nichtarzt an der Behandlung dieser Erkrankungen nicht beteiligt war, insbesondere weil sie eine Verlegung
in eine andere Abteilung mit sich brachten. Indiz hierfür kann die Notwendigkeit einer separaten Aufklärung und Einwilligung
des Versicherten sein.
Maßstab für den Umfang des Vergütungsausschlusses ist die stationäre Behandlung als solche. Der Vergütungsanspruch für die
eigenständigen und abgrenzbaren Krankenhausleistungen ist gesondert zu ermitteln, als handelte es sich um eigenständige Behandlungsfälle.
Im Falle der interkurrenten Erkrankung ist jedoch weiterhin von der Hauptdiagnose auszugehen, die Ursache der stationären
Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit war.
b) Nach den Feststellungen des LSG hat P an allen streitigen Behandlungsfällen mitgewirkt. Da das LSG - von seinem Rechtsstandpunkt
aus konsequent - keine Feststellungen zu den Voraussetzungen von eigenständigen und abgrenzbaren Krankenhausleistungen getroffen
hat, muss es im wiedereröffneten Berufungsverfahren daher nur noch feststellen, ob in den streitigen Behandlungsfällen solche
eigenständigen und abgrenzbaren Behandlungen im Sinne der dargelegten Voraussetzungen durchgeführt wurden, an denen P nicht
mitgewirkt hat.
4. Die Kostenentscheidung bleibt dem LSG vorbehalten.
5. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §
197a Abs
1 Teilsatz 1
SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 GKG.