Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Fristversäumnis, Pflicht des Anwalts zur eigenverantwortlichen Fristprüfung
Der Antrag des Klägers, ihm wegen Versäumung der Revisionsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren,
wird zurückgewiesen.
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 23. August 2007 wird als unzulässig
verworfen.
Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I. Der bei der beklagten Ersatzkasse versicherte Kläger ist mit seinem Begehren, Fahrkosten für die Teilnahme an von der Beklagten
gefördertem Rehabilitationssport erstattet zu erhalten, in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Das Landessozialgericht
(LSG) hat mit Urteil vom 23.8.2007, dem Kläger zugestellt am 18.10.2007, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts
zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Der Kläger hat am 12.11.2007 Revision eingelegt und diese mit Schreiben vom 21.12.2007,
beim Bundessozialgericht (BSG) eingegangen am 24.12.2007, begründet. Zur Begründung seines Wiedereinsetzungsgesuchs wegen
Versäumung der Revisionsbegründungsfrist trägt der Kläger vor, seine Prozessbevollmächtigten hätten Rechtsreferendarin Suoglu
mit der selbstständigen Fristenberechnung und Überwachung betraut. Sie sei langjährig im Rahmen eines Nebentätigkeitsverhältnisses
in der Anwaltskanzlei beschäftigt, habe sich stets als sehr zuverlässig erwiesen, ohne dass die regelmäßigen Kontrollen je
Grund zu Beanstandungen gegeben hätten. Ausgehend von einer E-Mail vom 23.10.2007 habe sie als Zustellungsdatum den 22.10.2007
angenommen und daraufhin das Fristende mit dem 24.12.2007 berechnet. Zur von ihr notierten Vorfrist 17.12.2007 sei die Akte
vorgelegt und die Revisionsbegründung anschließend gefertigt und am 21.12.2007 zur Post gegeben worden.
II. Die nicht in der gesetzlichen Frist begründete Revision ist durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter
als unzulässig zu verwerfen (§
169 Satz 2 und
3 SGG). Nach §
164 Abs
2 Satz 1
SGG ist die Revision innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils oder des Beschlusses über die Zulassung der Revision
zu begründen. Der Kläger hätte mithin seine Revision, die er rechtzeitig gegen das ihm am 18.10.2007 mit zutreffender Rechtsmittelbelehrung
zugestellte LSG-Urteil eingelegt hat, bis zum Ablauf des 18.12.2007 begründen müssen. Dem genügt die erst am 24.12.2007 beim
BSG eingegangene Revisionsbegründungsschrift nicht.
Dem Kläger ist auch nicht antragsgemäß Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Revisionsbegründungsfrist
zu gewähren (§
67 Abs
1 SGG). Die Voraussetzung hierfür, nämlich dass der Kläger ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten,
ist nicht erfüllt. Der Kläger hat schuldhaft die Revisionsbegründungsfrist versäumt, da er sich das Verschulden seiner Prozessbevollmächtigten
zurechnen lassen muss (§
73 Abs
4 Satz 1
SGG iVm §
85 Abs
1 ZPO). Sie haben schuldhaft das Ende der Frist nicht selbst ermittelt. Die Prozessbevollmächtigten des Klägers durften sich nicht
allein auf die Eintragung der Revisionsbegründungsfrist durch die Rechtsreferendarin im Fristenkalender verlassen, als ihnen
die Akten entsprechend der eingetragenen Vorfrist am 17.12.2007 vorgelegt wurden. Insoweit bedarf es keiner Vertiefung, in
welchen Fällen es bei der Berechnung der Revisionsbegründungsfrist um eine einfache, in dem Büro der Prozessbevollmächtigten
geläufige Frist geht, deren Berechnung grundsätzlich einer geschulten und zuverlässigen Bürokraft übertragen werden kann (vgl
dazu einerseits BGHZ 43, 148; BVerwGE 27, 36; BFHE 94, 433 und andererseits BAGE 26, 384). Wird - wie hier - dem Prozessbevollmächtigten die Sache zur Vorfrist einer beabsichtigten Rechtsmittelbegründung vorgelegt,
hat er in eigener Verantwortung festzustellen, ob das Fristende richtig ermittelt und festgehalten wurde (vgl zB BGH VersR
2002, 1391; BGH, NJW 2003, 437). Allerdings muss die - anhand der Akte vorzunehmende - Prüfung nicht sofort erfolgen. Sie kann auch am nächsten Tag vorgenommen
werden. Sie darf jedoch nicht zurückgestellt werden, bis der Anwalt die eigene Bearbeitung der Sache - ggf am letzten Tag
der Frist - vornimmt (BGH VersR 2002, 1391).
Hätte der Prozessbevollmächtigte des Klägers aber entsprechend diesen Anforderungen am 17. oder 18.12.2007 das Fristende selbst
und eigenverantwortlich überprüft, hätte er den Fehler noch rechtzeitig entdecken und entweder die Revisionsbegründung oder
einen Antrag auf Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist (§
164 Abs
2 Satz 2
SGG) rechtzeitig beim BSG einreichen können. Indem der Prozessbevollmächtigte des Klägers diese Prüfung unterließ, hat er die
bei Vorlage der Akten auf Vorfrist bestehende Verpflichtung verletzt, verantwortlich zu prüfen, ob das Fristende richtig ermittelt
und festgehalten ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.