Verletzung der Begründungspflicht
Verstoß gegen das Gebot effektiven Rechtsschutzes
Substantiierung einer Rüge
1. Eine Entscheidung ist nicht schon dann nicht mit Gründen im Sinne des §
136 Abs.
1 Nr.
6 SGG versehen, wenn das Gericht sich unter Beschränkung auf den Gegenstand der Entscheidung kurz fasst und nicht jeden Gesichtspunkt,
der erwähnt werden könnte, behandelt hat.
2. Die Begründungspflicht ist selbst dann nicht verletzt, wenn die Ausführungen des Gerichts zu den rechtlichen Voraussetzungen
und zum tatsächlichen Geschehen vermeintlich falsch, oberflächlich oder wenig überzeugend sein sollten.
3. Wird ein vermeintlicher Verstoß gegen Art.
19 Abs.
4 GG (Gebot effektiven Rechtsschutzes) gerügt und zur Begründung ausführt, die Beweiswürdigung des LSG sei so strukturiert und
zurecht gelegt, "dass der Rechtsweg de facto als Absurdum geführt wird", weil maßgebliche Grundsätze des Krankenversicherungsrechts
regelrecht auf den Kopf gestellt würden, insbesondere das LSG sich anmaße, ohne entsprechende AU-Bescheinigung eine depressionsbedingte
AU "zu kreieren", und der Depression zudem kein eigenständiger Krankheitswert zukomme, ist eine solche Rüge nicht hinreichend
substantiiert.
Gründe:
I
Der bei der beklagten Krankenkasse versichert gewesene, am 1.8.2014 verstorbene frühere Kläger (im Folgenden: Kläger) ist
mit seinem Begehren auf Gewährung von Krankengeld (Krg) über den 5.12.2011 hinaus bei der Beklagten und in den Vorinstanzen
erfolglos geblieben. Das LSG hat zur Begründung ua ausgeführt, der über diesen Zeitpunkt hinaus arbeitsunfähige Kläger habe
bis dahin bereits für 78 Wochen Krg erhalten. Die wegen Depression fortbestehende Arbeitsunfähigkeit (AU) beruhe auf derselben
Krankheit, deretwegen die Beklagte Krg gewährt habe. Beim Kläger sei zu seiner anfänglich AU begründenden Erkrankung Gonarthrose
und weiteren organischen Beschwerden eine ebenfalls AU begründende Depression im Sinne von §
48 Abs
1 S 2
SGB V hinzugetreten. Dies ergebe sich aus der Befragung der den Kläger behandelnden Dipl.-Psychologin B., dem vorläufigen und dem
endgültigen Entlassungsbericht der R. klinik sowie der Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung vom
11.4.2011. Entgegen der Auffassung des Klägers sei es unerheblich, dass keine förmlich auf die Depression gestützte ärztliche
AU-Feststellung erfolgt sei (Urteil vom 29.4.2014).
Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil.
II
1. Dem Senat ist trotz des am 1.8.2014 eingetretenen Todes des Klägers eine Sachentscheidung nicht verwehrt. Das Verfahren
ist weder unterbrochen noch auszusetzen. §
202 SGG iVm §
246 Abs
1 ZPO bestimmt ua: Fand in den Fällen des Todes eine Vertretung durch einen Prozessbevollmächtigten statt, so tritt eine Unterbrechung
des Verfahrens nicht ein; das Prozessgericht hat jedoch auf Antrag des Bevollmächtigten, in den Fällen des Todes und der Nacherbfolge
auch auf Antrag des Gegners die Aussetzung des Verfahrens anzuordnen. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers stellt keinen
Aussetzungsantrag. Er verweist lediglich darauf, dass er davon ausgehe, die Alleinerbin werde den Rechtsstreit fortführen
(4.11.2014).
2. Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig und daher gemäß §
160a Abs
4 S 1 Halbs 2 iVm §
169 S 3
SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus §
160a Abs
2 S 3
SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung des allein geltend gemachten Revisionszulassungsgrundes des Verfahrensfehlers
(§
160 Abs
2 Nr
3 SGG).
Nach §
160 Abs
2 Nr
3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen
kann; der Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von §
109 SGG und §
128 Abs
1 S 1
SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des §
103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende
Begründung nicht gefolgt ist. Um einen Verfahrensmangel in diesem Sinne geltend zu machen, müssen die Umstände bezeichnet
werden, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen (vgl zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 24, 36).
Soweit der Kläger einen Verstoß gegen Art
19 Abs
4 GG (Gebot effektiven Rechtsschutzes) rügt und zur Begründung ausführt, die Beweiswürdigung des LSG sei so strukturiert und zurecht
gelegt, "dass der Rechtsweg de facto als Absurdum geführt wird", weil maßgebliche Grundsätze des Krankenversicherungsrechts
regelrecht auf den Kopf gestellt würden, insbesondere das LSG sich anmaße, ohne entsprechende AU-Bescheinigung eine depressionsbedingte
AU "zu kreieren", und der Depression zudem kein eigenständiger Krankheitswert zukomme, legt er damit keinen Verstoß gegen
Art
19 Abs
4 GG dar. In tatsächlicher Hinsicht ist es dem Kläger unbenommen geblieben, Beweisanträge zu stellen. Hiervon hat er keinen Gebrauch
gemacht. In rechtlicher Hinsicht wäre es ihm möglich gewesen, sich mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu den Voraussetzungen
der gerichtlichen Überprüfbarkeit der AU auseinanderzusetzen (vgl nur BSG SozR 4-2500 §
44 Nr 7; s ferner Schmidt in Peters, Handbuch der Krankenversicherung Teil II,
SGB V, Stand Juli 2014, §
44 RdNr 136 mwN).
Soweit der Kläger damit sinngemäß (auch) eine Verletzung des §
136 Abs
1 Nr
6 SGG gerügt haben sollte, bezeichnet er den Verfahrensfehler nicht hinreichend. Eine Entscheidung ist nicht schon dann nicht mit
Gründen im Sinne des §
136 Abs
1 Nr
6 SGG versehen, wenn das Gericht sich unter Beschränkung auf den Gegenstand der Entscheidung kurz fasst und nicht jeden Gesichtspunkt,
der erwähnt werden könnte, behandelt hat (BSGE 76, 233, 234 = SozR 3-1750 § 945 Nr 1 S 3 mwN). Die Begründungspflicht ist selbst dann nicht verletzt, wenn die Ausführungen des
Gerichts zu den rechtlichen Voraussetzungen und zum tatsächlichen Geschehen vermeintlich falsch, oberflächlich oder wenig
überzeugend sein sollten (vgl BSG Beschluss vom 10.3.2011 - B 1 KR 134/10 B - Juris RdNr 11; BSG Beschluss vom 7.2.2013 - B 1 KR 68/12 B - Juris RdNr 5 mwN; BSG Beschluss vom 25.8.2014 - B 1 KR 118/13 B - RdNr 6; BSG Beschluss vom 23.3.1999 - B 4 RA 165/98 B - Juris; BSG Beschluss vom 22.1.2008 - B 13 R 144/07 B - Juris RdNr 7; BSG Beschluss vom 19.5.2011 - B 4 AS 2/11 B - Juris RdNr 6 mwN).
Eine - unabhängig von den Revisionszulassungsgründen des §
160 Abs
2 SGG und den insoweit bestehenden Darlegungserfordernissen (behauptete) - Fehlerhaftigkeit einer Entscheidung kann nicht zum Gegenstand
der Nichtzulassungsbeschwerde gemacht werden (vgl zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 67).
3. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des §
193 SGG.