Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde im sozialgerichtlichen Verfahren, Bezeichnung eines Verfahrensmangels, Verstoß gegen
die Sachaufklärungspflicht durch übergehen eines Beweisantrags
Gründe:
Mit Urteil vom 11.9.2007 hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) einen Anspruch des Klägers auf Gewährung von
Rente wegen Erwerbsminderung verneint.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundessozialgericht (BSG)
eingelegt. Er beruft sich auf das Vorliegen von Verfahrensmängeln iS von §
160 Abs
2 Nr
3 Sozialgerichtsgesetz (
SGG). Für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von
Rechtsanwalt L. beantragt.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist abzulehnen.
Voraussetzung für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und die damit verbundene Beiordnung eines Rechtsanwalts ist gemäß
§
73a Abs
1 Satz 1
SGG iVm §
114 Zivilprozessordnung, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Dies ist nicht
der Fall.
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, da der
geltend gemachte Zulassungsgrund nicht ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl §
160a Abs
2 Satz 3
SGG).
Wird die Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung
beruhen könne (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§
160a Abs
2 Satz 3
SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist
die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem
Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 2
SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§
109,
128 Abs
1 Satz 1
SGG und auf eine Verletzung des §
103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt
ist.
Soweit - wie vorliegend - ein Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht (§
103 SGG) gerügt wird, muss die Beschwerdebegründung hierzu folgende Punkte enthalten: 1. Bezeichnung eines für das Revisionsgericht
ohne weiteres auffindbaren Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist, 2. Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, aufgrund
derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen, 3. Darlegung der von dem betreffenden Beweisantrag
berührten Tatumstände, die zu weiterer Sachaufklärung Anlass gegeben hätten, 4. Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der
unterbliebenen Beweisaufnahme und 5. Schilderung, dass und warum die Entscheidung des LSG angeblich auf der fehlerhaft unterlassenen
Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterlassenen Beweisaufnahme von
seinem Rechtsstandpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (BSG SozR 4-1500
§ 160a Nr 3 mwN). Diesen Erfordernissen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Es ist schon zweifelhaft, ob der Beschwerdebegründung Hinweise auf prozessordnungsgemäße Beweisanträge entnommen werden können.
Dies kann indes dahinstehen. Jedenfalls ist nicht dargetan, dass die mit Schriftsätzen vom 6.8.2007 und 7.9.2007 sowie mit
Schriftsätzen vom 12.4.2007 und 12.6.2007 gestellten Beweisanträge bis zur Entscheidung des LSG aufrechterhalten geblieben
seien.
Ein Beweisantrag hat im sozialgerichtlichen Verfahren Warnfunktion und soll der Tatsacheninstanz vor der Entscheidung vor
Augen führen, dass die gerichtliche Aufklärungspflicht von einem Beteiligten noch nicht als erfüllt angesehen wird. Wird ein
Beweisantrag in einem vorbereitenden Schriftsatz gestellt, so ist er dann nicht iS von §
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 2
SGG übergangen worden, wenn aus den näheren Umständen zu entnehmen ist, dass er in der maßgeblichen mündlichen Verhandlung nicht
weiter verfolgt wurde. Dies ist bei rechtskundig vertretenen Beteiligten regelmäßig anzunehmen, wenn in der letzten mündlichen
Verhandlung nur noch ein Sachantrag gestellt und der Beweisantrag nicht wenigstens hilfsweise wiederholt wird (BSG SozR 3-1500
§ 160 Nr 35 S 73 f). Findet im Einverständnis mit den Beteiligten eine mündliche Verhandlung nicht statt, ist nach der Rechtsprechung
des BSG grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Beteiligter einen zuvor mit Schriftsatz gestellten Beweisantrag nicht mehr
aufrecht- erhält, wenn er sich, ohne den Beweisantrag zu wiederholen, mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden
erklärt (BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 35 S 74 mwN). Hierzu hat der Kläger in der Beschwerdebegründung nichts vorgetragen. Zudem
enthält diese auch keine näheren Ausführungen dazu, warum das angefochtene Urteil auf der unterbliebenen Beweiserhebung beruhen
könne.
Ebenso wenig ist eine Verfahrensrüge ordnungsgemäß erhoben, soweit der Kläger die "unverhältnismäßig lange Verfahrensdauer"
vor dem LSG rügt. Wegen einer Verletzung des Rechts auf ein zügiges Verfahren kann die Zulassung der Revision nur verlangt
werden, wenn das angefochtene Urteil auf dem Mangel beruhen kann (vgl hierzu BSG vom 4.9.2007 - B 2 U 308/06 B). Der Kläger hat nichts dazu vorgetragen, dass die Verfahrensdauer vor dem Berufungsgericht den Inhalt seiner Entscheidung
beeinflusst habe.
Im Kern rügt der Kläger die - vermeintliche - Unrichtigkeit des Berufungsurteils. Auf diesen Grund kann aber eine Nichtzulassungsbeschwerde
nach dem eindeutigen Wortlaut des §
160 Abs
2 Nr
3 SGG nicht gestützt werden.
Die nicht formgerecht begründete Beschwerde ist gemäß §
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2 iVm §
169 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 Abs
1 SGG.