G r ü n d e :
I
Der im Jahr 1944 geborene Kläger erhielt zum 1.3.1993 die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung als Facharzt für Klinische
Chemie und Laboratoriumsmedizin mit Sitz in einer Gemeinschaftspraxis in S. An dieser Gemeinschaftspraxis waren ua der Laborarzt
Dr. K. sowie die Firmen G. GmbH und L. mbH in unterschiedlichen Konstellationen beteiligt. Im Zuge staatsanwaltschaftlicher
Ermittlungen wegen Abrechnungsbetrugs entzog der Berufungsausschuss dem Kläger im Jahr 2004 die vertragsärztliche Zulassung,
weil dieser nie die Stellung eines Arztes in freier Praxis innegehabt habe. Gegen die klageabweisende Entscheidung des LSG
legte der Kläger Revision ein; kurz vor der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 28.10.2009 nahm er jedoch seine Klage
gegen den Beschluss des Berufungsausschusses wieder zurück.
Im vorliegenden Verfahren wendet sich der Kläger gegen einen Bescheid der beklagten KÄV, die ihn zur Rückzahlung sämtlicher
für die Quartale 2/1993 bis 3/2003 ausgezahlter vertragsärztlicher Honorare (in Höhe von ca 14,7 Millionen Euro) im Hinblick
darauf verpflichtete, dass er nicht in freier Praxis tätig gewesen sei und sich die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung
erschlichen habe (Bescheid vom 24.3.2004, Widerspruchsbescheid vom 5.2.2010). Das SG hat den Rückforderungsbescheid aufgehoben: Zwar sei der Kläger nicht in freier Praxis tätig gewesen, doch fehle es an einer
grob fahrlässigen Erlangung der rechtswidrigen Zulassung (Urteil vom 29.10.2014). Das LSG hat unter Aufhebung dieser Entscheidung
die Klage abgewiesen (Urteil vom 17.4.2018). Die sachlich-rechnerische Richtigstellung der Honorarbescheide für die Quartale
2/1993 bis 3/2003 sei ebenso wie die Rückforderung sämtlicher gezahlter Honorare rechtmäßig. Der Kläger sei nicht in freier
Praxis iS des § 32 Abs 1 Satz 1 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) tätig gewesen. Er sei keinerlei Verlustrisiko ausgesetzt gewesen und habe eine arbeitnehmerähnliche Vergütung erhalten;
das ergebe sich ua aus der vorangegangenen Entscheidung über die Zulassungsentziehung (LSG Urteil vom 27.2.2008 - L 1 KA 7/06). Nach erneuter persönlicher Anhörung sei der Senat zudem zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger die rechtswidrige Zulassung
grob fahrlässig erlangt und den rechtswidrigen Status auch grob fahrlässig gelebt habe. Es sei ihm bewusst gewesen, dass die
Tätigkeit in freier Praxis mit einem wirtschaftlichen Risiko verbunden sei, doch habe er aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen
mit Dr. K. für seine Tätigkeit in der Gemeinschaftspraxis ohne Verlustrisiko ein festes Jahreseinkommen erhalten. Insgesamt
dränge sich ein kollusives Zusammenwirken des Klägers mit Dr. K. auf.
Der Kläger macht mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des LSG Verfahrensmängel sowie
eine Rechtsprechungsabweichung geltend.
II
Die Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg. Es liegt weder ein Verfahrensmangel, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen
kann, noch eine entscheidungserhebliche Divergenz vor (Revisionszulassungsgründe gemäß §
160 Abs
2 Nr
2 und
3 SGG).
1. Ein Verfahrensmangel, der nach §
160 Abs
2 Nr
3 SGG zur Zulassung der Revision führen könnte, ist nicht festzustellen.
a) Der Kläger rügt zunächst als Verfahrensfehler, dass sich das Berufungsgericht für seine Feststellung, er sei Arbeitnehmer
gewesen, ausschließlich auf das vorangegangene Urteil im Zulassungsentziehungsverfahren bezogen und sich nicht mit seinem
unter Beweis gestellten Sachvortrag auseinandergesetzt habe, dass er in Wirklichkeit eine selbstständige und unabhängige ärztliche
Tätigkeit ausgeübt habe. Das sei unstatthaft, zumal das LSG-Urteil vom 27.2.2008 nicht rechtskräftig, sondern durch Klagerücknahme
wirkungslos geworden sei. Auf diesem Fehler könne die angefochtene Entscheidung des LSG beruhen, da "nicht auszuschließen"
sei, dass dieses Gericht in geänderter Besetzung abweichend von seiner Entscheidung aus dem Jahr 2008 seine - des Klägers
- Tätigkeit als Arzt in freier Praxis bejaht hätte.
Ungeachtet des Umstands, dass der Kläger in seiner Beschwerdebegründung nicht angibt, welche konkrete verfahrensrechtliche
Vorschrift das LSG verletzt haben soll, treffen bereits die tatsächlichen Umstände, aus denen sich nach seiner Darstellung
der Verfahrensmangel ergeben soll, in Wirklichkeit nicht zu. Entgegen seinem Vorbringen hat sich das LSG in den Entscheidungsgründen
seines Urteils hinsichtlich der Problematik, ob er in der Gemeinschaftspraxis freiberuflich oder als abhängig Beschäftigter
tätig war, nicht "ausschließlich" auf sein vorausgegangenes Urteil vom 27.2.2008 bezogen. Vielmehr hat das LSG ausgeführt,
dass diese Fragestellung "zwischenzeitlich mehrfach geprüft und in tatsächlicher sowie rechtlicher Hinsicht umfassend bewertet
worden (ist), sodass der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die insoweit zutreffende Begründung des SG Schwerin im
Urteil vom 29. Oktober 2014 (S 3 KA 21/10) gemäß §
153 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) Bezug nimmt" (LSG-Urteil Umdruck S 24 unten). Lediglich "ergänzend" hat es insoweit auch auf seine eigene Entscheidung vom
27.2.2008 verwiesen.
Erweist sich aber bereits die tatsächliche Grundlage dieser Rüge als unzutreffend, kann dahinstehen, ob sie auf eine Verletzung
der Begründungspflicht (§
136 Abs
1 Nr
6 iVm §
128 Abs
1 Satz 2
SGG, ggf in ihrer Modifikation durch §
153 Abs
2 SGG) oder auf eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (§
62 SGG iVm Art
103 Abs
1 GG) zielt (s dazu BSG Beschluss vom 21.1.2015 - B 13 R 403/14 B - BeckRS 2015, 65893 RdNr 7 f). Im Übrigen wird die Pflicht zur hinreichenden Darstellung der Entscheidungsgründe im Urteil
nicht verletzt, soweit auf ein anderes Urteil verwiesen wird, das zuvor zwischen den Beteiligten ergangen ist, selbst wenn
dieses Urteil aus formellen Gründen aufgehoben wurde (Keller in MeyerLadewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Aufl 2017, §
136 RdNr 7c unter Hinweis auf BFH Urteil vom 26.6.1975 - IV R 122/71 - BFHE 116, 540, 542 f - juris RdNr 9). Nichts anderes gilt für ein Urteil, das ohne ausdrückliche Aufhebung nur deshalb als wirkungslos
gilt, weil der Kläger im Rechtsmittelverfahren - aus welchen Gründen auch immer - nicht sein Rechtsmittel, sondern die Klage
zurückgenommen hat (§
202 Satz 1
SGG iVm §
269 Abs
3 Satz 1 Halbsatz 2
ZPO). In beiden Fällen hängt die Statthaftigkeit einer Bezugnahme auf die Ausführungen in dem vorangegangenen Urteil nicht davon
ab, dass dieses Urteil rechtskräftig geworden ist. Entscheidend ist vielmehr allein, ob mit der Bezugnahme auf eine den Beteiligten
bereits bekannte andere Entscheidung - insbesondere zur Vermeidung ermüdender Wiederholungen - zuverlässig erkennbar wird,
welche Überlegungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht für die Überzeugungsbildung des erkennenden Gerichts maßgeblich
gewesen sind (vgl BFH Urteil vom 3.3.1970 - VII R 43/68 - BFHE 98, 525, 526 f = juris RdNr 15 ff; BFH Urteil vom 26.6.1975 - IV R 122/71 - BFHE 116, 540, 542 f = juris RdNr 9; BSG Urteil vom 30.10.1997 - 13 RJ 31/97 - SozR 3-1500 § 142 Nr 1 S 2).
b) Außerdem macht der Kläger geltend, dem LSG seien in dem vorangegangenen Verfahren über die Zulassungsentziehung mehrere
Verstöße gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§
103 SGG) unterlaufen, die auf das vorliegende Verfahren "durchschlagen" würden, weshalb auch das hier angefochtene Urteil auf diesem
Verfahrensmangel beruhe. Auch hieraus ergibt sich jedoch kein Verfahrensmangel, der zur Revisionszulassung führen kann.
aa) Das folgt bereits daraus, dass nach §
160 Abs
2 Nr
3 Teilsatz 1
SGG ein Verfahrensmangel geltend gemacht werden muss, auf dem "die angefochtene Entscheidung" beruhen kann. Das kann im Grundsatz
nur ein Verfahrensmangel sein, der dem Gericht im unmittelbar vorausgehenden Rechtszug unterlaufen ist. Ausnahmsweise kann
aber auch ein Fehler im erstinstanzlichen Verfahren vor dem SG von Bedeutung sein, sofern dieser im nächsten Rechtszug fortwirkt und deshalb ebenfalls als Mangel des Berufungsverfahrens
anzusehen ist (vgl BSG Beschluss vom 25.4.2001 - B 9 V 70/00 B - SozR 3-1500 § 73 Nr 10 S 31; BSG Beschluss vom 19.1.2011 - B 13 R 211/10 B - juris RdNr 15 mwN). Demgegenüber beruft sich der Kläger hier auf Verfahrensmängel, die dem LSG in einem gänzlich anderen
Verfahren - nämlich dem Rechtsstreit über die Zulassungsentziehung - unterlaufen sein sollen. Weshalb solche Fehler im hier
maßgeblichen Verfahren über die Rückforderung von Honorar fortwirken bzw "durchschlagen" sollen, obwohl der Kläger mit seiner
Klagerücknahme selbst dafür gesorgt hat, dass das Urteil des LSG vom 27.2.2008 als solches keine Wirkungen mehr entfalten
kann (s oben unter a), wird aus den Darlegungen des Klägers nicht ersichtlich und erschließt sich auch sonst nicht. Nur aufgrund
des Umstands, dass das LSG im hier angefochtenen Urteil zur Vermeidung von Wiederholungen hinsichtlich der für seine Entscheidung
maßgeblichen Gründe auch auf seine Ausführungen im Urteil vom 27.2.2008 Bezug genommen hat, ist nicht zugleich die gesamte
Verfahrensgestaltung im Zulassungsentziehungsverfahren in das hier zugrunde liegende Verfahren inkorporiert worden. Vielmehr
müsste die Beschwerde im Einzelnen aufzeigen, inwiefern dem Berufungsgericht in dem weiteren Verfahren mit anderem Streitgegenstand
möglicherweise dieselben Verfahrensfehler unterlaufen sind.
bb) Ungeachtet dessen hat der Kläger ausschließlich Verstöße des LSG gegen den Amtsermittlungsgrundsatz gerügt. Er hat aber
nicht - wie hierfür erforderlich - vorgetragen, dass er entsprechende Beweisanträge (zB zur Vernehmung der Zeugin L.) gestellt
und bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem LSG aufrechterhalten hat (stRspr, vgl zB BSG Beschluss vom 29.3.2007 - B 9a VJ 5/06 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11 mwN; BSG Beschluss vom 11.9.2019 - B 6 KA 10/19 B - juris RdNr 10).
2. Auch der Zulassungsgrund der Divergenz (§
160 Abs
2 Nr
2 SGG) ist nicht erfüllt.
Insoweit trägt der Kläger vor, das LSG habe bei der im Rahmen von § 32 Ärzte-ZV vorzunehmenden Würdigung (auf den Seiten 25/26 seines Urteils) den Rechtssatz aufgestellt, "dass aufgrund der dem Kläger
gewährten arbeitnehmerähnlichen Vergütung keine wirtschaftliche Unabhängigkeit auf seiner Seite bestand und er mithin eine
angestellte Beschäftigung ausgeübt hat". Dem stellt er aus einer Entscheidung des Beitragssenats des BSG (Urteil vom 14.3.2018 - B 12 R 3/17 R - BSGE 125, 177 = SozR 4-2400 § 7 Nr 36, RdNr 12) die Aussage gegenüber, dass eine Beschäftigung - als nichtselbstständige Arbeit, insbesondere
in einem Arbeitsverhältnis iS des §
7 Abs
1 SGB IV - vorliege, wenn der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. "Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb
ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung
umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. (…) Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich
ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen."
Eine Rechtsprechungsabweichung sieht der Kläger darin begründet, dass das LSG die Bewertung seiner Tätigkeit als angestellter
Arzt allein aus der arbeitnehmerähnlichen Vergütung abgeleitet habe, während es alle weiteren Merkmale wie die fehlende Eingliederung
in einen Betrieb oder die fehlende Weisungsgebundenheit hinsichtlich der konkreten ärztlichen Tätigkeit außer Acht gelassen
und eine Gesamtabwägung nicht vorgenommen habe.
Eine zur Revisionszulassung führende Divergenz iS des §
160 Abs
2 Nr
2 SGG ergibt sich hieraus jedoch nicht. Der Kläger hat schon keinen abstrakt-generellen Rechtssatz benannt, welcher der Entscheidung
des LSG zugrunde liegt. Der von ihm wiedergegebene Satz gibt lediglich das Ergebnis des Subsumtionsvorgangs für den Fall des
Klägers wieder. Außerdem trifft seine Behauptung nicht zu, das LSG habe "allein" aus der arbeitnehmerähnlichen Vergütung eine
nichtselbstständige Tätigkeit hergeleitet. Vielmehr hat das LSG - nach Bezugnahme auf die ausführliche Darstellung im erstinstanzlichen
Urteil, die es insoweit als zutreffend übernahm - lediglich zusammenfassend referiert, dass eine wirtschaftliche Unabhängigkeit
nicht bestanden habe, "da unter Berücksichtigung der vorliegenden Vertragsgestaltungen der Kläger im streitigen Zeitraum zum
einen eine arbeitnehmerähnliche Vergütung erhalten hatte und zum anderen keinem Verlustrisiko ausgesetzt war". Weiterhin hat
der Kläger aus der von ihm als Rechtssatz wiedergegebenen Passage des BSG-Urteils vom 14.3.2018 (B 12 R 3/17 R - BSGE 125, 177 = SozR 4-2400 § 7 Nr 36, RdNr 12) gerade diejenigen Textstellen weggelassen, in denen ausgeführt wird, dass die Weisungsgebundenheit
vornehmlich bei Diensten höherer Art eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert
sein kann (BSG Urteil vom 14.3.2018 - B 12 R 3/17 R - BSGE 125, 177 = SozR 4-2400 § 7 Nr 36, RdNr 12 - zu einem Gitarrenlehrer in einer Musikschule; zu einem Honorararzt s nunmehr ebenso BSG Urteil vom 4.6.2019 - B 12 R 11/18 R - juris RdNr 14, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4 vorgesehen; s auch BSG Urteil vom 23.6.2010 - B 6 KA 7/09 R - BSGE 106, 222 = SozR 4-5520 § 32 Nr 4, RdNr 51). Schließlich lässt der Kläger außer Acht, dass das LSG das Tatbestandsmerkmal "in freier
Praxis" gemäß § 32 Abs 1 Satz 1 Ärzte-ZV angewandt hat (zu dessen Auslegung grundlegend BSG Urteil vom 23.6.2010 - B 6 KA 7/09 R - BSGE 106, 222 = SozR 4-5520 § 32 Nr 4, RdNr 35 ff), während der von ihm genannten Entscheidung des 12. Senats des BSG die Regelung in §
7 Abs
1 SGB IV zugrunde liegt, welche dieses spezifische Merkmal nicht enthält. Dass das LSG hier von der genannten Entscheidung des Senats
zu § 32 Abs 1 Satz 1 Ärzte-ZV rechtsgrundsätzlich abgewichen sei, macht der Kläger selbst nicht geltend.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 3
SGG iVm §
154 Abs
2 VwGO und dem Umstand, dass das Rechtsmittel des Klägers ohne Erfolg geblieben ist.
4. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren hat ihre Grundlage in §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 1
SGG iVm §
63 Abs
2 Satz 1, § 47 Abs 1 und 3, § 52 Abs 3 Satz 1 GKG. Der danach maßgebliche Betrag der streitbefangenen Honorarrückforderung war gemäß § 52 Abs 4 Nr 2 GKG auf die festgesetzten 2,5 Millionen Euro zu begrenzen.