Versorgungsleistungen nach dem OEG
Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Gründe
I
Die Klägerin begehrt in der Hauptsache Versorgungsleistungen nach dem
Opferentschädigungsgesetz iVm den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Beschluss hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt. Sie macht als Zulassungsgrund die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend. Ferner könne nicht nachvollzogen
werden, weshalb keine weiteren Ermittlungen im Form eines weiteren Gutachtens trotz Aufforderung von Amts wegen erfolgt seien.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die Beschwerdebegründung genügt nicht der gesetzlich vorgeschriebenen
Form, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) und sinngemäß des Verfahrensmangels (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG) nicht in der hierfür erforderlichen Weise dargetan worden sind (vgl §
160a Abs
2 Satz 3
SGG).
1. Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall
hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit)
und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist. Die Beschwerdebegründung hat deshalb anhand
des anwendbaren Rechts auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Schrifttum nicht ohne
Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen
Interesse vornehmen soll (stRspr; zB BSG Beschluss vom 28.1.2019 - B 12 KR 94/18 B - juris RdNr 6; BSG Beschluss vom 29.1.2018 - B 9 V 39/17 B - juris RdNr 5).
Die Klägerin misst der Frage grundsätzliche Bedeutung zu,
"wie sich das Gericht zu verhalten hat, wenn unterschiedliche Gutachten/Stellungnahmen vorliegen die jeweils zu anderen Ergebnissen
gelangen, die jedoch für den Verfahrensausgang essentiell wichtig sind".
Die Klägerin versäumt es jedoch bereits, den der Entscheidung des LSG zugrunde liegenden Sachverhalt darzustellen. Eine verständliche
Sachverhaltsschilderung gehört zu den Mindestanforderungen einer Grundsatzrüge. Es ist nicht Aufgabe des Revisionsgerichts,
sich im Rahmen des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens die entscheidungserheblichen Tatsachen aus dem angegriffenen Beschluss
des LSG selbst herauszusuchen (vgl stRspr; zB BSG Beschluss vom 12.2.2018 - B 10 ÜG 12/17 B - juris RdNr 7; BSG Beschluss vom 29.9.2017 - B 13 R 365/15 B - juris RdNr 3). Der pauschale Verweis der Klägerin auf die "Sachverhaltszusammenfassung" des LSG reicht im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
nicht (vgl BSG Beschluss vom 29.5.2019 - B 9 V 15/19 B - juris RdNr 10).
Zudem hat die Klägerin keine hinreichend konkreten Rechtsfragen zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit
einer bestimmten revisiblen Norm des Bundesrechts (vgl §
162 SGG) mit höherrangigem Recht aufgeworfen. Die Klägerin lässt vollständig offen, welche revisiblen Normen hier zur Klärung gestellt
werden sollen. Soweit sie geltend machen will, das LSG habe gegen den Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung verstoßen,
kann die Zulassung der Revision gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 2
SGG nicht mit der Behauptung verlangt werden. Dies gilt nicht nur für den Fall, dass die Beschwerde ausdrücklich eine Verletzung
des §
128 Abs
1 Satz 1
SGG geltend macht, sondern auch dann, wenn sie ihre Angriffe gegen die Beweiswürdigung des LSG in das Gewand einer Grundsatzrüge
zu kleiden versucht. Ein Beschwerdeführer kann diese gesetzlichen Beschränkungen der Verfahrensrüge in §
160 Abs
2 Nr
3 SGG - soweit sie reichen - nicht erfolgreich dadurch umgehen, dass er die Rügen in Fragen von grundsätzlicher Bedeutung kleidet
(vgl BSG Beschluss vom 14.2.2020 - B 9 V 41/19 B - juris RdNr 6; BSG Beschluss vom 28.2.2018 - B 1 KR 65/17 B - juris RdNr 5). Die Klägerin zeigt nicht auf, dass es hier um eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung geht, bei der die gesetzlichen Beschränkungen
der Verfahrensrüge nicht greifen.
Selbst wenn man die von der Klägerin formulierte Frage als Rechtsfragen ansähe, hat sie es unterlassen, die Klärungsbedürftigkeit
der aufgeworfenen Fragestellung darzulegen. Anders als erforderlich geht sie nicht darauf ein, inwieweit die Frage bereits
durch Gesetz oder höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt ist. Insbesondere hätte sich die Klägerin zunächst mit der ständigen
Rechtsprechung des BSG auseinandersetzen müssen, wonach es Aufgabe des Tatsachengerichts ist, sich im Rahmen der Beweiswürdigung mit einander entgegenstehenden
Gutachten auseinanderzusetzen, und sich das Gericht, ohne ein weiteres Gutachten einholen zu müssen, grundsätzlich einem von
mehreren Gutachten anschließen darf, sofern es dieses für überzeugend hält (vgl zB BSG Beschluss vom 20.2.2018 - B 10 LW 3/17 B - juris RdNr 8; BSG Beschluss vom 19.11.2007 - B 5a/5 R 382/06 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 21 RdNr 8). Denn das Bedürfnis für die Klärung einer Rechtsfrage in einem Revisionsverfahren fehlt, wenn die Frage bereits höchstrichterlich
geklärt ist und ihre Beantwortung keinem vernünftigen Zweifel unterliegt (vgl zB BSG Beschluss vom 7.3.2019 - B 9 V 40/18 B - juris RdNr 7). Dass dies nicht der Fall ist oder dass die solchermaßen geklärte Frage erneut klärungsbedürftig geworden wäre (vgl hierzu BSG Beschluss vom 2.8.2018 - B 10 ÜG 7/18 B - juris RdNr 8 mwN), ist nicht dargetan.
2. Soweit die Klägerin im Rahmen der Begründung ihrer Nichtzulassungsbeschwerde sinngemäß meint, dass das LSG seiner Amtsermittlungspflicht
(§
103 SGG) nicht nachgekommen sei, erfüllt ihr Vorbringen ebenfalls nicht die notwendigen Darlegungsanforderungen einer Sachaufklärungsrüge
(siehe hierzu allgemein BSG Beschluss vom 21.12.2017 - B 9 SB 70/17 B - juris RdNr
3). Auf den Verfahrensmangel einer unterlassenen Sachaufklärung (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG) kann sich die Klägerin schon deshalb nicht mit Erfolg berufen, weil sie bereits nicht dargelegt hat, einen ordnungsgemäßen
Beweisantrag iS des §
160 Abs
2 Nr
3 iVm §
118 Abs
1 Satz 1
SGG gestellt und bis zuletzt aufrechterhalten zu haben. Ein solcher Antrag muss grundsätzlich in prozessordnungsgerechter Weise
formuliert sein, sich regelmäßig auf ein Beweismittel der
ZPO beziehen, das Beweisthema möglichst konkret angeben und insoweit wenigstens umreißen, was die Beweisaufnahme ergeben soll
(BSG Beschluss vom 6.8.2019 - B 13 R 233/18 B - juris RdNr 8 mwN). Diese Anforderungen verfehlt der sinngemäß gestellte Antrag der Klägerin.
3. Schließlich war der Senat im Rahmen des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens nicht verpflichtet, die Prozessbevollmächtigten
der Klägerin entsprechend seiner Bitte in der Beschwerdebegründung um einen rechtlichen Hinweis "soweit weitere Ausführungen
als nötig erachtet werden" vorab auf die Unzulänglichkeit des Beschwerdevortrags aufmerksam zu machen. Das Gesetz unterstellt,
dass ein Rechtsanwalt in der Lage ist, Formerfordernisse einzuhalten; gerade dies ist ein Grund für den Vertretungszwang vor
dem BSG gemäß §
73 Abs
4 SGG. §
106 Abs
1 SGG gilt insoweit nicht. Ein Rechtsanwalt muss in der Lage sein, ohne Hilfe durch das Gericht eine Nichtzulassungsbeschwerde
ordnungsgemäß zu begründen (stRspr; zB BSG Beschluss vom 29.5.2019 - B 9 V 15/19 B - juris RdNr 15 mwN).
4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl §
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
5. Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (vgl §
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2, §
169 Satz 2 und
3 SGG).
6. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.