Künstlersozialabgabepflicht des Trägervereins eines Chors in der Künstlersozialversicherung
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Abgabepflicht des Klägers nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) für den Zeitraum ab 01.01.2004.
Der 1983 gegründete Kläger ist der Trägerverein des F. B.chors. Dieser besteht aus rund 120 Laien-Sängerinnen und Sängern,
wovon rund zwei Drittel auch Mitglieder des Vereins sind. Der Chor führt regelmäßig mehrere Konzerte jährlich auf, bei denen
er sich von Solisten und Instrumentalmusikern begleiten lässt, die er für den jeweiligen Auftritt vergütet. Die Sängerinnen
und Sänger erhalten keine Vergütung. Die Konzerte werden vom Chor in wöchentlich stattfindenden Proben sowie in zusätzlichen
Probenwochenenden vor den jeweiligen Auftritten erarbeitet. Zudem finden Chorfahrten zu Partnerchören und sonstige gemeinsame
Aktivitäten der Chormitglieder statt. Finanziell wird der Kläger von einem selbstständigen Förderverein (F. B.chorgesellschaft
e.V.) unterstützt.
Bis Januar 2011 führte der gemeinnützige Verein den Namen F. B.orchester e.V. Nach der bis 2011 geltenden Satzung war Zweck
des Vereins die Veranstaltung von Aufführungen von Werken alter und neuer Musik, vorzugsweise geistlicher Chor- und Orchestermusik
mit dem F. B.chor.
Im Januar 2011 beschloss die Mitgliederversammlung eine Neufassung der Satzung. Danach führt der Verein den Namen F. B.chor
e.V. Nach der Neufassung der Satzung ist Zweck des Vereins das gemeinsame Musizieren, die Pflege des Chorgesanges und die
Entfaltung des kulturellen und gesellschaftlichen Potentials von Chormusik. Dem dienen regelmäßige Proben, die Pflege von
Kontakten zu Partnerchören, insbesondere in den Partnerstädten Freiburgs, und Aufführungen von gemeinsam erarbeiteten Werken.
In den Jahren 2004 bis 2008 veranstaltete der Kläger folgende Konzerte, bei denen jeweils Eintrittsgelder vereinnahmt wurden:
2004: 4 Konzerte, davon 4 unter Beteiligung bezahlter Musiker
2005: 3 Konzerte, davon 3 unter Beteiligung bezahlter Musiker. Das Weihnachtskonzert fand an zwei Tagen am selben Ort statt.
2006: 3 Konzerte, davon 3 unter Beteiligung bezahlter Musiker.
2007: 4 Konzerte, davon 4 unter Beteiligung bezahlter Musiker. Das Weihnachtskonzert fand an zwei Tagen am selben Ort statt.
2008: 4 Konzerte, davon 3 unter Beteiligung bezahlter Musiker. Das Herbstkonzert fand an zwei Tagen an unterschiedlichen Orten
(V. und F.) statt.
Den Solisten und Instrumentalmusikern wurden im streitigen Zeitraum Honorare in Höhe von jährlich rund 90.000 € (2008) bis
122.000 € (2007) gezahlt.
Die Beklagte forderte den Kläger im Mai 2009 auf, einen Erhebungsbogen für die Künstlersozialabgabe zu übersenden, den dieser
im Juli 2009 übersandte. Mit Schreiben vom 08.12.2009 und Erinnerung vom 01.02.2010 verlangte die Beklagte weitere Angaben
im Erhebungsbogen. Am 05.02.2010 ging der Beklagten der vollständig ausgefüllte Erhebungsbogen mit Angaben des Klägers zu
den gezahlten Entgeltsummen für selbstständige künstlerische Tätigkeiten in den Jahren 2004 bis 2008 zu.
Mit Bescheid vom 09.02.2010 stellte die Beklagte Abgabepflicht nach dem KSVG fest und forderte für den Prüfzeitraum 01.01.2004 bis 31.12.2008 insgesamt 26.828,21 € Künstlersozialabgabe nach. Gleichzeitig
setzte die Beklagte die monatliche Vorauszahlung ab 01.02.2010 auf 333,33 € fest und teilte mit, dass für die Zeit vom 01.01.2009
bis 31.01.2010 die Gesamtsumme der nachzuzahlenden Vorauszahlungen 4.670,59 € betrage. Bei der Berechnung legte sie die vom
Kläger im Erhebungsbogen gemeldeten Entgeltbeträge und die für die jeweiligen Jahre geltenden Abgabesätze zugrunde. Zur Begründung
führte die Beklagte aus, dass Abgabepflicht gemäß § 24 Abs 1 S 1 Nr 2 KSVG festzustellen sei, weil der Kläger als Unternehmer einen Chor betreibe, dessen Zweck überwiegend darauf gerichtet sei, künstlerische
Werke oder Leistungen öffentlich aufzuführen oder darzustellen.
Im nachfolgenden Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid machte der Kläger geltend, dass die musikalische Freizeitgestaltung
der Sänger, insbesondere mit wöchentlichen Proben, geselligen Veranstaltungen und kulturellem Austausch auch mit den Partnerstädten,
eindeutig im Vordergrund stünde und deshalb der Verein kein typischer Verwerter sei. Diesbezüglich entspräche die tatsächliche
Vereinspraxis nicht dem Wortlaut der Satzung. Der Verein sei hauptsächlich spendenfinanziert und mache regelmäßig Verluste.
Zudem übersandte er Unterlagen bezüglich gezahlter Reisekosten, die in den gemeldeten Entgelten enthalten seien. Mit Bescheid
vom 24.11.2010 änderte die Beklagte den Bescheid vom 09.02.2010 ab und setzte den Nachforderungsbetrag unter Herausrechnung
der nachgewiesenen Reisekosten auf 26.671,42 € herab. Mit Widerspruchsbescheid vom 28.04.2011 wies die Beklagte den Widerspruch
zurück, soweit ihm nicht abgeholfen worden war.
Hiergegen hat der Kläger am 31.05.2011 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Mit Urteil vom 17.12.2013 hat das SG die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Kläger sei typischer Verwerter im Sinne des § 24 Abs 1 S 1 Nr 2 KSVG. Er sei als Unternehmer anzusehen, da hierfür keine Gewinnerzielungsabsicht vorausgesetzt werde, sondern nur eine planvolle,
auf gewisse Dauer angelegte, selbstständige und wirtschaftliche Ausübung einer Tätigkeit, die nach außen hervortrete. Der
F. B.chor sei kein typischer Laienchor. Deshalb sei von einer überwiegenden Ausrichtung auf die Aufführung und Darbietung
künstlerischer Werke und Leistungen auszugehen. Hierfür spreche der Umstand, dass die Leitung des Chores in den Händen eines
Berufsmusikers liege, der zeitweise entlohnt worden sei. Zudem stehe der Kläger auf einer soliden finanziellen Grundlage.
Die Veranstaltung von mindestens drei großen Konzerten jährlich sei das sinngebende Hauptziel der über das ganze Jahr verteilten
Probenarbeit, an der nur vom Chorleiter zugelassene Sänger teilnehmen könnten. Das SG hat es offengelassen, ob eine Abgabenpflicht des Klägers gegebenenfalls auch aus den weiteren Tatbeständen des § 24 Abs 1 S 1 Nr 3 KSVG oder der Generalklausel in § 24 Abs 2 KSVG folgt.
Gegen das den Klägerbevollmächtigten am 07.01.2014 zugestellte Urteil haben diese am 06.02.2014 Berufung zum Landessozialgericht
Baden-Württemberg eingelegt.
Der Kläger ist der Auffassung, dass für die Annahme eines typischen Verwerters gerade nicht ausreichend sei, dass das öffentliche
Auftreten ein wesentlicher Zweck des Chores neben anderen wesentlichen Zwecken wie z.B. der Hobbypflege sei. Die Chormitglieder
betrieben das Singen im Chor als Hobby und Freizeitgestaltung gerade in Abgrenzung zu ihrem beruflichen bzw studentischen
Alltag. Sie träfen sich zu den 44 wöchentlichen Proben und zusätzlichen Sonderproben vor den Konzerten. Es gebe auch Mitglieder,
die nur unterm Jahr mitprobten und nicht an den Konzerten teilnähmen. Deshalb sei die Veranstaltung von Konzerten nicht überwiegender
Zweck des Vereins. Mit der im Januar 2011 erfolgten Satzungsänderung sei eine Anpassung der Satzung an die tatsächliche Praxis
des Chores erfolgt. Auch bestehe keine Abgabepflicht nach der Generalklausel des § 24 Abs 2 KSVG. Obwohl in manchen Jahren bis zu vier Veranstaltungen mit Solisten und Instrumentalmusikern durchgeführt würden, sei noch
von gelegentlichen Aufträgen an selbstständige Künstler auszugehen. Seit 2009 würden jährlich nie mehr als drei Konzerte,
auch nicht das gleiche Konzert an unterschiedlichen Orten, veranstaltet.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 17.12.2013 sowie den Bescheid vom 09.02.2010 in der Gestalt des Änderungsbescheides
vom 24.11.2010 und des Widerspruchbescheides vom 28.04.2011 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Beklagte und Beigeladene sind der Auffassung, dass sich der F. B.chor in seiner fachlich künstlerischen Leitung sowie in seiner
Organisation und seinem finanziellen Hintergrund deutlich von anderen Chören mit Laienchorcharakter abhebe. Im Rahmen der
Generalklausel des § 24 Abs 2 KSVG seien auch solche Veranstaltungen zu zählen, bei denen zwar keine externen Musiker und Solisten gebucht, aber die Chormitglieder
als solche vom Verein beauftragt würden, an dem Konzert teilzunehmen. Entscheidend dabei sei, ob im Zusammenhang mit der Konzertaufführung
Einnahmen erzielt würden. Es komme nicht darauf an, ob die Chormitglieder ein Honorar erhielten.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, auf Nachfrage
des Senats mitgeteilt, dass etwa zwei Drittel der Sängerinnen und Sänger, die an den Konzerten des Vereins mitwirkten, Mitglied
des Vereins seien.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalt und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster
und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die nach den §§
143,
144,
151 Abs
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft, zulässig und in der Sache teilweise begründet.
Gegenstand der Berufung ist der Bescheid der Beklagten vom 09.02.2010 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 24.11.2010
und des Widerspruchbescheides vom 28.04.2011, mit dem diese die Abgabepflicht nach dem KSVG festgestellt, für den Zeitraum vom 01.01.2004 bis 31.12.2008 eine Nachzahlung von Künstlersozialabgabe iHv 26.671,42 € sowie
für die Zeit ab 01.01.2009 eine monatliche Vorauszahlung geltend gemacht hat.
Die Beklagte hat ausschließlich für die Jahre 2004, 2007 und 2008 zu Recht Abgabepflicht nach dem KSVG festgestellt und eine sich hieraus ergebende Künstlersozialabgabe nachgefordert. Bezüglich der Jahre 2005 und 2006 sowie
für die Zeit ab 01.01.2009 besteht keine Abgabepflicht und folglich weder eine Pflicht zur Nachzahlung von Künstlersozialabgabe
noch zur Zahlung einer monatlichen Vorauszahlung. Die Voraussetzungen des § 24 KSVG sind nach Auffassung des Senats unter Zugrundelegung des Beweisergebnisses nur in den Jahren 2004, 2007 und 2008 erfüllt.
Nach § 24 Abs 1 KSVG in der hier bis 31.12.2014 maßgeblichen Fassung vom 13.6.2001 ist ein Unternehmer zur Künstlersozialabgabe verpflichtet,
der eines der folgenden Unternehmen betreibt:
1. Buch-, Presse- und sonstige Verlage, Presseagenturen (einschließlich Bilderdienste),
2. Theater (ausgenommen Filmtheater), Orchester, Chöre und vergleichbare Unternehmen; Voraussetzung ist, dass ihr Zweck überwiegend
darauf gerichtet ist, künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen öffentlich aufzuführen oder darzubieten; Absatz
2 bleibt unberührt,
3. Theater-, Konzert- und Gastspieldirektionen sowie sonstige Unternehmen, deren wesentlicher Zweck darauf gerichtet ist,
für die Aufführung oder Darbietung künstlerischer oder publizistischer Werke oder Leistungen zu sorgen; Absatz 2 bleibt unberührt,
4. Rundfunk, Fernsehen,
5. Herstellung von bespielten Bild- und Tonträgern (ausschließlich alleiniger Vervielfältigung),
6. Galerien, Kunsthandel,
7. Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit für Dritte,
8. Variete- und Zirkusunternehmen, Museen,
9. Aus- und Fortbildungseinrichtungen für künstlerische oder publizistische Tätigkeiten.
Zur Künstlersozialabgabe sind auch Unternehmer verpflichtet, die für Zwecke ihres eigenen Unternehmens Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit
betreiben und dabei nicht nur gelegentlich Aufträge an selbständige Künstler oder Publizisten erteilen.
Zur Künstlersozialabgabe sind gem § 24 Abs 2 KSVG ferner Unternehmer verpflichtet, die nicht nur gelegentlich Aufträge an selbständige Künstler oder Publizisten erteilen,
um deren Werke oder Leistungen für Zwecke ihres Unternehmens zu nutzen, wenn im Zusammenhang mit dieser Nutzung Einnahmen
erzielt werden sollen. Werden in einem Kalenderjahr nicht mehr als drei Veranstaltungen durchgeführt, in denen künstlerische
oder publizistische Werke oder Leistungen aufgeführt oder dargeboten werden, liegt eine nur gelegentliche Erteilung von Aufträgen
im Sinne des Satzes 1 vor. Satz 1 gilt nicht für Musikvereine, soweit für sie Chorleiter oder Dirigenten regelmäßig tätig
sind.
Mit Wirkung ab 01.01.2015 wurde § 24 KSVG um einen Absatz 3 ergänzt, nach dem Aufträge nur gelegentlich an selbständige Künstler oder Publizisten im Sinne von Absatz 1 Satz 2 oder Absatz
2 Satz 1 erteilt werden, wenn die Summe der Entgelte nach § 25 KSVG aus den in einem Kalenderjahr nach Absatz 1 Satz 2 oder Absatz 2 Satz 1 erteilten Aufträgen 450 Euro nicht übersteigt. Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.
Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass der Kläger kein typischer Verwerter im Sinne von § 24 Abs 1 KSVG ist. Es sind weder die Voraussetzungen nach Nr 2 noch nach Nr 3 dieser Vorschrift erfüllt. Die übrigen Nummern sind offensichtlich im vorliegenden Fall eines Laienchores
nicht einschlägig. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass der Zweck des F. B.chors nicht überwiegend darauf
gerichtet ist, künstlerische Werke öffentlich aufzuführen. Die Argumente des SG, das diese Voraussetzung bejaht, überzeugen nicht.
Beim Kläger handelt es sich um einen Chorverein mit künstlerisch hohem Anspruch, bei dem rund zwei Drittel der Sängerinnen
und Sänger Mitglieder sind. Der Unternehmenszweck eines solchen Vereins ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt, nur dann überwiegend darauf gerichtet, künstlerische Werke oder Leistungen öffentlich aufzuführen
oder darzubieten, wenn der Schwerpunkt der Interessen nach der Vereinssatzung und Praxis auf dem öffentlichen Auftreten eines
Chores oder Orchesters einschließlich der zugehörigen Probenarbeit liegt und demgegenüber andere - nicht kommerzielle - Zwecke
wie zB die Freizeitgestaltung, die Pflege eines Hobbys, die Freude am gemeinsamen Musizieren, der regelmäßige gesellschaftliche
Kontakt in der Gruppe sowie die Aufrechterhaltung und Förderung des Vereinslebens nur untergeordneten Charakter haben (so
BSG 20.11.2008, B 3 KS 5/07 R; BSG 16.04.1998, B 3 KR 5/97 R zu einem gemeinnützigen Musikverein; vgl auch LSG Berlin-Brandenburg 27.10.2010, L 1 KR 48/09). Eine solche Auslegung entspricht dem Willen des Gesetzgebers, wonach die Nr 2 des § 24 Abs 1 S 1 KSVG nur die typischen Verwerter künstlerischer Werke erfassen solle und nicht Gesang-, Musik- und Karnevalsvereine sowie Liebhaberorchester
(BT-Drs 13/5108, S. 17). Dabei wird der Zweck eines Chor- oder Musikvereins durch die einzelnen vereinsbezogenen Interessen
seiner Mitglieder geprägt und definiert.
Die Mitglieder des F. B.chors eV (Kläger) sind Laien, die ein Hobby pflegen. Sie üben die Tätigkeit im Chor weder haupt- noch
nebenberuflich aus. Die öffentlichen Auftritte des Chores finden nur drei- bis viermal jährlich statt. Lediglich für sie werden
außenstehende Solisten und Instrumentalmusiker für ein Honorar engagiert. Die öffentlichen Auftritte bei den Konzerten stellen
zwar die Höhepunkte im Vereinsleben dar und erfolgen mit einer gewissen Regelmäßigkeit, überwiegen aber nicht im Vergleich
zur Freizeitgestaltung und Hobbypflege. Vielmehr steht neben dem Zweck der Aufführung von gemeinsam erarbeiteten Musikwerken
mindestens gleichwertig der Zweck der gemeinsamen Freizeitbeschäftigung, der mit den gemeinsamen unterjährigen Proben und
den sonstigen Choraktivitäten (unter anderem Reisen zu Partnerchören) verwirklicht wird. Dass die gemeinsame Freizeitbeschäftigung,
zu der auch die Erarbeitung und Erfassung eines anspruchsvollen musikalischen Werkes gehören kann, ein wesentlicher Hauptzweck
des Vereins war und ist, ergibt sich unter anderem aus den glaubhaften Zeugenaussagen im Termin zur mündlichen Verhandlung
vor dem SG sowie den glaubhaften Aussagen der Klägervertreter im Erörterungstermin vom 05.10.2015 vor dem Landessozialgericht. Auch
der Umstand, dass im Januar 2011 die Satzung den tatsächlichen Gegebenheiten angepasst worden ist, ohne dass sich die Arbeit
des Vereins inhaltlich verändert hat, spricht dafür, dass schon immer das gemeinsame Musizieren, die Pflege des Chorgesanges
und die Entfaltung des kulturellen und gesellschaftlichen Potentials von Chormusik zumindest wesentlicher Zweck des Vereins
war.
Die Beauftragung und Bezahlung eines professionellen Chorleiters ist kein Argument für die Annahme eines typischen Verwerters.
Dies ergibt sich schon aus der Systematik des § 24 KSVG, wenn nach dessen Abs 2 Satz 3 Beauftragungen von Chorleiter durch Musikvereine nicht berücksichtigt werden. Die finanzielle Situation eines Unternehmens
im Sinne von § 24 KSVG spricht weder für noch gegen die Annahme eines typischen Verwerters iSd Nr 2. Maßgeblich ist vielmehr hier ausschließlich
der überwiegende Zweck des Chores. Gleiches gilt für die Höhe der Honorare an selbstständige Künstler. Dies gilt auch im Hinblick
auf den mWv 01.01.2015 in § 24 KSVG eingefügten Abs 3. In Abs 3 S 2 wird klargestellt, dass die Regelung zu Veranstaltungen in Abs 2 S 2 unberührt bleibt. Demnach kann sich ein Unternehmen
auch dann auf Abs 2 S 2 berufen, wenn die Geringfügigkeitsgrenze des Abs 3 S 1 überschritten ist (BT-Drs 18/1530 S 14).
Zwar kann die Anzahl von veranstalteten Konzerten und die - hier vorliegende - Mitgliedschaft im Verband Deutscher Konzertchöre
maßgeblich für die Annahme eines überwiegenden Zweckes der öffentlichen Aufführung von musikalischen Werken sein. Jedoch sind
drei bis vier Konzerte für einen Laienchor, der einen höheren musikalischen Anspruch hat, nach Ansicht des Senats nicht außergewöhnlich.
Vielmehr bedarf es mehrerer jährlicher Konzerte als Höhepunkte zur Erhaltung der Motivation der Chormitglieder.
Beim Kläger handelt es sich auch nicht um einen typischen Verwerter gemäß § 24 Abs 1 S 1 Nr 3 KSVG, denn wesentlicher Geschäftsinhalt ist nicht die Organisation von Veranstaltungen mit Künstlern (BT-Drs 13/5108, S. 17),
sondern der Betrieb eines Laienchores. Der Verein organisiert seine eigenen Veranstaltungen. Die bei den Veranstaltungen mitwirkenden
Sängerinnen und Sänger sind zu zwei Drittel Vereinsmitglieder; sie erhalten von dem Verein für ihren Auftritt kein Honorar.
Darin unterscheidet sich die Tätigkeit des Vereins zB von der einer künstlerischen Leiterin ("Bandleaderin") verschiedener
Musikgruppen (zu einem solchen Fall BSG 30.09.2015, B 3 KS 2/14 R, NZS 2016, 28).
Die Voraussetzungen des § 24 Abs 1 S 2 KSVG sind nicht erfüllt. Bei der Beauftragung der Solisten und Instrumentalmusiker durch den Kläger steht nicht die Werbung oder
Öffentlichkeitsarbeit für sein Unternehmen im Vordergrund, sondern lediglich die musikalische Durchführung der Konzerte, bei
denen der F. B.chor im Vordergrund steht.
Eine Künstlersozialabgabepflicht ergibt sich für den Kläger lediglich in den Jahren 2004, 2007 und 2008 aus der Generalklausel
des § 24 Abs 2 KSVG.
Wie das SG zu Recht ausgeführt hat, ist der Kläger als Unternehmer im Sinne der Regelung zu qualifizieren. Auch gemeinnützige eingetragene
Vereine können "Unternehmen" iS des § 24 KSVG sein. Im KSVG gilt ein sozialversicherungsrechtlicher Unternehmerbegriff, für den es ausreicht, dass öffentlich-rechtliche oder private
Institutionen ganz oder teilweise durch Zuschüsse aus öffentlichen Haushalten, durch Mitgliedsbeiträge, Spenden oder sonstige
Zuwendungen finanziert werden. Eine Gewinnerzielungsabsicht ist nicht erforderlich (BSG 20.11.2008, B 3 KS 5/07 R, SozR 4-5425 § 24 Nr 9).
Maßgeblich für die Künstlersozialabgabepflicht ist jeweils das Kalenderjahr. Das ergibt sich schon aus § 24 Abs 2 S 2 KSVG. Der Kläger hat in sämtlichen Jahren von 2004 bis 2008 und auch seither Aufträge an selbständige Künstler - hier Solisten
und Instumentalmusiker - erteilt, um deren Leistungen für seine Zwecke - hier die Durchführung der Konzerte - zu nutzen. Auch
wurden im Zusammenhang mit dieser Nutzung durch den Verkauf von Eintrittskarten für die Konzerte Einnahmen erzielt. Dies steht
fest aufgrund der glaubhaften Angaben der Klägervertreter und der vorgelegten Vertragsunterlagen. Dass im Ergebnis mit dem
Verkauf von Konzerteintrittskarten keine Gewinne erzielt worden sind, ist im Rahmen von § 24 Abs 2 KSVG unbeachtlich. Es kommt hier ausschließlich auf die tatsächliche Einnahmeerzielung an.
Jedoch liegt nur in den Jahren 2004, 2007 und 2008 eine nicht nur gelegentliche Auftragserteilung an selbstständige Künstler
vor. Denn nach § 24 Abs 2 S 2 KSVG ist unwiderlegbar von einer nur gelegentlichen Erteilung von Aufträgen im Sinne des Satzes 1 auszugehen, wenn in einem Kalenderjahr
nicht mehr als drei Veranstaltungen durchgeführt werden, in denen künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen
aufgeführt oder dargeboten werden. Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass der Kläger in den Jahren 2005, 2006 und seit
2009 jährlich nur drei Veranstaltungen durchgeführt hat, bei denen entgeltliche Aufträge an selbstständige Künstler vergeben
worden sind. Dies ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen und den glaubhaften Ausführungen der Klägervertreter in der mündlichen
Verhandlung. Die Anzahl der Veranstaltungen ist zwischen den Beteiligten auch nicht umstritten.
Nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt, umfasst der Begriff "Aufträge" alle entgeltlichen Verträge mit selbstständigen Künstlern
über die Verwertung bzw Vermarktung ihrer künstlerischen Werke oder Leistungen. Rechtlich geht es hierbei nicht um "Aufträge",
sondern um den Abschluss von entgeltlichen Verträgen, in der Regel um Werkverträge (BSG, 16.07.2014, B 3 KS 3/14 B). Im Umkehrschluss zählen nicht zu den Aufträgen im Sinne der Vorschrift unentgeltliche "Beauftragungen"
von selbstständigen Künstlern. Insoweit überzeugt die Argumentation der Beklagten und der Beigeladenen nicht, dass auch diejenigen
Veranstaltungen im Rahmen der Generalklausel gezählt werden müssten, bei denen die unentgeltlich mitwirkenden Chormitglieder
als solche vom rechtlich selbstständigen Verein beauftragt werden, an dem Konzert teilzunehmen. Abgesehen davon, dass die
Mitwirkung (Auftritt) eines Vereinsmitglieds an einem Konzert des Vereins in Ausübung seiner Mitgliedschaftspflicht erfolgt
und nicht aufgrund einer rechtlichen Beauftragung, widerspricht eine solche Auslegung auch dem Grundgedanken der Abgabepflicht
nach dem KSVG, dessen Zweck die soziale Sicherung selbstständiger Künstler ist. Zum anderen bezieht sich der Halbsatz "in denen künstlerische
oder publizistische Werke oder Leistungen aufgeführt oder dargeboten werden" nach Ansicht des Senats sowohl nach dem Wortlaut
sowie nach Sinn und Zweck der Vorschrift nur auf die Aufführung oder Darbietung der Werke oder Leistungen der selbstständigen
Künstler iSv Satz 1 der Vorschrift. Denn § 24 Abs 2 Satz 2 KSVG dient der unwiderlegbaren Annahme einer gelegentlichen Erteilung von Aufträgen und hat den Zweck, die Generalklausel einzuschränken
(BT-Drs 13/5108, S 17).
Unter Zugrundelegung dieser Rechtsauffassung kann deshalb das A-Capella-Konzert in 2008 nicht bei der Anzahl der im Rahmen
von § 24 Abs 2 S 2 KSVG zu berücksichtigenden Veranstaltungen gezählt werden. Zwar wurden auch hier Einnahmen erzielt, jedoch keine Aufträge an selbständige
Künstler im Sinne der Vorschrift erteilt. Im Übrigen bleibt die Auftragsvergabe an den Chorleiter gemäß § 24 Abs 2 S 3 KSVG grundsätzlich bei der Zählung der Veranstaltungen außen vor, denn beim Kläger handelt es sich um einen Musikverein iSd Vorschrift.
Der Umstand, dass im Jahr 2005 sowie möglicherweise auch in den Jahren ab 2009 einige Konzerte an mehreren Tagen am selben
Ort aufgeführt worden sind, ändert nichts an der Anzahl der jährlichen Veranstaltungen im Sinne von § 24 Abs 2 S 2 KSVG. Dies wurde im Übrigen auch von sämtlichen Beteiligten nicht bestritten.
Was unter dem Begriff der Veranstaltung zu verstehen ist, hat der Gesetzgeber nicht näher konkretisiert. Er hat aber in §
24 Abs 2 S 2 KSVG nicht darauf abgestellt, ob in einem Kalenderjahr mehr als drei Aufträge zur Aufführung oder Darbietung künstlerischer oder
publizistischer Werke oder Leistungen erteilt werden, sondern ausdrücklich an "Veranstaltungen" angeknüpft. Damit hat er in
Kauf genommen, dass während einer Veranstaltung möglicherweise mehrere Aufführungen oder Darbietungen unter Beauftragung selbstständiger
Künstler durchgeführt werden. Zudem sind Abgabetatbestände einer erweiternden Auslegung grundsätzlich nicht zugänglich. Der
Gesetzgeber hat bewusst einen breit angelegten Begriff gewählt, um möglichst alle künstlerischen und publizistischen Aufführungen
und Darbietungen zu erfassen und dennoch nicht an einen einzelnen Auftrag, sondern die Gesamtveranstaltung anzuknüpfen. Es
bedarf deshalb einer Gesamtabwägung. Hierbei sind die maßgeblichen tatsächlichen Verhältnisse, etwa die Namensgebung für eine
Veranstaltung, die Werbung, die Regelmäßigkeit ihrer Durchführung sowie Größe und Einnahmeabsicht zu berücksichtigen (BSG 08.10.2014, B 3 KS 6/13 R).
Unter Beachtung dieser Grundsätze steht für den Senat fest, dass es sich bei den Konzerten, die unter dem gleichen Namen,
in zeitlich unmittelbaren Zusammenhang, am gleichen Ort und in grundsätzlich gleicher Besetzung zweimal aufgeführt worden
sind (Weihnachtskonzert 2005, Weihnachtskonzert 2007), jeweils nur um eine Veranstaltung handelt. Entsprechendes gilt für
alle Konzerte seit 2009. Dies ergibt sich insbesondere aus den vorgelegten Unterlagen im Verwaltungsverfahren und den glaubhaften
Aussagen der Klägervertreter im Erörterungstermin vom 05.10.2015 und der mündlichen Verhandlung vom 26.01.2016. Diese Konzerte
wurden jeweils einheitlich als eine Veranstaltung beworben und wurden nur wegen der für die Nachfrage zu geringen Platzzahl
im Konzerthaus mehrfach aufgeführt. Die beauftragten Solisten und Musiker erhielten jeweils nur einen Honorarvertrag mit einem
Pauschalhonorar, der beide Konzerte umfasste. Die angesetzten Probentermine und die Generalprobe galten für beide Konzerte
zusammen. Viele organisatorische Leistungen, wie die Herrichtung des Raumes, der Aufbau, die Bereitstellung von Technik und
der Ticket-Verkauf sind für die Veranstaltung und damit für beide Konzerte nur einmalig angefallen.
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass zu den Veranstaltungen im Sinne von § 24 Abs 2 S 2 KSVG nur solche Veranstaltungen gezählt werden können, bei denen der Unternehmer selbst Veranstalter ist. Denn nur dann ist die
Veranstaltung und damit die Auftragsvergabe seinem Unternehmen zuzuordnen. Deshalb bleiben im vorliegenden Fall im Jahr 2006
die Auftritte des F. B.chors beim Katholikentag in S. und beim Festival Europäische Kirchenmusik in Sch. G. bei der Anzahl
der Veranstaltungen vollständig außen vor.
Allerdings bestand in den Jahren 2004, 2007 und 2008 Abgabepflicht gemäß § 24 Abs 2 S 1 KSVG, weil in diesen Jahren nicht nur gelegentlich Aufträge an selbstständige Künstler (Solisten und Musiker) erteilt, deren Leistungen
vom Kläger für dessen Zwecke (Durchführung des Konzertes) genutzt und im Zusammenhang mit dieser Nutzung Einnahmen durch den
Verkauf von Eintrittskarten erzielt worden sind. Regelmäßig wiederkehrende Aufträge liegen vor, wenn sie wiederkehrend zu
bestimmten Anlässen oder in bestimmten Intervallen, jedoch mindestens einmal jährlich, erteilt werden (Finke/B.mann/Nordhausen,
KSVG, § 24 Rn 192, 198). So liegt der Fall hier. Der Kläger beauftragt regelmäßig jährlich mindestens dreimal selbstständige Künstler.
In den Jahren 2004, 2007 und 2008 wurden die Aufträge auch nicht nur gelegentlich erteilt. Denn es fanden jeweils vier eigenständige
Veranstaltungen statt (vier verschiedene Konzerte, wobei das Weihnachtskonzert 2007 wiederum an zwei Tagen durchgeführt worden
ist). Das Herbstkonzert 2008 fand an zwei unterschiedlichen Orten (V. und F.) statt. Insoweit liegt auf der Grundlage obiger
Grundsätze nicht nur eine Veranstaltung vor. Folglich wird die maßgebliche Anzahl von drei Veranstaltungen pro Jahr überschritten.
Aus der Gesetzessystematik von § 24 Abs 2 KSVG folgt, dass bei regelmäßiger Auftragsvergabe an selbstständige Künstler immer dann von nicht nur gelegentlichen Aufträgen
im Sinne von Satz 1 der Vorschrift auszugehen ist, wenn die Rückausnahme des Satzes 2 (nicht mehr als drei Veranstaltungen)
nicht erfüllt ist.
Da in den Jahren 2005 und 2006 sowie ab 01.01.2009 keine Abgabepflicht des Klägers nach dem KSVG bestand, war der streitgegenständliche Bescheid entsprechend aufzuheben. Bezüglich der Berechnung der Nachzahlung für die
Künstlersozialabgabe in den Jahren 2004, 2007 und 2008, wie sie sich aus der Anlage zum Änderungsbescheid vom 24.11.2010 ergibt,
wurden keine Einwände geltend gemacht. Fehler sind diesbezüglich auch nicht ersichtlich.
Die Künstlersozialabgabe für 2004, 2007 und 2008 ist nicht verjährt. Insoweit wird auf die zutreffende Begründung im Widerspruchsbescheid
verwiesen.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§
160 Nr 1 und 2
SGG).