Gründe:
I. Der Antragsteller zu 1. ist mit weiteren Ärzten in A-Stadt in örtlicher Berufsausübungsgemeinschaft radiologisch und strahlentherapeutisch
vertragsärztlich tätig. Die Antragstellerinnen zu 2. und 3. betreiben gemeinschaftlich eine fachärztlich internistische/hämato-logische
Praxis.
Die Beigeladene zu 1. ist durch Bescheid des Zulassungsausschusses vom 2. Dezember 2009 als Medizinisches Versorgungszentrum
(MVZ) in A-Stadt zugelassen worden. Gründer des Versorgungszentrums ist das Klinikum A-Stadt Gemeinnützige GmbH. Der Zulassungsbescheid
nimmt eine fachübergreifende Behandlung an, weil im MVZ sowohl ein Facharzt für Strahlentherapie als auch fachärztliche Internisten
tätig würden. Bedarfsplanungsrechtlich stünden Zulassungshindernisse nicht entgegen. Ein ehemals als fachärztlicher Internist
in der Kreisregion A-Stadt zugelassener Arzt habe auf seine Zulassung verzichtet und werde für 20 Wochenstunden angestellt.
Die eingebrachte volle Zulassung erlaube darüber hinaus die Anstellung eines weiteren halbtags beschäftigten Arztes (Internist,
Hämatologe und internistischer Onkologe). Ein weiterer angestellter Arzt sei Strahlentherapeut. Diese Arztgruppe unterliege
der Bedarfsplanung nicht.
Der Widerspruch des Antragstellers zu 1. gegen die Zulassungsentscheidung wurde durch den Antragsgegner mit am 8. März 2007
ausgefertigten Bescheid unter Hinweis auf eine fehlende Anfechtungsberechtigung zurückgewiesen (Az.: 249/09) und die sofortige
Vollziehung der Entscheidung angeordnet.
Mit Bescheiden vom 2. Dezember 2009 genehmigte der Zulassungsausschuss auch die Anstellung der beiden halbtags beschäftigten
fachärztlichen Internisten sowie des angestellten Strahlentherapeuten (in einem Umfang von 31 Wochenstunden). Dieser ist im
Klinikum A-Stadt auch als Krankenhausarzt beschäftigt.
Die Widersprüche des Antragstellers zu 1. gegen die Anstellungsgenehmigungen wurden durch weitere Bescheide vom 8. März 2010
(Az.: 270/09, 271/09 und 272/09) zurückgewiesen. Auch hier wurde die sofortige Vollziehung der Entscheidung angeordnet. Die
Widersprüche der Antragstellerin zu 2. wurden ebenfalls unter Sofortvollzugsanordnung mit weiteren Bescheiden vom 8. März
2010 zurückgewiesen (Zulassungen des Beigeladenen zu 1.: Az.: 1/10; Anstellungen: 2/10, 3/10, 4/10).
Die Antragstellerin zu 3. hat gegen keine der Entscheidungen Widerspruch eingelegt.
Nach Bekanntgabe der Zulassungsausschussentscheidungen ließen die Antragsteller am 1. März 2010 einen Eilantrag nach §
86b SGG mit dem Ziel der Aufhebung der sofortigen Vollziehung stellen, die auch der Zulassungsausschuss angeordnet hatte. Nach Erlass
der Entscheidungen des Antragsgegners wurde der Antrag mit Schriftsatz vom 31. März 2010 geändert und nunmehr die Aufhebung
der durch den Berufungsausschuss in seinen Bescheiden angeordneten sofortigen Vollziehung beantragt und auf die Aktenzeichen
1 bis 4/10, 249/09 sowie 270 bis 272/09 Bezug genommen.
Die auf Aufhebung des Sofortvollzuges und Herstellung der aufschiebenden Wirkung gerichteten Rechtsschutzanträge der Antragsteller
hat das Sozialgericht München durch Beschluss vom 7. April 2010 (S 39 KA 79/10) abgelehnt. Begründet wurde dies damit, dass die Antragstellerin zu 3. keinen Widerspruch gegen die Beschlüsse des Zulassungsausschusses
erhoben habe. Den übrigen Antragstellern fehle die Befugnis, als konkurrierende Marktteilnehmer die Zulassung des Beigeladenen
zu 1. anzufechten. Auch bestehe keine Anfechtungsberechtigung hinsichtlich der erteilten Anstellungsgenehmigungen.
Dagegen haben die Antragsteller Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Sie weisen darauf hin, dass das Bundesverfassungsgericht
(1 BvR 378/00) das Drittanfechtungsrecht niedergelassener Ärzte im Verhältnis zu Krankenhausärzten darauf gestützt habe, dass letztere
auf mit staatlichen Mitteln geförderte Investitionen zugreifen könnten. Im Übrigen widerspreche der verfassungsgerichtlichen
Rechtsprechung, dass ein Drittschutz nur aus einfach-gesetzlichen Normen hergeleitet werden könne. Dem Bundesverfassungsgericht
komme es darauf an, dass im Grundsatz Art.
12 Abs.
1 GG keinen Schutz vor Konkurrenz gewähre. Damit könne ein dem jeweiligen Markt bereits immanentes Wettbewerbsrisiko im Grundsatz
keine Anfechtungsbefugnis begründen. Dies gelte jedoch dann nicht, wenn der Wettbewerb durch staatliche Eingriffe beeinflusst
werde oder der Wettbewerb durch staatliche oder staatlich unterstützte Unternehmen erfolge. Hier gewährten die Grundrechte
eine Anfechtungsberechtigung. Im Übrigen lasse sich ein Drittschutz aus §
116b Abs.
2 Satz 1
SGB V ableiten, weil das Gebot der Berücksichtigung der vertragsärztlichen Versorgungssituation kein Vorrang-Nachrangverhältnis
ausdrücke, jedoch ein Gebot der Rücksichtnahme enthalte, das ebenfalls drittschützend wirke. Vorrang-Nachrangkonstellationen
in Ansehung des Teilnahmerechtes seien lediglich eine von mehreren Indizien für einen Drittschutz.
Die Antragsteller beantragen sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts München vom 7. April 2010 aufzuheben und die in den Bescheiden vom 8. März 2010 enthaltenen
Sofortvollzugsanordnungen der Zulassungsentscheidung sowie der Anstellungsgenehmigungen (Aktenzeichen des Antragsgegners 1/10,
2/10, 3/10, 4/10, 249/09, 270/09, 271/09 und 272/09) aufzuheben.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er verweist zunächst auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses. Ergänzend wird vorgetragen, dass §
116b SGB V die ambulante Behandlung im Krankenhaus und damit einen ganz anderen Sachverhalt als den hier streitgegenständlichen regele.
Der Beigeladene zu 1. beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Das MVZ sei gegenüber den Vertragsärzten gleichrangig. Folglich liege kein Vorrang-Nachrangverhältnis vor. Auch ließe sich
eine Anfechtungsbefugnis nicht aus einer entsprechenden Anwendung der §§
116 ff.
SGB V ableiten.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten des Antragsgegners, der Akten des Sozialgerichts München
sowie der Verfahrensakte des Bayer. Landessozialgerichts Bezug genommen.
II. Die Beschwerde ist zulässig.
Sie erweist sich jedoch als unbegründet. Der angefochtene Beschluss des Sozialgerichts München vom 7. April 2010, mit dem
die Aufhebung der durch den Antragsgegner gemäß §
97 Abs.
4 SGB V angeordneten sofortigen Vollziehung bzw. die Herstellung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt wird, ist rechtmäßig.
Nach §
86 b Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende
Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Voraussetzung für eine solche Anordnung ist dabei,
dass die Abwägung der Interessen der Beteiligten zu dem Ergebnis führt, dass dem angeordneten Sofortvollzug der umstrittenen
Verwaltungsentscheidung kein Vorrang gegenüber der Notwendigkeit der abschließenden Klärung der Rechtmäßigkeit zugebilligt
werden muss. Ausgangspunkt dieser Ablehnung ist zunächst die Betrachtung der voraussichtlichen Erfolgsaussichten des eingelegten
Rechtsmittels in der Hauptsache. Daran schließt sich die Prüfung an, ob die Interessen der Beteiligten eine sofortige Umsetzung
notwendig machen oder es diesen eher entspricht, den rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens abzuwarten. Erfolgsaussichten
und Interessenabwägung sind keine isoliert zu prüfenden Merkmale, sondern stehen in einem unauflöslichen Zusammenhang. Je
geringer die Erfolgsaussichten in der Hauptsache, desto höhere Anforderungen sind an das Sofortvollziehungsinteresse zu stellen.
Gleichwohl ist das Regel-/Ausnahmeverhältnis von aufschiebender Wirkung und ausnahmsweise Sofortvollzugsanordnung zu beachten.
Aus der Grundregel des Eintritts der aufschiebenden Wirkung durch Klageerhebung und der gemäß §
97 Abs.
4 SGB V bestehenden Befugnis diesen im öffentlichen Interesse außer Kraft zu setzen, ist zu schließen, dass im Zweifel das öffentliche
Vollziehungsinteresse zurückzustehen hat (vgl. Meyer-Ladewig,
SGG, 9. Aufl., §
86 b Nr. 12 d). Damit ergibt sich eine weitgehende Deckungsgleichheit des Begriffes des öffentlichen Interesses in §
97 Abs.
4 SGB V mit dem gerichtlichen Prüfungsmaßstab.
Bei der Betrachtung der Erfolgsaussichten der beim Sozialgericht München anhängigen Konkurrentenklage ist von einer Erfolglosigkeit
auszugehen, da den Antragstellern zu 1. und 2. die Befugnis fehlt, die durch den Antragsgegner bekanntgegebene Zulassung des
Beigeladenen zu 1. sowie die Anstellungsgenehmigungen anzufechten. Die Antragstellerin zu 3. hat Widerspruch nicht eingelegt,
so dass ihr gegenüber Bestandskraft eingetreten ist.
Unter welchen Voraussetzungen Leistungserbringer anfechtungsberechtigt sind, hat bereits das Bundessozialgericht in seinem
Urteil vom 07.02.2007 (B 6 KA 8/06, SozR 4-1500 § 54 Nr. 10) im Anschluss an die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
vom 07.08.2004 (1 BvR 378/00, SozR 4-1500 § 54 Nr. 4) im Einzelnen dargestellt. Da es einen Grundrechtsschutz vor Konkurrenz nicht gibt, kann sich eine
Befugnis zur Abwehr eines Konkurrenten vorwiegend aus einschlägigen einfach-rechtlichen Regelungen ergeben. Dies ist dann
der Fall, wenn der Regelung ein Gebot der Rücksichtnahme auf die Interessen derer zu entnehmen ist, die schon eine Position
im Markt innehaben und diesen einen sog. Drittschutz vermitteln. Dies ist nicht der Fall, wenn die ins Auge gefasste Norm
nicht - auch - den Dritten gegenüber zu schützen beabsichtigt, sondern ausschließlich öffentliche Interessen schützende Zielrichtungen
verfolgt. Ausgehend davon hat das Bundesverfassungsgericht dem §
116 SGB V Drittschutz zugebilligt, weil dieser einen Nachrang der Krankenhausärzte gegenüber der Zulassung von Vertragsärzten ausdrückt,
die ihrerseits durch Bedarfsplanungen und Budgetierung gefesselt, einen begrenzten Markt aufteilen (BVerfG vom 17.08.2004
aaO.).
Mit Blick auf das gesamte Vertragsarztrecht hat das Bundessozialgericht dazu formuliert, dass eine Anfechtungsberechtigung
nur dann besteht, wenn
1. der Kläger und der Konkurrent im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen anbieten und
2. dem Konkurrenten die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung eröffnet oder erweitert und nicht nur ein weiterer
Leistungsbereich genehmigt wird sowie
3. der dem Konkurrenten eingeräumte Status gegenüber demjenigen des Anfechtenden nachrangig ist.
Letzteres ist der Fall, wenn die Anordnung des Status an den Konkurrenten vom Vorliegen eines Versorgungsbedarfs abhängt,
der nicht bereits von den bereits zugelassenen Ärzten abgedeckt wird (BSG vom 07.02.2007, aaO.). Der durch das Bundessozialgericht
getroffenen Konkretisierung hat sich das Bundesverfassungsgericht zwischenzeitlich angeschlossen (BVerfG vom 23.04.2009, 1 BvR 3405/08, GesR 2009, 376).
Die dritte Voraussetzung erscheint nicht erfüllt. Die dem Beigeladenen zu 1. erteilte Zulassung ist eine reguläre Zulassung,
die einen nicht gedeckten Versorgungsbedarf oder einen Sonderbedarf nicht voraussetzt. Damit erscheint die Zulassung des MVZ
gleichrangig zu derjenigen der Antragsteller. Die Bedarfsplanung bezweckt nicht, die bereits Zugelassenen vor dem Eintritt
anderer teilnahmewilliger Ärzte zu schützen. Sie dient ausschließlich dem Schutz der gesetzlichen Krankenversicherung vor
Überversorgung und den daraus resultierenden finanziellen Verwerfungen.
Andere drittschützende Normen des einfachen Rechtes sind nicht berührt. Insbesondere geht es hier nicht um die Teilnahmeerlaubnis
der ambulanten Behandlung im Krankenhaus gemäß §
116 b Abs.
2 SGB V.
Auch ist nicht ausnahmsweise eine Anfechtungsberechtigung aus Grundrechten abzuleiten (vgl. BVerwG vom 16.03.1989, BVerwGE
81/329). Der Senat vertritt nicht die Ansicht, dass aus Grundrechten niemals eine Anfechtungsberechtigung abzuleiten ist.
Allerdings ist hier nicht erkennbar, dass aus grundrechtlichen Positionen (Art.
14 GG, Art.
12 GG) eine drittschützende Position erwachsen könnte. Dies könnte der Fall sein, wenn der Eintritt von Leistungserbringern erfolgt,
die unmittelbar oder mittelbar auf eine Finanzierung aus Steuermitteln zugreifen können und von daher ihr Leistungsangebot
in einer Weise subventionieren können, dass die Marktpreise unterboten werden. Auf dem Gebiet der ambulanten Versorgung gesetzlich
Versicherter können die Leistungserbringer jedoch die Preisfestsetzung ihres Angebotes nicht selbst bestimmen. Die Preisfestsetzung
wird für alle Leistungserbringer gleich im einheitlichen Bewertungsmaßstab für Ärzte und den darauf aufbauenden Gebührenordnungen
der Regionalkassen sowie der Ersatzkassen geregelt. Von dem Markteintritt (Finanzierung der Praxiseinrichtung) und eventuellen
Marketingmaßnahmen (Werbung) abgesehen, die unter Heranziehung von Steuergeldern finanziert werden könnten, steht eine Wettbewerbsverzehrung
nicht zu besorgen.
Aus den gleichen Gründen sind die Antragsteller auch nicht berechtigt, die Anstellungsgenehmigungen anzufechten.
Daher war die Beschwerde zurückzuweisen.
Aufgrund ihres Unterliegens haben die Antragsteller auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Der Senat ist von
einem finanziellen Interesse an der Abwehr der Zulassung des Beigeladenen sowie der drei Anstellungsgenehmigungen von 15.000,00
EUR im Quartal ausgegangen (dreifach erhöhter Regelstreitwert). Hochgerechnet auf 12 Quartale ergibt sich ein Streitwert in
der Hauptsache von 180.000,00 EUR. Den Wert des Beschwerdeverfahrens hat der Senat mit einem Drittel des Hauptsachestreitwertes
bemessen.
Der Beschluss ist nicht anfechtbar.