Gründe
Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Detmold vom 22.3.2021 ist nicht begründet. Das SG hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der unter dem Aktenzeichen S 28 BA 12/21 beim SG Detmold anhängigen Klage gegen den Bescheid vom 8.7.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.1.2021 zu Recht
abgelehnt.
Es spricht nach der im Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz gebotenen summarischen Prüfung derzeit nicht - wie erforderlich
(vgl. z.B. Senatsbeschl. v. 21.10.2020 - L 8 BA 143/19 B ER - juris Rn. 4 m.w.N.) - mehr dafür als dagegen, dass sich der angefochtene Bescheid, mit dem die Antragsgegnerin von
der Antragstellerin für den Zeitraum vom 1.1.2015 bis 31.12.2019 Beiträge und Umlagen in Höhe von insgesamt 32.760,00 Euro
nachfordert, als rechtswidrig erweisen wird. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf die zutreffenden Gründe
der angefochtenen Entscheidung des SG Bezug, denen er sich anschließt (vgl. §
142 Abs.
2 S. 3
Sozialgerichtsgesetz -
SGG).
Das Beschwerdevorbringen der Antragstellerin rechtfertigt keine abweichende Beurteilung.
Soweit die Antragstellerin (wiederholend) geltend macht, das mit notariell beurkundeter und in das Handelsregister eingetragener
Satzungsänderung eingeräumte Vetorecht des Gesellschafter-Geschäftsführers KR (§ 7 Abs. 5 der Satzung) führe zu einer rückwirkenden
Heilung der außerhalb der Satzung erfolgten Stimmrechtsabtretung der Mehrheitsgesellschafterin an KR vom 28.5.2003, ist diese
Auffassung unzutreffend. Diese Änderung der Satzung mit notarieller Urkunde vom 3.6.2020 ist gem. § 54 Abs. 3 GmbHG erst mit der Eintragung in das Handelsregister am 3.7.2020 und damit erst nach dem Streitzeitraum wirksam geworden; die rückwirkend
eintretende gesellschaftsrechtliche Wirksamkeit ist damit ausgeschlossen (vgl. Senatsbeschl. v. 27.4.2020 - L 8 BA 245/19 B ER - juris Rn. 6). Eine - wie von der Antragstellerin gewünschte - Einbeziehung nachträglicher (satzungsrechtlicher) Änderungen
und damit eine ex-post-Betrachtung der versicherungsrechtlichen Beurteilung widerspricht zudem dem Erfordernis hinreichender
Rechtssicherheit für den Rechtsverkehr im Außenverhältnis der Gesellschaft. Im Innenverhältnis rückwirkend getroffene Vereinbarungen
abweichend von den im Handelsregister veröffentlichten gesellschaftsvertraglichen Regelungen genügen nicht dem Grundsatz der
Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände. Im Interesse sowohl der Versicherten als auch der
Versicherungsträger ist die Frage der (bestehenden oder fehlenden) Versicherungspflicht wegen Selbstständigkeit oder abhängiger
Beschäftigung schon zu Beginn der Tätigkeit, d.h. auf der Grundlage der zu diesem Zeitpunkt vorliegenden tatsächlichen und
rechtlichen Begebenheiten, zu klären, weil es darauf nicht nur für die Entrichtung der Beiträge, sondern auch für die Leistungspflichten
der Sozialversicherungsträger und für die Leistungsansprüche des Betroffenen ankommt (vgl. BSG Urt. v. 14.3.2018 - B 12 KR 13/17 R - juris Rn. 22 m.w.N.; BSG Urt. v. 11.11.2015 - B 12 KR 13/14 R - juris Rn. 27 m.w.N.). Aus diesen Gründen ist auch unerheblich, ob die Gesellschafter die Satzungsänderung bereits früher
hätten vornehmen können.
Eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte durch die sofortige Vollziehung des Beitragsbescheides
liegt nicht vor. Dies gilt bereits deshalb, weil die wirtschaftliche Situation der Antragstellerin weder vollständig dargelegt
noch gem. §
86b Abs.
2 S. 4
SGG i.V.m. §§
920 Abs.
2,
294 Abs.
1 Zivilprozessordnung glaubhaft gemacht worden ist. Es fehlt u.a. die Darlegung, warum die rechtmäßige Beitragsforderung nicht zu einer - zumindest
vorübergehenden - Reduzierung des Gehalts des Geschäftsführers KR geführt hat, wie dies für den Zeitraum vom 1.12.2010 bis
31.7.2014 bereits zwischen der Antragstellerin und KR aufgrund einer verschlechterten wirtschaftlichen Lage der Antragstellerin
vereinbart worden war. Bei einer aus Sicht der Antragstellerin bestehenden Existenzgefährdung durch die streitbefangene Beitragsforderung
hätte eine Minderung jedoch ebenso nahegelegen, da sich im Fall der Krise der GmbH eine Pflicht des Geschäftsführers, der
Herabsetzung seiner Bezüge zuzustimmen, auf Grund seiner Treuepflicht ergeben kann (vgl. Senatsurt. v. 24.10.2018 - L 8 R 617/17 - juris Rn. 107 m.w.N.; BGH Urt. v. 15.6.1992 - II ZR 88/91 - juris Rn. 16 m.w.N.; Beschl. v. 20.12.1994 - 1 StR 593/94 - juris Rn. 6 m.w.N.; OLG Düsseldorf Urt. v. 2.12.2011 - I-16 U 19/10 - juris Rn. 41 m.w.N.; Kleindiek in Lutter-Hommelhoff, GmbH-Gesetz Kommentar, 20. Aufl. 2020, Anhang zu § 6 R. 34a m.w.N.; Wisskirchen/Kuhn in BeckOK GmbHG, § 35 Rn. 112 m.w.N.; Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG, 9. Aufl. 2019, Rn. 102 m.w.N.; Stephan/Tieves/Jaeger/Steinbrück in Münchener Kommentar GmbHG, 3. Aufl. 2019, § 35 Rn. 324a m.w.N.; Oetker in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 5. Aufl. 2021 § 35 Rn. 141 f.; Lenz in Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG, 3. Aufl. 2017 § 35 Rn. 151 m.w.N.: "Notopfer").
Keine Relevanz hat das (wiederholte) Vorbringen der Antragstellerin, das Gegenseitigkeitsprinzip sei verletzt, da KR als Geschäftsführer
kein Kurzarbeitergeld, also Leistungen nach dem Recht der Arbeitsförderung, habe beanspruchen können. Die Beitragspflicht
des Arbeitgebers ist unabhängig von den Leistungsrechten des einzelnen Arbeitnehmers. Insoweit setzt sich das die Sozialversicherung
tragende Solidaritätsprinzip im Einzelfall auch gegen den Gedanken der Äquivalenz zwischen Beitrag und Leistung durch (vgl.
Senatsurt. v. 8.2.2017 - L 8 R 497/16 - juris Rn. 86 m.w.N.).
Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus §§ 197a Abs.
1 S. 1
SGG i.V.m. §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 4, 52 Gerichtskostengesetz und berücksichtigt, dass in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, die Beitragsangelegenheiten betreffen, regelmäßig nur
ein Viertel des Wertes der Hauptsache einschließlich etwaiger Säumniszuschläge als Streitwert anzusetzen ist (vgl. z.B. Senatsbeschl.
v. 22.4.2020 - L 8 BA 266/19 B ER - juris Rn. 30 m.w.N.; BVerfG, Entscheidung v. 16.10.1962, 2 BvL 27/60, BVerfGE 14, 312).
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§
177 SGG).