Gründe:
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts, mit der die Antragsteller bei verständiger Auslegung
ihrer Ausführungen begehren,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, eine Zusicherung zu den Aufwendungen für die Wohnung
im M Weg B, zu erteilen,
ist gemäß §
172 Abs.
1,
173 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) zulässig und begründet. Der angegriffene Beschluss des Sozialgerichts ist unzutreffend, soweit den Antragstellern die begehrte
Zusicherung versagt worden ist.
Denn der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Sinne des Antragsbegehrens ist nach §
86 b Abs.
2 Satz 2
SGG sowohl zulässig als auch begründet. Die Antragsteller haben insoweit sowohl einen Anordnungsgrund als auch einen Anordnungsanspruch
mit der für die Vorwegnahme der Hauptsache erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht (vgl. §
86 b Abs.
2 Satz 4
SGG in Verbindung mit §§
920 Abs.
2,
294 der
Zivilprozessordnung -
ZPO -).
Unter Beachtung des sich aus Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes ergebenden Gebotes effektiven Rechtsschutzes ist vorliegend
der Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung, mit dem im Ergebnis die Hauptsache - jedenfalls faktisch - vorweggenommen
wird, nach den Umständen des Einzelfalles ausnahmsweise deshalb gerechtfertigt, weil den Antragstellern angesichts des drohenden
Verlustes der Unterkunft mit Ablauf des 28. Februar 2010 und der damit einhergehenden Gefahr, obdachlos zu werden, ein Zuwarten
auf eine Entscheidung in der Hauptsache nicht zuzumuten ist. Auf Anfrage des Berichterstatters vom 11. Februar 2010 hat der
bisherige Vermieter des mit dem Antragsteller zu 1) bestehenden Mietvertrages nämlich unmissverständlich erklärt, dass er
nicht gewillt sei, das durch Kündigung zum Monatsende endende Mietverhältnis über diesen Zeitpunkt hinaus fortzusetzen bzw.
neu zu begründen. Vor diesem Hintergrund und des drohenden Zeitablaufes erscheint es dem Senat auch nicht zumutbar, die Antragsteller
auf anderen freien Wohnraum in Berlin zu verweisen, der möglicherweise ohne die hier vom Vermieter verlangte Zusicherung nach
§ 22 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgesetzbuches II. Buch (SGB II) angemietet werden könnte, um dann ggf. in einem anderen Verfahren
den in § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II verbürgten Anspruch auf Übernahme angemessener Unterkunftskosten durchzusetzen (vgl. in diesem
Sinne: Beschluss des Senats vom 31. Juli 2009 - L 25 AS 1216/09 ER -).
Erscheint vor diesem Hintergrund die Vorwegnahme der Hauptsache ausnahmsweise gerechtfertigt, haben die Antragsteller, denen
angesichts des drohenden Verlustes der gegenwärtigen Unterkunft ohne weiteres auch ein Anordnungsgrund zur Seite steht, entgegen
der Auffassung des Sozialgerichts auch einen Anordnungsanspruch auf Erteilung der begehrten Zusicherung glaubhaft gemacht.
Nach § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB II soll der erwerbsfähige Hilfebedürftige vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft
die Zusicherung des für die Leistungserbringung bisher örtlich zuständigen kommunalen Trägers zu den Aufwendungen für die
neue Unterkunft einholen. Nach Satz 2 der Vorschrift ist der kommunale Träger zur Zusicherung nur verpflichtet, wenn der Umzug
erforderlich ist und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.
Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben.
Der Umzug der Antragsteller ist erforderlich. Dabei kann dahinstehen, ob, wie das Sozialgericht gemeint hat, die Erforderlichkeit
zu verneinen ist, weil die gegenwärtig von den Antragstellern bewohnte Wohnung nicht zu unzumutbaren Wohnverhältnissen führe.
Die Erforderlichkeit ergibt sich vorliegend daraus, dass die Antragsteller mit Ablauf des 28.
Februar 2010 infolge der Beendigung des Mietverhältnisses mit dem Verlust ihrer Unterkunft rechnen müssen, so dass es zur
Vermeidung einer drohenden Obdachlosigkeit erforderlich ist, in eine (angemessen teure) Wohnung umzuziehen. Anders als das
Sozialgericht gemeint hat, ist es dabei unerheblich, dass das Mietverhältnis durch Eigenkündigung des Antragstellers zu 1)
beendet worden ist und die Antragsteller auf diese Weise die Erforderlichkeit eines Umzuges selbst herbeigeführt haben. Denn
maßgeblich ist allein, dass der - hier alsbald drohende - tatsächliche Verlust der Unterkunft den Umzug erforderlich macht.
Die Umstände, die zum Verlust der Unterkunft geführt haben bzw. führen, spielen dabei keine Rolle.
Die Aufwendungen für die Unterkunft im M Weg in B erweisen sich bei Anwendung des im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen
Anordnung gebotenen Prüfungsmaßstabs auch durchaus als angemessen im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Zur Bestimmung der
Angemessenheit ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der der Senat folgt, auf die so genannte Produkttheorie
abzustellen. Danach ist zunächst die maßgebliche Wohnungsgröße zu bestimmen, und zwar typisierend anhand der landesrechtlichen
Ausführungsbestimmungen über die Förderung des sozialen Wohnungsbaus. Sodann ist der Wohnungsstandard festzulegen, wobei dem
Hilfebedürftigen lediglich ein einfacher und im unteren Segment liegender Ausstattungsgrad der Wohnung zusteht. Das Produkt
aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, muss angemessen sein und es müssen auch tatsächlich
Wohnungen, die den genannten Kriterien entsprechen, auf dem Markt anzumieten sein (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, Urteil
vom 7. November 2006 - B 7 b AS 18/06 R -). Entscheidend ist dabei im Wesentlichen die Angemessenheit der Bruttokaltmiete, d. h. der Mietkosten ohne Heizkosten,
während in einem gesonderten Schritt zu ermitteln ist, ob die anfallenden Heizkosten als angemessen anzusehen und damit zu
übernehmen sind (vgl. BSG, Urteil vom 2. Juli 2009 - B 14 AS 36/08 R -).
Hiervon ausgehend erweist sich die Bruttokaltmiete von vorliegend 355,30 € (256,50 € Nettokaltmiete, 94,- € Betriebskostenvorschuss,
4,80 € Antennen/Kabelanschluss) als angemessen. Insoweit gilt Folgendes: Zur Bestimmung der Wohnungsgröße für einen 2-Personenhaushalt
ist von einer Wohnfläche von jedenfalls 60 m² auszugehen, vgl. Richtlinie für den öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau
(Wohnungsbauförderungsbestimmungen 1990 - WFB 1990 - vom 16. Juli 1990 (Amtsblatt 1990, 1379 ff.) in der Fassung der Verwaltungsvorschriften
zur Änderung der WFB 1990 vom 13. Dezember 1992 (VVÄndWFB 1990; Amtsblatt 1993, S. 98 f.) - dort Ziffer 13 - und ergänzend
die zur Umsetzung von §
5 Wohnungsbindungsgesetz (
WoBindG) i. V. m. § 27 Abs. 1 bis 5 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung (WoFG; BGBl. I S. 2376) erlassenen Arbeitshinweise der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vom 15. Dezember 2004 (Mitteilung
Nr. 8/2004) - dort Ziffer 8 Abs. 1 Satz 3. Zur Ermittlung der Nettokaltmiete orientiert sich der Senat am Berliner Mietspiegel
2009 vom 3. Juni 2009, aus dem sich für Wohnungen mit einer Wohnfläche von 60 bis 90 m² in einfachen Wohnlagen unter Einbeziehung
sämtlicher unter den Ziffern 9.1 und 9.2 genannten Mittelwerte ein Gesamtmittelwert von 4,64 €/m² ergibt. Hinzu kommen kalte
Betriebskosten, zu deren Bestimmung grundsätzlich auf den vom Deutschen Mieterbund für die gesamte Bundesrepublik Deutschland
ermittelten Betriebskostenspiegel zurückzugreifen ist. Danach ergeben sich für die Abrechnungsperiode 2007 (Datenerfassung
2008/2009) kalte Betriebskosten von 1,79 €/m². Die Bruttokaltmiete von vorliegend 355,30 € für die 51,3 qm große Wohnung im
M Weg unterschreitet die nach vorstehenden Kriterien ermittelte Nettokaltmiete von 385,80 € für eine 60 m²-Wohnung (60 x 6,43
€) ersichtlich. Die Bruttokaltmiete genügt angesichts dessen den Angemessenheitskriterien (vgl. zur Ermittlung der Nettokaltmiete
in diesem Sinne auch: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30. November 2009 - L 26 AS 1788/09 B ER - m. w. N.)
Gleiches gilt auch hinsichtlich der Heizkosten. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts können sich unangemessen
hohe Heizkosten insbesondere daraus ergeben, dass die tatsächlich anfallenden Heizkosten die durchschnittlich aufgewandten
Kosten aller Verbraucher für eine Wohnung der den abstrakten Angemessenheitskriterien entsprechenden Größe signifikant überschreiten.
Zur Bestimmung eines solchen Grenzwertes ist es für den Regelfall einer mit Öl, Erdgas oder Fernwärme beheizten Wohnung möglich,
die "Kommunalen Heizspiegel", hilfsweise den "Bundesweiten Heizspiegel" heranzuziehen. Aus dem "Bundesweiten Heizspiegel"
ergeben sich Vergleichswerte für öl-, erdgas- und fernwärmebeheizte Wohnungen gestaffelt nach der von der jeweiligen Heizungsanlage
zu beheizenden Wohnfläche, die hinsichtlich des Heizungsenergieverbrauchs zwischen vier Kategorien unterscheiden. Der maßgebliche
Grenzwert ist das Produkt aus dem Wert, der bezogen auf den jeweiligen Energieträger und die Größe der Wohnanlage die höchsten
Heizkosten enthält (rechte Spalte), und dem Wert, der sich für den Haushalt des Hilfebedürftigen als abstrakt angemessene
Wohnfläche nach den Ausführungsbestimmungen der Länder zu § 10 Abs. 1 WoFG bzw. § 5 Abs. 2 Wo-BindG ergibt. Soweit die konkret anfallenden Heizkosten den auf dieser Datengrundlage zu ermittelnden Grenzwert überschreiten,
besteht Anlass für die Annahme, dass diese Kosten unangemessen hoch im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind, da die gewählte
Grenze bereits unwirtschaftliches und tendenziell unökologisches Heizverhalten berücksichtigt (vgl. hierzu auch: LSG Berlin-Brandenburg,
Beschluss vom 11. November 2009 - L 28 AS 1676/09 B ER -).
Hiervon ausgehend ergeben sich unter Zugrundelegung des "Bundesweiten Heizspiegels" 2009 für den - für die Antragsteller hier
unterstellten ungünstigsten - Fall einer Energieversorgung mit Erdgas bei einer Heizanlage mit einer Gesamtgebäudefläche von
mehr als 1000 m² ein Grenzwert von 14,60 € je m²/Jahr. Bezogen auf eine - abstrakt - bis zu 60 m² große Wohnung erweisen sich
mithin Heizkosten von jährlich maximal 876,- €, monatlich 73,- € als zulässig. Diesen Grenzwert überschreiten die vorliegend
zu leistenden Heizkosten, die sich nach der Vorschussberechnung des Vermieters für die Wohnung im M Weg auf 72,- € monatlich
belaufen, nicht.
Die für vorgenannte Wohnung zu zahlende Bruttowarmmiete von 427,30 € erscheint damit nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II angemessen.
Gleiches gilt, soweit man auf die, die Gerichte nicht bindenden Ausführungsvorschriften zur Gewährung von Leistungen gemäß
§ 22 SGB II und §§ 29 und 34 des XII. Buches Sozialgesetzbuch (AV-Wohnen) vom 10. Februar 2009 abstellt, wonach für einen
2-Personenhaushalt eine Bruttowarmmiete von 444,- € als Richtwert für angemessen erachtet wird.
Ob auch die Voraussetzungen für die Erteilung einer Zusicherung nach § 22 Abs. 2 a Satz 1 SGB II gegeben sind, kann dahinstehen.
Nach dieser Vorschrift werden, sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, Leistungen für
Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur erbracht, wenn der kommunale
Träger dies vor Abschluss des Vertrages für die Unterkunft zugesichert hat. Der Einholung einer derartigen Zusicherung hinsichtlich
der 1987 geborenen, mithin derzeit 22 Jahre alten Antragstellerin zu 2) bedarf es vorliegend nicht. Denn diese Regelung ist
nur für Fälle eines erstmaligen Bezuges einer (eigenen) Wohnung - im Regelfall durch Auszug aus der elterlichen Wohnung -
anwendbar, da es Intention des Gesetzgebers ist, die Entstehung weiterer Bedarfsgemeinschaften zu vermeiden (vgl. hierzu:
Berlit in: Münder, SGB II, 3. Auflage, 2009, § 22 Rn. 89 ff. und Lang/Link in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage, 2008,
§ 22 Rn. 80 b und e). Daran fehlt es hier. Denn die Antragstellerin zu 2) ist bereits zum 1. Oktober 2009 aus der elterlichen
Wohnung ausgezogen und hat durch Einzug in die Wohnung des Antragstellers zu 1) bereits eigenen Wohnraum begründet. Demzufolge
handelt es sich vorliegend um einen weiteren, dem Anwendungsbereich des § 22 Abs. 2 a Satz 1 SGB II nicht mehr unterfallenden
Umzug.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 Abs.
1 SGG analog.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§
177 SGG).