Vorläufige Leistungen nach dem SGB II
Notwendige Korrekturen während eines noch laufenden Bewilligungszeitraumes
Keine Rücknahme einer vorläufigen Entscheidung
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt von dem Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung von Leistungen nach
dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum vom 28. August 2020 bis zum 30. November 2020.
Die 1972 in Russland geborene Antragstellerin absolvierte nach eigenen Angaben bis Ende Juni 2017 eine Umschulung. Damals
hatte sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der D, W im Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners. Ab Juli 2017 bezog sie von
dem Antragsgegner Leistungen nach dem SGB II.
Mit Bescheid vom 17. Mai 2020 bewilligte der Antragsgegner auch für den Zeitraum vom 1. Juni 2020 bis zum 30. November 2020
vorläufig Leistungen nach dem SGB II.
Mit Schreiben vom 15. Juni 2020 forderte der Antragsgegner die Antragstellerin zur Mitwirkung durch Vorlage von Unterlagen
für Grundeigentum auf. Nach der Ablichtung des aktuellen Grundbuchauszuges habe die Antragstellerin alleiniges Eigentum an
einem Hausgrundstück. Mit weiterem Schreiben vom 29. Juni 2020 forderte der Antragsgegner die Antragstellerin zudem zu einer
Stellungnahme hinsichtlich ihres gewöhnlichen Aufenthalts auf. Im Rahmen von Telefonaten habe sie nämlich dargelegt, einer
Pflegetätigkeit in D nachzugehen.
Die Antragstellerin hat daraufhin mit Schreiben vom 29. Juni 2020 mitgeteilt, sie habe sich bei den Angaben geirrt. Das Haus
in W gehöre zwei Eigentümern; ihr und Herrn L, der in D lebe. Herr L sei schwerbehindert mit Pflegegrad 5 und werde von ihr
in seiner Wohnung 49 Stunden wöchentlich mit Übernachtung betreut. Außerdem übe sie eine geringfügige Tätigkeit in einer Physiotherapiepraxis
in D aus. Zwei mal wöchentlich würden die Betreuungsdienste durch andere übernommen und sie könne nach Hause fahren.
Mit Ablehnungsbescheid vom 7. Juli 2020 hat daraufhin der Antragsgegner den Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
nach dem SGB II vom 17. Mai 2020 endgültig für die Zeit vom 1. August 2020 bis 30. November 2020 abgelehnt. Nach Ihrer schriftlichen Stellungnahme
halte sich die Antragstellerin gewöhnlich in D auf und damit außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des Antragsgegners. Gegen
diesen Bescheid hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 12. Juli 2020 Widerspruch eingelegt und insbesondere ausgeführt,
aufgrund von Sprachschwierigkeiten sei der Sachverhalt vielleicht verzerrt wahrgenommen worden. Ihre tägliche Arbeitszeit
betrage 8:00 bis 17:00 Uhr und sie habe dort auch eine Übernachtungsmöglichkeit. Die Entfernung zwischen D und W betrage nur
70 km, sie könne innerhalb von 2 Stunden an ihrem bisherigen Wohnsitz erscheinen und sei daher auch erreichbar.
Am 28. August 2020 hat die nunmehr anwaltlich vertretene Antragstellerin bei dem Sozialgericht Potsdam im Wege des einstweiligen
Rechtsschutzes zunächst die Verpflichtung des Antragsgegners zur vorläufigen Gewährung von Grundsicherungsleistungen für den
Zeitraum vom 28. August 2020 bis 30. September 2020 beantragt und diesen Antrag schließlich für die Zeit bis zum 30. November
2020 verlängert. Mit Bescheid vom 17. Mai 2020 seien ihr vorläufig Leistungen bewilligt worden und sie sei weiterhin erreichbar.
Mit Widerspruchsbescheid vom 7. Oktober 2020 hat der Antragsgegner den Widerspruch der Antragstellerin gegen den Ablehnungsbescheid
vom 7. Juli 2020 zurückgewiesen und die Antragstellerin verfolgt mit der am 30. Oktober 2020 vor dem Sozialgericht Potsdam
zum Az. S 42 AS 1484/20 erhobenen Klage weiter.
Das Sozialgericht Potsdam hat mit Beschluss vom 2. November 2020 festgestellt, dass der Widerspruch der Antragstellerin gegen
den Bescheid vom 7. Juli 2020 aufschiebende Wirkung habe. Der Antragsgegner sei verpflichtet, an die Antragstellerin die mit
vorläufigem Bewilligungsbescheid vom 17. Mai 2020 bewilligten Leistungen auch für die Zeit vom 28. August 2020 bis zum 30.
November 2020 auszuzahlen. Der Widerspruch gegen den Bescheid vom 7. Juli 2020 habe kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung,
weil die Voraussetzungen für die Regelung des § 39 SGB II nicht vorlägen. Es sei keine Aufhebung, Rücknahme, Entziehung oder Widerruf erfolgt, sondern eine endgültige Bewilligung.
Insbesondere sei keine Rücknahme der vorläufigen Entscheidung nach § 41a Abs. 2 S. 4 SGB II erfolgt. Der Widerspruch gegen den Bescheid vom 7. Juli 2020 habe daher kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung und es bestehe
weiterhin ein Leistungsanspruch.
Gegen diese Entscheidung hat der Antragsgegner am 17. November 2020 mit der Begründung Beschwerde eingelegt, es sei weder
ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund im Sinne von §
86b Abs.
2 S. 2 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) glaubhaft gemacht. Nach § 36 SGB II sei der Leistungsträger zuständig, in dessen Bezirk der erwerbsfähige Hilfebedürftige seinen gewöhnlichen Aufenthalt habe.
Die Antragstellerin habe für das von ihr angeblich genutzte Eigenheim in W bisher lediglich Kosten der Grundsteuer geltend
gemacht, nicht jedoch für laufende Nebenkosten (Strom, Wasser, Müllabfuhr). Nicht ein einziger Einkauf sei zudem im Bereich
ihrer bisherigen Meldeanschrift erfolgt. Ein Aufenthalt dort sei daher nicht glaubhaft gemacht und dafür trage sie die Beweislast.
Außerdem übe sie eine Pflegetätigkeit im Umfang von 49 Wochenstunden in D aus sowie eine weitere geringfügige Tätigkeit in
einer Physiotherapiepraxis in D. Nach alledem sei die Antragstellerin lediglich im Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners
gemeldet, halte sich dort aber nicht gewöhnlich auf. Zwischenzeitlich habe die Antragstellerin zudem am 17. September 2020
Leistungen nach dem SGB II bei dem zuständigen Jobcenter D beantragt und als Wohnanschrift die Wohnung Ihrer Pflegeperson angegeben. Dementsprechend
seien mit Bescheid vom 27. Oktober 2020 vom Jobcenter D Leistungen für den Zeitraum vom 1. September 2020 bis 31. August 2021
bewilligt worden.
Zu diesem Beschwerdevortrag hat die auch im Beschwerdeverfahren anwaltlich vertretene Antragstellerin nichts erwidert und
lediglich unter Hinweis auf §
119 Absatz
1 S. 2
ZPO Prozesskostenhilfe beantragt und ausgeführt, dass sie weiterhin in W wohne.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte und die beigezogene
Verwaltungsakte des Antragsgegners.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Das Sozialgericht Potsdam hat in seinem Beschluss vom 2. November 2020 zu Unrecht
den Antragsgegner zur Auszahlung von Leistungen für den Zeitraum vom 28. August 2020 bis zum 30. November 2020 aus dem vorläufigen
Bewilligungsbescheid vom 17. Mai 2020 verpflichtet.
Dem Sozialgericht Potsdam ist zwar zuzugeben, dass der Ablehnungsbescheid vom 7. Juli 2020 keinen Bescheid im Sinne von §
86 a Abs.
1 SGG i.V.m. § 39 SGB II darstellt und daher der Widerspruch gegen diesen Bescheid aufschiebende Wirkung hat.
Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts resultiert hieraus jedoch nicht ein Anspruch auf Weitergewährung der mit Bescheid
vom 17. Mai 2020 für den streitigen Zeitraum vorläufig bewilligten Leistungen. Denn durch die endgültige Ablehnung mit Bescheid
vom 7. Juli 2020 – auch wenn mit Widerspruch und Klage angegriffen – fand die vorläufige Bewilligung ihre Erledigung.
Nach § 39 Abs. 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) bleibt ein Verwaltungsakt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch
Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.
Wie das Sozialgericht insoweit zutreffend ausgeführt hat, ist grundsätzlich nach § 41a Abs. 2 S. 4 SGB II eine Rücknahme einer vorläufigen rechtswidrigen Bewilligung möglich und vorliegend nicht erfolgt. Entgegen der Ansicht des
Sozialgerichts ist deshalb aber der vorläufige Bescheid vom 17. Mai 2020 vorliegend nicht weiter wirksam, denn er fand auf
andere Weise seine Erledigung, nämlich durch die endgültige Ablehnung mit Bescheid vom 7. Juli 2020.
Einer Rücknahme nach § 41a Abs. 2 S. 4 SGB II bedurfte es neben dieser endgültigen Ablehnung nicht.
§ 41a Abs. 2 S. 4 SGB II regelt den Fall, dass während des noch laufenden Bewilligungszeitraumes Korrekturen notwendig werden, beispielsweise aufgrund
eines Steuerklassenwechsels oder einer Arbeitsaufnahme (siehe Hengelhaupt in Hauck/Novells, SGB II, VIII/2020, § 41a Rn. 252). Nachdem zu der im wesentlichen gleich gelagerten Regelung des §
328 des
Dritten Buches Sozialgesetzbuch (
SGB III) streitig war, ob Korrekturen einer vorläufigen Bewilligung frei und beliebig oder nur unter den generellen Voraussetzungen
der §§ 45 ff. SGB X möglich sein sollten, wurde mit der Regelung des § 41a Abs. 2 S. 4 SGB II klargestellt, dass im Leistungsbezug nach dem SGB II eine Korrektur nur bei einer rechtswidrigen Bewilligung möglich sein soll (Hengelhaupt, a.a.O., Rn. 253). Zweck der Regelung
des § 41a Abs. 2 S. 4 SGB II ist damit, dass eine vorläufige Leistungsbewilligung unter Vornahme notwendiger Korrekturen zur Beseitigung einer bestehenden
Rechtswidrigkeit ansonsten aufrechterhalten bleiben kann. Dies ist beispielsweise sinnvoll und geboten, wenn aufgrund einer
geänderten Steuerklasse oder einer Änderung beim Einkommen andere anrechenbare Einkünfte erzielt werden, die zwar zu einem
veränderten Hilfebedarf führen, den Leistungsanspruch aber insgesamt nicht beseitigen und auch weiterhin nicht abschließend
entschieden werden kann, weil noch weitere Feststellungen erforderlich sind.
Demgegenüber ist eine Rücknahme der vorläufigen Bewilligung nach § 41 a Abs. 2 S. 4 SGB II dann nicht erforderlich und geboten, wenn eine endgültige Entscheidung erfolgt.
Die abschließende Entscheidung ersetzt und erledigt mit ihrem Erlass nämlich gemäß § 39 Abs. 2 SGB X die vorläufige Entscheidung über den Leistungsanspruch, ohne dass es einer Aufhebung oder Änderung dieser vorläufigen Entscheidung
bedarf (ständige Rechtsprechung Bundessozialgericht, unter anderem Urteil vom 5. Juli 2017, B 14 AS 36/16 R, zuletzt Urteil vom 17. September 2020, B 4 AS 3/20 R, beide mit weiteren Nachweisen und zitiert nach Juris; anderer Ansicht wohl Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss
vom 15. Mai 2019, L 2 AS 125/19 B ER). Dementsprechend hat auch der Gesetzgeber nur einen eingeschränkten Anwendungsbereich der Regelung des § 41 a Abs. 2 S. 4 SGB II gesehen, wie sich aus der weiteren Begründung des Gesetzesentwurfes ergibt. Nach dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung
(vom 6. April 2016, Bundestagsdrucksache 18/8041, Seite 53) sollten die aufgrund einer Rechtswidrigkeit erforderlichen Korrekturen
nur mit Wirkung für die Zukunft umgesetzt werden. Eine rückwirkende Anwendung zu Ungunsten der Leistungsberechtigten Personen
sei systematisch nicht angezeigt, da sich die vorläufige Entscheidung nicht im Wege der Aufhebung, sondern der abschließenden
Entscheidung erledige.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze führt die unterbliebene Rücknahme der vorläufigen Bewilligung nach § 41a Abs. 2 S. 4 SGB X entgegen der Ansicht des Sozialgerichts nicht zu einem Leistungsanspruch aus dem vorläufigen Bewilligungsbescheid vom 17.
Mai 2020. Dieser „lebt“ durch die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Ablehnungsbescheid vom 7. Juli 2020 nicht
wieder auf, sondern erledigt sich auf „sonstige Weise“ im Sinne von § 39 Abs. 2 SGB X durch den Erlass des endgültigen Ablehnungsbescheides. Der Ablehnungsbescheid wird gemäß § 39 Abs. 1 SGB X im Zeitpunkt der Bekanntgabe wirksam und bleibt dies ebenfalls solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig
aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist (§ 39 Abs. 2 SGB X). Die Einlegung von Widerspruch und Klage hemmt nicht das Wirksamwerden des abschließenden Ablehnungsbescheides (so ständige
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, Urteil vom 20. Januar 2016 – 9 C 1/15 und Keller, in Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer/ Schmidt,
SGG, 13. Aufl., 2020, §
86a, Rn. 5, mit weiteren Nachweisen) und damit den Eintritt der Erledigung der vorläufigen Bewilligung. Erledigt sich aber der
vorläufige Bewilligungsbescheid nach § 39 Abs. 2 SGB X, so entfällt er auch als Rechtsgrund für mit diesem vorläufigen Bescheid bewilligte Zahlungen. Soweit diese Schlussfolgerung
mit Rücksicht auf die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage nicht gezogen wird (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss
vom 26. November 2015 – L 7 AS 4389/15 ER-B und Klerks, in: Münder/Geiger, SGB II, 7. Aufl., 2021, § 41a Rn. 103), dürfte dies darin begründet sein, dass in dem Beschluss des LSG Baden-Württemberg (a.a.O.) eine Erledigung des
vorläufigen Bescheids nach § 39 Abs. 2 SGB X nicht erwogen wird.
Insgesamt bleibt damit festzuhalten, dass dem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz nicht entsprechend §
86b Abs.
1 SGG ein Erfolg beschieden sein konnte, weil durch die abschließende Ablehnung mit Bescheid vom 7. Juli 2020 ein ehemals aus dem
vorläufigen Bewilligungsbescheid vom 17. Mai 2020 bestehender Anspruch – selbst durch die Feststellung der aufschiebenden
Wirkung – nicht wiederaufleben konnte.
Der Ablehnungsbescheid vom 7. Juli 2020 selbst begründet gerade keine Ansprüche, deren Vollziehung ausgesetzt werden könnten,
sodass bei dem Ablehnungsbescheid nur ein einstweiliger Rechtsschutz nach §
86b Abs.
2 SGG zu einer vorläufigen Leistungsgewährung führen kann.
Auch nach §
86b Absatz
2 SGG hat der Antrag vorliegend allerdings keinen Erfolg.
Nach §
86b Abs.
2 S. 1
SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die
Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt
oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug
auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint
(§
86b Abs.
2 S. 2
SGG). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt voraus, dass die Antragsteller das Bestehen eines zu sichernden Rechts (den
so genannten Anordnungsanspruch) und die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (den so genannten Anordnungsgrund) glaubhaft
machen (§
86 b Abs.
2 S. 4
SGG, §
920 Abs.
2 der
Zivilprozessordnung –
ZPO).
Dafür ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass die tatsächlichen Voraussetzungen von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund
zur Überzeugung des erkennenden Gerichts mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vorliegen (vgl. Bundessozialgericht –BSG-, Beschluss
vom 8. August 2001, B 9 V 23/01 B, Rn. 5, zitiert nach juris). Auch im Beschwerdeverfahren sind grundsätzlich die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse
zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgeblich (Hamburgisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 4. April 1990,
Bs IV 8/90, zitiert nach juris).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kommt eine einstweilige Anordnung nicht in Betracht, weil weder ein Anordnungsanspruch
noch ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht wurden.
Hier ist zunächst festzustellen, dass mit dem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz vom Antragsgegner ausdrücklich nur Leistungen
nach dem SGB II für den Zeitraum vom 28. August 2020 (Antragstellung bei Gericht) bis zum 30. November 2020 vorläufig begehrt wurden und
das Jobcenter D der Antragstellerin mit Bescheid vom 27. Oktober 2020 auf den auch dort gestellten Antrag Leistungen nach
dem SGB II vom 1. September 2020 bis einschließlich August 2021 bewilligt hat. Es kann dahinstehen, ob durch diese Leistungsbewilligung
für zumindest denselben Leistungszeitraum (ab dem 1. September bis 30. November 2020) bereits das Rechtsschutzbedürfnis für
die hier begehrte einstweilige Anordnung gegen den Antragsgegner entfallen ist. Jedenfalls ist ein Anordnungsgrund nicht mehr
ersichtlich, nachdem die Antragstellerin die begehrten Leistungen nach dem SGB II für den weitaus überwiegenden Teil des streitigen Zeitraums nunmehr vom Jobcenter D bezieht.
Darüber hinaus hat der Antragsgegner bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass ein Anordnungsanspruch gegen ihn bereits
mangels örtlicher Zuständigkeit nach § 36 SGB II nicht als glaubhaft gemacht anzusehen ist. Schon aufgrund der eigenen Angaben der Antragstellerin zu ihren geleisteten Tätigkeiten
in D als Pflegekraft und in der Physiotherapiepraxis sowie den nur zweimal die Woche erfolgten „Heimfahrten“ zu ihrer bisherigen
Wohnanschrift ist nicht von einem gewöhnlichen Aufenthalt der Antragstellerin im Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners
auszugehen. Die fehlende Zuständigkeit des Antragsgegners hat offenbar auch die Antragstellerin erkannt und deshalb beim zuständigen
Jobcenter in D den Leistungsantrag gestellt. Dem entspricht schließlich auch die Bewilligung durch das dortige Jobcenter,
welche unter der Prämisse der örtlichen Zuständigkeit § 36 SGB II erfolgt.
Danach kann dahinstehen, ob die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruches auch an einer fehlenden Hilfebedürftigkeit im
Sinne von § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 9 SGB II scheitern müsste. Hier sind insbesondere das bei der Antragstellerin in Form eines Miteigentumsanteils an einem Hausgrundstück
vorhandene Vermögen und die aus ihrer Pflegetätigkeit und ihrer Tätigkeit in der Psychotherapeutenpraxis voraussichtlich erzielten
Einkünfte zu nennen. Sollte es sich bei dem Hausgrundstück nur um einen Zweitwohnsitz handeln, so dürfte dies grundsätzlich
kein sogenanntes Schonvermögen im Sinne von § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II darstellen und wäre gemäß § 12 Abs. 4 S. 1 SGB II mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Bei einer Pflegetätigkeit entsprechend den Angaben der Antragstellerin von 49
Wochenstunden dürfte schließlich ein Entgelt zu erwarten sein, welches gegebenenfalls als Einkommen nach § 7 SGB II zu berücksichtigen wäre und damit der Glaubhaftmachung eines behaupteten Hilfebedarfs in Höhe des anrechenbaren Einkommens
entgegenstehen würde.
Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren erfolgte gemäß §
73 a SGG i.V.m. §
119 Abs.
1 S. 2 der
Zivilprozessordnung (
ZPO) ohne Prüfung einer hinreichenden Erfolgsaussicht, weil der Gegner das Rechtsmittel eingelegt hat. Trotz des als Vermögen
bei der Antragstellerin vorhandenen Eigentums an einem Grundstück konnte der Senat auch nicht zu der Erkenntnis gelangen,
dass eine ausreichende Eigenleistungsfähigkeit im Sinne von §
114 Abs.
1 ZPO zur Finanzierung der Prozesskosten besteht, weil eine Verwertbarkeit dieses Vermögens nach den durchgeführten eigenen Ermittlungen
des Senats nicht absehbar war.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§
177 SGG).