Ordnungsgeld gegen säumigen Zeugen
Maßstab gerichtlicher Ermittlungen in Schwerbehindertensachen
Keine Terminsladung unter einer auflösenden Bedingung
Gründe:
I.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes.
Im Laufe des vor dem Sozialgericht Cottbus zum Az. S 26 SB 247/12 anhängigen Verfahrens, in dem die Beteiligten über die Höhe des bei dem Kläger festzusetzenden Grades der Behinderung streiten,
ist der Beschwerdeführer, der den Kläger wegen dessen Beinarthrose behandelt hat, mit richterlicher Verfügung vom 18. Januar
2013 vergeblich aufgefordert worden, einen Befundbericht zu erstatten. Nachdem der Beschwerdeführer trotz Erinnerung weiterhin
keinen Befundbericht vorgelegt hatte, hat das Sozialgericht mit gerichtlicher Verfügung vom 18. April 2013 Termin zur Beweisaufnahme
auf den 14. Mai 2013 bestimmt und hierzu den Beschwerdeführer als sachverständigen Zeugen geladen. Als Gegenstand der Vernehmung
ist "Befund- und Behandlungsbericht" über den Kläger genannt worden. Die Ladung hat den Zusatz enthalten:
Der Termin wird aufgehoben, wenn der Befundbericht rechtzeitig vor dem Termin bei Gericht eingeht.
Die Terminsmitteilungen an die Beteiligten haben darüber hinaus den Hinweis enthalten:
Es steht Ihnen frei, zu der Beweisaufnahme zu erscheinen. Der Termin wurde ausschließlich zur Zeugenvernehmung anberaumt,
da der geladene sachverständige Zeuge der Aufforderung des Gerichts zur Erstellung eines den Kläger betreffenden Befundberichts
bisher nicht nachgekommen ist. Gegebenenfalls werden mit ihm nur die Fragen aus dem Vordruck des Gerichts erörtert. Sie können
an den sachverständigen Zeugen sachdienliche Fragen richten lassen.
Falls Sie an dem Termin teilnehmen möchten, wird eine vorherige Rücksprache mit der Geschäftsstelle empfohlen, da der Termin
unter Umständen kurzfristig aufgehoben wird. Reisekosten, sonstige Auslagen und Verdienstausfall können Ihnen vom Gericht
nicht erstattet werden.
Der Beschwerdeführer hat dem Sozialgericht am 6. Mai 2013 mitgeteilt, dass ein Befundbericht wegen erheblicher Arbeitsüberlastung
erst zum 15. Mai 2013 möglich sei. Er ist zu dem Termin am 14. Mai 2013 nicht erschienen. Daraufhin hat ihm das Sozialgericht
die durch dessen Ausbleiben verursachten Kosten des Verfahrens auferlegt sowie gegen ihn ein Ordnungsgeld in Höhe von 200
€ und für den Fall, dass dies nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft von einem Tag festgesetzt. Die diesen Beschluss
enthaltene Sitzungsniederschrift ist an den Beschwerdeführer am 17. Mai 2013 abgesandt worden.
Der Befundbericht des Beschwerdeführers ist am 15. Mai 2013 bei dem Sozialgericht eingegangen.
Am 18. April 2013 hat der Beschwerdeführer sich gegen das Ordnungsgeld gewandt. Zur Begründung hat er sich darauf berufen,
dass die notwendige Versorgung seiner Patienten es nicht möglich gemacht habe, rechtzeitig den Befundbericht zu erstellen.
Die Bezirksrevisorin hat die ihr gewährte Gelegenheit zur Stellungnahme mit Schriftsatz vom 12. August 2013 wahrgenommen.
II.
Das Vorbringen des anwaltlich nicht vertretenen Beschwerdeführers ist als Beschwerde im Sinne des §
172 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) gegen den Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 14. Mai 2013 zu verstehen, mit dem gegen ihn ein Ordnungsgeld in Höhe
von 200 € festgesetzt worden ist.
Das einen Ordnungsgeldbeschluss betreffende Beschwerdeverfahren kennt, da es nicht kontradiktorisch ausgestaltet ist, keinen
Beschwerdegegner (vgl. u.a. den Beschluss des Senats vom 26. März 2012, L 13 SB 163/11 B).
Die zulässige Beschwerde ist auch begründet, denn die Auferlegung eines Ordnungsgeldes gegen den Beschwerdeführer ist rechtswidrig.
Gemäß §
118 Abs.
1 Satz 1
SGG in Verbindung mit §
380 Zivilprozessordnung (
ZPO) werden einem ordnungsgemäß geladenen Zeugen, der nicht erscheint, ohne dass es eines Antrages bedarf, die durch das Ausbleiben
verursachten Kosten auferlegt. Zugleich wird gegen ihn ein Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden
kann, Ordnungshaft festgesetzt.
Es fehlt vorliegend bereits an einer ordnungsgemäßen Ladung des Zeugen. Nach §
118 Abs.
1 Satz 1
SGG in Verbindung mit §
377 Abs.
2 ZPO muss die Ladung enthalten:
1. die Bezeichnung der Parteien;
2. den Gegenstand der Vernehmung;
3. die Anweisung, zur Ablegung des Zeugnisses bei Vermeidung der durch das Gesetz angedrohten Ordnungsmittel in dem nach Zeit
und Ort zu bezeichnenden Termin zu erscheinen.
Diesen Anforderungen genügt die vorliegende an den Zeugen ergangene Ladung nicht. Zwar hat das Sozialgericht dem Beschwerdeführer
in der Ladung mitgeteilt, dass er im Termin als sachverständiger Zeuge (Beweismittel) geladen werde. Als Gegenstand der Vernehmung
wurde "Befund- und Behandlungsbericht" über den Kläger genannt. Es ist zweifelhaft, ob hiermit das Beweisthema hinreichend
bestimmt worden ist. Dies kann jedoch offen bleiben. Denn mit der Anweisung an den Beschwerdeführer, zum Termin zu erscheinen,
bezweckte das Sozialgericht offensichtlich nicht, dessen Erscheinen zum Zwecke der Ablegung des Zeugnisses zu veranlassen,
mithin ihn persönlich zum Gesundheitszustand des Klägers zu befragen. Vielmehr war die Ladung ausweislich ihres Inhaltes in
erster Linie darauf gerichtet, die schriftliche Beantwortung der dem Beschwerdeführer im Befundberichtsformular übersandten
Fragen nach §
377 Abs.
3 ZPO zu erzwingen. Sie enthielt den ausdrücklichen Zusatz, dass der Termin aufgehoben werde, wenn der Befundbericht rechtzeitig
vor dem Termin bei dem Gericht eingehe. Dass eine persönliche Befragung des Zeugen auch nicht beabsichtigt war, ergibt sich
auch aus der Empfehlung an die Beteiligten für den Fall, dass sie an dem Termin teilnehmen möchten, zuvor Rücksprache mit
der Geschäftsstelle zu nehmen, da der Termin unter Umständen kurzfristig aufgehoben werde. Mit einer solchen Vorgehensweise
verfehlt die Ladungsverfügung aber ihren Zweck. Zudem ist eine Ladung, die unter einer auflösenden Bedingung steht, im Prozessrecht
nicht vorgesehen. Insgesamt erweist die Ladung sich als nicht ordnungsgemäß, so dass bei Ausbleiben des Zeugen hierauf ein
Ordnungsgeldbeschluss nicht gestützt werden darf.
Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf §
197a Abs.
1 Satz 1
SGG in Verbindung mit §
154 Abs.
1 Verwaltungsgerichtsordnung (vgl. zur Notwendigkeit einer Kostenentscheidung u.a. den Beschluss des Senats vom 5. August 2011, L 13 SB 60/11 B).
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§
177 SGG).