Untermietzahlungen an den Grundsicherungsberechtigten sind nicht als dessen Einkommen anzurechnen - Berücksichtigung von Stromkosten
Tatbestand
Die Klägerin begehrt höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für Bedarfe für Unterkunft und Heizung im Zeitraum vom 1. September 2012 bis zum 31. August 2013.
Die 1952 geborene Klägerin ist seit ihrer Zulassung im Jahr 1986 als selbständige Rechtsanwältin tätig und steht seit April
2010 beim Beklagten im Leistungsbezug. Sie ist seit 1977 Mieterin einer 120 m² großen 4,5 - Zimmerwohnung in der M. in H.,
aus der heraus sie auch ihre Rechtsanwaltskanzlei betreibt. Die Miete betrug im streitigen Zeitraum 1.128,75 Euro; darin enthalten
250 Euro für Betriebs- und Heizkosten.
Die Klägerin vermietete regelmäßig Zimmer in ihrer Wohnung unter und schloss dazu Inklusivmietverträge mit den Untermietern.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten der Untermietverträge wird auf die Ausführungen des Senats im Urteil vom 22. Februar 2018
(L 4 AS 401/16) verwiesen, der den Beteiligten vorliegt. Die Klägerin erzielte im September 2012 Untermieteinnahmen in Höhe von 690 Euro,
in den Monaten Oktober 2012 bis Dezember 2012 sowie Januar 2013 jeweils in Höhe von 920 Euro, im Februar 2013 in Höhe von
930 Euro, im März und im April 2013 jeweils in Höhe von 770 Euro, im Mai und Juni 2013 jeweils in Höhe von 470 Euro und im
Juli 2013 in Höhe von 100 Euro. Im August 2013 erzielte sie keine Untermieteinnahmen.
Mit Bescheid vom 24. August 2012 wurden der Klägerin Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1. September 2012 bis zum 28. Februar 2013 in Höhe von 1.345,94 Euro monatlich vorläufig bewilligt.
Der Betrag setzt sich zusammen aus 374 Euro für die Regelleistung und 643,80 Euro Kosten der Unterkunft und Heizung, 296,44
Euro Kosten der Krankenversicherung und 31,70 Euro Kosten der Pflegeversicherung. Mit Änderungsbescheid vom 24. November 2012
wurden wegen der Erhöhung des Regelbedarfs Leistungen ab dem 1. Januar 2013 in Höhe von 1.353,94 Euro monatlich vorläufig
bewilligt.
Mit Widerspruch vom 26. September 2012 wandte die Klägerin ein, sie wende sich gegen die zweite Absenkung von zusätzlich 90
Euro über 370 Euro hinaus sowie gegen die Anrechnung von laufendem Einkommen aus der Selbstständigkeit.
Mit Bescheid vom 1. März 2013 bewilligte der Beklagte Leistungen für die Zeit vom 1. März 2013 bis zum 31. August 2013 in
Höhe von monatlich 1.353,94 Euro vorläufig. Berücksichtigt wurden unter anderem Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe
von 643,80 Euro.
Hiergegen wandte sich die Klägerin mit Widerspruch vom 8. April 2013.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12. April 2013 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin bezüglich der Leistungsbewilligung
für die Zeit von September 2012 bis Februar 2013 zurück. Einkommen sei tatsächlich nicht angerechnet worden. Die tatsächlichen
Aufwendungen seien nicht angemessen. Der anerkannte Bedarf für Unterkunft und Heizung belaufe sich auf 643,80 Euro monatlich.
Im Rahmen eines Gespräches im Juli 2011 sei die Klägerin zur Kostensenkung aufgefordert worden. Mit Informationsschreiben
vom 2. September 2011 sei sie nochmals auf die Erforderlichkeit der Kostensenkung zum 31. Dezember 2011 hingewiesen worden.
Einnahmen aus Untervermietung mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung. Von diesen Einnahmen seien Freibeträge
nicht abzusetzen.
Hiergegen hat die Klägerin am 16. Mai 2013 Klage erhoben und ihr Begehren weiterverfolgt (S 54 AS 1539/13). Sie hat vorgetragen, dass die Kosten für Gas, Strom und Telefon/Internet zu berücksichtigen seien. Von den Telefonkosten
seien 50 % betriebliche Aufwendungen. 50 % entfielen auf die Untermieter. Von den Stromkosten seien 22 % betrieblich veranlasst.
Weitere 22 % der Kosten entfielen auf jedes untervermietete Zimmer.
Der endgültige Bewilligungsbescheid sei Gegenstand des vorliegenden Verfahrens geworden.
Der Beklagte sei an seine ursprüngliche Entscheidung gebunden, 733 Euro (483 Euro zzgl. 250 Euro) als Unterkunftskosten anerkannt
zu haben. Vom Gericht zu prüfen sei alleine die Zahlungskürzung des Beklagten ab dem 1. Januar 2012 um 90 Euro auf 643 Euro.
Der Beklagte habe kein Kostensenkungsverfahren durchgeführt. Deswegen sei von Unterkunftskosten in Höhe von 733 Euro auszugehen.
Hinzu komme die Mieterhöhung um 25 Euro.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Juni 2013 hat der Beklagte auch den Widerspruch der Klägerin bezüglich der vorläufigen Bewilligung
für die Zeit vom 1. März bis zum 30. August 2013 zurückgewiesen und ausgeführt, ein Betrag von 393,80 Euro (Nettokaltmiete)
sei angemessen. Ferner seien 115 Euro für die Heizung und 135 Euro für anerkannte Betriebskosten hinzuzurechnen. Im Juli 2011
sei die Klägerin bereits zur Kostensenkung aufgefordert worden. Die Mieteinnahmen seien im vollem Umfang auf den Bedarf anzurechnen.
Hiergegen hat die Klägerin am 2. August 2013 Klage erhoben und ihr Begehren weiterverfolgt (S 54 AS 2419/13). Ihre Klage sei zulässig, auch wenn eine vorläufige Bewilligung angefochten sei. Sie verfolge das Ziel, dass der vom Beklagten
ursprünglich anerkannte Mietabsenkungsbetrag in Höhe von maximal 370 Euro als vorteilhafte Rechtsposition nicht einfach entzogen
werde. Dieser Betrag sei als Bruttobetrag zu verstehen.
Mit Bescheid vom 29. Oktober 2013 wurde der Leistungsanspruch der Klägerin für die Zeit vom 1. September 2012 bis zum 28.
Februar 2013 abschließend festgestellt. Für die Zeit vom 1. September bis zum 31. Dezember 2012 wurden der Klägerin Leistungen
in Höhe von 1.345,94 Euro endgültig bewilligt. Für die Zeit vom 1. Januar 2013 bis zum 28. Februar 2013 wurden der Klägerin
monatlich endgültig 1.353,94 Euro bewilligt. Bei der Leistungsberechnung berücksichtigte der Beklagte weiterhin eine Grundmiete
von 393,80 Euro, Heizkostenvorauszahlungen in Höhe von 115 Euro und Nebenkostenvorauszahlungen in Höhe von 135 Euro (insgesamt
643,80 Euro). Einkommen wurde nicht berücksichtigt.
Mit Bescheid vom 11. Juni 2015 wurde der Leistungsanspruch der Klägerin vom Beklagten auch für die Zeit vom 1. März 3013 bis
zum 31. August 2013 endgültig berechnet. Der Beklagte bewilligte für den gesamten Zeitraum 1.353,94 Euro. Dabei berücksichtigte
er durchgehend Unterkunftskosten in Höhe von insgesamt 643,80 Euro.
Hiergegen hat die Klägerin am 16. Juli 2015 Widerspruch erhoben, der mit Widerspruchsbescheid vom 9. Februar 2016 zurückgewiesen
wurde.
Mit Gerichtsbescheid vom 26. März 2019 – nach Verbindung der Verfahren durch Beschluss vom 26. März 2019 und vorheriger Anhörung
– hat das Sozialgericht den Beklagten verurteilt, der Klägerin weitere Unterkunftskosten für den Monat August 2013 zu gewähren,
und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die von der Klägerin vereinnahmte Untermiete sei in vollem Umfang bedarfsmindernd zu
berücksichtigen. Wie das Landessozialgericht in seiner Entscheidung vom 22. Februar 2018 (L 4 AS 401/16) unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ausgeführt habe, seien Untervermietungen von Teilen der
angemieteten Unterkunft als Kostensenkungsmaßnahmen bei der Bedarfsberechnung der Kosten der Unterkunft zu berücksichtigen.
Untermietzahlungen stellten regelmäßig kein Einkommen im Sinne von § 11 SGB II dar. Das Landessozialgericht habe in der benannten Entscheidung ferner ausgeführt, dass keine Möglichkeit bestehe, einen
Teilbetrag der von der Klägerin vereinnahmten Inklusivmiete von dieser bedarfsmindernden Wirkung freizustellen. Eine Nichtberücksichtigung
eines Teils der vereinbarten Inklusivmiete für Stromaufwendungen, Internetnutzung oder Abnutzung des Mobiliars komme nur in
Betracht, wenn das zwischen Haupt-und Untermieter gesondert vereinbart worden sei. Ohne gesonderte Vereinbarung sei eine Differenzierung,
welcher Teil der vertraglichen Schuld sich auf die reine Gebrauchsüberlassung von Wohnraum und welche sich auf die Energieversorgung
beziehen, nicht möglich. Es komme auch nicht auf den tatsächlichen Stromverbrauch an. Entsprechendes gelte für weitere mit
der Untervermietung zusammenhängende Kosten wie Telefon, Internet, Kochgas usw.. Die Aufwendungen der Klägerin für Unterkunft
und Heizung seien demnach um die vollständigen Untermieteinkünfte zu reduzieren.
Nach alledem setzten sich die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung aus der gegenüber dem Vermieter für die
Wohnunterkunft (allerdings ohne betrieblich genutzte Zimmer) geschuldeten Miete und Nebenkostenvorauszahlungen abzüglich der
tatsächlich erzielten Einnahmen aus der Untervermietung zusammen. Eine Beschränkung auf Gewährung der angemessenen Aufwendungen
komme nicht in Betracht, da der Beklagte seine Kostensenkungsaufforderung mit Schreiben vom 2. Dezember 2011 ganz aufgehoben
und danach nicht wieder aufgenommen habe. Allein im Monat August 2013 sei insoweit noch eine Unterdeckung festzustellen.
Der Gerichtsbescheid ist der Klägerin am 30. März 2019 zugestellt worden. Am 23. April 2019 hat sie Berufung eingelegt. Zur
Begründung wiederholt sie ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend im Wesentlichen vor, der Beklagte habe Mietaufwendungen
von 733 Euro als angemessen erachtet und auch in der Vergangenheit übernommen. Es fehle an einer Begründung für die faktische
Kürzung bzw. Aufhebung der Leistungen. Der Beklagte habe außerdem, weil er Aufwendungen von 733,- Euro seit 2010 zunächst
selbst zugrunde gelegt habe, ein Anerkenntnis abgegeben, von dem er sich nicht lossagen könne. Die Untermieteinnahmen seien
als Einkünfte zu betrachten und die mit der Untervermietung zusammenhängenden Aufwendungen davon abzuziehen. Der Beklagte
habe ihr, der Klägerin, bei der Untervermietung weitgehend freie Hand gelassen, sodass nicht nachvollziehbar sei, weshalb
dies dann rückwirkend abgeändert werde. Die Gestaltung des Untermietvertrages könne sie nicht nachträglich abändern.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 26. März 2019 sowie die Bescheide des Beklagten vom 11. Juni 2015 und
29. Oktober 2013 sowie den Widerspruchsbescheid vom 9. Februar 2016 abzuändern und der Klägerin höhere Leistungen für Unterkunft
und Heizung für den Zeitraum September 2012 bis August 2013 zu gewähren, und zwar monatlich Euro 485, hilfsweise monatlich
Euro 115, hilfsweise monatlich Euro 90.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil.
Mit Beschluss vom 25. Februar 2020 hat der Senat die Berufung nach §
153 Abs.
5 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) dem Berichterstatter zur Entscheidung mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens
der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf das Verhandlungsprotokoll und den übrigen Inhalt der Prozessakte sowie der Verwaltungsakten
des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Nach §
153 Abs.
5 SGG kann der Senat durch den Berichterstatter und die ehrenamtlichen Richter entscheiden.
Der Senat kann trotz Ausbleibens des Beklagten in der mündlichen Verhandlung entscheiden, weil der Beklagte auf diese Möglichkeit
in der Ladung hingewiesen worden war.
Die Berufung ist statthaft (§§
143,
144 SGG) und auch im Übrigen zulässig. Die Berufung ist auch teilweise begründet.
Gegenstand der Berufung sind die endgültigen Leistungsbescheide des Beklagten für den Leistungszeitraum September 2012 bis
August 2013. In der Sache ist der Streitgegenstand durch den ausschließlich darauf bezogenen Klagantrag wirksam auf die Höhe
der Leistungen für Unterkunft und Heizung beschränkt (zur Zulässigkeit der Abtrennung dieser Leistungen vgl. BSG, Urteil vom 4.6.2014 – B 14 AS 42/13 R und Urteil vom 7.11.2006 – B 7b AS 8/06 R). Streitig sind mithin die Bedarfe nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Danach werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen
sind. Nach Satz 3 der Vorschrift sind Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung, soweit sie den der Besonderheit des Einzelfalles
angemessenen Umfang übersteigen, als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten
oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf
andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.
Der Senat hält es im Ausgangspunkt nicht für gerechtfertigt, die die Klägerin treffenden Mietaufwendungen mit Blick auf eine
berufliche Nutzung der Räumlichkeiten zu reduzieren. Eine entsprechende Aufteilung der von der Klägerin genutzten Räume ist
insoweit nicht vorgetragen oder ersichtlich und die Klägerin selbst hat das in ihren Berechnungen der beruflichen Einkünfte
auch nicht geltend gemacht.
Weiter sieht der Senat keine durchgreifende Mietsenkungsaufforderung des Beklagten, die eine Absenkung nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II erlauben könnte. Insoweit schließt sich der Senat den Ausführungen des Sozialgerichts an. Ebenso wenig sieht der Senat eine
Bindung des Beklagten an die in einem früheren Zeitraum übernommenen Kosten von Unterkunft und Heizung; im SGB II ist vielmehr immer wieder der tatsächliche Bedarf zu ermitteln und zu berücksichtigen; Bindungswirkung hat eine Bewilligung
nur für den jeweiligen konkreten Bewilligungszeitraum. Ein förmliches Anerkenntnis des Beklagten – das gerade etwas anders
wäre als die bloße Bewilligung von Leistungen – liegt nicht vor; ob das überhaupt rechtmäßig wäre, kann daher dahinstehen.
Weiter hat der Senat in der die Klägerin betreffenden Entscheidung vom 22. Februar 2018 (L 4 AS 401/16) bereits ausgeführt:
„Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, welcher der Senat insoweit folgt, sind Untervermietungen von Teilen der
angemieteten Unterkunft als Kostensenkungsmaßnahmen bei der Bedarfsberechnung der Kosten der Unterkunft zu berücksichtigen.
Untermietzahlungen stellen regelmäßig kein Einkommen i.S.d. § 11 SGB II dar (BSG, Urteil vom 6.8.2014 – B 4 AS 37/13 R; ebenso LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 12.4.2011 – L 6 AS 37/10, nachfolgend BSG, Urteil vom 29.11.2012 – B 14 AS 161/11, dort diese Frage offen lassend; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22.2.2008 – L 28 AS 1965/07; a.A. SG Potsdam, Urteil vom 26.3.2014 – S 38 AS 1542/13 WA, jedenfalls für den Fall, dass die Angemessenheit der Unterkunftskosten nicht in Streit stehe).
Diese Rechtsprechung kann sich zunächst auf den Wortlaut des § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II stützen, der ausdrücklich das Vermieten als mögliche Maßnahme der Kostensenkung nennt. Überdies spricht die systematische
Auslegung für eine bedarfsmindernde Berücksichtigung von Untermietzahlungen. Bei dem Zufluss von gezahlter Untermiete an den
Leistungsberechtigten handelt es sich lediglich um einen „Durchlaufposten“, da dieser Betrag letztlich an den Vermieter weitergeleitet
wird, ergänzt um den Differenzbetrag zur Gesamtmiete, den der Träger erbringt (BSG, a.a.O.. mit Verweis auf sein Urteil vom 22.9.2009 – B 4 AS 8/09 R, dort zu einem nach baden-württembergischen Landesrecht von der Kommune an den Leistungsberechtigten gezahlten „Zuschuss
zur Absenkung der Miethöhe“, der im dortigen Fall vom Grundsicherungsträger bei der Bewilligung der Unterkunftskosten „abgezogen“
wurde. Dieser Zuschuss sei „bedarfsmindernd unmittelbar bei den Unterkunftskosten und nicht als zweckbestimmtes Einkommen
iS des § 11 Abs. 3 Nr. 1 SGB II zu berücksichtigen“).
Auch würde die Qualifikation von Untermietzahlungen als Einkommen dazu führen, dass der kommunale Träger als Erbringer der
Unterkunftsleistungen (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II) nicht von der Kostensenkungsmaßnahme profitierte, da bei einer Anrechnung als Einkommen gem. § 19 Abs. 3 Satz 2 SGB II zunächst die Geldleistungen der Bundesagentur und damit der Regelbedarf gemindert würde (BSG, Urteil vom 6.8.2014, a.a.O.).
Letztlich sprechen auch Sinn und Zweck des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II für die hier vorgenommene Auslegung. Leistungen sollen für den tatsächlichen Bedarf einer Unterkunft gewährt werden. Der
tatsächliche Bedarf entsteht jedoch nur für selbst genutzten Wohnraum. Sofern Teile eines angemieteten Wohnraums von einem
Leistungsberechtigten wegen Untervermietung nicht genutzt werden, besteht auch kein Grund, hierfür Leistungen zu erbringen
(BSG, a.a.O.)
Der Senat sieht vorliegend auch keine Möglichkeit, einen Teilbetrag der von der Klägerin vereinnahmten Inklusivmiete von dieser
bedarfsmindernden Wirkung freizulassen.
Dies betrifft zunächst die der Klägerin entstehenden Stromkosten. Insoweit ist zuzugestehen, dass die Untervermietung von
Teilen der Wohnung in aller Regel zu einer Erhöhung der Kosten für den Haushaltsstrom führen wird, welche im Falle einer vereinbarten
Inklusivmiete ebenso regelmäßig zu Lasten des SGB II-leistungsberechtigten Hauptmieters geht. Denn während die vereinnahmte Untermiete nach oben genannten Grundsätzen in voller
Höhe den Unterkunftsbedarf des Leistungsberechtigten mindert, hat der Leistungsberechtigte die Kosten des durch die Untervermietung
gestiegenen Stromverbrauchs als Teil der Haushaltsenergie aus seinem Regelbedarf zu tragen (§ 20 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Zwar erschiene es unter Berücksichtigung des oben genannten systematischen Arguments grundsätzlich denkbar, in der Untermiete
enthaltene Teilbeträge, die nicht für die Überlassung des Wohnraums, sondern für andere Kosten – beispielsweise für die im
Regelbedarf enthaltene Haushaltsenergie – gezahlt werden, nicht als einen letztlich an den Vermieter weitergeleiteten „Durchlaufposten“ im oben genannten Sinne zu betrachten. Denn das Bundessozialgericht
(a.a.O.) hat hervorgehoben, dass unter der Geltung der Zuflusstheorie zwar grundsätzlich alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert
dem Einkommensbegriff unterfielen, dies aber anders sei, wenn eine Einnahme im Ergebnis lediglich eine bestimmte Bedarfsposition
mindern solle und insoweit wirtschaftlich nicht dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zuzurechnen sei. Kosten für die Stromversorgung
des Untermieters dienen aber gerade nicht dazu, die Bedarfsposition nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu mindern. Da Stromkosten zum Regelbedarf gehören, könnte es deshalb naheliegen, diesen Anteil vom Untermietzins wirtschaftlich
der Klägerin und nicht ihrem Vermieter zuzurechnen. Bei einer wirtschaftlichen Zurechnung an die Klägerin würde sich indes
die Frage stellen, ob diese Zahlung durch den Untermieter dann nicht bei ihr als Einkommen zu berücksichtigen wäre. Ein Zufluss
in Geld dürfte schließlich entweder Einkommen sein oder bedarfsmindernd wirken. Ob hingegen Teile der Untermietzahlung schlicht
„ausgespart“ werden dürften, indem man sie weder als bedarfsmindernd noch als Einkommen berücksichtigt, erscheint zumindest
klärungsbedürftig.
Letztlich können diese Fragen aber vorliegend offen bleiben. Denn eine Nichtberücksichtigung eines Teiles der hier vereinbarten
Inklusivmiete als bedarfsmindernd käme nach Auffassung des Senats ohnehin nur dann in Betracht, wenn der Betrag, der vom Untermieter
für die Stromversorgung gezahlt werden soll, zwischen Haupt- und Untermieter gesondert vereinbart worden ist. Eine gesonderte
Regelung zu den Stromkosten ist in Untermietverhältnissen in der Praxis auch nicht unüblich. Oftmals wird eine Pauschale vereinbart,
da Stromkosten des Untermieters regelmäßig nicht über eine Verbrauchsmessung zu ermitteln sind, die Montage eines Zwischenzählers
zu teuer und zu aufwändig ist und der Stromverbrauch für Gemeinschaftsflächen ohnehin regelmäßig geschätzt werden muss, wenn
mehrere Personen eine Wohnung gemeinsam nutzen. Untermietvertragsmuster der Mietervereine sehen teilweise vor, dass zwischen
Hauptmieter und Untermieter eine Grundmiete und daneben einzeln aufgeführte monatliche Vorauszahlungen jeweils für Betriebs-,
Heiz- sowie für Stromkosten vereinbart werden.
An einer solchen gesonderten Vereinbarung mangelt es aber vorliegend. Die Klägerin hat insoweit in der mündlichen Verhandlung
vor dem Sozialgericht erklärt, sie habe früher zum Teil den Untermietanteil für Strom im Untermietvertrag gesondert ausgewiesen,
davon dann aber wieder Abstand genommen, da ihr diese Vorgehensweise praktisch nur Schwierigkeiten bereitet habe, konkret
im Falle einer vom Untermieter begehrten Erstattung der Vorauszahlung bei vorzeitiger Beendigung des Untermietverhältnisses.
Die Klägerin hat sich demnach bewusst dafür entschieden, bei den Untermietverhältnissen im streitigen Zeitraum auf eine gesonderte
Ausweisung der Stromkosten zu verzichten. Die Klägerin und ihre Untermieter hatten auch keine gemeinsame Vorstellung darüber,
welche Anteile der geschuldeten Untermiete überhaupt auf die in § 3 des Untermietvertrages genannten Nebenkosten – „Strom,
Wasser und Heizung“ – entfallen sollten. Andernfalls hätte es weder der von der Klägerin im Verwaltungs- und im gerichtlichen
Verfahren rückblickend angestellten Erwägungen zu den einzelnen Verbrauchsanteilen der Mitbewohner noch der von ihr als „Aufforderung
zur Sparsamkeit“ bezeichneten Einschränkung im Untermietvertrag („bei üblichem Gebrauch“) bedurft.
Wird aber keine gesonderte Vereinbarung getroffen, kann nicht danach differenziert werden, welcher Teil der vertraglichen
Schuld sich auf die reine Gebrauchsüberlassung von Wohnraum und welcher sich auf die Energieversorgung bezieht. Hingegen kommt
es für Frage, in welchem Umfang die vom Leistungsberechtigten eingenommene Untermiete bedarfsmindernd wirkt, nicht auf den
tatsächlichen Stromverbrauch an. Unmaßgeblich ist deshalb auch, welcher Anteil am Stromverbrauch auf den Untermieter entfällt,
so dass das vom Sozialgericht aufgeworfene Problem fehlender Schätzungsgrundlagen nicht weiter erörtert werden muss.
Entsprechendes gilt für weitere von der Klägerin als mit der Untervermietung zusammenhängend geltend gemachte Verbrauchskosten
– namentlich Telefon, Internet, Kochgas, Putzmittel sowie Erneuerungs- und Renovierungskosten. Insoweit ist im Übrigen aber
auch die vom Sozialgericht vertretene Auffassung, es stehe schon nicht fest, dass diese Kosten von den Untermietzahlungen
abgedeckt gewesen seien, nicht zu beanstanden.“
An dieser Rechtsprechung hält der Senat nach erneuter Prüfung fest. Auch der Umstand, dass die Klägerin ihr Handeln nicht
auf diese Rechtsauffassung einstellen und den Untermietvertrag rückwirkend entsprechend ändern konnte, führt zu keiner anderen
Beurteilung. Denn das entkräftet nicht die Überzeugungskraft der zugrundeliegenden Argumentation und entspricht geradezu dem
Wesen des nachträglichen Rechtsschutzes.
Daraus folgt, dass die Aufwendungen der Klägerin für Unterkunft und Heizung um die vollständigen Untermieteinkünfte zu reduzieren
sind.
|
Miete
|
Untermiete
|
Differenz
|
Sept. 2012
|
1.128,75
|
690
|
438,75
|
Okt. 2012
|
1.128,75
|
920
|
208,75
|
Nov. 2012
|
1.128,75
|
920
|
208,75
|
Dez. 2012
|
1.128,75
|
920
|
208,75
|
Jan. 2013
|
1.128,75
|
920
|
208,75
|
Febr. 2013
|
1.128,75
|
930
|
198,75
|
März 2013
|
1.128,75
|
770
|
358,75
|
Apr. 2013
|
1.128,75
|
770
|
358,75
|
Mai 2013
|
1.128,75
|
470
|
658,75
|
Juni 2013
|
1.128,75
|
470
|
658,75
|
Juli 2013
|
1.128,75
|
100
|
1.012,75
|
Aug. 2013
|
1.128,75
|
0
|
1.128,75
|
Die bewilligten Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 643,80 decken diese Differenzbeträge in den Monaten September
2012 bis April 2013; für die Monate Mai 2013 und Juni 2013 besteht eine Leistungslücke in Höhe von jeweils 14,95 Euro, für
den Monat Juli 2013 in Höhe von 384,95 Euro und für den Monat August 2013 in Höhe von 484,95 Euro. In dieser Höhe war der
Beklagte jeweils zur Nachleistung zu verurteilen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG. Der Senat hat die Verfahren L 4 AS 108/19, L 4 AS 110/19 , L 4 AS 111/19 , L 4 AS 112/19 und L 4 AS 39/20 insgesamt betrachtet und sich am Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen orientiert.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des §
160 Abs.
2 Nr.
1 oder 2
SGG nicht vorliegen.