Voraussetzungen des Anspruchs auf Beitragszuschuss durch den Grundsicherungsträger für einen freiwillig Krankenversicherten
- Rentenbezieher
Tatbestand
Die Beteiligten streiten noch über die Höhe der Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung als freiwilliges Mitglied.
Der am xxxxx 1949 geborene Kläger nahm am 13. November 1969 erstmalig eine Erwerbstätigkeit auf. Vom 1. Januar 1984 bis zum
Tag vor seiner Heirat am 9. November 2001 war der Kläger nicht Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung. Anschließend
bestand über seine Ehefrau bis zum 30. Juni 2016 eine Familienversicherung bei der Beklagten.
Seit dem 1. Januar 2014 bezieht der Kläger eine Altersrente von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Bund. Zunächst war
er wegen Unterschreitung der Einkommensgrenze des §
10 Abs. S. 1 Nr. 5 des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch (
SGB V) (ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße) in der Familienversicherung verblieben. Anlässlich einer Rentenerhöhung zum 1.
Juli 2016 überschritt der Kläger mit dem Zahlbetrag der Rente in Höhe von 428,17 Euro erstmals diese Grenze, die im Kalenderjahr
2016 bei 415,00 Euro lag. Daran hat sich seither vor dem Hintergrund der relativ gleichmäßigen Dynamisierungen des Rentenzahlbetrags
wie auch der Bezugsgröße nichts geändert.
Mit Bescheid vom 9. März 2017 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Familienversicherung zum 30. Juni 2016 geendet
habe. Aufgrund des Antrags des Klägers auf freiwillige Weiterversicherung stufte die Beklagte den Kläger mit Bescheid vom
28. März 2017 als freiwillig versicherten Rentner ein und setzte rückwirkend für die Zeit ab 1. Juli 2016 sowie fortlaufend
sowohl den Krankenversicherungs- als auch – insoweit im Namen ihrer Pflegekasse – den Pflegeversicherungsbeitrag unter Heranziehung
der Mindestbeitragsbemessungsgrenze gemäß §
240 Abs.
4 S. 1
SGB V (für den Kalendertag ein Neunzigstel der monatlichen Bezugsgröße, mithin für den Monat ein Drittel der monatlichen Bezugsgröße
<für das Jahr 2016: 968,33 Euro, für das Jahr 2017: 991,67 Euro>) fest, woraus sich eine Beitragsverpflichtung in Höhe von
insgesamt 173,96 Euro (2016) bzw. 180,08 Euro (2017) ergab.
Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 12. April 2017 Widerspruch ein. Es könne nach seinem Verständnis nicht richtig
sein, dass er bei einer monatlichen Rente von etwa 430,00 Euro einen monatlichen Krankenkassenbeitrag von etwa 180,00 Euro
zahlen müsse. Anderenfalls müsste der Zuschuss der DRV zur Krankenversicherung nach §
106 des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch (
SGB VI) sich nicht nach dem Rentenzahlbetrag, sondern nach der Mindesteinnahmengrenze der Krankenversicherung bemessen. Diesbezüglich
führte der Kläger parallel und letztlich erfolglos ein Verfahren gegen die DRV Bund (Bescheid vom 24. Mai 2017, Widerspruchsbescheid
vom 11. Dezember 2017, Klage vom 5. Januar 2018 beim Sozialgericht <SG> Hamburg – S 11 R 23/18 –, Klagerücknahme am 6. September 2018).
Während des hiesigen Widerspruchsverfahrens ist der Beitragsbescheid mehrfach an Änderungen beim (fiktiven) Einkommen sowie
bei den Beitragssätzen angepasst worden (Bescheide vom 8. Juni 2017, 24. Juli 2017, 20. Dezember 2017, 26. Juni 2018, 6. August
2018, 19. Dezember 2018, 18. Juni 2019, jeweils auch im Namen der Pflegekasse der Beklagten), sodass diese nach §
86 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) jeweils Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden sind.
Mit Widerspruchsbescheid vom 6. August 2019 wies die Beklagte – wiederum auch im Namen ihrer Pflegekasse – den Widerspruch
des Klägers zurück. Bei der Ermittlung der Beitragshöhe sei zu beachten, dass der Gesetzgeber für die Bemessung der Beiträge
der freiwillig Versicherten eine Mindesteinnahmegrenze festgesetzt habe. Da die Rente des Klägers diese unterschreite, sei
der Beitrag insgesamt nach der Mindesteinnahmengrenze zu bemessen. Eine hiervon abweichende Einstufung nach der tatsächlichen
Höhe der Einnahmen sei nicht möglich. Die Mindesteinnahmengrenze dürfe selbst bei einkommenslosen Mitgliedern nicht unterschritten
werden und verstoße auch nicht gegen verfassungsrechtliche Grundsätze.
Der Kläger hat am 2. September 2019 Klage vor dem SG Hamburg erhoben und die Beitragsbemessung auf der Grundlage der tatsächlich
gezahlten Rente sowie die Erstattung danach überzahlter Beiträge begehrt. Es könne schlichtweg nicht sein, dass einerseits
die Beklagte den Beitrag auf Basis der Mindesteinnahmengrenze berechne, während andererseits die DRV den Zuschuss lediglich
unter Zugrundelegung der tatsächlich gezahlten Rente gewähre. Entweder die Sichtweise der DRV treffe zu oder diejenige der
Beklagten. Es könne nicht sein, dass beide richtiglägen, da dies dazu führen würde, dass der Kläger mehr als vierzig Prozent
seiner ohnehin geringen Rente für die Krankenversicherung aufwenden müsste. Es müsse berücksichtigt werden, dass er ursprünglich
über seine Ehefrau familienversichert gewesen sei. Offensichtlich habe der Gesetzgeber bei dem Versuch, eine praktikable Lösung
zu schaffen, nicht ausreichend auf die erhebliche Diskrepanz geachtet, die zwischen Rentnern entstehe, deren Rente in etwa
der Mindestbemessungsgrundlage entspreche, und solchen Rentnern, die nur knapp die Einkommensgrenze für die Familienversicherung
überschritten. Eine Konstellation wie die des Klägers habe der Gesetzgeber nicht vor Augen gehabt. Auch die Vorsitzende der
11. Kammer des SG, auf deren Hinweis er die Klage gegen die DRV Bund zurückgenommen habe, habe Zweifel hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der
Bescheide der hiesigen Beklagten geäußert.
Die Beklagte ist dem unter Bezugnahme auf die Ausführungen in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid entgegengetreten und
hat ergänzend erklärt, der Kläger sei vor seiner Heirat nicht gesetzlich versichert gewesen, weshalb er die Vorversicherungszeiten
für die Krankenversicherung der Rentner (KVdR) nicht erfülle. Hätte er diese erfüllt, so hätte er Zugang zur Versicherungspflicht
in der KVdR, in welcher keine fiktiven Mindesteinnahmen gälten, wodurch der Gesetzgeber der Diskrepanz zwischen Rente und
Mindestbemessungsgrenze bei den früher als Kleinrentner bezeichneten Personen Rechnung getragen habe.
Während des Klageverfahrens sind weitere, nunmehr nach §
96 SGG Gegenstand des Verfahrens gewordene Beitragsanpassungsbescheide ergangen (Bescheide vom 20. Dezember 2019, 25. Juni 2020
und 16. Januar 2021, die allerdings dem SG offenbar nicht bekannt geworden und – ebenso wie der o.g., bereits im Vorverfahren ergangene Bescheid vom 26. Juni 2018 –
im Antrag des Klägers nicht genannt worden sind).
Das SG hat über die Klage am 10. August 2021 mündlich verhandelt und sie mit Urteil vom selben Tag abgewiesen.
Die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß §
54 Abs.
1 und 4
SGG zulässige Klage sei unbegründet.
Die Bescheide vom 28. März 2017, 8. Juni 2017, 24. Juli 2017, 20. Dezember 2017, 6. August 2018, 19. Dezember 2018 und 18.
Juni 2019, jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. August 2019, seien rechtmäßig und verletzten den Kläger
nicht in eigenen Rechten.
Die Entscheidung der Beklagten, Beiträge im Rahmen der freiwilligen Versicherung auf der Grundlage der Mindesteinnahmengrenze
zu erheben, sei rechtlich nicht zu beanstanden. Die Heranziehung der Mindesteinnahmengrenze sei in §
240 Abs.
4 SGB V geregelt. Gemäß §
240 Abs.
4 S. 1
SGB V gelte als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag mindestens der neunzigste Teil (auf den Monat gerechnet also ein
Drittel) der monatlichen Bezugsgröße nach §
18 des Vierten Buchs Sozialgesetzbuch (
SGB IV). Die monatliche Bezugsgröße habe in den Jahren 2016 bis 2019 bei 2905,00 Euro (2016), 2975,00 Euro (2017), 3045,00 Euro
(2018) und 3115,00 Euro (2019) gelegen. Ein Drittel dieser Beträge habe 968,33 Euro (2016), 991,67 Euro (2017), 1015,00 Euro
(2018) und 1038,33 Euro (2019) ergeben. Die Altersrente des Klägers habe jeweils deutlich unter diesen Beträgen gelegen. Die
Voraussetzungen der gesetzlichen Ausnahmefälle gemäß §
240 Abs.
4 S. 2 ff.
SGB V hätten bei dem Kläger nicht vorgelegen.
Der Kläger sei in der Zeit ab dem 1. Juli 2016 auch nicht über seine Ehefrau familienversichert gewesen. Gemäß §
10 Abs.
1 S. 1 Nr.
5 SGB V sei ein Ehegatte, der ein Gesamteinkommen habe, das regelmäßig im Monat ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße nach §
18 SGB IV überschreite, nicht familienversichert. Bei Renten werde der Zahlbetrag ohne den auf Entgeltpunkte für Kindererziehungszeiten
entfallenden Teil berücksichtigt. Die grundsätzlich vorgesehene Verweisung auf das Steuerrecht sei demnach bei Rentenbezug
außer Kraft gesetzt, sodass Werbungspauschalen und Freibeträge nicht in Abzug gebracht werden könnten. Unter Berücksichtigung
dieser Grundsätze überschreite das Einkommen aus der Altersrente in Höhe von 428,17 Euro (ab Juli 2016), 436,32 Euro (ab Juli
2017) 450,38 Euro (ab August 2018) 464,73 Euro (ab Juli 2019) seit dem 1. Juli 2016 die für die Familienversicherung geltende
Einkommensgrenze in Höhe von 415,00 Euro (2016), 425,00 Euro (2017), 435,00 Euro (2018) und 445,00 Euro (2019).
Eine Mitgliedschaft in der KVdR scheide aus, da der Kläger die erforderlichen Vorversicherungszeiten gemäß §
5 Abs.
1 Nr.
11 SGB V nicht erfülle.
Die Festsetzung eines Beitrages zur freiwilligen Versicherung auf der Grundlage eines Einkommens unterhalb der Mindestbemessungsgrenze
des §
240 Abs.
4 S. 1
SGB V komme außerhalb der (hier nicht vorliegenden) gesetzlich normierten Ausnahmekonstellationen nicht in Betracht. Bei der Mindestbemessungsgrenze
handelt es sich nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) um eine absolute Untergrenze beitragspflichtiger Einnahmen (Hinweis auf BSG, Urteile vom 15. September 1992 – 12 RK 51/91 – sowie vom 30. November 2016 – B 12 KR 6/15 R –). Der Gesetzgeber habe mit dieser Regelung dem Versicherungsprinzip gegenüber dem Solidaritätsprinzip im Interesse einer
stabilen Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung den Vorrang eingeräumt. Laut der Gesetzesbegründung solle damit
bei freiwilligen Mitgliedern ein vertretbarer Ausgleich zwischen „Leistung“ und „Gegenleistung“ erreicht werden (Hinweis auf
BT-Drs. 11/2237, S. 225). Nach ständiger Rechtsprechung des BSG sei §
240 Abs.
4 SGB V verfassungsrechtlich unbedenklich (Hinweis auf u.a. BSG, Urteile vom 7. November 1991 – 12 RK 37/90 – sowie vom 30. November 2016 – B 12 KR 6/15 R). Die Mindesteinnahmengrenze des §
240 Abs.
4 Satz 1
SGB V dürfe nach Ansicht des BSG auch in Härtefällen nicht unterschritten werden, etwa dann, wenn die beitragsrelevanten tatsächlichen Einnahmen des Versicherten
wesentlich unter dieser Grenze lägen oder Einkommen überhaupt nicht vorhanden sei (Hinweis auf BSG, Urteile vom 30. November 2016 – B 12 KR 6/15 R- sowie vom 25. August 2004 – B 12 P 1/04 R –). Eine Beitragsbemessung auf der Grundlage des tatsächlichen Einkommens des Klägers komme daher nicht in Betracht. Die
oben genannten Grundsätze der Rechtsprechung des BSG gälten entgegen der Auffassung des Klägers auch in diesem Fall.
Gegen dieses ihm frühestens am 18. August 2021 zugestellte (nach Angaben des Klägers sowie einer dritten Person und entgegen
denjenigen auf der Zustellungsurkunde Einwurf in den Briefkasten der dritten Person), spätestens aber am 26. August 2021 (Aushändigung
durch die dritte Person) zugegangene Urteil richtet sich die am 17. September 2021 eingelegte Berufung des Klägers, mit der
er seinen bisherigen Vortrag wiederholt und vertieft. Er ist der Ansicht, dass der vorliegende Sachverhalt nicht mit denjenigen
vergleichbar sei, die den vom SG zitierten Urteilen zugrunde gelegen hätten. Der Kläger sieht sich in seinen Grundrechten aus Art.
6 GG (durch Minderung des Familieneinkommens), Art.
14 GG und Art.
3 GG verletzt, Letzteres weil Bezieher von Arbeitslosengeld II ohne eigene Leistung pflichtversichert würden und selbst privatversicherte
Bezieher von Arbeitslosengeld II die notwendigen Beiträge erhielten. Schließlich weist er darauf hin, dass seine Ehefrau seit
längerer Zeit Höchstbeiträge an die Beklagte zahle, sodass ein Ausgleich von Leistung und Gegenleistung geradezu überfüllt
sei.
Nachdem die Beteiligten sich durch Teilunterwerfungsvergleich dahingehend verständigt haben, dass Gegenstand des vorliegenden
Rechtsstreits ausschließlich die Höhe der Festsetzung der Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung ist und das Ergebnis
entsprechend auf die Festsetzung der Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung übertragen wird, beantragt der Kläger,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 10. August 2021 aufzuheben,
die Bescheide der Beklagten vom 28. März 2017, 8. Juni 2017, 24. Juli 2017, 20. Dezember 2017, 26. Juni 2018, 6. August 2018,
19. Dezember 2018 und 18. Juni 2019, jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. August 2019, sowie die Bescheide
vom 20. Dezember 2019, 25. Juni 2020 und 16. Januar 2021 insoweit aufzuheben, als der Beitragserhebung zur gesetzlichen Krankenversicherung
ein höherer Betrag als der jeweilige tatsächliche Rentenzahlbetrag zugrunde gelegt wurde, und die Beklagte zu verurteilen,
dem Kläger die danach überzahlten Beitragsanteile zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die Klage abzuweisen.
Sie nimmt Bezug auf die Begründung des angefochtenen Urteils und betont, dass sie den Kläger zu den nach dem Gesetz geringstmöglichen
Beiträgen heranziehe.
Am 28. April 2022 hat der Senat über die Berufung mündlich verhandelt. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Sitzungsniederschrift
und den weiteren Inhalt der Prozessakte sowie der ausweislich der Sitzungsniederschrift beigezogenen Akten und Unterlagen
Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die statthafte (§§
143,
144 des
Sozialgerichtsgesetzes <SGG>) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte (§
151 SGG) Berufung des Klägers ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der erkennende Senat entscheidet auch über die Rechtmäßigkeit der durch das SG nicht genannten, aber nach §
86 bzw. §
96 SGG Gegenstand des Verfahrens gewordenen Beitragsbescheide, soweit sie die nach dem Teilunterwerfungsvergleich allein noch streitigen
Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung betreffen, dies allerdings nicht im Rahmen der Berufung, sondern auf Klage.
Materiell ist die Entscheidung des SG in keiner Weise zu beanstanden, sodass der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen nach §
153 Abs.
2 SGG Bezug auf deren Gründe nimmt. Zu ergänzen ist lediglich, dass die Konstellation auch in den Jahren nach 2019 im Grundsatz
derjenigen der Vorjahre entspricht (Rentenhöhe des Klägers ab 1. Juli 2020: 480,76 Euro <Zahlbetrag>, Familienversicherungsgrenze
gemäß §
10 Abs.
1 S. 1 Nr.
5 SGB V 2020: 455,00 Euro, 2021: 470,00 Euro, 2022: 470,00 Euro).
Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren gibt keinen Anlass zu einer abweichenden rechtlichen Bewertung.
Zwar ist dem Kläger insoweit Recht zu geben, als die vom SG zitierten höchstrichterlichen Entscheidungen jeweils etwas anders gelagerte Sachverhalte betreffen. Die darin entwickelten
Grundsätze und Ausführungen dazu, dass die zugrundeliegenden gesetzlichen Regelungen nicht verfassungswidrig sind, sind jedoch
auch bei der Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts heranzuziehen. Der erkennende Senat schließt sich dieser überzeugenden
ständigen Rechtsprechung des BSG an (s. nur BSG, Urteile vom 4. Juni 1981 – 8/8a RK 10/80, BSGE 52, 32, und vom 30. November 2016 – B 12 KR 6/15 R, SozR 4-2500 § 224 Nr. 2, jeweils m.w.N.; s.a. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23. August 2005 – L 11 KR 3450/04, juris, ebenfalls m.w.N.).
Mit dem Mindestbeitrag will der Gesetzgeber verhindern, dass freiwillig Versicherte sich zu unangemessen niedrigen Beiträgen
versichern können, es soll letztlich ein vertretbarer Ausgleich zwischen Leistung und Gegenleistung erreicht werden. Der Gesetzgeber
hat hier dem Versicherungsprinzip gegenüber dem Solidaritätsprinzip im Interesse einer stabilen Finanzierung der gesetzlichen
Krankenversicherung den Vorrang eingeräumt (s. hierzu auch Padé in jurisPK-
SGB V, 4. Aufl. 2020 <Stand: 14. Oktober 2021>, §
240 Rn. 61, m.N.).
Fehlen dem freiwillig versicherten Mitglied die finanziellen Möglichkeiten, den Mindestbeitrag zu entrichten, können Ansprüche
auf Beitragszuschüsse gegen die Grundsicherungsträger bestehen (§ 26 des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch bzw. § 32 des Sozialgesetzbuchs
Fünftes Buch; vgl. Padé, a.a.O., m.N.). Schon aus diesem Grund wird der Kläger entgegen seiner Auffassung auch nicht ohne
sachliche Rechtfertigung schlechter behandelt als Arbeitslosengeld-II-Bezieher, denn diese erhalten ihren Krankenversicherungsschutz
als Pflichtversicherung bzw. durch Übernahme der Beiträge nur im Fall von Hilfebedürftigkeit. Gleiches gälte allerdings auch
für den Kläger bei Eintritt von Hilfebedürftigkeit, sodass kein Verstoß gegen Art.
3 Abs.
1 GG vorliegt.
Der Hinweis des Klägers auf die Beitragshöhe seiner Ehefrau geht ins Leere. Zu betrachten ist stets das einzelne Mitglied
der Krankenkasse. Die Ehefrau des Klägers zahlt mit dem Höchstbeitrag den in ihrem Versicherungsverhältnis vom Gesetzgeber
für angemessen gehaltenen Beitrag, wobei dieser möglicherweise wegen Überschreitens der Beitragsbemessungsgrenze bereits zu
ihren Gunsten gedeckelt sein könnte. Dann kann mit dem für die Ehefrau angemessenen Beitrag nicht auch eine darüberhinausgehende
– dann kostenlose – Versicherung des Klägers im Sinne eines angemessenen Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung aus
rechtlichen Gründen zwingend sein. Auch wenn sich dadurch faktisch das Familieneinkommen mindert, ist hierin kein Verstoß
gegen Art.
6 GG zu sehen. Abgesehen davon, dass die bestehenden Regelungen nicht offensichtlich sachwidrig sind, begründet Art.
6 GG keinen Anspruch auf bestimmte Sozialleistungen bzw. Erleichterungen.
Im Übrigen hat das BSG tatsächlich bereits über einen Sachverhalt entschieden, der dem hiesigen nahezu vollständig entspricht. Das Urteil vom 6.
November 1997 – 12 RK 61/96, SozR 3-2500 § 42 Nr. 30, betraf eine freiwillig gesetzlich krankenversicherte Rentnerin, deren Rentenzahlbetrag nur geringfügig
die Grenze zur Familienversicherung überschritt. Das BSG kommt auf überzeugende Art und Weise zu dem Ergebnis, dass es mit dem
Grundgesetz vereinbar sei, wenn Beiträge nach den Mindesteinnahmen von einem Drittel der monatlichen Bezugsgröße (§
240 Abs.
4 S. 1
SGB V) auch von einer Rentnerin zu entrichten seien, die mit ihrer Rente die Gesamteinkommensgrenze von einem Siebtel der monatlichen
Bezugsgröße knapp übersteige, deswegen aus der Familienversicherung ausscheide (§
10 Abs.
1 S. 1 Nr.
5 SGB V) und sich mangels Zugangs zur KVdR freiwillig versichere. Denkbare andere gesetzliche Lösungen würfen zumindest ebenso große
Probleme auf wie die vorliegende.
Eine generelle Absenkung der allgemeinen Mindesteinnahmen-Grenze wäre mit dem Zweck des Mindestbeitrags, die freiwilligen
Mitglieder angemessen an der Finanzierung Ihrer Versicherung zu beteiligen, unvereinbar.
Eine Absenkung der Mindesteinnahmen-Grenze des §
240 Abs.
4 S. 1
SGB V nur für Rentner, die wegen des Rentenbezugs aus der Familienversicherung ausscheiden und die KVdR verfehlen, würde zu einem
Sonderrecht führen und in mehrfacher Hinsicht verfassungsrechtlich bedenkliche Ungleichheiten im System der freiwilligen Versicherung
auslösen. Es würde eine Sonderbehandlung gegenüber denjenigen darstellen, die sich nach dem Ende einer Pflichtversicherung
(z.B. als Teilzeitbeschäftigte oder Studenten) in der freiwilligen Versicherung weiterversichern. Es würde ferner ein Sonderrecht
gegenüber denjenigen geschaffen, die aus anderen Gründen als dem Überschreiten der Gesamteinkommensgrenze aus der Familienversicherung
ausscheiden, z.B. weil die Versicherung des Stammversicherten endet. Schließlich würde ein Sonderrecht im Verhältnis zu denjenigen
geschaffen, die durch andere Einkünfte als eine Rente die Gesamteinkommensgrenze in der Familienversicherung überschreiten.
Für eine Bevorzugung der Rentner nach Ausscheiden aus der Familienversicherung gegenüber diesen freiwillig (Weiter-)Versicherten
gibt es keine überzeugenden Gründe.
Sie wäre auch deshalb nicht gerechtfertigt, weil Rentner in der freiwilligen Versicherung gegenüber den freiwillig Versicherten
ohnehin wirtschaftlich geringer belastet sind, da sie zu ihrer Rente den Beitragszuschuss erhalten (§ 106 SGB).
Der höhere Finanzierungsanteil der freiwillig versicherten Rentner beruht nicht auf einer beitragsrechtlichen Benachteiligung,
denn der zu zahlende Beitrag ist für alle Versicherten mit Einkünften bis zur Mindesteinnahmen-Grenze gleich hoch. Unterschiede
ergeben sich aus der rentenrechtlichen Regelung, wonach sich der Beitragszuschuss aus der Rentenversicherung nach dem Zahlbetrag
der Rente bemisst, also umso höher ist, je höher die Rente ist.
Eine Anhebung des Beitragszuschusses auf die Hälfte des Mindestbeitrags erscheint jedoch nicht geboten. Sie würde dazu führen,
dass mit ihm teilweise Beiträge aus rentenfremden (hier fiktiven) Einnahmen finanziert würden. Das wäre nicht mit dem Grundsatz
der Abhängigkeit der Geldleistungen aus der Rentenversicherung von der Beitragsleistung vereinbar, der nicht nur für die Rente,
sondern auch für den hieraus abgeleiteten Beitragszuschuss gelten muss.
Außerdem würden sie die freiwillig Versicherten gegenüber den privat krankenversicherten Rentnern bevorzugen, deren Beiträge
zur Krankenversicherung ebenfalls nicht einkommensbezogen berechnet werden und die den Beitragszuschuss nur entsprechend ihrer
Rente und nicht gemessen an ihrer Beitragsbelastung erhalten.
Ob der Gesetzgeber die gerechteste und zweckmäßigste Lösung gefunden hat, ist im Rahmen der verfassungsrechtlichen Prüfung
nicht zu entscheiden (so überzeugend BSG, Urteil vom 6. November 1997 – 12 RK 61/96, a.a.O.; zur Verfassungsgemäßheit von §
106 SGB VI s. auch Bayerisches LSG, Urteil vom 29. Januar 2014 – L 1 R 1104/13, juris).
Da der Kläger seine durch entsprechende Anwartschaften erworbene Rente ungekürzt und zuzüglich des Krankenversicherungszuschusses
erhält, liegt auch kein Verstoß gegen Art.
14 GG vor.
Schließlich ist auch der Vortrag des Klägers aus dem Klageverfahren, wonach der Gesetzgeber Sachverhalte wie den ihn betreffenden
nicht vor Augen gehabt habe, nicht haltbar. In der bereits mehrfach zitierten Entscheidung des BSG vom 6. November 1997 – 12 RK 61/96 – hat das BSG dargelegt, dass vor Einführung des
SGB V am 1. Januar 1989 die Vorschriften der damaligen
Reichsversicherungsordnung (
RVO) die Geltung des Mindestgrundlohns für freiwillig Versicherte Rentenbezieher ausschlossen (§ 180 Abs. 4 und 7
RVO). Dem ist das
SGB V nicht gefolgt. Nachdem das BSG zu den neuen Vorschriften des
SGB V seine Rechtsprechung entwickelt hatte, wonach es nicht rechtmäßig sei, den Mindestbeitrag für bestimmte Personengruppen zu
unterschreiten, und wiederum in der bereits mehrfach zitierten Entscheidung vom 6. November 1997 – 12 RK 61/96 – zu einem dem hiesigen unmittelbar vergleichbaren Sachverhalt die Verfassungsmäßigkeit der Mindesteinnahmenregelung für
eine Rentnerin, die mit ihrer Rente die Gesamteinkommensgrenze von einem Siebtel der monatlichen Bezugsgröße nur knapp überstieg
und deswegen aus der Familienversicherung ausschied, betont hatte, reagierte der Gesetzgeber und schaffte beitragsrechtliche
Privilegien für den Personenkreis der freiwilligen Mitglieder, die Schüler einer Fachschule oder Berufsfachschule sind, sowie
nachfolgend auch für „Wandergesellen“ (siehe Nachweise bei Wasem in Orlowski/Remmert, GKV-Kommentar
SGB V, Werksstand: 58. AL 4/2021, §
240 Rn. 12 h und 12 h1), nicht jedoch für den Personenkreis, dem der Kläger angehört. Daraus kann nur geschlossen werden, dass
der Gesetzgeber – im Übrigen ja mit guten Gründen, die den zitierten Urteilen zu entnehmen sind – die Rechtsprechung des BSG im Hinblick auf diesen Personenkreis billigt und für diesen bewusst keine weitere Privilegierung geschaffen hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG und folgt dem Ausgang des Rechtsstreits.
Gründe für die Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 Nr.
1 oder 2
SGG liegen nicht vor.