Tatbestand
Der Kläger begehrt die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von 100 sowie der Merkzeichen G, B, H und RF.
Er beantragte am 9. Dezember 2004 bei der Beklagten erstmalig die Feststellung einer Schwerbehinderung. Mit Widerspruchsbescheid
vom 24. Juni 2010 stellte die Beklagte einen GdB von 70 für eine psychische Störung im Sinne eines Münchhausen-Syndroms fest.
Seitdem beantragte der Kläger mehrfach die Feststellung eines GdB von 100 sowie der Merkzeichen H, B, G und RF. Hierbei wies
er u.a. darauf hin, dass er unter einer Demenz und Epilepsieanfällen, Asthmaanfällen, Darmkrebs und Prostatakrebs leide. Außerdem
habe er einen Bandscheibenvorfall und einen Schlaganfall erlitten. Die Beklagte lehnte die Neufeststellung jeweils mit der
Begründung ab, dass keine wesentliche Änderung in den gesundheitlichen Verhältnissen eingetreten sei, der GdB unverändert
70 betrage und dass die gesundheitlichen Voraussetzungen für die beantragten Merkzeichen nicht vorlägen (Bescheide vom 5. September 2011, vom 27. Juli 2012, vom 13. Mai 2013, vom 28. April 2014, vom 8. April 2016 und vom 9. Januar
2017). Der Kläger führte mit der Zielsetzung der Feststellung eines höheren GdB zahlreiche Verfahren vor dem Sozialgericht Hamburg,
die im Ergebnis ohne Erfolg blieben.
Am 17. Januar 2017 und am 30. Mai 2017 stellte der Kläger weitere Neufeststellungsanträge. Zur weiteren Sachverhaltsaufklärung
veranlasste die Beklagte eine Untersuchung des Klägers durch Dr. M.. Der Kläger erschien zur Begutachtung mit einem Gehwagen,
auf den er sich stützte und zeigte ein breitbasiges Gangbild mit Festhalten an den Wänden und starkem Wackeln bei jedem Schritt.
Außerdem hatte er eine große Sporttasche dabei, in der sich Hilfsmittel und mehrere hundert Medikamente befanden, von denen
er angab, dass er sie regelmäßig einnehme. Zum Gehwagen gab er an, dass er diesen bereits seit 1995 wegen einer Epilepsie
mit 20 Anfällen täglich habe. Später habe er vier Anfälle am Tag gehabt, jetzt seien es manchmal wieder bis zu 20. Nachdem
der Kläger über einen erlittenen Schlaganfall berichtet habe, habe er demonstriert, dass er seine beiden Arme nicht mehr heben
könne. Bis zu diesem Zeitpunkt habe er mit beiden Händen gestikuliert. Zum Schlaf gab er an, dass er überhaupt nicht schlafe.
Fast stolz habe er gesagt, dass er in Deutschland alles erreicht habe: eine Pflegestufe, ASP, die Schwerbehinderung. Es fehle
ihm aber noch die Anerkennung der Buchstaben. Dr. M. vertrat in ihrem Gutachten vom 21. Juli 2017 die Auffassung, dass das
Ausmaß der psychischen Erkrankung zugenommen habe und hierfür nunmehr ein GdB von 80 angemessen sei. Außerdem sei als weiteres
Krankheitsbild eine Inkontinenz hinzugekommen, die zu einem weiteren Teil-GdB von 40 führe. Insgesamt ergebe sich daher ein
GdB von 100. Aufgrund der gezeigten Gangstörung, die Frau Dr. M. als dissoziative Gangstörung einordnete, empfahl sie außerdem
die Feststellung der Merkzeichen G und B.
Da der Kläger jedoch kurz zuvor im Versorgungsamt gewesen war und dabei zwar einen Stock als Gehhilfe, nicht jedoch einen
Gehwagen benutzt hatte, äußerte eine Sachbearbeiterin der Beklagten Bedenken, ob der im Gutachten gezeigte Gesundheitszustand
tatsächlich vorliege. Sie veranlasste daher die Anforderung eines weiteren Befundberichtes der Hausärztin des Klägers, Dr.
M1. Diese berichtete unter dem 21. August 2017, dass der Kläger keine Medikamente einnehme und sich in der Akte auch keine
fachärztlichen Stellungnahmen befänden. Im Rahmen ihrer Untersuchung sei das Skelettsystem und die Wirbelsäule des Klägers
nicht klopfschmerzhaft gewesen und grob neurologisch habe sich kein Befund erheben lassen.
Im Anschluss daran holte die Beklagte eine gutachtliche Stellungnahme von Dr. K1 vom 29. September 2017 ein, der die Auffassung
vertrat, dass der GdB von 70 weiterhin angemessen sei. Hinsichtlich der bei Dr. M. gezeigten Gangstörung wies Dr. K1 darauf
hin, dass die Gangstörung zwar glaubhaft auf die Gutachterin gewirkt habe. Dr. M. habe jedoch keine objektiven Befunde erhoben,
die diese stützen könnten (Muskelatrophien oder Paresen). Auch aus der Aktenlage ergebe sich kein plausibler Verlauf, der in einer Gangstörung münden könne.
Der Kläger erhält von der Pflegekasse Pflegeleistungen nach dem Grad 2 nach einer entsprechenden Begutachtung des MDK vom
27. Oktober 2017 (und einem Kurzgutachten vom 4. April 2018).
Schließlich lehnte die Beklagte die Neufeststellung mit Bescheid vom 29. September 2017 ab. Zur Begründung führte sie aus,
dass außer der psychischen Störung, die weiterhin mit einem GdB von 70 zu bewerten sei, keine gravierenden Gesundheitsstörungen
durch medizinische Befunde belegt oder nachgewiesen seien. Insbesondere hätten keine Gesundheitsstörungen festgestellt werden
können, die das Vorliegen der Merkzeichen G und B belegen würden.
Hiergegen legte der Kläger am 9. Oktober 2017 Widerspruch ein und berief sich zur Begründung auf das Gutachten von Dr. M..
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 1. Februar 2018 zurück. Dies begründete sie damit, dass eine
wesentliche Verschlechterung der psychischen Erkrankung des Klägers nicht nachgewiesen sei. Auch eine Einschränkung des Gehvermögens
sei weder den Akten zu entnehmen noch im Rahmen der persönlichen Kontakte mit dem Kläger dokumentiert. Der Kläger gehöre auch
nicht zu dem Personenkreis, der Anspruch auf die Merkzeichen B, H und RF habe.
Mit seiner am 6. Februar 2018 zur Niederschrift im Antragsdienst vor dem Sozialgericht Hamburg erhobenen Klage hat der Kläger
sein Begehren auf Feststellung eines GdB von 100 sowie der Merkzeichen G, B, H und RF weiterverfolgt. Zur Begründung hat er
erneut auf das Gutachten von Frau Dr. M. verwiesen.
Das Sozialgericht hat zunächst Befundberichte der vom Kläger angegebenen Ärzte angefordert. Dr. M1 hat in ihrem Befundbericht
vom 20. März 2018 ausgeführt, dass der Kläger von durchgehenden Diarrhöen, Reizdarm und Pankreasinsuffizienz berichtet habe.
Im Verlauf sei außerdem eine Harninkontinenz dazugekommen. Im orthopädischen Bereich habe der Kläger über einen Spreizfuß
geklagt. Der Kläger nutze daher eine Gehhilfe. Seit der Praxisübernahme durch sie sei der Gesundheitszustand des Klägers unverändert.
Dr. D. hat den Kläger im Zeitraum vom 8. Januar 2009 bis 30. Januar 2017 behandelt und einen stabilen und unveränderten Zustand
angegeben.
Im Anschluss daran hat das Sozialgericht beim Kläger nachgefragt, welcher Arzt die Medikamente verordnet habe, die er zu der
Untersuchung bei Dr. M. mitgebracht hatte. Eine Antwort des Klägers ist trotz zweifacher Erinnerung nicht eingegangen.
Außerdem sind im erstinstanzlichen Verfahren die Pflegegutachten des MDK über den Kläger beigezogen, ein Vorerkrankungsverzeichnis
seiner Krankenkasse angefordert und nach dessen Auswertung weitere Befundberichte der behandelnden Ärzte angefordert worden.
Zudem ist die Betreuungsakte des Klägers vom Amtsgericht Hamburg beigezogen worden. Hieraus geht hervor, dass der Kläger mehrfach
begutachtet worden ist. Es liegt ein Gutachten vom 12. August 2015 der Fachärztin für Psychiatrie E. vor, in welchem diese
unter anderem ausführte, dass die Begutachtung problematisch gewesen sei, weil sich der Kläger sehr auffällig verhalten habe
und sie sich auch bedroht gefühlt habe. Am 17. September 2017 ist ein weiteres Gutachten der Fachärztin für Psychiatrie Dr.
K. nach Untersuchung des Klägers erstellt worden. Es handelt sich um ein sehr ausführliches Gutachten, in welchem die Gutachterin
zu dem Ergebnis gelangte, dass von einer dissozialen Persönlichkeitsstörung im Sinne einer Psychopathie/eines malignen Narzissmus
auszugehen sei, wobei die diagnostischen Kriterien der Erkrankung nach dem ICD-10 F 60.2 erfüllt seien (dissoziale Persönlichkeitsstörung). Als Kriterien hierfür benannte die Gutachterin das betrügerische Erschleichen von Leistungen beim Sozialamt und der Rentenversicherung,
Versicherungsbetrug, Abrechnungsbetrug der Krankenkasse und dem Betreuungsgericht, diverse Diebstähle, Urkundenfälschung,
Einschüchterung und Bedrohung anderer Personen, möglicherweise auch Körperverletzung. Auch die anderen Kriterien seien erfüllt.
Das Sozialgericht hat daraufhin die Gewährung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 10. April 2019 abgelehnt. Die hiergegen
gerichtete Beschwerde hat der erkennende Senat mit Beschluss vom 23. Mai 2019 (Az. L 3 SB 10/19 B PKH) zurückgewiesen.
Das Sozialgericht hat die Klage nach Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 26. September 2019 abgewiesen. Es sei
nicht nachgewiesen, dass der Kläger einen Anspruch auf die Feststellung eines höheren GdB als 70 oder auf das Vorliegen der
begehrten Merkzeichen habe. Das Gericht schließe sich insoweit der Einschätzung der Beklagten und deren zutreffenden und ausführlichen
Begründungen im Widerspruchsbescheid an. Ergänzend hat das Sozialgericht darauf hingewiesen, dass sich aus den im Klageverfahren
eingeholten Befunden keine Anhaltspunkte ergeben hätten, die für eine wesentliche Änderung des Gesundheitszustandes im Sinne
einer Verschlimmerung sprechen würden. So habe im Gegenteil der den Kläger langjährig behandelnde Arzt Dr. D. mitgeteilt,
dass der Gesundheitszustand des Klägers seit 2009 stabil geblieben sei. Soweit sich der Kläger auf das von der Beklagten eingeholte
Gutachten vom 27. Juli 2017 von Dr. M. beziehe, könne den Schlussfolgerungen der Gutachterin nicht gefolgt werden, da diese
im Widerspruch zu den vorliegenden Befunden und Gutachten stehen würden, die im Betreuungsverfahren vor dem Amtsgericht Hamburg
eingeholt worden seien.
Gegen den mit Postzustellungsurkunde am 4. Oktober 2019 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 7. Oktober 2019 Berufung
eingelegt, indem er auf einem Schreiben des Sozialgerichts vom 1. Oktober 2019, in welchem der Kläger über die Zustellung
des Gerichts-bescheides informiert worden ist, handschriftlich vermerkt hat, dass er gegen den Bescheid „am 1. Oktober 2019“
Widerspruch einlegen wolle. Die Berufung wird vom Kläger nicht weiter inhaltlich begründet, er verweist lediglich auf seinen
PKH-Antrag und die Beiordnung eines Rechtsanwalts, der jedoch wegen nicht vorliegender Unterlagen über die wirtschaftlichen
Verhältnisse zurückgewiesen worden ist.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 26. September 2019 sowie den Bescheid der Beklagten vom 29. September
2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Februar 2018 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, einen Grad
der Behinderung von 100 und das Vorliegen der Voraussetzungen für die Merkzeichen G, B, H und RF festzustellen.
Die Beklagte,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf das angefochtene Urteil.
Auf Veranlassung des Berufungsgerichts ist ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt worden. Der Facharzt für
Nervenheilkunde sowie Psychiatrie und Psychotherapie Dr. H. ist nach Untersuchung des Klägers am 11. März 2021 in seinem Sachverständigengutachten
vom 6. April 2021 zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger auf nervenheilkundigem Gebiet an einer dissozialen Persönlichkeitsstörung
mit histrionischen und emotional instabilen Anteilen leide und auf anderen Fachgebieten eine behindernde Nasenatmung und ein
Wirbelsäulensyndrom zu berücksichtigen seien. Retrospektiv sei die Diagnose eines Münchhausen-Syndroms nicht zu bestätigen.
Hierauf habe sich die Erhöhung des GdB auf 70 seinerzeit gestützt. Unter Berücksichtigung der zwischenzeitlich erstellten
Gutachten und der eigenen aktuellen Untersuchung sei die Darstellung der Krankheitssymptome zielorientierter zu bewerten,
als es mit der Diagnose eines Münchhausen-Syndroms zu vereinbaren wäre. Die Betonung liege auf einer dissozialen Persönlichkeitsstörung.
Diese sei nach der GdS-Tabelle B 3.7. als stärker behindernde Störung mit einem Teil-GdB von 40 zuzuordnen. Die anderen Erkrankungen
seien lediglich mit einem Teil-GdB von 10 zu bewerten. Es ergebe sich somit ein Gesamt-GdB von 40. Der Sachverständige hat
über erhebliche Probleme bei der Untersuchung und Begutachtung berichtet. Eine Vielzahl der Angaben des Klägers seien schwer
zu verwerten und stünden im krassen Widerspruch zu den objektivierbaren Störungen. So habe der Kläger beispielsweise angegeben,
Analphabet zu sein, andererseits habe er darüber berichtet, Texte zu lesen, in denen es um einen Nachteilsausgleich gegangen
sei. Er versuche Leiden wie Parkinson und Demenz darzustellen, scheitere aber an der erfolgreichen Umsetzung, ebenso mit seiner
theatralisch anmutend dargestellten Gangstörung.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Prozessakte, der
Verwaltungsakte der Beklagten und der Betreuungsakte des Amtsgerichts Hamburg. Diese haben vorgelegen und sind zum Gegenstand
der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerechte Berufung ist nicht begründet.
Streitgegenstand des Klage- und Berufungsverfahrens ist die Feststellung eines Gesamt-GdB von 100 sowie der Merkzeichen G,
B, RF und H.
Die Voraussetzungen für die begehrten Feststellungen liegen nicht vor.
Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Feststellungsanspruch ist §
152 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB IX) in der zum 1. Januar 2018 in Kraft getretenen Neufassung durch das Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung
von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz - BGBl. I 2016, 3234 ff. ). Auf Antrag des behinderten Menschen stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB zum Zeitpunkt der Antragstellung fest (§
152 Abs.
1 Satz 1
SGB IX). Soweit noch keine Verordnung nach §
153 Abs.
2 SGB IX erlassen ist, gelten die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der auf Grund des § 30 Abs. 16 BVG erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend. Damit gilt weiterhin die Versorgungsmedizin-Verordnung (VersmedV) vom 10. Dezember 2009 (BGBl. I, 2412), deren Anlage zu § 2 die „Versorgungsmedizinischen Grundsätze“ (VG) beinhalten. Die dort aufgeführten Grundsätze stellen ihrem Inhalt nach antizipierte Sachverständigengutachten dar (BSG v. 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R in juris).
Aufgrund der vom Berufungsgericht durchgeführten Beweisaufnahme und der bereits vorliegenden zahlreichen Gutachten und Befundberichte
kann unter keinen Umständen davon ausgegangen werden, dass die Voraussetzungen dafür vorliegen, dass ein höherer GdB als 70
und die begehrten Merkzeichen festgestellt werden können. Das Sachverständigengutachten von Dr. H. hat noch einmal eindrucksvoll
bestätigt, was sich bereits nach Aktenlage, insbesondere den vorliegenden Befundberichten und Gutachten, abgezeichnet hat.
Es ist nicht zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes gekommen und die Persönlichkeitsstörung des Klägers ist nicht
so ausgeprägt, dass ein höherer GdB gerechtfertigt wäre. Im Gegenteil ist aufgrund der Beweisaufnahme davon auszugehen, dass
der von der Beklagten festgestellte GdB von 70 zu hoch bemessen ist. Dies kann für die Entscheidung dieses Verfahrens letztendlich
dahingestellt bleiben, denn eindeutig wird ein höherer GdB als 70 nicht erreicht – unabhängig davon, ob der vom Sachverständigen
herangezogene Wert von 40 zutreffend ist, woran das erkennende Gericht jedoch keine Zweifel hat.
Im Vordergrund steht ganz eindeutig die vom Sachverständigen nachvollziehbar und plausibel anhand des Untersuchungsergebnisses
unter Abgleich mit den vorliegenden Befunden und Gutachten diagnostizierte dissoziale Persönlichkeitsstörung mit histrionischen
und emotional instabilen Anteilen. Nach Teil B 3.7 der Anlage zu § 2 VersmedV gilt für Neurosen, Persönlichkeitsstörungen
und Folgen psychischer Traumen mit – wie hier vorliegenden – stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung
der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, dass ein GdB von 30-40 angemessen ist.
Die Einschätzung des Sachverständigen, dass von einer dissozialen Persönlichkeitsstörung auszugehen ist, ist ebenso plausibel
wie die Einordnung der psychiatrischen Erkrankungen mit einem Teil-GdB von 40. Es ist weder von einer psychiatrisch stärker
einschränkenden Persönlichkeitsstörung auszugehen noch vom Vorliegen von Erkrankungen wie dem sog. Münchhausen-Syndrom, einer
schweren Demenzerkrankung, Parkinson, einer gravierenderen Gangstörung oder einem Anfallsleiden. Es ist sehr wahrscheinlich,
dass der Kläger im Zusammenhang mit seiner Persönlichkeitsstörung diese Erkrankungen simuliert, um in den Genuss von Sozialleistungen
oder anderen Vorteilen zu gelangen.
Zunächst ergibt sich aus dem Sachverständigengutachten im Zusammenhang mit den im Betreuungsverfahren gewonnenen Erkenntnissen,
dass der Kläger tatsächlich nicht – oder in deutlich geringerer Intensität – an den von ihm geklagten und bezeichneten Krankheiten
bzw. Krankheitsfolgen leidet. Denn es bestehe eine Vielzahl von Widersprüchen und Inkonsistenzen, die zum Teil so offensichtlich
sind, dass sie nur den Rückschluss zulassen, dass der Kläger auf der Basis einer dissozialen Persönlichkeitsstörung zielgerichtet
simuliert, um in den Genuss von Vorteilen und Sozialleistungen zu gelangen. Sehr auffällig ist, dass der Kläger neben körperlichen
Gebrechen starke kognitive Einschränkungen wie eine gänzlich aufgehobene zeitliche Orientierung mit einer gravierenden Minderleistung
des Erinnerungsvermögens demonstriert hat, während er auf der anderen Seite über Abläufe und Umstände im Laufe der Untersuchung
berichten konnte und dabei keinerlei Defizite erkennen ließ.
Der Sachverständige Dr. H. hat in seinem Gutachten vom 6. April 2021 geschildert, dass der Kläger formal gesehen unter Berücksichtigung
seiner Angaben zu seinem Alter und zur Zeit desorientiert sei. So hat der 1963 geborene Kläger auf Befragen angegeben, dass
er 70 Jahre alt sei, der Tag der Untersuchung ein Sonntag sei (tatsächlich ein Donnerstag) und er im Dezember 1901, im 18. Jahrhundert geboren sei. Die Aufgabe 5 x 7 habe er mit 1800 € und 5 + 7 mit 1 Million „gelöst“.
Auf der anderen Seite hat der Kläger an anderer Stelle in seinen spontanen Antworten das Vorjahr korrekt mit 2020 bezeichnet.
In weiteren Situationen hat er immer wieder darauf hingewiesen, dass er einen höheren GdB und die entsprechenden Merkzeichen
benötige. Der Sachverständige hat weiter ausgeführt, dass die Angaben des Klägers zu den angeblichen Sinnestäuschungen ohne
affektive Beteiligung erfolgt seien und er dabei den Eindruck einer Erzählung vermittelt habe. Darüber hinaus hat der Kläger
angegeben, Analphabet zu sein, um andererseits dem Sachverständigen zu schildern, dass er Texte lese, in denen es um das Thema
„Nachteilsausgleich“ gegangen sei. Diesen Begriff hat er gegenüber dem Sachverständigen an einem Beispiel sogar erläutern
können, indem er ausgeführt hat, dass ein Nachteilsausgleich dazu berechtige, mit einem Auto auf bestimmten Parkplätzen parken
zu dürfen. Darüber hinaus ist er in der Lage gewesen, Namen der Ärzte, die ihn behandeln, zu buchstabieren, was für eine Analphabeten
eher ungewöhnlich sein dürfte. Gegen die vom Kläger geschilderten erheblichen und gravierenden kognitiven Einschränkungen
spricht auch, dass er in der Lage gewesen ist, dem Sachverständigen über seine soziale Situation zu berichten und unter anderem
zu erläutern, dass seine Wohnung etwa 50 m² groß sei und vom Staat hierfür 800 € im Monat einschließlich Nebenkosten bezahlt
würden. Hier handelt es sich offensichtlich nicht um Fantasiewerte, sondern um zutreffende Angaben, was vor dem Hintergrund
der „Lösung“ der Rechenaufgabe erstaunt und als inkonsistent zu bewerten ist.
Auch im Hinblick auf die vorgetragenen weiteren (körperlichen und psychischen) Erkrankungen hat sich der Kläger im Laufe der Untersuchung durch den Sachverständigen in Widerspruch gesetzt und verwickelt.
Das gilt für die angeblichen Einschränkungen seiner Wegefähigkeit, die angebliche Pflegebedürftigkeit bei den täglichen Verrichtungen,
die angebliche Blasenschwäche und seine angebliche allgemein einschränkte Mobilität. Zwar ist der Kläger bei der Untersuchung
zunächst nicht in der Lage gewesen, frei zu stehen oder zu gehen, am Ende der Untersuchung ist er jedoch ohne jede Hilfe und
Unterstützung von der Untersuchungsliege zum Stuhl gegangen, wo seine Kleidung gelegen hat. Er ist in der Lage gewesen, sich
den Pullover selbst anzuziehen, und hat sich nach der Untersuchung die Hände gewaschen. Dabei hat er den Rollator vor dem
Vorraum zur Patiententoilette stehen gelassen und ist ohne Hilfsmittel und Unterstützung zur Toilette gegangen. Das ist das
erste Mal gewesen, dass er während der dreistündigen Untersuchung hat eine Toilette aufsuchen müssen. Der Sachverständige
hat im Hinblick auf die angebliche Harninkontinenz darauf hingewiesen, dass die Unterwäsche des Klägers sauber gewesen sei
und keine Vorlagen getragen worden seien, was gegen eine erhebliche Blasenschwäche oder gar Inkontinenz sprechen würde. Das
vorgetragene Zittern zur Darstellung einer Parkinson-Erkrankung ist nach der Auffassung des Sachverständigen nicht in Einklang
mit dem Erscheinungsbild einer derartigen Erkrankung zu bringen. So ist er in der Lage gewesen, dass Zittern unmittelbar einzustellen,
das gilt ebenso für die Töne und Kopfwendungen, die er beispielsweise während der Blutdruckmessung von sich gegeben hat. Auf
den Hinweis des Sachverständigen, dass dadurch kein korrekter Wert genommen werden könnte, hat der Kläger diese Verhaltensdarstellung
unmittelbar eingestellt. Der Sachverständige hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass das von dem Kläger gezeigte Zittern
mit wechselnder Amplitude und Frequenz in keiner Weise dem sonst bei Parkinson-Patienten zu beobachtenden Zittern entsprechen
würde und zusätzliche Symptome nicht vorgelegen hätten. Insgesamt hat der Sachverständige die Diagnose einer Parkinson-Erkrankung
auch aus den vorliegenden Befunden als unzutreffend bewertet, nicht zuletzt deshalb, weil keine spezifische Medikation erfolgt.
Auch die vorgetragenen orthopädischen Beschwerden sind nach den Ausführungen des Sachverständigen zumindest nicht in dem Ausmaß
vorhanden, das der Kläger vorgibt. Der Kläger ist zu Untersuchung in konfektionierten Sportschuhen der Marke New Balance erschienen,
obwohl er umfangreiche Verordnungen über orthopädische Hilfsmittel erhalten hat, die er offensichtlich nicht nutzt. Er hat
keine Einlagen getragen und die Fußsohlen haben Beschwielungen aufgewiesen, die Schuhsohlen deutliche Gebrauchsspuren. All
das spricht gegen maßgebliche Einschränkungen des Gehvermögens – besonders unter Berücksichtigung der Beobachtungen des Sachverständigen.
Auch für die vorgetragene Epilepsie hat sich trotz Benennung in Befundberichten kein Nachweis oder zumindest Anhalt finden
lassen. Dr. H. hat insoweit neben einem unauffälligen EEG-Befund darauf hingewiesen, dass sich die Anfallsschilderungen zum Teil im Hinblick auf Dauer und den Angaben zu den Augen
als völlig untypisch für diese Erkrankung erwiesen haben. Hinzukomme, dass es keine entsprechende Medikation gebe, das vom
Kläger benannte Präparat sei nicht für die Behandlung einer Epilepsie zugelassen oder wirksam. Ebenso ist die anderweitig
benannte Pankreasinsuffizienz nicht durch Blut- oder Harnuntersuchungen nachgewiesen, auch ein Reizdarmsyndrom ist in Anbetracht
des vom Sachverständigen ermittelten tatsächlichen Gewichts von 80 Kg (bei einer Körpergröße von 180 cm) – mit einer erheblichen Abweichung zu dem vom Kläger angegeben Wert mit 60-65 Kg - eher unwahrscheinlich. Die durchgeführten
Coloskopie hat ebenfalls keinen auffälligen Befund ergeben.
Bis auf die dissoziale Persönlichkeitsstörung besteht auch keine weitere Erkrankung auf psychiatrischem Fachgebiet. Der Sachverständige
Dr. H. ist aufgrund des Ergebnisses seiner eigenen Untersuchung und der Auswertung der vorliegenden Befunde zu dem Ergebnis
gelangt, dass eine eigenständige depressive Erkrankung weder in Form einer rezidivierenden depressiven Störung noch einer
Dysthymie angenommen werden könne.
Die Einschätzung des Sachverständigen Dr. H. ist weitgehend deckungsgleich mit den Ausführungen der im Betreuungsverfahren
beauftragten Gutachterin Dr. K., die im September 2017 ein sehr ausführliches Gutachten erstellt hat. Auch sie hat den Kläger
als wach, bewusstseinsklar und orientiert beschrieben. Die zeitliche Desorientiertheit sei offensichtlich im Hinblick auf
die damit verbundenen Ansprüche gegen das Versorgungsamt simuliert worden. Die Sachverständige hat umfassend im Umfeld des
Klägers recherchiert und ist dabei zu dem Ergebnis gelangt, dass die vorgetragenen Erkrankungen tatsächlich nicht oder nicht
in vollem Umfang vorhanden seien und der Kläger versucht, zu seinem finanziellen Vorteil zu manipulieren, simulieren — auf
der Basis einer dissozialen Persönlichkeitsstörung im Sinne einer Psychopathie bzw. eines malignen Narzissmus. Sein Verhalten
sei dabei von Selbstüberschätzung geprägt, denn es sei verhältnismäßig einfach, die unwahren Angaben aufzudecken. Infolge
seiner narzisstischen Selbstüberschätzung sei er davon überzeugt, seine Umwelt manipulieren zu können. Dabei machte er keinen
Hehl aus seiner Absicht, aus Krankheiten einen finanziellen Gewinn zu ziehen und hat in diesem Zusammenhang sogar gegenüber
zwei früheren Betreuern einen Abrechnungsbetrug zulasten der Krankenkasse vorgeschlagen. Zu einer ähnlichen Diagnose ist eine
Gutachterin 2008 mit einer Persönlichkeitsstörung im Sinne einer Psychopathie gelangt (Frau S.). Mit diesen Feststellungen im Einklang steht auch die Beobachtung einer Mitarbeiterin der Beklagten, die in einem Vermerken
festgehalten worden sind. Daraus geht vor, dass der Kläger bei einem Aufenthalt in den Räumlichkeiten im September 2017 seinen
Rollator zunächst vergessen hat als er den Raum wieder verlassen und gedroht hat, das Gebäude in die Luft zu sprengen. Er
war dann offensichtlich in der Lage, ohne Hilfsmittel zu gehen, ähnlich wie es auch der Sachverständige Dr. H. beobachtet
hat. Auch der behandelnde Arzt Dr. D. hat in seinem Befundbericht vom 29. Mai 2018 ausgeführt, dass der Gesundheitszustand
des Klägers seit 2009 stabil sei.
Nicht gefolgt werden kann der Auffassung der Gutachterin Dr. M. aus dem Verwaltungsverfahren. Das gilt sowohl für die Diagnose
eines Münchhausen-Syndroms als auch für die festgestellten Erkrankungen und die angenommene mangelnde Steuerungsfähigkeit
des Klägers aus psychischen Gründen im Hinblick auf seine Auffälligkeiten. Zum einen besteht ein erheblicher Widerspruch zu
den vorliegenden Befunden und Gutachten, die im Betreuungsverfahren vor dem Amtsgericht Hamburg eingeholt wurden und zum anderen
fand keine fachgerechte körperliche Untersuchung des Klägers statt. Die Gutachterin hat sich lediglich auf die Angaben des
Klägers verlassen, ohne dieser einer kritischen Prüfung zu unterziehen, wie es ihrem Gutachtenauftrag entsprochen hätte. Vor
dem Hintergrund der zahlreichen Inkonsistenzen und Widersprüche, die der Kläger bereits während einer Begutachtung/ Untersuchung
zeigt, wäre es erforderlich gewesen, den Kläger gründlich zu untersuchen und sich mit der naheliegenden Problematik auseinanderzusetzen,
ob das gezeigte Verhalten Krankheitswert hat und inwiefern es einer willentlichen Steuerung unterliegt.
Der Sachverständige Dr. H. hat nachvollziehbar begründet, weshalb die Diagnose eines Münchhausen-Syndroms nicht einschlägig
ist, sondern vielmehr von einer dissozialen Persönlichkeitsstörung auszugehen ist. Er hat dargelegt, dass eine artifizielle
Störung (Münchhausen-Syndrom) eine psychische Erkrankung sei, bei der die Patienten Krankheitssymptome vortäuschen mit dem vermutlichen Ziel, die Einnahme
der Krankenrolle und der hiermit verbundenen medizinischen Interventionen einzunehmen. Abzugrenzen sei die artifizielle Störung
von der Simulation, wie sie beim Kläger vorliegt. Hierbei haben die Patienten ein bestimmtes, konkretes Anliegen, wie beispielsweise
in den Genuss einer Rente zu gelangen oder auch andere Vorteile oder Sozialleistungen ungerechtfertigt in Anspruch zu nehmen,
weshalb sie bestimmte Zustände und Erkrankungen bewusst vorspiegeln. Hiervon ist beim Kläger auszugehen. Der Sachverständige
hat zutreffend darauf hingewiesen, dass der Wunsch des Klägers, mit den simulierten Störungen Vorteile zu erlangen, unverkennbar
ist. Hierfür sprechen nicht zuletzt die zahlreichen Neufeststellungsanträge und Klageverfahren, die der Kläger in der Vergangenheit
gegenüber dem Versorgungsamt angestrengt hat, worauf der Sachverständige zu Recht hingewiesen hat. Der Kläger ist erkennbar
– dies hatte er auch verschiedentlich gegenüber den Gutachtern eingeräumt – darauf aus, Vorteile aus den simulierten Erkrankungen
zu ziehen. Soweit er auch im Hinblick auf seinen biografischen Hintergrund häufig unterschiedliche Angaben gemacht hat, die
nicht mit einem direkten Vorteil in Verbindung gebracht werden können, ist dies möglicherweise Ausfluss der pathologischen
Persönlichkeitsstörung im Unterschied zu einer ausschließlich dissozialen Persönlichkeit, bei der die willentlich gesteuerte
Simulation von Erkrankungen in letztendlich betrügerischer und sozialschädlicher Absicht im Vordergrund steht. Der Sachverständige
Dr. H. hat in diesem Zusammenhang unter Auswertung der vorliegenden gutachterlichen Einschätzungen plausibel dargelegt, dass
von einer psychopathologischen dissozialen Persönlichkeitsstörung mit emotional instabilen und periodischen Anteilen bzw.
Verhaltensweisen auszugehen ist, die dem Kläger sicherlich auch in gewissem Ausmaß Leidensdruck bereitet. Zu einer ähnlichen
Einschätzung sind auch die Sachverständigen Dr. H1 (Gutachten vom 21. Dezember 2006 gegenüber dem Amtsgericht Hamburg im Rahmen des ersten Betreuungsverfahrens) und insbesondere Dr. K. (Gutachten vom 17. September 2017) im weiteren Verlauf des langjährigen Betreuungsverfahrens gelangt. Für diese Einschätzung spricht das sehr bizarre und ungewöhnliche
Verhalten des Klägers im Rahmen der Untersuchungen mit teilweise sehr plumpen und im Grunde genommen von vornherein untauglichen
Täuschungsversuchen, die Sachverständigen und Gutachter vom Vorliegen der beklagten Erkrankungen zu überzeugen.
Bei der Frage, wie die vorliegende pathologische Persönlichkeitsstörung des Klägers zu bewerten ist, ist der Sachverständige
Dr. H. mit überzeugender Argumentation zu dem Ergebnis gelangt, dass die Auswirkungen für den Kläger lediglich als stärker
behindernde Störungen mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis-und Gestaltungsfähigkeit gemäß B 3. 7 VersmedV und
nicht als schwere Störungen zu bewerten sind. Maßgeblich sind die Auswirkungen und insbesondere der Leidensdruck, der für
den Kläger besteht, nicht von Belang sind hingegen die Schwierigkeiten, Probleme und sozialen bzw. rechtlichen Verwicklungen,
die aus der Verhaltensweise des Klägers für seine Umwelt resultieren. Dass diese gravierend sind, ist offensichtlich. Aus
der Sicht des Klägers und seinem eigenen Erlebnishorizont stellt sich das aber anders dar. Hier ist zu konstatieren, dass
der Kläger trotz seiner Persönlichkeitsstörung zu einer halbwegs normalen Alltagsgestaltung durchaus in der Lage ist, wenn
es auch für ihn sicherlich belastend ist, dass aufgrund seines manipulierenden und täuschenden Verhaltens häufig Konflikte
entstehen und sich die Menschen, mit denen er in Kontakt getreten ist, sowie die Institutionen, bei denen Sozialleistungen
eingefordert werden, anders verhalten, als er es sich wünscht und sich vorstellt. Im Hinblick auf die Fähigkeiten zur bloßen
Alltagsgestaltung mit oberflächlichen Kontakten zum Beispiel beim Einkaufen bestehen aber keine gravierende Einschränkungen
und auch im Umgang mit Behörden und Sozialleistungsträgern ist unverkennbar, dass der Kläger von seinen Verhalten (beispielsweise erhält er Leistungen der Pflegeversicherung, was nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme äußerst zweifelhaft
erscheint) profitiert und auch Freude daran hat, wenn er Hilfsmittel erhält oder in den Genuss anderweitiger Vorteile gelangt. Auf der
anderen Seite ist sicherlich zu sehen, dass der Kläger, wie es die Gutachter und Sachverständigen geschildert haben, in seinem
Verhalten in einer gewissen Art gefangen ist und im Hinblick auf die Grenzen, an die er stößt, auch einen gewissen Leidensdruck
empfindet. Es ist nicht auszuschließen, dass er sich in einem bestimmten Umfang auch tatsächlich für krank hält und hierunter
leidet. Der Sachverständige Dr. H. hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die gesetzliche Betreuung zwischenzeitlich aufgehoben
wurde und der Kläger offensichtlich in der Lage ist, ohne die Hilfe eines Betreuers zu leben. Das spricht bereits gegen schwere
Störungen und mittelgradige oder schwere soziale Anpassungsschwierigkeiten. Im Ergebnis kann dies dahingestellt bleiben, weil
ein GdB von 70 festgesetzt worden ist und der Kläger einen höheren GdB als 70 begehrt. Nach den Ausführungen des Sachverständigen
Dr. H. und unter Berücksichtigung der weiteren Gutachten – soweit ihnen gefolgt werden konnte – kann jedoch nicht von schweren
Störungen mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten, die einen GdB zwischen 80-100 rechtfertigen würden, ausgegangen
werden, denn die vorhandenen Anpassungsschwierigkeiten bestehen nicht auf jeder Ebene der sozialen Interaktion.
Die Voraussetzungen für die Feststellung der Merkzeichen G, B, H und RF liegen aus den vorgenannten Gründen ebenfalls nicht
vor.
Unter Berücksichtigung des objektiv erhobenen Befundes des Sachverständigen Dr. H. kann nicht von einer relevanten Beeinträchtigung
der Gehfähigkeit ausgegangen werden, die die Feststellung des Merkzeichens G rechtfertigen würde, denn es mangelt bereits
an einem objektivierbaren orthopädischen Befund. Der Kläger hat in der Untersuchungssituation reflex-haft in Momenten, in
denen er sich unbeobachtet gewähnt hat oder aus anderen Gründen von seiner Simulationstätigkeit abgelenkt gewesen ist, gezeigt,
dass er in der Lage ist, ohne Hilfsmittel umher zu gehen. So hat der Sachverständige Dr. H. beschrieben, dass er vom Untersuchungsraum
ohne Probleme und Auffälligkeiten in der Lage gewesen ist, die Toilette aufzusuchen. Damit liegt keine erhebliche Beeinträchtigung
der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr vor und es ist davon auszugehen, dass der Kläger ortsübliche Wegstrecken bewältigen
kann.
Ebenso wenig ist ersichtlich, dass eine ständige Begleitung des Klägers gemäß Teil D 2 der Anlage zu § 2 VersrmedV erforderlich
wäre, so dass das Merkzeichen B festgestellt werden könnte Der Kläger ist in der Lage, öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen.
Die Voraussetzungen für die Merkzeichen G, Gl und H sind nicht erfüllt (s. Teil D – Merkzeichen B b der Anlage zu § 2 VersmedV). Auch die unter c. aufgeführten Erkrankungen wie eine Querschnittslähmung, Blindheit, eine Sehbehinderung, Hörbehinderung,
geistige Behinderung oder ein Anfallsleiden liegen nicht vor.
Unabhängig davon, dass dem Kläger Pflegeleistungen nach den Regelungen der gesetzlichen Krankenversicherung zuerkannt worden
sind, liegen die Voraussetzungen für die Feststellung des Merkzeichens H offensichtlich nicht vor. Der Kläger ist weder nach
allgemeiner Definition noch nach den Grundsätzen der VersmedV (Teil A 4 der Anlage 2 VersmedV) hilflos. Nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. H. bedarf der Kläger keiner Hilfe bei den täglichen Verrichtungen
des Lebens und ist auch nicht pflegebedürftig.
Noch fernliegender ist die begehrte Feststellung des Merkzeichens RF, das zunächst einen GdB von mindestens 80 voraussetzt,
den der Kläger bei Weitem nicht erreicht. Aber auch die weiteren Voraussetzungen sind nicht im Ansatz erfüllt, denn der Kläger
ist ohne Weiteres in der Lage, an öffentlichen Veranstaltungen teilzunehmen. Denn das Merkzeichen wird nur dann festgestellt,
wenn der behinderte Mensch auch mit Begleitung und Transport nicht mehr in der Lage ist, an derartigen Veranstaltungen teilzunehmen,
weil zum Beispiel Bettlägerigkeit vorliegt oder ein Verhalten an den Tag gelegt wird, dass die Teilnahme an einer öffentlichen
Veranstaltung nicht zulässt. Nichts von alledem ist der Fall.
Die Kostenentscheidung ergibt sichaus 193
SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (§
160 Abs.
2 SGG).