Anspruch auf ein Darlehen für die Mietkaution einer Wohnung als Leistung nach dem SGB XII
Unzulässigkeit der Klage im sozialgerichtlichen Verfahren über die Wirksamkeit einer Abtretungserklärung nach Niederschlagung
Tatbestand
Die Klägerin zog im Jahr 2004 in die Wohnung S., .... Mit Bescheid vom 7. Juni 2004 bewilligte die Beklagte der Klägerin ein
Darlehen in Höhe von 710,00 Euro für die Mietkaution der Wohnung. Das Geld wurde von der Beklagten direkt an den Vermieterin
G. überwiesen. Im Jahr 2006 plante die Klägerin nach einem Streit mit der Vermieterin über die Ursache von Schimmelbildung
in der Wohnung einen Umzug. Die Vermieterin bot der Klägerin die Wohnung S1, ..., an. Die Kaution für die neue Wohnung betrug
720,00 Euro. Mit Schreiben vom 2. März 2006 übersandte die Vermieterin die Mietvertragsunterlagen und teilte mit, dass die
Kaution zum 1. April 2006 von dem alten Mietverhältnis auf das neue Mietverhältnis umgebucht werde. Eventuelle Zinsguthaben,
welche sich aus der Abrechnung der Kaution ergeben, würden dem Mieterkonto der Klägerin gutgeschrieben und mit der Miete verrechnet.
Die Klägerin zog in die Wohnung ein und die Vermieterin buchte die Kaution von dem bisherigen Mietverhältnis auf das neue
Mietverhältnis. Mit Schreiben vom 23. Mai 2006 bat die Beklagte die Vermieterin um Aufklärung, ob mit einer Auszahlung der
Kaution zu rechnen sei. Die Vermieterin teilte am 29. Mai 2006 mit, dass die Kaution auf das neue Mietverhältnis umgebucht
worden sei; ansonsten wäre sie komplett für Schäden aufgebraucht worden.
Mit Schreiben vom 7. Oktober 2014 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass das Darlehen vom 7. Juni 2004 über die Mietkaution
in Höhe von 710,00 Euro unbefristet niedergeschlagen worden sei.
Mit Schreiben vom 11. Februar 2020 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Hamburg erhoben. Wegen der gestellten Anträge
wird auf die Klageschrift verwiesen. Zur Begründung ihrer Klage hat sie vorgetragen, dass die Kaution nicht habe umgebucht
werden dürfen. Das Darlehen sei als Kautionsdarlehen für die Wohnung S. bewilligt worden und wäre nach Auszug zurückzuzahlen
gewesen. Ihre Abtretungserklärung sei nicht rechtswirksam auf die neue Wohnung zu übertragen. Die Kaution sei auf ihr jetziges
Kautionskonto ohne Rechtsgrundlage entsprechend §
812 BGB überwiesen worden und die Rückforderung unterliege der Verjährungseinrede. Sie hätte auch entgegen der Behauptung der G.
keine Schäden an der alten Wohnung verursacht. Die Niederschlagung sei rechtlich nicht korrekt gewesen, denn eine Niederschlagung
bedeute, dass man noch einen Anspruch auf Rückzahlung des Kautionsdarlehens hätte, diesen aber nicht mehr geltend mache. Die
Beklagte habe aber aus dem Kautionsdarlehen seit dem 1. April 2006 keine Forderung mehr gegen die Klägerin, sondern nur noch
gegenüber der G.. Sie habe einen Nachteil erlitten, da, wenn die Kaution 2006 zurückgezahlt worden sei, sie keine neue Kaution
mehr für die Wohnung aufgenommen hätte. Damit wäre ein Auszug spätestens Ende 2006 notwendig geworden. So aber habe sie über
November 2006 weiter in der Wohnung bleiben müssen und hätte mit der Vermieterin gerichtliche Auseinandersetzungen gehabt.
Mit Gerichtsbescheid vom 23. Juli 2020 – nach entsprechender Anhörung – hat das Sozialgericht die Klage als unzulässig abgewiesen.
Es sei kein schutzwürdiges Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art für die begehrten Feststellungen zu erkennen.
Die Klägerin sei nach der Niederschlagung der Darlehensforderung, d.h. der Abstandnahme vom weiteren Betreiben der öffentlich-rechtlichen
Forderung durch die Beklagte, weder rechtlich noch wirtschaftlich mehr durch das Darlehen der Beklagten beschwert. Auch fehle
hinsichtlich der Leistungsanträge eine Klagebefugnis nach §
54 Abs.1 S. 2
SGG, weil eine Beschwer der Klägerin nicht zu erkennen sei. Die Kaution für ihr jetziges Mietverhältnis sei geleistet und die
Rückzahlung eines Darlehens werde von der Klägerin nicht mehr gefordert. Eine Rückforderung der Kaution durch die Beklagte
hätte auch nicht unmittelbar zur Folge, dass die Klägerin nach Spandau umziehen könne, sondern allein, dass ihr gegenwärtiges
Mietverhältnis in Gefahr wäre.
Die Klägerin hat am 5. August 2020 Berufung gegen den Gerichtsbescheid eingelegt und ihren Standpunkt erneut erläutert.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichtes Hamburg vom 23. Juli 2020 die Abtretungserklärung zwischen den
Beteiligten über die Kaution S. für unwirksam zu erklären ab dem 1. April 2006, weil an diese Stelle die Kautionszusage der
G. getreten ist,
sowie
die Beklagte zu verurteilen, die Kaution für die alte Wohnung in Höhe von 720,00 Euro plus Zinsen als Rückzahlung von der
G. unverzüglich einzufordern.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Mit Beschluss vom 28. September 2020 hat das Gericht das Verfahren nach §
153 Abs.
5 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) auf den Berichterstatter zur Entscheidung mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen.
Das Gericht hat am 10. Juni 2020 über die Berufung mündlich verhandelt. Auf das Sitzungsprotokoll wird verwiesen. Wegen der
weiteren Einzelheiten wird auf die Prozessakte und die Akten der Verfahren L 4 SO 36/20 B ER, L 4 SO 21/13 sowie L 4 SO 2/18
B ER, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung des Senats waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Das Gericht konnte durch den Berichterstatter und die ehrenamtlichen Richter entscheiden, da der Senat das Verfahren nach
§
153 Abs.
5 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) übertragen hatte.
Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Das hat das Sozialgericht auch
zutreffend begründet; der Senat verweist nach §
153 Abs.
2 SGG auf den angefochtenen Gerichtsbescheid.
Mit Blick auf die Erörterung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ist nochmals hervorzuheben, dass die Klägerin kein
berechtigtes Feststellungsinteresse hinsichtlich der Frage der Wirksamkeit der Abtretungserklärung über den 1. April 2006
hinaus geltend machen kann. Denn die Kaution für die alte Wohnung S. wird von der Klägerin nicht mehr gefordert – sie ist
auf Antrag der Klägerin im Berufungsverfahren L 4 SO 21/13 unbefristet, also dauerhaft niedergeschlagen. Auch soweit ein Übertrag
der Kaution auf die neue Wohnung S1 erfolgt ist, kann die Klägerin keinen Nachteil geltend machen; vielmehr ist sie begünstigt,
weil die Kaution gestellt ist. Dass die Klägerin ihr Mietverhältnis und damit auch die Stellung der Kaution als Belastung
empfindet, ändert nichts an dem objektiven Befund. Es fehlt weiter an einer Klagebefugnis für die begehrte Rückzahlung der
Kaution von der G. an die Beklagte, weil die Klägerin nicht in eigenen Rechten betroffen ist, sondern sich als Sachwalterin
der Behörde gibt – das steht ihr nicht zu.
Eine Beiladung der G. war nach allem nicht angezeigt.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §
193 SGG und trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach §
160 Abs.
2 Nr.
1 oder Nr.
2 SGG vorliegt.