Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II
Kein gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland beim Besuch eines Internats in England
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II), im hiesigen Verfahren für die Zeit vom 1. Juni 2013 bis 30. November 2013, und zwar primär um die (durchgängige) Gewährung
von Leistungen dem Grunde (auch) an die Klägerinnen zu 2. und 3. sowie – für einen Teilzeitraum – an den Kläger zu 4.; hilfsweise
machen die Kläger zu 1. und 5. bis 8. höhere Leistungen ohne Berücksichtigung des an den Kläger zu 1. als Kindergeldberechtigten
für die Klägerinnen zu 2. und 3. gezahlten Kindergeldes geltend. Neben dem hiesigen Verfahren waren wegen der gleichen Streitpunkte,
aber für einen jeweils anderen Bewilligungszeitraum die Verfahren L 6 AS 89/20, L 6 AS 92/20 und L 6 AS 93/20 beim Senat anhängig.
Der Kläger zu 1., geboren 1961, und die Klägerin zu 5., geboren 1970, sind verheiratet. Beide sind Eltern der Kinder G., des
Klägers zu 6., geboren 1993, C., der Klägerin zu 2., geboren 1995, E., des Klägers zu 4., geboren 1997, D., der Klägerin zu
3., geboren 1999, H., der Klägerin zu 7., geboren 2004, und J., des Klägers zu 8., geboren 2013. Die Kläger zu 2. bis 8. sind
deutsche Staatsbürger. Der Kläger zu 1. war als Asylberechtigter in Deutschland anerkannt. Allerdings wurde die Anerkennung
durch Bescheid vom 14. Mai 2010 widerrufen. Nachdem das diesbezüglich geführte verwaltungsgerichtliche Verfahren rechtskräftig
zu Lasten des Klägers zu 1. abgeschlossen worden war, widerrief die Ausländerbehörde auch die ihm erteilte Niederlassungserlaubnis
mit Bescheid vom 22. November 2013, bekanntgegeben am 26. November 2013. Der Kläger zu 1. machte und macht demgegenüber geltend,
er habe als Ehemann einer Deutschen und (sorgeberechtigter) Vater von Kindern mit deutscher Staatsangehörigkeit ein Aufenthaltsrecht
in Deutschland.
Die Familie zog im Juni 2012 von L-Stadt nach A-Stadt. Die Familienmitglieder beantragten, nachdem sie zuvor in L-Stadt Grundsicherungsleistungen
erhalten hatten, nunmehr entsprechende Leistungen bei dem Beklagten. Bei der Erstantragstellung gaben sie auf die Fragen nach
bei ihnen vorhandenem Vermögen ein Konto mit einem Stand von rund 10.000 Euro an; zudem seien sie Eigentümer eines älteren
Renaults. Nach einer Anzeige durch den Beklagten wegen des Verdachts auf Sozialleistungsbetrug führten die Ermittlungsbehörden
am 20. Dezember 2012 eine Hausdurchsuchung in der A-Stadter Wohnung durch. Dabei wurden größere Mengen an Bargeld gefunden,
die nach den – von der Staatsanwaltschaft als glaubhaft eingestuften – Angaben des Klägers zu 1. aber zum einen einem Verein
„M.“ gehörten und zum anderen für einen Bekannten verwahrt worden seien. Das strafrechtliche Ermittlungsverfahren wurde dementsprechend
eingestellt. Auf die beigezogenen Akten der Staatsanwaltschaft wird Bezug genommen.
Die den verschiedenen Familienmitgliedern zustehenden Ansprüche auf Grundsicherung für Arbeitsuchende waren zwischen den Beteiligten
immer wieder streitig, insbesondere weil die Klägerinnen zu 2. und 3. seit 2011 in England, der Kläger zu 4. seit Oktober
2012 in Südafrika zur Schule gingen und dort jeweils in einem Internat untergebracht waren. Der Beklagte lehnte deshalb wiederholt
die Gewährung von Leistungen zu Gunsten der Klägerinnen zu 2. und 3. und des Klägers zu 4. ab, da sie weder Wohnsitz noch
gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hätten. Er rechnete allerdings das für die Klägerinnen zu 2. und 3. trotz des Internatsaufenthalts
weiterhin gewährte Kindergeld als Einkommen des kindergeldberechtigten Klägers zu 1. anspruchsmindernd auf die ihm und den
anderen durchgängig in A-Stadt lebenden Familienmitgliedern gewährten Leistungen an.
Wegen der Aufwendungen für den Internatsbesuch der beiden Töchter schloss der Kläger zu 1. im Mai 2011 einen Vertrag mit Herrn
N., dem Vermieter der Wohnung in A-Stadt. Der Vertrag sah die Gewährung eines Darlehens in Höhe von 4.500,- Euro vor; die
Rückzahlung sollte in Raten von 600,- Euro ab Januar 2013 erfolgen. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 90 der Leistungsakte
des Beklagten – im Folgenden: LA – Bezug genommen. Herr N. überwies bald nach Vertragsschluss einen Betrag von 2.550,- Euro
direkt an die Schule; die weiteren Mittel seien nach und nach gezahlt worden. Hinsichtlich der vorgesehenen Rückzahlung haben
die Kläger ausgeführt, sie seien tatsächlich nicht in der Lage gewesen, entsprechende Beträge aufzubringen; ab Januar 2013
seien aber 100,- Euro monatlich zurückgezahlt worden.
Mit Herrn N. schloss der Kläger zu 1. zudem am 24. September 2012 einen zweiten Vertrag: Danach stellte jener einen weiteren
Betrag von 800,- Euro – ohne Bezug zu den Schulaufwendungen – zur Verfügung; die Rückzahlung sollte nach den wirtschaftlichen
Möglichkeiten des Klägers zu 1. erfolgen. Auf LA Bl. 578R wird Bezug genommen.
Ein weiterer Darlehensvertrag wegen der Aufwendungen für die Schule wurde bei der erwähnten Wohnungsdurchsuchung aufgefunden.
Danach erklärte sich unter dem 19. August 2011 Herr O. bereit, die gesamten Kosten für die Ausbildung zu übernehmen. Die Rückzahlung
sollte nach dem Ende des Internatsbesuchs erfolgen. Einen hinsichtlich des Vertragszwecks ähnlichen, aber anders gestalteten
und auf den 1. Oktober 2012 datierten Vertrag mit Herrn O. reichten die Kläger im Rahmen der Auseinandersetzung um die Leistungsgewährung
zu den Akten des Beklagten. Danach gewährte Herr O. an den Kläger zu 1. „Darlehenszahlungen zur Ausbildung seiner Töchter
C. und D.A. an der P. in P-Stadt/England“. Der Darlehensgeber werde zu diesem Zwecke, beginnend am 3. September 2012, Zahlungen
direkt an die Schule leisten. Ein fester Betrag war nicht genannt. Der Kläger zu 1. sei verpflichtet, alle zu diesem Zweck
geleisteten Zahlungen zu „erstatten“. Die Rückzahlung erfolge „nach den wirtschaftlichen Möglichkeiten des Darlehensschuldners“.
Auf LA Bl. 354 wird Bezug genommen.
Einen ähnlichen Vertrag schloss der Kläger zu 1. überdies erneut mit Herrn N., wobei das Dokument auf den 13. Mai 2012 datiert
ist, aber, soweit ersichtlich, aus dem Jahr 2013 stammt und Zahlungen ab 13. Mai 2013 vorsieht. Auf LA Bl. 579 wird verwiesen.
Der Internatsaufenthalt des Klägers zu 4. sei, so die Angaben der Kläger, durch Schenkungen eines Onkels finanziert worden.
Für den im hiesigen Verfahren streitigen Zeitraum bewilligte der Beklagte auf Fortzahlungsantrag vom 12. April 2013 durch
Bescheid vom 26. Juni 2013 vorläufig Leistungen zu Gunsten des Klägers zu. 1, der Klägerin zu 5. sowie des Klägers zu 6. und
der Klägerin zu 7. in Höhe von insgesamt 1.197,45 Euro für Juni 2013, 1.260,65 Euro für Juli 2013, 1.227,42 Euro für August
2013, 1.202,- Euro für September 2013 und jeweils 1.172,28 Euro für Oktober und November 2013. Leistungen zu Gunsten der Klägerinnen
zu 2. und 3. sowie des Klägers zu 4. sah der Bescheid nicht vor. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 5 ff. der Gerichtsakte
– im Folgenden: GA – Bezug genommen.
Ebenfalls am 26. Juni 2013 teilten die Kläger dem Beklagten mit, der Kläger zu 4. werde sich vom 25. Juni 2013 bis zum 18.
August 2013 bei der Familie in A-Stadt aufhalten; dieser sprach am 1. Juli 2013 dann auch persönlich beim Beklagten vor, wobei
er einen Aufenthaltszeitraum vom 25. Juni 2013 bis zum 20. August 2013 angab. Die Klägerinnen zu 2. und 3. sprachen kurz darauf,
am 4. Juli 2013, gleichfalls beim Beklagten persönlich vor; sie seien vom 2. Juli bis zum 18. August 2013 bei der Familie.
Der Beklagte hielt dazu in einem Vermerk fest, dass der Internatsaufenthalt bis zum Jahr 2017 geplant sei.
Mit zwei Bescheiden vom 10. Juli 2013 lehnte der Beklagte die Leistungsgewährung für die Klägerinnen zu 2. und 3. einerseits
sowie für den Kläger zu 4. andererseits ab. Auf GA Bl. 57 beziehungsweise Bl. 58 wird Bezug genommen.
Am gleichen Tag legten die Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 26. Juni 2013 wegen der regelmäßig zwischen den Beteiligten
streitigen Fragen ein; diesbezüglich wird auf LA Bl. 641 verwiesen. Am 2. August 2013 folgten Widersprüche wegen der beiden
Bescheide vom 10. Juli 2013 (LA Bl. 657 bzw. Bl. 659).
Nachdem 2013 J., der Kläger zu 8., geboren worden war, erteilte der Beklagte unter dem 22. August 2013 einen Änderungsbescheid,
mit dem er, weiterhin vorläufig, ab 1. August 2013 in der Summe höhere Leistungen an die durchgängig in A-Stadt lebenden Familienangehörigen
unter Berücksichtigung eines Sozialgeldanspruchs des Klägers zu 8. bewilligte.
Bereits zuvor hatte der Beklagte am 8. August 2013 durch zwei Widerspruchsbescheide zum einen den Widerspruch gegen den Bescheid
vom 26. Juni 2013 und zum anderen die Widersprüche gegen die beiden Bescheide vom 10. Juli 2013 zurückgewiesen. Wegen der
Einzelheiten wird auf GA Bl. 17 ff. und Bl. 25 ff. Bezug genommen.
Die Kläger zu 1. bis 4. haben darauf am 23. August 2013 Klage zum Sozialgericht Kassel erhoben.
Während des Klageverfahrens hat der Beklagte die weiterhin vorläufige Bewilligung durch Bescheid vom 19. September 2013 (GA
Bl. 69 ff.) erneut geändert und das durch die Familienkasse der Bundesagentur für Arbeit ab August 2013 bewilligte Kindergeld
für den Kläger zu 8. berücksichtigt.
Am 2. Oktober 2013 haben die Kläger auf Grund einer Überweisung von „Q.“, so der Kontoauszug (LA Bl. 753), einen Betrag von
550,- Euro erhalten. Sie haben dem Beklagten dazu einen Darlehensvertrag mit R., R-Stadt, vorgelegt. Die Rückzahlung solle
nach den wirtschaftlichen Möglichkeiten der Klägerin zu 5.als Darlehensnehmerin erfolgen. Auf LA Bl. 767 wird verwiesen.
Die Klägerinnen zu 2. und 3. haben am 14. Oktober 2013 erneut beim Beklagten vorgesprochen. Sie seien vom 12. bis zum 27.
Oktober 2013 in A-Stadt und beantragten Leistungen. Diesen Antrag hat der Beklagte durch Bescheid vom 17. Oktober 2013 (GA
Bl. 91) und – nach Widerspruch vom 12. November 2013 (LA Bl. 784) – durch Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2014 (GA Bl.
92 ff.) abgelehnt.
Weiter haben die Kläger im streitigen Zeitraum die Übernahme einer Nachzahlung in Höhe von 208,31 Euro aus einer unter dem
28. Oktober 2013 erstellten Betriebskostenabrechnung für den Zeitraum vom 15. Juni 2012 bis zum 31. Dezember 2012 beantragt.
Diesem Antrag hat der Beklagte durch Bescheid vom 16. Dezember 2013 entsprochen.
Inhaltlich haben die Kläger des erstinstanzlichen Verfahrens auch im hiesigen Rechtsstreit in erster Linie die durchgängige
Bewilligung von Leistungen (auch) zu Gunsten der Klägerinnen zu 2. und 3. sowie die Gewährung von Leistungen an den Kläger
zu 4. für die Zeit seines Aufenthalts in Deutschland während seiner Sommerferien, hilfsweise höhere Leistungen für „die Bedarfsgemeinschaft“
der durchgängig in Deutschland lebenden Familienmitglieder unter Aussparung des für die Klägerinnen zu 2. und 3. an den Kläger
zu 1. gezahlten Kindergeldes geltend gemacht. Die Kläger haben mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 24. März 2014 sowie
in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht jeweils Listen mit Aufenthaltszeiten der Klägerinnen zu 2. und 3. bei
der Familie vorgelegt; der Beklagte hat demgegenüber geltend gemacht, dass diese nur zum Teil mit den entsprechenden Mitteilungen
ihm gegenüber übereinstimmten, und hierzu Ausdrucke zu den Gesprächsvermerken vorgelegt, in denen die jeweilige Anwesenheit
Thema war.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht haben die Kläger zu 1. bis 3. beantragt, „den Beklagten unter entsprechender
Aufhebung der Bescheide vom 26.06.2013, 10.07.2013 (2 Bescheide), 22.08.2013 und der dazu ergangenen Widerspruchsbescheide
vom 08.08.2013 sowie des Bescheides vom 17.10.2013 und des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2014 zu verpflichten, den Klägerinnen
C. und D.A. Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe in Bedarfsgemeinschaft mit den übrigen Klägern zu bewilligen sowie dem Kläger E.A. Leistungen nach dem
SGB II in einer temporären Bedarfsgemeinschaft mit den übrigen Klägern zu bewilligen hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, den
Klägerinnen C. und D.A. Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe wegen Bestehens einer temporären Bedarfsgemeinschaft zu bewilligen sowie das für sie gezahlte Kindergeld
nicht als Einkommen der Bedarfsgemeinschaft zu berücksichtigen“.
Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 13. Mai 2014 abgewiesen.
Zur Begründung hat es insbesondere ausgeführt, die angegriffenen Bescheide des Beklagten seien rechtmäßig. Der gewöhnliche
Aufenthalt (§ 30 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Erstes Buch – Allgemeiner Teil – [SGB I]) der Klägerinnen zu 2. und 3. sei wegen
des Internatsaufenthaltes in England und nicht bei den Eltern in A-Stadt. Die Voraussetzungen für eine Bedarfsgemeinschaft
mit ihren Eltern und (teilweise) ihren Geschwistern nach § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II seien nicht gegeben. Voraussetzung sei danach, dass zwischen den Eltern und dem Kind ein gemeinsamer Haushalt bestehe. Ein
Haushalt stelle sich als Schnittstelle von Merkmalen örtlicher (Familienwohnung), materieller (Vorsorge, Unterhalt) und immaterieller
Art (Zuwendung, Fürsorge, Begründung eines familienähnlichen Bandes) dar (Verweis auf BSG, Urteil vom 16. April 2013 – B 14 AS 81/12 R –, juris, mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts). Die Klägerinnen zu 2. und 3. seien
in einem Internat untergebracht gewesen. Dies bedeute eine räumliche Trennung auf bestimmte Zeitabschnitte von den Eltern.
In dieser Zeit des Aufenthaltes im Internat sei die Bindung zum Elternhaus sehr lose. Zwar bedinge eine Internatsunterbringung
nicht automatisch eine Auflösung der familiären Bindungen. Über die bloße räumliche Bleibe hinaus umfasse der (sozialrechtliche)
Wohnsitzbegriff nämlich den räumlichen Bereich, in dem jemand den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen habe. In einem Internat,
das in erster Linie der schulischen Unterrichtung und somit nur einem Teilbereich des Lebens diene, sei der Lebensmittelpunkt
jedenfalls solange nicht gegeben, wie nicht der Schule das entscheidende Gewicht für die Lebensbeziehungen des Kindes zukomme
(Verweis auf BSG, Urteil vom 30. September 1996 – 10 RKg 29/95 –, juris, mit weiteren Nachweisen aus der Literatur). Wenn also das Kind regelmäßig die Wochenenden und Ferienzeiten zu Hause
verbringe, werde der Lebensmittelpunkt weiterhin im Elternhaus sein.
Hier verhalte es sich aber anders. Vorliegend handele es sich um eine Privatschule mit staatlicher Zulassung in England. Die
Schule sei als Internat organisiert und biete den Schülerinnen während der Schulzeit auch Unterkunft, Verpflegung und im Übrigen
sämtliche erforderlichen Versorgungsmöglichkeiten. Das Internat diene allein schon wegen der erheblichen räumlichen Trennung
nicht nur der schulischen Ausbildung, sondern decke darüber hinaus einen wesentlichen Teilbereich des Lebens der Kinder ab
und umsorge sie umfassend. Der Abschluss der Schule führe zu einem in England anerkannten Zertifikat. Es mache für das Gericht
keinen Unterschied, ob es sich vorliegend um eine islamisch oder laizistisch geprägte Einrichtung handele. Dass die Einrichtung
auch der religiösen Bildung diene, sei von daher für das Gericht nicht von entscheidender Bedeutung. Vielmehr sei entscheidend,
dass die Kinder vollumfassend in England versorgt würden und lediglich in den Ferien nach Hause kämen sowie im Falle einer
Erkrankung versuchten, die Rekonvaleszenzzeit zu Hause zu verbringen. Wochenenden, die das Familienleben prägen könnten, verbrächten
sie außerhalb der Ferienzeiten in England. Sie hielten sich damit die weit überwiegende Zeit – die Kläger gingen selbst davon
aus, dass die Aufenthaltszeiten in A-Stadt lediglich ein Drittel der Gesamtheit betrage („Im Monat 9,866666667 [Tage]") –
nicht in Deutschland auf. Aus Sicht der Kammer sei damit die Familienwohnung in A-Stadt nicht mehr der eigentliche Lebensmittelpunkt
der Klägerinnen zu 2. und 3.
Ebenso verhalte es sich in Bezug auf den Kläger zu 4. Anders als die Klägerinnen zu 2. und 3. befinde sich dieser in Südafrika,
das heiße, auch nicht mehr in noch vertretbarer geographischer Nähe zu seinem Elternhaus. Folgerichtig komme er nur noch selten
„nach Hause", weshalb hier das Gericht schon aus Gründen der Geographie von einer Verlagerung des Lebensmittelpunktes ausgehen
müsse. Das werde ganz offensichtlich von Seiten der Kläger ebenso gesehen, würden doch nur Leistungen wegen des Bestehens
einer „temporären Bedarfsgemeinschaft“ für einen Ferienaufenthalt in A-Stadt innerhalb des im hiesigen Verfahren streitigen
Bewilligungszeitraumes begehrt.
Die Voraussetzungen für eine temporäre Bedarfsgemeinschaft lägen in Bezug auf alle drei Kinder – die Klägerinnen zu 2. und
3. sowie den Kläger zu 4. – nicht vor, weshalb der entsprechende Hilfsantrag nicht greife. Auch für die Annahme des Bestehens
einer temporären Bedarfsgemeinschaft sei das Vorliegen des Tatbestandsmerkmals des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II, nämlich das Bestehen eines gewöhnlichen Aufenthaltes in der Bundesrepublik Deutschland, erforderlich. Insofern komme es
nicht einmal auf die Frage an, zu welchen Zeiten die Kinder tatsächlich in Deutschland gewesen seien. Der Verneinung eines
Anspruchs der Klägerinnen zu 2. und 3. auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch stehe auch nicht entgegen, dass der Kläger zu 1. Kindergeld in Deutschland erhalte. Die gesetzlichen Regelungen zum Kindergeld
seien nicht mit denjenigen des Sozialgesetzbuches Zweites Buch vergleichbar. Nach §
62 Abs.
1 Einkommensteuergesetz (
EStG) habe Anspruch auf Kindergeld, wer seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland habe. Dies sei bei dem Kläger zu 1. und
der Klägerin zu 5. unstreitig der Fall. Bei den Kindern sei im Einkommensteuerrecht – anders als im Sozialgesetzbuch Zweites Buch – ein gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland nicht erforderlich, sondern es genüge ein Wohnsitz in der Europäischen Union
(§
63 Abs.
1 Satz 3
EStG). Folgerichtig werde Kindergeld für den Kläger zu 4. auch nicht (mehr) gezahlt.
Das für die Klägerinnen zu 2. und 3. gezahlte Kindergeld sei gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II als Einkommen der Bedarfsgemeinschaft zu berücksichtigen. Bedarfsminderndes Einkommen seien alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert.
Hierzu gehöre grundsätzlich auch das Kindergeld, das gemäß § 1 Abs. 1
Bundeskindergeldgesetz ein eigener Anspruch der kindergeldberechtigten Person sei. Da die Klägerinnen zu 2. und 3. nicht Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft
seien, finde eine Berücksichtigung bei ihnen gemäß § 11 Abs. 1 Satz 4, Satz 3 SGB II nicht statt. Anders verhalte es sich, wenn eine nachweisbare Weiterleitung des Kindergeldes an außerhalb der Bedarfsgemeinschaft
lebende Kinder vorliege. Dies führe nach § 1 Abs. 1 Nr. 8 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung – Alg II-V –) dazu, dass das Kindergeld nicht mehr bei den Leistungsberechtigten als Einkommen zu berücksichtigen sei. Vorliegend hätten
die Kläger einen entsprechenden Nachweis nicht erbracht. Zwar werde auf ein Konto bei der S. Sparkasse (Konto-Nr.: 123456789),
dessen Inhaberin die Klägerin zu 2. sei, ein, soweit ersichtlich, monatlicher Betrag in Höhe von 399,- Euro als Kindergeld
bezeichnet von den Eltern eingezahlt. Zu Lasten dieses Kontos würden in England und in Deutschland Kartenverfügungen vorgenommen,
so zum Beispiel am 28. Oktober 2013 bei T. und bei U. in A-Stadt, am 29. Oktober 2013 bei V. und am 27. Oktober 2013 an einem
Geldautomaten in W-Stadt (Verweis auf LA BI. 791), wobei anzumerken sei, dass sich die Klägerin zu 2. nach Angaben des Klägers
zu 1. vom 27. Oktober 2013 (wohl Reisetag, Verweis auf BI. 83 Gerichtsakte S 1 AS 127/14) beziehungsweise vom 28. Oktober 2013 bis 19. Dezember 2013 im Internat aufgehalten habe (Verweis auf BI. 242 der Gerichtsakte
zum Verfahren des SG Kassel – S 1 S 670/12 –), mithin bei V. am 29. Oktober 2013 kaum diese Kartenverfügung selbst vorgenommen haben könne, sowie am 28. März 2013 am
Geldautomaten in L-Stadt, am 28. März 2013 am Geldautomaten in W-Stadt und am 29. März 2013 am Geldautomaten in A-Stadt/A1-Stadt(Verweis
auf BI. 38 Gerichtsakte S 1 AS 127/14), was den Schluss des Beklagten auch zur Überzeugung der Kammer trage, dass die überwiesenen Mittel für die Eltern verfügbar
geblieben seien und diese dies auch genutzt hätten.
Soweit der Beklagte die grundsätzliche Hilfebedürftigkeit der Kläger in Zweifel ziehe, möchten diese Zweifel berechtigt sein.
Andererseits seien diese wohl auch nach Auffassung des Beklagten nicht so durchgreifend, dass eine Einstellung der Hilfe für
die Bedarfsgemeinschaft in Betracht käme. Soweit sich die Zweifel insbesondere auf die Finanzierung des Internatsaufenthaltes
bezögen, halte das Gericht sie durchaus für angebracht; unwiderlegt habe die Klägerseite indes dargetan, dass der Aufenthalt
über Darlehen finanziert werde. Ob diese tatsächlich zurückgezahlt würden (werden sollten), vermöge die Kammer nicht zu beurteilen.
Im Übrigen wird wegen der Einzelheiten auf das Urteil (GA Bl. 130 ff.) Bezug genommen.
Die Kläger zu 1. bis 4. haben – nach Zustellung des Urteils bei ihrem Prozessbevollmächtigten am 22. Mai 2014 – am 23. Juni
2014, einem Montag, Berufung gegen dieses eingelegt, mit der sie unter Wiederholung und Vertiefung des bisherigen Vorbringens
ihre Begehren weiterverfolgen. Dabei haben sie beantragt, unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Kassel vom 13. Mai
2014 – S 1 AS 562/13 – und unter entsprechender Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 26. Juni 2013, zweier Bescheide vom 10. Juli 2013 sowie
des Bescheides vom 22. August 2013 und des dazu ergangenen Widerspruchsbescheides den Beklagten zu verpflichten, (1.) den
Klägerinnen zu 2. und 3 C. und D.A. Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch in gesetzlicher Höhe in Bedarfsgemeinschaft mit dem Kläger zu 1. und dessen weiteren zur Bedarfsgemeinschaft gehörenden Familienangehörigen
zu bewilligen, (2.) dem Kläger zu 4. E.A. im Rahmen einer temporären Bedarfsgemeinschaft mit den übrigen Klägern Leistungen
nach dem SGB II zu bewilligen, hilfsweise, den Beklagten zu verpflichten, den Klägerinnen C. und D.A. Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch in gesetzlicher Höhe im Rahmen einer temporären Bedarfsgemeinschaft zu bewilligen und den Leistungsanspruch der Bedarfsgemeinschaft
des Klägers zu 1. ohne Anrechnung des Kindergeldes für die Klägerinnen zu 2. und 3. C. und D.A. neu zu berechnen.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat haben dann auch die Kläger zu 5. bis 8. im hiesigen Verfahren Ansprüche geltend
gemacht, während zuvor der Kläger zu 1. höhere Leistungen „der Bedarfsgemeinschaft“ eingefordert hatte.
Im Verlauf des Berufungsverfahrens hat der Beklagte am 9. Juli 2014 eine Vielzahl von Bescheiden erlassen: So hat er zunächst
durch einen an den Kläger zu 1. adressierten Bescheid die Leistungsbewilligung für diesen, die Klägerin zu 3. sowie den Kläger
zu 4. und die Klägerin zu 7. für den Zeitraum vom 1. August 2012 bis „31. Juli 2013“ teilweise aufgehoben und die Erstattung
von insgesamt 4.209,60 Euro geltend gemacht. Gegenüber der Klägerin zu 2. hat der Beklagte mit eigenständigem Bescheid vom
gleichen Tage die Leistungsbewilligung für den Zeitraum vom 1. August 2012 bis 31. Mai 2013 aufgehoben und die Erstattung
von 73,72 Euro gefordert. Mit weiteren Bescheiden vom gleichen Tag sind zudem Teilaufhebungen und die Festsetzung von Erstattungsforderungen
gegenüber der Klägerin zu 5. sowie gegenüber dem Kläger zu 6. für den gleichen Zeitraum erfolgt. Wegen der Einzelheiten wird
auf LA Bd. VI Bl. 15 ff. Bezug genommen. Gegen diese Bescheide haben die Familienmitglieder am 3. August 2014 jeweils Widerspruch
eingelegt, die der Beklagte durch Widerspruchsbescheide vom 22. Oktober 2014 zurückgewiesen hat.
Weiter hat der Beklagte am 9. Juli 2014 einen als Änderungsbescheid bezeichneten Bescheid an den Kläger zu 1. wegen der Leistungen
für ihn und die Kläger zu 5. bis 8. für die Zeit vom 1. Juni 2013 bis 30. November 2013 gerichtet, mit dem er Leistungen –
ohne Vorläufigkeitsvorbehalt – in Höhe von 1.046,60 Euro für Juni 2013, 1.186,35 Euro für Juli 2013, 928,38 Euro für August
2013, 947,- Euro für September 2013, 388,77 Euro für Oktober 2013 und 938,77 Euro für November 2013 bewilligt hat. Die für
diesen Zeitraum ergangenen Bescheide über die – allerdings nur vorläufige – Leistungsbewilligung vom 26. Juni 2013, 22. August
2013 und 19. September 2013 hat er aufgehoben. Anknüpfend an diesen Bescheid hat er gegenüber dem Kläger zu 1. – für diesen
selbst und die Kläger zu 7. und 8. – einen „Erstattungsbescheid nach endgültiger Festsetzung“ für die Zeit vom 1. Juni bis
„31. Dezember 2013“ und einen Betrag von insgesamt 607,13 Euro und gegenüber der Klägerin zu 5. einen Erstattungsbescheid
über einen Betrag von 279,14 Euro sowie gegenüber dem Kläger zu 6. über einen Betrag von 198,66 Euro erlassen. Auf Bl. 43
ff., 58 f., 67 f. und 72 f. LA Band VI wird verwiesen. Die hiergegen gerichteten Widersprüche hat er durch Widerspruchsbescheid
vom 22. Oktober 2014 als unzulässig zurückgewiesen.
Mit mehreren Bescheiden vom 5. März 2018 (GA Bl. 332 ff.) hat der Beklagte schließlich die Leistungsbewilligung zu Gunsten
des Klägers zu 1. ab 27. November 2013 – und damit unter anderem für die letzten Tage des hier streitigen Zeitraums – vollständig
aufgehoben und die Erstattung der in diesem Zeitraum erbrachten Leistungen verfügt. Dem Kläger zu 1. stünden für diesen Zeitraum
keine Leistungen zu, da seine Anerkennung als Asylberechtigter widerrufen worden sei. Seine diesbezügliche Mitteilungspflicht
gegenüber dem Beklagten habe er zumindest grob fahrlässig verletzt. Auf GA Bl. 332 ff. wird Bezug genommen.
Zur Begründung ihrer Berufung haben die Kläger unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens – weiterhin
– insbesondere geltend gemacht, die Klägerinnen zu 2. und 3. hätten trotz des Internatsbesuchs ihren gewöhnlichen Aufenthalt
in der Familienwohnung in A-Stadt in einem gemeinsamen Haushalt mit den dort durchgängig wohnenden Familienangehörigen gehabt.
Dorthin seien sie während der Ferienzeiten, aber auch bei längeren Krankheiten zurückgekehrt. Deshalb sei auch die Aufteilung
der Zimmer in der Wohnung trotz des Internatsbesuchs nicht verändert worden; vielmehr sei das von ihnen benutzte Kinderzimmer
für sie freigehalten worden, so dass sie jederzeit hätten nach Hause kommen können, ohne dass in ihrem Raum irgendwelche Veränderungen
hätten vorgenommen werden müssen. Zudem sei auch während der Schulzeit über verschiedene Formen der Telekommunikation enger
Kontakt gepflegt worden. Schon auf Grund ihres Alters hätten sie sich im streitigen Zeitraum noch nicht vom Elternhaus gelöst.
Die Bedarfsgemeinschaft sei daher durch den Internatsbesuch, der unstreitig dazu geführt habe, dass sie sich zu zwei Dritteln
des Jahres im Internat, zu einem Drittel bei den Eltern aufgehalten hätten, nicht aufgelöst worden; dies werde auch durch
das Urteil des Bundessozialgerichts vom 28. Oktober 2014 – B 14 AS 65/13 R – gestützt. Schließlich sei eine Unterscheidung zwischen einem Internatsbesuch im Inland und in einem Land der Europäischen
Union unter europarechtlichen Gesichtspunkten nicht zulässig.
Zumindest sei eine temporäre Bedarfsgemeinschaft zu berücksichtigen. Insoweit komme es allein auf den gewöhnlichen Aufenthalt
des sorge- beziehungsweise umgangsberechtigten Elternteils an. Weder ein überwiegender Aufenthalt der Kinder im Ausland noch
die Vollendung des 15. Lebensjahres könnten dem entgegengehalten werden.
Jedenfalls aber dürfe, so haben die Kläger zur Begründung des Hilfsantrags vorgebracht, das Kindergeld nicht auf die Ansprüche
der durchgängig in Deutschland lebenden Familienmitglieder angerechnet werden, da der Kläger zu 1. es per Dauerauftrag auf
ein Konto weitergeleitet habe, das allein von den Klägerinnen zu 2. und 3. genutzt werde. Selbst wenn es im Einzelfall dazu
gekommen sein sollte, dass der Kläger zu 1. und die Klägerin zu 5. – die das Konto auf Grund der Minderjährigkeit der Klägerinnen
zu 2. und 3. auch hätten einrichten müssen – das Konto genutzt hätten, sei das ausschließlich für Aufwendungen im Interesse
der beiden Töchter geschehen.
Hinsichtlich der Finanzierung der Schulausbildung in England haben die Kläger vorgetragen, dies sei durch Darlehen der Herren
N. und O. ermöglicht worden. Die Schulden bei Herrn N. seien inzwischen aus Mitteln des Ehemannes der Klägerin zu 3. vollständig
zurückgeführt worden; dieser habe seinerseits auf die Rückzahlung verzichtet. Auch bei Herrn O. bestünden keine Schulden mehr.
Die Flugkosten seien durch die langfristige Buchung von Billigflügen überschaubar gewesen und aus den Grundsicherungsleistungen
finanziert worden.
Die Kläger haben eine Aufstellung der Ferienzeiten der Klägerinnen zu 2. und 3. im Zeitraum von Juni 2012 bis August 2015
zu den Akten gereicht; auf GA Bl. 188 wird Bezug genommen.
Die Klägerin zu 2. beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 13. Mai 2014 – S 1 AS 562/13 –, soweit es zu ihren Lasten ergangen ist, aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 26. Juni 2013
in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. August 2013 sowie Aufhebung des Bescheides vom 10. Juli 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 8. August 2013 und des Bescheides vom 17. Oktober 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Januar 2014, soweit
die Bescheide ihre Leistungsansprüche und die Zeit vom 1. Juni 2013 bis 30. November 2013 betreffen, zu verurteilen, zu ihren
Gunsten laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch für die Zeit vom 1. Juni 2013 bis 30. November 2013 in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Klägerin zu 3. beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 13. Mai 2014 – S 1 AS 562/13 –, soweit es zu ihren Lasten ergangen ist, aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 26. Juni 2013
in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. August 2013 sowie Aufhebung des Bescheides vom 10. Juli 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 8. August 2013 und des Bescheides vom 17. Oktober 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Januar 2014, soweit
die Bescheide ihre Leistungsansprüche und die Zeit vom 1. Juni 2013 bis 30. November 2013 betreffen, zu verurteilen, zu ihren
Gunsten laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch für die Zeit vom 1. Juni 2013 bis 30. November 2013 in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Der Kläger zu 4. beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 13. Mai 2014 – S 1 AS 562/13 –, soweit es zu seinen Lasten ergangen ist, aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des ihn betreffenden Bescheides
vom 10. Juli 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. August 2013 zu verurteilen, ihm laufende Leistungen zur Sicherung
des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch für die Zeit vom 25. Juni bis zum 20. August 2013 zu gewähren.
Hilfsweise beantragen die Kläger zu 1. und 5. bis 8.,
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 13. Mai 2014 – S 1 AS 562/13 –, soweit es jeweils zu ihren Lasten wirkt, aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des jeweiligen Bescheides über
die endgültige Leistungsfestsetzung vom 9. Juli 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Oktober 2014 sowie Aufhebung
des jeweiligen Erstattungsbescheides nach endgültiger Leistungsfestsetzung vom 9. Juli 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 22. Oktober 2014 und des Bescheides vom 5. März 2018, jeweils soweit die Bescheide ihre jeweiligen Leistungsansprüche
für die Zeit vom 1. Juni 2013 bis 30. November 2013 betreffen, zu verurteilen, jeweils zu ihren Gunsten höhere laufende Leistungen
zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch für die Zeit vom 1. Juni 2013 bis 30. November 2013 – insbesondere unter Außerachtlassung des für die Klägerinnen zu 2. und
3. gezahlten Kindergeldes – zu gewähren.
Der in der mündlichen Verhandlung nicht anwesende Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Berufungen zurückzuweisen.
Er verteidigt das angegriffene Urteil und seine Bescheide. Er hat zudem auf die nach Auskunft des Bundeszentralamtes für Steuern
fortbestehende Verfügungsberechtigung des Klägers zu 1. für das Konto der Klägerin zu 2., auf welches das Kindergeld weitergeleitet
worden sei, hingewiesen.
Der Senat hat durch die damalige Berichterstatterin am 22. Februar 2017 einen Erörterungstermin (unter anderem) im hiesigen
Verfahren durchgeführt. Auf die Niederschrift (GA Bl. 278 ff.) wird Bezug genommen.
Ein Versuch, vor dem Güterichter eine Verständigung der Beteiligten zu ermöglichen, ist erfolglos geblieben.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze
sowie auf den Inhalt der Gerichtsakten sowohl zum hiesigen wie zu den Parallelverfahren L 6 AS 89/20, L 6 AS 92/20 und L 6 AS 93/20 sowie der die Klägerinnen und die Kläger betreffenden Verwaltungsakten des Beklagten und der beigezogenen Akten der Staatsanwaltschaft
Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte verhandeln und entscheiden, obwohl der Beklagte in der mündlichen Verhandlung am 9. Juni 2021 nicht erschienen
ist, nachdem dieser zu dem Termin ordnungsgemäß geladen worden war und nur seinerseits darum gebeten hatte, zu diesem keinen
Vertreter entsenden zu müssen.
Die zulässige Berufung der Kläger zu 1. bis 4. gegen das Urteil des Sozialgerichts Kassel ist unbegründet. Das Sozialgericht
hat das auf die durchgängige Gewährung von Leistungen für die Zeit vom 1. Juni 2013 bis 30. November 2013 gerichtete Begehren
der Klägerinnen zu 2. und zu 3. sowie das auf Leistungen für den Aufenthalt in den Sommerferien 2013 gerichtete Begehren des
Klägers zu 4. zu Recht abgewiesen. Das gilt im Ergebnis auch für die Klage des Klägers zu 1.; allerdings war diese – wegen
der Unzulässigkeit einer hilfsweisen subjektiven Klagehäufung – bereits unzulässig. Die erst im Rahmen der mündlichen Verhandlung
vor dem Senat erhobenen Klagen der Kläger zu 5. bis 8. sind unzulässig und waren daher abzuweisen.
A. Mit ihrem jeweiligen Klagebegehren machen die Kläger – jedenfalls nach den im Berufungsverfahren in sachgerechter Weise
zuletzt gestellten Anträgen – nur die ihnen jeweils individuell zustehenden Ansprüche geltend. Die Kläger zu 5. bis 8. sind
dabei erst durch die in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellten Anträge zu Beteiligten des Verfahrens geworden.
1. Das Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende ordnet die jeweiligen Leistungsansprüche individuell den einzelnen Hilfebedürftigen
zu. Einen Rechtsanspruch „der Bedarfsgemeinschaft“ oder auch die Möglichkeit, dass ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft, namentlich
der „pater familias“, im eigenen Namen (auch) die Ansprüche der übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft geltend machen
könnte, kennt das Grundsicherungsrecht nicht. Insbesondere wenn die Betroffenen anwaltlich vertreten sind, kommt auch die
Auslegung einer im Namen bestimmter Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft erhobenen Klage dahin, dass auf diese Weise Klage auch
für andere Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft erhoben werden soll mit der Folge, dass diese zu Aktivbeteiligten würden, nicht
in Betracht; das gilt jedenfalls nach Ablauf der Übergangsfrist, die das Bundessozialgericht nach Inkrafttreten des Sozialgesetzbuches
Zweites Buch im Jahr 2005 vorübergehend anerkannt hatte und die den Beteiligten ermöglichen sollte, sich ohne Rechtsnachteil
auf die prozessualen Folgen des neu geschaffenen Rechtsinstituts Bedarfsgemeinschaft einzustellen (vgl. ausfl. BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 8/06 R –, BSGE 97, 217, Rn. 11 ff.).
Die Kläger zu 5. bis 8. waren daher bis zu der im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgenommenen Klageerweiterung
am hiesigen Rechtsstreit nicht beteiligt. Auch wenn der bereits bei der erstinstanzlichen Klageerhebung formulierte Hilfsantrag
von Ansprüchen „der Bedarfsgemeinschaft“ spricht, konnte dies angesichts der eindeutigen und namentlichen Benennung der Aktivbeteiligten,
konkret der Kläger zu 1. bis 4., durch die anwaltlich vertretenen Kläger nicht in der Weise gedeutet werden, dass bereits
damals (auch) im Namen der Kläger zu 5. bis 8. hätte Klage erhoben werden sollen. Auch das Sozialgericht ist hiervon – richtigerweise
– nicht ausgegangen, ohne dass dies von Klägerseite beanstandet worden wäre. Erst mit den in der mündlichen Verhandlung vor
dem Senat gestellten – insoweit als Klageänderung in Form der Klageerweiterung zu verstehenden und an §
99 SGG in Verbindung mit §
153 Abs.
1 SGG zu messenden – Anträgen sind die Kläger zu 5. bis 8. zu Beteiligten des Verfahrens geworden.
2. Auf Grund der individuellen Zuordnung der Leistungsansprüche können die Aktivbeteiligten eines Verfahrens (zulässigerweise)
nur die jeweils ihnen individuell zustehenden Leistungen geltend machen. Regelmäßig sind Klageanträge, die dies nicht eindeutig
erkennen lassen, in diesem Sinne auszulegen.
Hinsichtlich des erstrangig gestellten Begehrens der Klägerinnen zu 2. und 3. kommt dies zudem durchgängig bereits in der
Formulierung der bei Klageerhebung, in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht und im Berufungsschriftsatz gestellten
Anträge zum Ausdruck. Insoweit war von Anfang an hinreichend deutlich, dass jeweils nur die Klägerin zu 2. und die Klägerin
zu 3. die ihnen individuell zustehenden Ansprüche (selbst und in eigenem Namen) geltend machen wollten; die in der mündlichen
Verhandlung vor dem Senat gestellten Anträge formulieren dies nur noch klarer.
Weniger eindeutig war dies bei dem Hilfsantrag des Klägers zu 1., so wie er ursprünglich und im Berufungsschriftsatz formuliert
war, nachdem dort von einem Leistungsanspruch „der Bedarfsgemeinschaft“ gesprochen wird. Die anwaltlich vertretenen Kläger
haben auf die Unzulässigkeit einer in Prozessstandschaft geführten Klage aber in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat
reagiert: Der anwaltliche Bevollmächtigte der Kläger hat auch für die Kläger zu 5. bis 8. in eigener Person Anträge zur Entscheidung
des Senats gestellt. Umgekehrt ist der Antrag des Klägers zu 1. nunmehr deutlich dahin formuliert, dass dieser nur die ihm
individuell zustehenden und daher von ihm zulässigerweise geltend zu machenden Ansprüche umfassen soll. An einem darüber hinausgehenden
prozessualen Begehren hat er jedenfalls nicht festgehalten.
B. Die Anträge der Klägerinnen zu 2. und 3. müssen ohne Erfolg bleiben.
I. Mit ihren Anträgen machen sie Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende für den Zeitraum vom 1. Juni 2013 bis 30.
November 2013 geltend. Damit zielen sie – unter Berufung auf einen gewöhnlichen Wohnsitz in A-Stadt und eine ununterbrochen
bestehende Haushaltsgemeinschaft mit den durchgängig in A-Stadt lebenden Familienmitgliedern auch während der Zeiten ihres
Aufenthalts im Internat in England – in erster Linie auf die Leistungsgewährung für den gesamten Streitzeitraum. Der ursprünglich
von ihnen formulierte Hilfsantrag (nur) für die Zeiten ihres Aufenthalts in A-Stadt geht in diesem Begehren auf; eine Notwendigkeit,
ihn gesondert zu stellen, bestand daher nicht: Der Senat hätte vielmehr, wenn er von einem Leistungsanspruch der beiden Klägerinnen
(nur, aber immerhin) für diese Zeiträume ausginge, bereits aufgrund des Hauptantrags zu einem diesem (nur) teilweise stattgebenden
Urteil gelangen müssen.
1. Gegenstand des Verfahrens wegen des Begehrens der Klägerinnen zu 2. und 3. sind vor diesem Hintergrund – neben dem angegriffenen
Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 13. Mai 2014 im Verfahren S 1 AS 562/13 – zunächst der Bescheid vom 26. Juni 2013 in Gestalt des zugehörigen Widerspruchsbescheides vom 8. August 2013, mit dem der
Beklagte – wenn auch nur vorläufig – Leistungen für den streitigen Zeitraum (nur) zu Gunsten des Klägers zu 1., der Klägerin
zu 5. und der durchgängig in A-Stadt lebenden Kinder, also der Kläger zu 6. bis 8., bewilligt hat. Vor dem Hintergrund des
andauernden Streites um die Ansprüche der Klägerinnen zu 2. und 3. und des auch für sie gestellten Leistungsantrags ist die
auf die genannten Personen beschränkte Bewilligung zugleich als konkludente Ablehnung der Gewährung von Leistungen an die
Klägerinnen zu 2. und 3. auszulegen; dies haben, wie sich im Widerspruchsverfahren gezeigt hat, offenbar auch die Beteiligten
selbst so gesehen.
Dabei ist, obwohl die Leistungsbewilligung zu Gunsten der begünstigten Familienmitglieder im Bescheid vom 26. Juni 2013 zunächst
nur vorläufig erfolgte, die Ablehnung der Ansprüche der Klägerinnen zu 2. und 3. bereits durch diesen Bescheid als endgültig
zu verstehen. Noch deutlicher wird dies durch den Widerspruchsbescheid vom 8. August 2013, nachdem der Beklagte seine ablehnende
Widerspruchsentscheidung darauf gestützt hat, die Klägerinnen zu 2. und 3. erfüllten die Grundvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II nicht. Ein Anhaltspunkt dafür, dass diese rechtliche Beurteilung und die darauf gestützte Ablehnung in irgendeiner Weise
unter dem Vorbehalt weiterer tatsächlicher Ermittlungen oder eines sonstigen Grundes für eine nur vorläufige Entscheidung
gestanden haben könnte, ist auch und gerade aus dem Empfängerhorizont nicht ersichtlich. Vor diesem Hintergrund ist von einem
endgültigen Charakter der Ablehnungsentscheidung bereits durch den Bescheid vom 26. Juni 2013 in Gestalt des zugehörigen Widerspruchsbescheides
vom 8. August 2013 auszugehen. Unabhängig von späteren Änderungen beziehungsweise Bescheiden über endgültig zu bewilligende
Leistungen an die durchgängig in A-Stadt lebenden Familienmitglieder behielt dieser im Verhältnis zu den Klägerinnen zu 2.
und 3. daher seinen Regelungsgehalt und hat sich nicht erledigt.
Wegen der zeitlichen Korrespondenz mit der Bewilligung für die anderen Familienmitglieder ist, obwohl eine Ablehnungsentscheidung
regelmäßig keinen Dauerverwaltungsakt darstellt, ausnahmsweise von einer entsprechenden zeitlichen Erstreckung der ablehnenden
Regelung auszugehen.
2. Die Klägerinnen zu 2. und 3. haben nach dem Folgeantrag für den gesamten Streitzeitraum weitere Leistungsanträge bei dem
Beklagten – jeweils bezogen auf ihre Anwesenheitszeiten bei der Familie – gestellt, konkret am 4. Juli 2013 für ihren Aufenthalt
in A-Stadt im Sommer 2013 und am 14. Oktober 2013 für den Aufenthalt im Herbst 2013.
Der Beklagte hat den Antrag für den Sommer 2013 durch Bescheid vom 10. Juli 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
8. August 2013 abgelehnt. (Auch) diesen haben die Klägerinnen zu 2. und 3. von Anfang an und mit Blick auf ihr Rechtsschutzziel
zu Recht im hiesigen Verfahren angegriffen. Die Ablehnung für den Herbst 2013 folgte durch Bescheid vom 17. Oktober 2013 in
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Januar 2014. Dieser ist über §
96 Abs.
1 SGG zum Gegenstand des zu diesem Zeitpunkt bereits laufenden Klageverfahrens geworden. Eines Widerspruchsverfahrens hätte es
dabei nicht bedurft. Da der Beklagte aber eine (weitere) Sachentscheidung getroffen hat, ist auch der Widerspruchsbescheid
zum Gegenstand des Verfahrens geworden.
Dabei ist – ausnahmsweise – nicht davon auszugehen, dass mit der jeweiligen Antragstellung eine Zäsur hinsichtlich des im
gerichtlichen Verfahren zulässigerweise streitigen Zeitraums einhergeht: Durch den Bescheid vom 26. Juni 2013 hat der Beklagte
Leistungen zu Gunsten der Klägerinnen zu 2. und 3. für den gesamten streitigen Zeitraum abgelehnt. Die nachfolgend mehrfach
wiederholte Antragstellung beruhte ersichtlich allein darauf, dass der Beklagte dies und vor allem eine persönliche Vorsprache
der beiden Klägerinnen in den vorangegangenen Leistungszeiträumen verlangt hatte, wenn sie Leistungen (zumindest) für die
Zeiten ihrer Aufenthalte in A-Stadt erhalten wollten. Weder aus Sicht der Klägerinnen zu 2. und 3. noch aus der des Beklagten
war vor diesem Hintergrund mit einem entsprechenden Vorgehen eine (zeitlich begrenzte) Neuantragstellung unter Aufgabe des
(bereits abschlägig beschiedenen) Leistungsanspruchs für den gesamten Bewilligungsabschnitt verbunden. Die nachfolgende Ablehnung
von Leistungen für die Zeiten des Aufenthalts in A-Stadt stellt sich vor diesem Hintergrund bei einer am Recht auf effektiven
Rechtsschutz (Art.
19 Abs.
4 Grundgesetz –
GG –) orientierten Auslegung nur als Bestätigung der durch den Bescheid vom 26. Juni 2013 bereits erfolgten Ablehnung für den
jeweils betroffenen Teilzeitraum dar. Die Klägerinnen zu 2. und 3. durften davon ausgehen, dass mit ihrem Vorgehen gegen den
Ablehnungsbescheid vom 26. Juni 2013 ihre Ansprüche für den gesamten von diesem geregelten Zeitraum vom 1. Juni 2013 bis 30.
November 2013 streitig gestellt seien.
Zwar wird man (dennoch) nicht davon ausgehen, dass es sich bei den Bescheiden vom 10. Juli 2013 und 17. Oktober 2013 jeweils
in Gestalt des zugehörigen Widerspruchsbescheides um bloße wiederholende Verfügungen handelte, denen hinsichtlich der Ansprüche
der Klägerinnen keine Regelungswirkung zuzumessen wäre; umgekehrt haben sie schon angesichts ihres nur sehr eingeschränkten
und spezifischen Regelungsziels den Bescheid vom 26. Juni 2013 nicht vollständig ersetzt und diesen daher nicht nach § 39 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) vollständig erledigt (vgl. zu einer entspr. Konstellation: BSG, Urteil vom 25. April 2018 – B 8 SO 24/16 R –, SozR 4-3500 § 82 Nr. 12).
Während die Klägerinnen zu 2. und 3. den Bescheid vom 10. Juli 2013 sogleich mit ihrer Klage angegriffenen haben, ist der
Bescheid vom 17. Oktober 2013 über §
96 Abs.
1 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden und konnte deswegen nicht bindend werden: Zwar fällt ein Zweitbescheid nicht in den
Anwendungsbereich von §
86 und §
96 SGG, wenn der erste Bescheid bestandskräftig geworden ist (vgl. B. Schmidt, in: Meyer-Ladewig u.a.,
SGG – Kommentar, 13. Aufl. 2020, §
96 Rn. 3); etwas anderes muss aber dann gelten, wenn der erste Bescheid angegriffen und das diesbezügliche Widerspruchs- oder
Klageverfahren noch offen ist (vgl. zur Einbeziehung wiederholter Ablehnungsentscheidungen auch BSG, Urteil vom 13. Juli 2017 – B 4 AS 12/16 R –, juris, Rn. 13; krit. Schifferdecker NZS 2018, 27, allerdings mit Blick auf § 44 SGB X und insofern für eine andere als die hier vorliegende Fallkonstellation). Der Betroffene kann sich in diesem Fall vor dem
Hintergrund der Regelungen aus §
86 und §
96 SGG gerade darauf verlassen, dass, wenn der Leistungsträger weitere Bescheide mit Bezug auf den Streitgegenstand des offenen
Rechtsbehelfsverfahrens erlässt, diese in das Verfahren einbezogen werden. Das muss – gerade – auch dann gelten, wenn es sich
nur um die erneute und letztlich damit nur bestätigende Ablehnung von Leistungen für den bereits streitigen Zeitraum oder
einen Teil von diesem handelt. Davon ist im hiesigen Fall offenbar auch das Sozialgericht ausgegangen und hat die entsprechenden
Bescheide im angegriffenen Urteil abgehandelt.
3. Die Klägerinnen zu 2. und 3. haben bei der Antragstellung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat – sinnvollerweise
– darauf verzichtet, den Änderungsbescheid vom 22. August 2013, mit dem der Beklagte Leistungen auch zu Gunsten ihres kurz
zuvor geborenen Bruders bewilligt und die zu Gunsten ihrer Eltern und der weiteren durchgängig in A-Stadt lebenden Geschwister
bewilligten Leistungen entsprechend angepasst hat, zum Gegenstand ihrer Anträge zu machen und dieses Klagebegehren damit fallengelassen.
Das ist sachgerecht, da die bloße Änderung der Leistungsbewilligung zu Gunsten der durchgängig in A-Stadt lebenden Familienmitglieder
durch diesen Änderungsbescheid – und ebenso durch die von Klägerseite auch in der ursprünglichen Formulierung des Berufungsantrags
für die Klägerinnen zu 2. und 3. nicht erwähnten Bescheide vom 19. September 2013 und 16. Dezember 2013 – nicht als nochmalige
Ablehnung der von ihnen geltend gemachten Leistungen anzusehen ist. Aus dem insoweit maßgeblichen Empfängerhorizont – und
ersichtlich auch nach der Regelungsabsicht des Beklagten – hat dieser auf diese Weise (tatsächlich nur) die Höhe der Leistungen
für die anderen Familienmitglieder abgeändert. Gleiches gilt schließlich für den als „Änderungsbescheid“ bezeichneten, der
Sache nach allerdings eine endgültige Festsetzung für den hier streitigen Zeitraum beinhaltenden Bescheid an die dauerhaft
in A-Stadt lebenden Familienmitglieder vom 9. Juli 2014 und die daran anknüpfenden Erstattungsbescheide jeweils in Gestalt
des zugehörigen Widerspruchsbescheides vom 10. Oktober 2014 und den nur den Kläger zu 1. betreffenden Bescheid vom 5. März
2018.
4. Der Beklagte hat weiter am 9. Juli 2014 einen an den Kläger zu 1. adressierten Bescheid erlassen, der (unter anderem) eine
Aufhebungs- und Erstattungsentscheidung bezüglich von Leistungen an die Klägerin zu 3. trifft. Jedenfalls seiner Formulierung
nach ist er auf die Zeit bis 31. Juli 2013 gerichtet. Dennoch hat die Klägerin zu 3. auch diesen – sachgerecht – nicht zum
Gegenstand ihrer Anträge im hiesigen Verfahren gemacht: Zum einen handelt es sich bei der zeitlichen Erstreckung über den
31. Mai 2013 hinaus bis zum 31. Juli 2013 ersichtlich um ein Versehen, nachdem der hiesige Streitzeitraum Gegenstand des weiteren,
ebenfalls an den Kläger zu 1. gerichteten Bescheides vom 9. Juli 2014 war: Dieser enthielt seinem Wortlaut nach eine Änderung
der für die Zeit vom 1. Juni 2013 bis 30. November 2013 an den Kläger zu 1. sowie die in A-Stadt lebenden Geschwister bewilligten
Leistungen, der Sache nach deren endgültige Festsetzung, nachdem für den hier streitigen Zeitraum bis dahin nur eine vorläufige
Entscheidung erfolgt war. Es ist nicht erkennbar, dass und warum der Beklagte hier überschneidende Bescheide hätte erlassen
sollen; dementsprechend ist auch in den weiteren Ausführungen des Bescheides immer nur von bis 31. Mai 2013 gewährten Leistungen
die Rede. Zum anderen hatte der Beklagten den Klägerinnen zu 2. und 3. für den im hiesigen Verfahren streitigen Zeitraum für
keinen Teilzeitraum Leistungen gewährt, so dass sich die Aufhebungs- und Erstattungsentscheidung – auch wenn es sich nicht
um ein Versehen handeln sollte – ohnehin nur scheinbar und wegen ihrer wenig differenzierten Formulierung auf Leistungen an
die Klägerin zu 3. für die hier im Streit stehende Zeit beziehen würde. Sie ist daher auch nicht über §
96 Abs.
1 in Verbindung mit §
153 Abs.
1 SGG zum Gegenstand des hiesigen Verfahrens geworden; die Klägerin hat sie zu Recht im hiesigen Verfahren nicht angegriffen.
5. Die Klägerinnen zu 2. und 3. haben ihr Begehren in der mündlichen Verhandlung zutreffend als kombinierte Anfechtungs- und
Leistungsklage (§
54 Abs.
1 Satz 1, Abs.
4, §
56 SGG) formuliert. Da der Senat über das Klagebegehren zu entscheiden hat, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein (§
123 i.V.m. §
153 Abs.
1 SGG), war schon der schriftsätzlich formulierte Berufungsantrag entsprechend zu verstehen.
II. Die Berufung ist angesichts des Streitgegenstandes, also der für ein halbes Jahr geltend gemachten Leistungen der Grundsicherung
für Arbeitsuchende für die Klägerinnen zu 2. und 3. in voller Höhe, nach §
143, §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG statthaft und auch im Übrigen zulässig, namentlich entsprechend den Anforderungen aus §
151 Abs.
1 SGG form- und fristgerecht eingelegt.
In diesem Zusammenhang ist nach dem Vermerk, der von der Leitung der Serviceeinheit des Senats auf der Berufungsschrift aufgebracht
worden ist, zu Gunsten der Kläger davon auszugehen, dass diese, wie dort festgehalten, am 23. Juni 2014 beim Sozialgericht
A-Stadt eingegangen ist, auch wenn der tatsächliche Hintergrund für die merklich spätere Übermittlung an den Senat nicht deutlich
ist. Da der 23. Juni 2014 ein Montag und das angegriffene Urteil dem Bevollmächtigten der Kläger am 22. Mai 2014 zugestellt
worden war, haben die Kläger die Berufungsfrist gewahrt (vgl. §
64 Abs.
2 Satz 1, Abs.
3 SGG).
Beide Klägerinnen waren zum Zeitpunkt der Berufungseinlegung bereits selbst prozessfähig, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt
keine Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit bestehen: Ein Beteiligter ist nach §
71 Abs.
1 SGG prozessfähig, wenn er sich durch Verträge verpflichten kann. Minderjährige sind gemäß §
71 Abs.
2 Satz 1
SGG in eigenen Sachen prozessfähig, soweit sie durch Vorschriften des bürgerlichen oder öffentlichen Rechts für den Gegenstand
des Verfahrens als geschäftsfähig anerkannt sind. Dabei setzt die sozialrechtliche Handlungsfähigkeit nach §
36 Abs.
1 Satz 1
SGB I (nur) die Vollendung des fünfzehnten Lebensjahres voraus, was auch bei der 1999 geborenen Klägerin zu 3. zum Zeitpunkt der
Berufungseinlegung am 23. Juni 2014 bereits der Fall war.
III. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Die Klägerinnen zu 2. und 3. haben keinen Anspruch auf die begehrten Leistungen.
1. Das Sozialgericht ist zunächst zu Recht von der Zulässigkeit der Klage ausgegangen. Namentlich ist sie form- und fristgerecht
entsprechend den Vorgaben aus §
87 Abs.
1 Satz 1, Abs.
2 SGG erhoben worden.
Allerdings hatte die Klägerin zu 3. zum Zeitpunkt der Klageerhebung das 15. Lebensjahr noch nicht vollendet; sie bedurfte
daher der gesetzlichen Vertretung durch beide Elternteile, die im hiesigen Verfahren, an dem ihre Mutter bis zur Klageerweiterung
in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht beteiligt war, nicht gesichert erscheint. Das kann im Einzelnen auf sich
beruhen, nachdem die inzwischen volljährige Klägerin zu 3. in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat die Klageerhebung in
ihrem Namen genehmigt hat und die Klageerhebung jedenfalls aus diesem Grunde wirksam ist. Eine Genehmigung wäre nur ausgeschlossen,
wenn das Sozialgericht die Klage wegen unzureichender Vertretung als unzulässig behandelt hätte – was es nicht getan, vielmehr
in der Sache entschieden hat.
2. Das Sozialgericht hat dem Begehren der Klägerinnen zu 2. und 3. auf Gewährung von Leistungen zu ihren Gunsten zu Recht
in der Sache nicht entsprochen.
a) Rechtsgrundlage für den von ihnen jeweils geltend gemachten Anspruch sind die §§ 7 ff., §§ 19 ff. SGB II. Dabei würde der 1995 geborenen Klägerin zu 2. ein Anspruch auf Arbeitslosengeld II zustehen (§ 19 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II), der 1999 geborenen Klägerin zu 3. ein Anspruch auf Sozialgeld (§ 19 Abs. 1 Satz 2 SGB II).
b) Der von der Klägerin zu 2. geltend gemachte Anspruch auf Grundsicherungsleistungen für die Zeiten ihres Aufenthalts in
England im Internat scheitert für den hier streitigen Bewilligungszeitraum vom 1. Juni 2013 bis 30. November 2013 durchgängig
bereits daran, dass sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht, wie von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II verlangt, in Deutschland hatte.
aa) (1.) Wie für den Begriff des Wohnsitzes enthält der Allgemeine Teil des Sozialgesetzbuches auch für den des gewöhnlichen
Aufenthalts eine für das gesamte Sozialrecht und damit auch das Grundsicherungsrecht maßgebliche Legaldefinition: Danach hat
jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort
oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt (§
30 Abs.
3 Satz 2
SGB I).
Der gewöhnliche Aufenthalt unterscheidet sich vom Wohnsitz zunächst dadurch, dass er nicht voraussetzt, dass dem Betroffenen
eine (und sei es noch so eingeschränkte) Wohnung zur Verfügung steht. Bei einem Aufenthalt in einem Internat oder in einer
anderen Institution kann daher dort der Ort des gewöhnlichen Aufenthalts liegen.
Auch ein gewöhnlicher Aufenthalt setzt allerdings voraus, dass der Betreffende am fraglichen Ort (beziehungsweise in einem
bestimmten Gebiet) nicht nur vorübergehend verweilt. Maßgeblich ist also eine objektive zeitliche Komponente – wobei eine
feste Grenze nicht existiert – und der grundsätzlich zukunftsoffene Verbleib (vgl. nur BSG, Urteil vom 27. März 2020 – B 10 EG 7/18 R –, SozR 4-7837 § 1 Nr. 9, Rn. 44): Dies schließt allerdings auch bei einem – etwa durch die Dauer der Schulzeit – von vornherein
zeitlich begrenzten Aufenthaltszweck einen gewöhnlichen Aufenthalt nicht aus, wenn der Betroffene an dem Aufenthaltsort „bis
auf Weiteres“ den örtlichen Schwerpunkt seiner Lebensbeziehungen hat (vgl. nochmals BSG, Urteil vom 27. März 2020 – B 10 EG 7/18 R –, SozR 4-7837 § 1 Nr. 9, Rn. 43; außerdem BSG, Urteil vom 12. April 2017 – B 13 R 12/15 R –, BSGE 123, 98, Rn. 49). Ist dies der Fall, so stellt auch eine vorübergehende Abwesenheit vom Ort des gewöhnlichen Aufenthalts diesen nicht
in Frage, sofern eine gewisse Stetigkeit und Regelmäßigkeit erhalten bleibt; dementsprechend ist mit vorübergehenden Aufenthalten
an einem anderen Ort – etwa für einen Urlaub oder Besuche bei der Familie oder bei Freunden – regelmäßig kein Wechsel des
gewöhnlichen Aufenthalts verbunden (vgl. BSG, Urteil vom 31. Oktober 2012 – B 13 R 1/12 R –, BSGE 112, 116, Rn. 30).
Wie beim Wohnsitz ist das (Fort-)Bestehen eines gewöhnlichen Aufenthalts anhand einer prognostischen Einschätzung unter Einbeziehung
aller Umstände zu beurteilen (vgl. wiederum BSG, Urteil vom 27. März 2020 – B 10 EG 7/18 R –, SozR 4-7837 § 1 Nr. 9, Rn. 45; BSG, Urteil vom 31. Oktober 2012 – B 13 R 1/12 R –, BSGE 112, 116, Rn. 25 f.); dies gilt im Sinne einer fiktiven Prognose selbst dann, wenn der gewöhnliche Aufenthalt – wie im vorliegenden
Verfahren – für einen zurückliegenden Zeitraum zu ermitteln ist (vgl. BSG, Urteil vom 1. März 2018 – B 8 SO 22/16 R –, SozR 4-3250 § 14 Nr. 28, Rn. 20).
(Nur) im Rahmen dieser prognostischen Einschätzung der Entwicklung kann auch der Wille des Betroffenen (oder seiner Sorgeberechtigten)
von Bedeutung sein (vgl. BSG, Urteil vom 16. Oktober 1986 – 12 RK 13/86 –, BSGE 60, 262), so wenn eine längere Verweildauer (zwar unsicher ist, aber immerhin) als gut möglich in Betracht kommt und für die daran
anknüpfende Einschätzung des weiteren Verlaufs daher die individuellen Pläne des Betroffenen zentrales Gewicht bekommen (vgl.
BSG, Urteil vom 12. Dezember 2017 – B 11 AL 21/16 R –, BSGE 125, 38, Rn. 11). Grundsätzlich ist es dagegen im Rahmen von §
30 Abs.
3 Satz 2
SGB I unerheblich, ob der Aufenthalt freiwillig erfolgt; für den (gewöhnlichen) Aufenthalt ist vielmehr das rein tatsächliche Verweilen
maßgeblich (vgl. BSG, Urteil vom 19. November 1965 – 1 RA 154/62 –; BSG, Urteil vom 28. Juni 1984 – 3 RK 27/83 –, SozR 2200 § 205 Nr. 56). Auch die melderechtlichen Verhältnisse haben allenfalls indizielle Bedeutung.
Die Voraussetzungen für die Annahme eines gewöhnlichen Aufenthalts können an mehreren Orten gleichzeitig gegeben sein; das
setzt allerdings – nahezu – gleichgewichtige Verbindungen zu beiden Orten voraus. In aller Regel wird man im Rahmen des Grundsicherungsrechts
diesbezüglich eine Entscheidung zu treffen und daher auf den Ort mit den engsten Beziehungen zurückzugreifen haben (vgl. so
auch Leopold in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 7 – Stand: 5. Januar 2021 – Rn. 82).
Überdies wird diskutiert, ob der – in sehr unterschiedlichen Kontexten verwendete – Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts durch
den jeweiligen Sachzusammenhang „eingefärbt“ wird, also unterschiedlichen Gehalt annehmen kann (vgl. zur sog. „Einfärbungslehre“
Hengelhaupt, in: Hauck/Noftz,
SGB III, § 327 – Stand: Januar 2021 – Rn. 133; krit. inzwischen auch BSG, Urteil vom 30. Januar 2013 – B 4 AS 54/12 R –, BSGE 113, 60). Grundsätzlich legt die Funktion des
Ersten Buches als Allgemeiner Teil des Sozialgesetzbuches nicht nahe, für die verschiedenen Teilbereiche des Sozialgesetzbuches unterschiedliche
Begriffe zu entwickeln; allerdings spricht, ohne dass damit eine dogmatisch andere Bestimmung des Begriffs verbunden wäre,
der steuerfinanzierte und auf die Existenzsicherung im Inland zielende Charakter der Grundsicherungsleistungen tendenziell
gegen einen Leistungsexport ins Ausland (vgl. in diesem Sinne Leopold, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 7 – Stand: 5. Januar 2021 – Rn. 73).
Im Rahmen dieser allgemeinen Grundsätze hat das Bundessozialgericht (vgl. Urteil vom 28. Mai 1997 – 14/10 RKg 14/94 –, SozR 3-5870 § 2 Nr. 36, Rn. 13; enger: BSG, Urteil vom 17. Dezember 1981 – 10 RKg 12/81 –, BSGE 53, 49) in einem kindergeldrechtlichen Verfahren zu Zeiten ausbildungsbedingter Abwesenheit ausgeführt, der Aufenthalt eines Kindes
im Ausland zum Zwecke der Schul- oder Berufsausbildung berühre den Anspruch des weiterhin in Deutschland lebenden Elternteils
auf Gewährung von Kindergeld nicht, wenn der Aufenthalt zeitlich begrenzt und die Rückkehrmöglichkeit gegeben sei. Die mit
einer Internatsunterbringung verbundene räumliche Trennung von den Eltern bedinge allein keine Auflösung der familiären Bindungen
und bringe allein keine Verlagerung des Schwerpunkts der Lebensverhältnisse an den Ort des Internats mit sich. Dabei seien
von der Rechtsprechung Zeiträume von drei und auch von fünf Jahren als unbedenklich angesehen worden. Auf der anderen Seite
reiche die Feststellung, dass ein Auslandsaufenthalt ausschließlich der Durchführung einer bestimmten Maßnahme (wie zum Beispiel
der Schul- oder Berufsausbildung) diene, er deshalb von vornherein zeitlich beschränkt sei und der Betroffene die Absicht
habe, nach dem Abschluss der Maßnahme an den bisherigen Wohnort oder gar in die elterliche Wohnung zurückzukehren, allein
nicht aus, vom Fortbestand des bisherigen Wohnsitzes während des Auslandsaufenthalts auszugehen. Die Feststellung der Rückkehrabsicht
besage grundsätzlich nichts darüber, ob der Inlandswohnsitz – und Gleiches muss für den gewöhnlichen Aufenthalt gelten – während
des vorübergehenden Auslandsaufenthaltes beibehalten oder aufgegeben und nach der Rückkehr neu begründet werde. Der Inlandswohnsitz
(beziehungsweise entsprechend der gewöhnliche Aufenthaltsort im Inland) werde in solchen Fällen nur dann beibehalten, wenn
der Betroffene entweder seinen Lebensmittelpunkt weiterhin am bisherigen Wohnort habe (keine Wohnsitzbegründung am beziehungsweise
Verlagerung des gewöhnlichen Aufenthalts an den Ort des Auslandsaufenthalts) oder er zwar keinen einheitlichen Lebensmittelpunkt
mehr habe, er aber nunmehr über zwei Schwerpunkte der Lebensverhältnisse verfüge und einer davon am bisherigen Wohnort liege
(zwei Wohnsitze beziehungsweise Orte des gewöhnlichen Aufenthaltes). Bei Auslandsaufenthalten, die auf eine Dauer von nicht
mehr als einem Jahr angelegt seien, könne im Regelfall davon ausgegangen werden, dass ein Schwerpunkt der Lebensverhältnisse
weiterhin am bisherigen Wohnort – beziehungsweise am Ort des bisherigen gewöhnlichen Aufenthalts – liege, sofern Vorsorge
dafür getroffen sei, dass eine dauerhafte Rückkehr jederzeit möglich sei. Ansonsten aber, also bei von vornherein auf mehr
als ein Jahr angelegten Auslandsaufenthalten, reichten die Feststellung der Rückkehrabsicht und der Möglichkeit der jederzeitigen
Rückkehr in die Wohnung allein nicht aus, um die Aufrechterhaltung des Inlandswohnsitzes – und Gleiches muss wiederum für
den gewöhnlichen Aufenthalt im Inland gelten – anzunehmen. Auch kurzzeitige Besuche und sonstige kurzfristige Aufenthalte
zu Urlaubs-, Berufs- oder familiären Zwecken, die nicht einem Aufenthalt mit Wohncharakter gleichkämen und daher nicht „zwischenzeitliches
Wohnen“ in der bisherigen Wohnung bedeuteten, änderten daran nichts.
(2.) Ausgehend von diesen Maßstäben und unter Berücksichtigung aller insoweit maßgeblichen Umstände des Einzelfalles haben
die Klägerinnen zu 2. und 3. im streitigen Zeitraum keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland gehabt.
Zu Gunsten ihrer Rechtsposition lassen sich folgende Umstände anführen: Ein wichtiger, aber nach Auffassung des Senats allein
nicht ausschlaggebender Gesichtspunkt ist sicherlich, dass die Klägerin zu 4. im Streitzeitraum noch minderjährig, die Klägerin
zu 3. noch nicht lange volljährig geworden war, was eine Orientierung auf die Familie im Regelfall nahelegt. Weiter sind beide
offenbar regelmäßig in den Ferien zur Familie nach A-Stadt gefahren. Hinzu kommt, dass nach Aktenlage plausibel ist, dass
sie bei längeren Krankheiten ebenfalls versucht haben, zur Familie zu kommen und sich dort versorgen zu lassen. Zudem haben
die Klägerinnen zu 2. und 3. geltend gemacht, der Kontakt zu den Eltern sei auch während des Aufenthalts in England – über
Telefon und Internet – eng gewesen. Weiter haben sie vorgebracht, ihr Kinderzimmer sei durchgängig für sie vorgehalten worden.
Auf der anderen Seite haben die Klägerinnen zu 2. und 3. den deutlich überwiegenden Teil des Jahres in Großbritannien verbracht
und waren oft über längere Zeit nicht in Deutschland, so dass sich ihr alltägliches Leben ganz überwiegend in England abgespielt
haben muss. Weiter war der Aufenthalt – jedenfalls nach dem ersten, von den Klägerinnen als Probejahr geschilderten Schuljahr
2011/12 – von vornherein auf mehrere (Schul-)Jahre angelegt, und zwar bis zum Abschluss der Schulausbildung und damit bis
zu einem Alter, in dem Jugendliche und junge Erwachsene weitgehend selbständig geworden sind und sich anschließend beruflich
oder hinsichtlich ihrer weiteren Ausbildung und allgemein ihres weiteren Lebensweges neu orientieren können und müssen. Damit
war prognostisch sogar eine anschließende Rückkehr nach A-Stadt und in das dort vorgehaltene „Kinderzimmer“ alles andere als
selbstverständlich.
Zudem ist nicht zu übersehen, dass die Klägerinnen zu 2. und 3. seit dem Jahr 2011 und also bereits vor dem Umzug der Familie
nach A-Stadt im Juni 2012 das Internat in England besuchten. Eine irgendwie geartete nähere Bindung an den (neuen) Wohnort
der Familie liegt daher fern und es erscheint auch nicht plausibel, dass dieser – abgesehen von dem Kontakt zur Familie selbst
– bei den zumeist nur kurzen Ferienaufenthalten entstanden sein könnte.
Von erhebliche Bedeutung ist schließlich, dass die Klägerinnen – abgesehen von wenigen krankheitsbedingten Aufenthalten –
nur während der Ferien nach A-Stadt gekommen sind. Die regelmäßige Anwesenheit an Wochenenden, die zu einer gewissen Vertrautheit
mit dem und dem Aufbau von Lebensbeziehungen am Wohnort der Eltern notwendig ist, fehlt.
Vor diesem Hintergrund lässt sich ein gewöhnlicher Aufenthalt der Klägerinnen zu 2. und 3. in A-Stadt im streitigen Zeitraum
nicht feststellen. Dabei tragen die Klägerinnen die materielle Beweislast für die geltend gemachten Leistungsansprüche, so
dass die Berufung der Klägerin zu 2. schon dann ohne Erfolg bleiben müsste, wenn der Senat insofern – weniger weitgehend –
von einer nicht abschließend aufklärbaren Situation ausginge.
bb) Im hiesigen Leistungszeitraum kann sich die Klägerin zu 2. auch vor vornherein nicht darauf berufen, dass sie jedenfalls
während der Zeit, in der sie sich bei der Familie aufgehalten hat, mit den übrigen Familienmitgliedern in temporärer Bedarfsgemeinschaft
gelebt habe und ihr deswegen Leistungsansprüche zustünden.
Für die 1995 geborene Klägerin zu 2. kommt dies für die im hiesigen Verfahren im Streit stehenden Leistungen ab 1. Juni 2013
schon deswegen nicht in Betracht, weil sie im Streitzeitraum bereits volljährig war. Das Rechtsinstitut der temporären Bedarfsgemeinschaft
dient nämlich (von vornherein nur) dazu, einen Anspruch eines minderjährigen Kindes auf Lebensunterhaltsleistungen sicherzustellen,
soweit dies zur Realisierung des Umgangs- oder Sorgerechts einer nicht dauerhaft mit dem Kind zusammenlebenden Person notwendig
ist (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 14/06 R –, BSGE 97, 242, Rn. 19 ff.). Eine Ausweitung des Rechtsinstituts zur Begründung von Leistungsansprüchen eines volljährigen Kindes, das sich
ausbildungsbedingt in der Regel an einem anderen Ort aufhält, für die Zeit der Besuche bei der Familie an den Wochenenden
und in den Ferien hat das Bundessozialgericht dementsprechend auch nach Auffassung des Senats zutreffend verneint (vgl. BSG, Urteil vom 6. August 2014 – B 4 AS 55/13 R –, BSGE 116, 254, Rn. 31).
c) Auch der Klägerin zu 3. steht ein Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende im streitigen Zeitraum
nicht zu.
aa) Hinsichtlich der Frage des gewöhnlichen Aufenthalts im Inland kann zunächst auf die entsprechenden Ausführungen zu den
Ansprüchen der Klägerin zu 2. verwiesen werden, wobei bei der Klägerin zu 3. prognostisch sogar von einem noch längeren Internatsaufenthalt
auszugehen war.
Allerdings ist bei ihr entgegen der Auffassung des Sozialgerichts bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres ein gewöhnlicher
Inlandsaufenthalt gar nicht zu verlangen; dieser würde vielmehr durch die Zugehörigkeit durch die Bedarfsgemeinschaft gegebenenfalls
ersetzt (vgl. BSG, Urteil vom 28. Oktober 2014 – B 14 AS 65/13 R –, BSGE 117, 186, Rn. 18). Die geltend gemachten Ansprüche für den gesamten Streitzeitraum scheiden aber auch bei ihr schon deswegen aus,
weil sie während der tatsächlichen Aufenthaltszeiten in England nicht dem Haushalt der Familie in A-Stadt angehörte; insoweit
sind letztlich die gleichen Umstände maßgeblich, die zu einer Verneinung des gewöhnlichen Aufenthalts im Inland führen; insofern
kann wegen der Einzelheiten auf die Ausführungen im Verfahren L 6 AS 89/20 und die Ausführungen des Sozialgerichts Bezug genommen werden.
bb) Die Klägerin zu 3. kann Ansprüche aber auch nicht auf Grund einer temporären Bedarfsgemeinschaft für die Zeiten des Aufenthalts
bei der Familie in A-Stadt geltend machen, da sich ihre Hilfebedürftigkeit nicht feststellen lässt; Gleiches würde im Übrigen
für die Klägerin zu 3. gelten, sofern man entgegen der vom Senat vertretenen Auffassung von einem gewöhnlichen Aufenthalt
im Inland ausgehen wollte.
Zur Hilfebedürftigkeit ist vorab darauf hinzuweisen, dass bei einem Leistungsanspruch (nur) auf Grund des Rechtsinstituts
der temporären Bedarfsgemeinschaft und damit für die Zeiten des Aufenthalts in A-Stadt nur der Regelbedarf und gegebenenfalls
– hier allerdings nicht ersichtliche – Mehrbedarfe zu berücksichtigen wären. (Höhere) Bedarfe für Unterkunft und Heizung,
die wegen der Wahrnehmung des Umgangs eines sorge- beziehungsweise umgangsberechtigten Elternteils mit seinem Kind entstehen,
stellen dagegen einen zusätzlichen Bedarf dieses Elternteils dar und sind nicht dem Wohnbedarf des Kindes zuzurechnen, wenn
dieses seinen Lebensmittelpunkt an einem anderen Ort hat (vgl. BSG, Urteil vom 17. Februar 2016 – B 4 AS 2/15 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr. 89, Rn. 16 ff.). Auf diesen Bedarf wäre das für die Klägerin zu 3. (und Gleiches würde gegebenenfalls
für die Klägerin zu 2. gelten) gezahlte Kindergeld anteilig für die Tage des Aufenthalts in A-Stadt ihrem Bedarf anzurechnen:
In einem derartigen Falle ist für einen gesamten Kalendermonat gezahltes Einkommen – ebenso wie der Bedarf – anteilig auf
die Zeiten des Leistungsanspruchs einerseits und die Zeiten ohne Anspruch andererseits aufzuteilen (vgl. nur Hengelhaupt,
in: Hauck/Noftz, SGB II, § 41 SGB II – Stand: Februar 2021 – Rn. 130; Kallert, in: Gagel, SGB II/SGB III, § 41 SGB II – Stand der Einzelkommentierung: September 2017 – Rn. 20 f.). Da der Regelbedarf – im Jahr 2013 für die Klägerin zu 3. monatlich
255,- Euro – das Kindergeld überstieg, wäre, wenn das Kindergeld, aber kein sonstiges Einkommen auf den jeweiligen Bedarf
anzurechnen wäre, von einem (allerdings geringen) Restbedarf für die Tage des Aufenthalts in A-Stadt auszugehen.
Auch allgemein – und damit sogar wenn man von einem durchgängigen gewöhnlichen Aufenthalt in A-Stadt und dem Bestehen einer
Haushaltsgemeinschaft ausginge – kann sich der Senat von der Hilfebedürftigkeit der Klägerin zu 3. – und ebenso der Klägerin
zu 2. – jedoch nicht überzeugen.
Entscheidender Gesichtspunkt ist dabei, dass die Familie nicht nur in der Lage war, durchgängig den kostspieligen Internatsaufenthalt
der Klägerinnen zu 2. und 3. in England (und des Klägers zu 4. in Südafrika) zu ermöglichen beziehungsweise entsprechende
Mittel zu mobilisieren, sondern dies auch gelungen ist, wenn den übrigen Familienmitgliedern Mittel für den allgemeinen Lebensunterhalt
fehlten (so die von dem Bruder der Klägerin zu 5. im Januar 2013 [vgl. LA Bl. 532], von Herrn N. im September 2012 und im
Oktober 2013 von Mr./Q. beziehungsweise R. [vgl. LA 753] zur Verfügung gestellten Mittel).
Dabei machen die Kläger zwar geltend, dass die entsprechenden Gelder ihnen nur darlehensweise zugeflossen seien und daher
unberücksichtigt zu bleiben hätten. Dem vermag der Senat jedoch nicht zu folgen: Schon die Ausgestaltung der Darlehensverträge,
die überwiegend die Rückzahlungspflicht an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Klägers zu 1. beziehungsweise der Familie
knüpften, führt dazu, dass eine ernstliche und zivilrechtlich durchsetzbare Rückzahlungsverpflichtung nicht erkennbar ist
(vgl. zu dieser Voraussetzung für die Außerachtlassung ansonsten anrechnungspflichtiger Einnahmen wegen ihres Darlehenscharakters
grdsl. BSG, Urteil vom 17. Juni 2010 – B 4 AS 46/09 R –, BSGE 106, 185); dies muss zu einer Anrechnung der Mittel führen, auch wenn man grundsätzlich den diesbezüglichen Vortrag der Kläger zugrunde
legt, so dass insoweit weitere Ermittlungen nicht geboten sind.
Im Übrigen ist selbst in dem Fall, in dem die Rückzahlung nach den vorgelegten Unterlagen anders gehandhabt werden sollte,
nämlich im Fall der ersten mit Hr. N. im Jahre 2011 getroffenen Vereinbarung, eine ernstliche Rückzahlungsverpflichtung nicht
ersichtlich. Hierzu haben die Kläger, um die Ernstlichkeit des Darlehenscharakters zu verdeutlichen, schon gegenüber dem Beklagten
unter Vorlage entsprechenden E-Mail-Verkehrs (vgl. LA Bl. 415 ff.) vorgetragen, die Rückführung des im Jahre 2011 aufgenommenen
Darlehens sei ihnen nicht wie ursprünglich vereinbart möglich gewesen; daher seien sie mit der Bitte an den Darlehensgeber
– der zugleich der Vermieter ihrer A-Stadter Wohnung ist – herangetreten, das Darlehen zu verlängern. Das habe dieser aber
nicht akzeptieren wollen, sondern auf der monatlichen Zahlung von zumindest 200,- Euro – statt verabredeter 600,- Euro – bestanden.
Da ihnen auch dies nicht möglich gewesen sei, hätten sie ab Januar 2013 immerhin monatliche Zahlungen in Höhe von 100,- Euro
aufgenommen. Mit diesem Vortrag kaum vereinbar ist allerdings die von den Klägern vorgelegte Liste mit Darlehen (LA Bl. 562),
wonach eben Hr. N. ihnen im September 2012 und im Mai 2013 noch zweimal Geld geliehen hat, obwohl er gerade in diesem Zeitraum
nicht bereit gewesen sein soll, die Rückzahlung des früheren Darlehens auszusetzen. Die Ernstlichkeit von dessen Rückzahlungsverlangen
lässt sich daher mit der behaupteten fehlenden Bereitschaft Ende des Jahres 2012, die Rückzahlung des schon gegebenen Darlehens
zu stunden, kaum belegen. Dies gilt nur umso mehr, als die Vereinbarung zu den im Mai 2013 von Herrn N. zur Verfügung gestellten
Mitteln anders als die frühere, aber in Übereinstimmung mit den sonst von den Klägern vorgelegten Darlehensunterlagen die
Rückzahlung (nur) nach den wirtschaftlichen Möglichkeiten der Kläger vorsieht. In auffälligem Kontrast zu der behaupteten
Rückzahlung des von Hr. N. vermeintlich als Darlehen gegebenen Geldbetrags durch – in den Kontoauszügen (vgl. z.B. LA Bl.
1002 ff.) als „Darlehen Tilgung“ bezeichnete – Zahlungen von jeweils 100,- Euro monatlich steht zudem, dass dieser unter dem
9. Mai 2014 gegenüber dem Beklagten bestätigt hat, jedenfalls die im Jahr 2014 erfolgen Zahlungen von 100,- Euro monatlich
seien auf den noch offenen Kautionsanspruch erfolgt (vgl. LA Bl. 1023R). Eine überzeugende Erklärung, die gleichzeitig die
Ernstlichkeit der Rückzahlungsverpflichtung aus dem Darlehen nicht in Zweifel stellen würde, zu der Frage, warum die Zahlung,
die doch der Rückzahlung des Darlehens dienen sollte, nunmehr als Zahlung auf den Kautionsanspruch deklariert wurde, ist nicht
ersichtlich und haben die Kläger auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht geben können; vielmehr lässt gerade
die dem Kläger zu 1. nicht mehr erinnerliche Aufteilung der Zahlungen auf Kautions- und Darlehensrückzahlungsanspruch daran
zweifeln, ob überhaupt ein vollständiger Überblick über die Höhe der vermeintlichen Schulden bestand – was aber ersichtlich
zwingende Voraussetzung für eine ernstliche Rückzahlungsverpflichtung wäre.
Der Vollständigkeit halber und ohne dass es hierauf noch ankäme, sei darauf hingewiesen, dass auch die Gestaltung des mit
dem Bruder der Klägerin zu 5. unter dem 6. Januar 2013 geschlossenen Vertrags (LA Bl. 532) wenig plausibel erscheint: Er sah
die Gewährung eines Darlehens in Höhe von 2.800,- Euro vor, wobei ein Betrag von 1.000,- Euro am gleichen Tag bar ausgezahlt
worden sei; der Restbetrag werde in monatlichen Raten von je 600,- Euro „zur Deckung von monatlichen Ausgaben überwiesen“,
und zwar jeweils am 5. eines jeden Monats; die letzte Rate hätte danach am 5. April 2013 ausgezahlt werden müssen. Hiermit
passt ersichtlich nicht zusammen, dass nach dem Vertrag das Darlehen „innerhalb von 6 Monaten vollständig erstmals zum 05.03.2013
zurückzuzahlen“ sei, so dass am 5. März und am 5. April 2013 gleichzeitig die Auszahlung weiterer Raten und die Rückzahlung
des Darlehens hätte erfolgen müssen.
Weiter können auch die Darlegungen der Kläger in der mündlichen Verhandlung zur späteren Rückzahlung der Gelder für den Internatsbesuch
eine ernstliche Rückzahlungsverpflichtung nicht belegen: Zunächst genügt die tatsächliche Rückzahlung Jahre später nicht,
um eine ernstliche und rechtsverbindliche Rückzahlungsverpflichtung bereits beim Zufluss und im streitigen Zeitraum zu belegen;
auch der Senat bezweifelt in diesem Zusammenhang nicht, dass die Kläger den Wunsch hatten, die Mittel, wenn wirtschaftlich
möglich, auszugleichen, ohne dass sich daraus allerdings eine belastbare rechtliche Verpflichtung ergeben würde. Weiter haben
die Kläger in der mündlichen Verhandlung zwar Unterlagen dazu vorgelegt, dass der Ehemann der Klägerin zu 3. auf die Rückzahlung
– eines bisher gar nicht bekannten Darlehens für die Schulkosten seiner Ehefrau und der Klägerin zu 2. – verzichtet und die
von Hr. N. gegebenen Gelder für die Klägerin zu 3. ausgeglichen habe. Für die Klägerin zu 2. sei, so die Kläger, ein Ausgleich
des von Hr. N. gegebenen Darlehens ebenso – durch monatliche Zahlungen von 300,- Euro – erfolgt. Belege zu diesen Zahlungen
haben die Kläger trotz ausdrücklicher Aufforderung zur möglichst vollständigen Vorlage von Unterlagen zur Rückführung der
Darlehen nicht beigebracht. Gänzlich unkonkret blieben auch die Angaben in der mündlichen Verhandlung zu der – ebenfalls behaupteten
– Rückzahlung der von Herrn O. gegebenen Mittel. Dazu sind weder Unterlagen vorgelegt worden noch konnte der Kläger zu 1.
angeben, wann und aus welchen Mitteln die Rückzahlung erfolgt sei – das vermag angesichts der Höhe der Summe, um die es sich
gehandelt hat, nicht zu überzeugen, so dass auch insofern jedenfalls nicht feststellbar ist, dass eine ernstliche Rückzahlungspflicht
bestanden hätte (und erfüllt worden wäre).
Weitere Unklarheiten, auf die es aber gar nicht mehr ankommt, bestehen etwa mit Blick auf die deutlich unterschiedliche Gestaltung
des Darlehensvertrags mit Hr. O., wie er zu den Leistungsakten des Beklagten gereicht wurde einerseits (vgl. LA Bl. 354) und
wie er nach den von der Staatsanwaltschaft aufgefundenen Unterlagen gestaltet war andererseits (vgl. Akte der Staatsanwaltschaft
Bl. 5).
Schon aus diesem Grunde lässt sich Hilfebedürftigkeit der Klägerin zu 3. und ebenso der Klägerin zu 2. durchgängig nicht feststellen.
Das gilt auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes, dass monatsweise (vgl. zum Monatsprinzip z.B. BSG, Urteil vom 30. März 2017 – B 14 AS 18/16 R –, SozR 4-4200 § 11 Nr. 81) ausreichendes Einkommen und/oder Vermögen zur Verfügung stehen muss, um den gesamten Bedarf
aller Personen zu decken, auf die das Einkommen zu verteilen ist, und unter Einbeziehung des Umstandes, dass die Mittel ganz
überwiegend dem Kläger zu 1. zur Verfügung gestellt wurden. Es handelte sich damit im Ausgangspunkt nicht um eigene Einnahmen
gerade der Klägerinnen zu 2. und 3.; die Mittel waren daher auf die Bedarfe aller in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Familienmitglieder
zu verteilen (vgl. § 9 Abs. 2 i.V.m. § 7 Abs. 3 SGB II).
Allerdings liegt die materielle Beweislast für einen – in einem bestimmten Zeitraum – ungedeckten Bedarf bei den Klägerinnen,
die Ansprüche geltend machen: Nachdem die Kläger aber im Einzelnen gar nicht mehr angeben konnten, wann entsprechende Zahlungen
erbracht wurden – wohl aber, dass Jahr für Jahr für jede der beiden Klägerinnen Aufwendungen für das Internat in Höhe von
3000,- Pfund und also insgesamt über 6.000 Euro,- geflossen sind –, vermag sich der Senat von einer fortbestehenden Hilfebedürftigkeit
für keinen der in Frage stehenden Monate zu überzeugen.
Überdies bleibt es in jedem Fall dabei, dass den Klägerinnen zu 2. und 3. und der gesamten Familie durchgängig Mittel beziehungsweise
Unterstützungsleistungen zur Verfügung standen, die es erlaubten, drei Internatsaufenthalte im Ausland mit entsprechenden
Reisekosten zu realisieren. Bereits letzteres ist für die Klägerinnen zu 2. und 3. weiterhin nicht nachvollziehbar erklärt:
Die Kläger haben zwar hierzu wiederholt geltend gemacht, dass sie auf langfristig im Voraus gebuchte Billigflüge zurückgegriffen
hätten. Tatsächlich belegen aber die eingereichten Flugtickets immer wieder auch Flüge mit der Lufthansa (vgl. LA Bl. 112,
Bl. 194, Bl. 271, Bl. 992 und Bl. 993R); für die krankheitsbedingten Aufenthalte ist die Möglichkeit einer frühzeitigen Buchung
von vornherein nicht gegeben. Hinzu kommt, dass zum Teil erhebliche Wege von A-Stadt zu den Abflugflughäfen (zum Teil B1-Stadt,
zum Teil C1-Stadt – vgl. z.B. LA Bl. 174 und Bl. 195 –, aber auch D1-Stadt – LA Bl. 270 –, E1-Stadt – GA Bl. 227 – und F1-Stadt
– LA Bl. 993 –) und in England zurückgelegt und also finanziert werden mussten. Schließlich sind aus den vorgelegten Unterlagen
zu dem Konto, auf das die Leistungen des Beklagten geflossen sind, zum Teil (allerdings vor allem in nach dem hier streitigen
Zeitraum liegenden Monaten) und in England zurückgelegt und also finanziert werden mussten. Schließlich sind aus den vorgelegten
Unterlagen zu den Konten der in Deutschland lebenden Familienmitglieder zum Teil (allerdings vor allem in nach dem hier streitigen
Zeitraum liegenden Monaten) nur sehr wenige Abbuchungen für den alltäglichen Konsum eines immerhin fünfköpfigen Haushalts
zu erkennen (vgl. besonders deutlich LA Bl. Bl. 1002 ff. mit den Kontoauszügen vom 31. Dezember 2013 bis 17. April 2014 mit
Abbuchungen jeweils in Höhe von rund 80,- bis 100,- Euro monatlich für Telefonie; dagegen für Lebensmittel und Ähnliches zuzüglich
Barabhebungen, die für diese Zwecke verwandt worden sein können, nur: im Januar 2014 am 6. Januar: 78,63 Euro (T.), am 8.
Januar: 6,07 Euro (T.); am 17. Januar: 13,74 Euro (Penny); am 27. Januar: 19,25 Euro (T.) und am 28. Januar: 12,76 (Wefa);
also insg.: 130,45 Euro; Februar 2014 sogar nur: am 6. Februar: 19,72 Euro (T.); am 25. Februar: 34,91 Euro (T.) und 50,-
Euro am Geldautomaten; also insg. 54,63 Euro (maximal 104,63 Euro); im März 2014 nur am 3. März: 46,80 Euro (T.) und im April
2014 am 7. April: 55,24 (T.)). Auch unter diesem Gesichtspunkt liegt es nahe, dass die Kläger ihren Lebensunterhalt nicht
allein aus den Leistungen des Beklagten bestritten haben, sondern über die bekannten, hinsichtlich ihres Darlehenscharakters
streitigen Mittel für die Internatsausbildung hinaus sogar Zugriff auf weitere Gelder hatten. Dies gilt nur umso mehr, als
es nach Auffassung des Senats zwar durchaus glaubhaft ist, dass die ganze Familie bemüht war, den Schulbesuch der Kinder im
Ausland zu ermöglichen, aber nicht nachvollziehbar erscheint, dass die in A-Stadt lebenden Familienmitglieder in allerengsten
Verhältnisse und etwa regelmäßig von Mitteln der Tafel gelebt haben sollen, während die Klägerinnen zu 2. und 3. nach den
Angaben in der mündlichen Verhandlung Geld dafür verwendet haben wollen, Lebensmittel wie Croissants und Chips von Deutschland
nach England mitzunehmen oder sich schicken zu lassen oder außerhalb des Internats zu essen, weil ihnen das Essen dort nicht
schmeckte. Schließlich haben die Kläger trotz Aufforderung durch den Senat zur Vorlage aller diesbezüglichen Unterlagen die
Auszüge nur zu einer der vier über das Konto des Klägers zu 1. und der Klägerin zu 5. abgerechneten Kreditkarten vorgelegt.
All dies legt nahe, dass der Familie durchgängig Mittel zur Verfügung standen, die ausgereicht hätten, um – einen Anspruch
der Klägerin zu 3. jedenfalls während der Aufenthalte in A-Stadt unterstellt – die ohnehin vergleichbare geringe Differenz
zwischen ihrem Regelbedarf und dem in diesem Falle auf ihren Bedarf anzurechnenden Kindergeld zu decken. Aber auch darüber
hinaus vermag sich der Senat die notwendige Überzeugung von der Hilfebedürftigkeit der Klägerin zu 3. (und ebenso der Klägerin
zu 2 und der weitergehenden Hilfebedürftigkeit der anderen Familienmitglieder) nicht zu bilden. Weitere Ermittlungen hierzu
– etwa im Wege der Zeugenvernehmung zum Beispiel von Herrn N. – sind nicht veranlasst, da diese letztlich nur die näheren
Umstände der bereits bekannten Zahlungen weiter erhellen könnten; die die Zweifel an der Hilfebedürftigkeit begründenden Fragen
dazu, wie die Kläger den gesamten anfallenden Aufwand finanzieren konnten, wären damit nicht beantwortet. Schon aus diesem
Grund kann sich der Senat von der Hilfebedürftigkeit der Klägerin zu 3. (wie auch der Klägerin zu 2.) nicht überzeugen, und
zwar gilt dies durchgängig für alle in Frage stehenden Monate.
Es kann daher letztlich offenbleiben, ob hier – ausnahmsweise – Hilfebedürftigkeit ohne eine monatsweise Zuordnung von Bedarfen
einerseits und zur Verfügung stehendem Einkommen und Vermögen andererseits auf der Grundlage der Generalklausel aus § 9 Abs. 1 SGB II verneint werden könnte. Danach ist hilfebedürftig (nur), wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem
zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von
Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Gerade davon ließe sich vorliegend aber mit guten Gründen ausgehen,
nachdem es den Klägern offenbar durchgängig gelungen ist, finanzielle Unterstützung von Verwandten oder Freunden beziehungsweise
Bekannten zu mobilisieren, wenn öffentliche Mittel nicht oder nicht in ausreichendem Maße zu Verfügung standen.
Die Mittel sind im Übrigen auch berücksichtigungsfähig, soweit sie zum Zweck des Schulbesuchs gegeben worden sind. Die Unanrechenbarkeit
auf Grund einer Zweckbindung ist nach der seit 1. April 2011 maßgeblichen Gesetzeslage nur vorgesehen, wenn sich diese aus
öffentlich-rechtlichen Vorschriften ergibt (§ 11a Abs. 3 Satz 1 SGB II). Die Situation der Kläger führt allerdings zu der Frage, ob die (volle) Berücksichtigung dieser Einnahmen sich als grob
unbillig im Sinne von § 11a Abs. 5 Nr. 1 SGB II darstellen könnte. Auch dies ist zu verneinen: Es erscheint jedenfalls nicht grob unbillig, von den Klägern zu verlangen,
Mittel zunächst für den allgemeinen Lebensunterhalt einzusetzen und nicht für kostspielige Internatsaufenthalte im Ausland
zu verwenden mit der Folge, dass sie für die Finanzierung des allgemeinen Lebensunterhalts auf bedürftigkeitsabhängige, steuerfinanzierte
und nachrangige Sozialleistungen angewiesen sind. Der Umstand, dass sie diese Mittel möglicherweise nicht oder jedenfalls
nicht in diesem Umfang hätten beschaffen können, wenn es nicht um die Finanzierung der (religiösen) Schulbildung gegangen
wäre – hinsichtlich derer die Geldgeber vielleicht leichter bereit waren, Gelder zur Verfügung zu stellen, als für den allgemeinen
Lebensunterhalt –, ändert als bloß hypothetischer alternativer Geschehensablauf nichts daran, dass die Einnahmen tatsächlich
vorhanden waren (und die Kläger zudem wiederholt Mittel auch für den allgemeinen Lebensunterhalt erhalten haben).
Schließlich steht der Anrechnung nicht entgegen, dass die Mittel nach dem Vorbringen der Kläger jedenfalls zumindest vielfach
direkt von den Geldgebern an die Schule überwiesen worden sind. Nach dem von den Klägern vorgetragenen Sachverhalt und den
hierzu vorgelegten Unterlagen handelte es sich um Abreden, die der Kläger zu 1. mit den jeweiligen Geldgebern getroffen hat.
Selbst wenn kein Grund besteht, in Zweifel zu ziehen, dass der Kläger zu 1. die von den Herren N. und O. zur Verfügung gestellten
Mittel dazu verwenden wollte, seinen Töchtern den Schulbesuch in England zu ermöglichen, stellt die unmittelbare Überweisung
an die Schule daher nur einen abgekürzten Zahlweg dar, während die rechtlich maßgeblichen Verbindungen ungeachtet dessen „im
Dreieck“ verliefen. Auch grundsicherungsrechtlich ist daher von Einnahmen des Klägers zu 1. auszugehen, die auf den Bedarf
auch der übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft – und damit, soweit von ihrer (temporären) Zugehörigkeit zur Bedarfsgemeinschaft
auszugehen wäre, auch auf den der Klägerinnen zu 2. und 3. – anzurechnen sind.
C. Für den von dem 1997 geborenen Kläger zu 4. und die von ihm geltend gemachten Anspruch gelten im Wesentlichen die gleichen
Überlegungen wie für die Klägerin zu 3.
I. Allerdings stellt der Kläger zu 4. gar nicht in Frage, dass er keinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatte; er
macht daher von vornherein nur Leistungen für die Zeit seines Sommerferienaufenthalts geltend. Das hat schon für den Gegenstand
des Verfahrens Konsequenzen, da – anders als bei den Klägerinnen zu 2. und 3. – mögliche Ansprüche zu seinen Gunsten nicht
immer wieder streitig waren. Vor diesem Hintergrund können die Bescheide, mit denen der Beklagte Leistungen (nur) zu Gunsten
der durchgängig in A-Stadt lebenden Familienangehörigen bewilligt hat, im Falle des Klägers zu 4. nicht als konkludente Ablehnung
eines (auch) von ihm geltend gemachten Leistungsanspruchs verstanden werden.
Daher regelt allein der auf seinen konkreten Antrag für die Zeit des Aufenthalts im Sommer 2013 hin ergangene Ablehnungsbescheid
vom 10. Juli 2013 in Gestalt des zugehörigen Widerspruchsbescheides vom 8. August 2013 mögliche Leistungsansprüche des Klägers
zu 4. Nur auf diesen hat er daher – sinnvollerweise – die von ihm erhobene Anfechtungs- und Leistungsklage bezogen. Auch hat
er den Streitzeitraum auf die von ihm vorgetragene Dauer seines Aufenthalts in A-Stadt vom 25. Juni 2013 bis 20. August 2013
beschränkt.
II. Mit diesem Gegenstand ist die Berufung zulässig. Zwar überschreiten allein die Ansprüche des Klägers zu 4. die nach §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG für deren Statthaftigkeit maßgebliche Summe nicht. Darauf kommt es aber angesichts der in seinem Fall unproblematischen subjektiven
und objektiven Klagehäufung nicht an (vgl. §
5 ZPO; außerdem Leitherer, in: Meyer-Ladewig u.a.,
SGG – Kommentar, 13. Aufl. 2020, §
144 Rn. 16).
III. Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
1. Da der Kläger zu 4. bei Klageerhebung bereits das 15. Lebensjahr vollendet hatte, war er nach §
36 Abs.
1 Satz 1
SGB I handlungsfähig, so dass (auch) für ihn (wie für die Klägerin zu 2.) keine Probleme hinsichtlich der Prozessfähigkeit bestehen.
Auch sonst bestehen keine Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit seiner Klage.
2. Auch sein Begehren kann jedoch in der Sache keinen Erfolg haben. Insoweit kann auf die Ausführungen zu den Ansprüchen der
Klägerin zu 3. verwiesen werden. Auch seinem Begehren ist jedenfalls deswegen nicht zu entsprechen, weil auf Grund der geschilderten
Umstände die nicht ausräumbaren Zweifel an der Hilfebedürftigkeit auch auf seine möglichen Ansprüche durchschlagen. Es kann
deshalb – bei erheblichen Zweifeln des Senats – offenbleiben, ob trotz der Vorgaben aus § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II ein gewöhnlicher Inlandsaufenthalt auch bei über 15-Jährigen für die Leistungsgewährung unter dem Gesichtspunkt einer temporären
Bedarfsgemeinschaft entbehrlich ist, wenn sie sich vorübergehend bei im Inland wohnenden Sorge- oder Umgangsberechtigten aufhalten.
D. Der Hilfsantrag des Klägers zu 1. kann ebenfalls keinen Erfolg haben, so dass auch insoweit die Entscheidung des Sozialgerichts
im Ergebnis zu bestätigen ist. Allerdings war seine Klage bereits unzulässig, da er sie nur hilfsweise zu den primär gestellten
Anträgen seiner Töchter erhoben hat. Auch mit dem Begehren, das im Verlauf des Berufungsverfahrens zum Gegenstand des Verfahrens
geworden ist und über das der Senat folglich „auf Klage“ zu entscheiden hat, kann er keinen Erfolg haben.
I. Sein Begehren ist auf höhere Leistungen und die Abwehr der in die bereits bewilligten Bescheide eingreifenden Verwaltungsakte
gerichtet, so dass er – richtigerweise – alle Bescheide, einschließlich der die Leistungshöhe betreffenden Änderungsbescheide
sowie der (Teil-)Aufhebungs- und Erstattungsbescheide, zum Gegenstand seiner Anträge gemacht hat, soweit er von ihnen betroffen
ist; allerdings haben sich die zunächst erteilten vorläufigen Entscheidungen durch den Bescheid über die endgültige Leistungsfestsetzung
vom 9. Juli 2014 erledigt: Auch wenn dieser als Änderungsbescheid bezeichnet war, wird sein Regelungsgehalt, also die endgültige
Leistungsfestsetzung, zumindest im Zusammenspiel mit dem am gleichen Tag erteilten Erstattungsbescheid nach endgültiger Leistungsfestsetzung
deutlich. Er hat daher – sachgerecht – den Bescheid über die endgültige Leistungsfestsetzung vom 9. Juli 2014 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 22. Oktober 2014 sowie den Erstattungsbescheid nach endgültiger Leistungsfestsetzung vom 9. Juli
2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Oktober 2014 zum Gegenstand seiner Anträge gemacht; auch der den Zeitraum
ab 27. November 2013 betreffende Bescheid vom 5. März 2018 schließlich ist, soweit er den hiesigen Streitzeitraum betrifft,
Gegenstand des Verfahrens.
II. Auch in seinem Fall bestehen keine Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung.
III. 1. Auch er kann jedoch mit seiner Klage keinen Erfolg haben; allerdings war diese – und das gilt gleichermaßen für
die bereits erstinstanzlich geltend gemachten Begehren wie für die erst im Berufungsrechtszug anhängig gewordenen – bereits
unzulässig, was der Senat zur Klarstellung von deren Reichweite auch hinsichtlich der Entscheidung des Sozialgerichts ausgesprochen
hat.
Eine eventuelle subjektive Klagehäufung ist – worauf der Senat zur Vermeidung einer Überraschungsentscheidung durch Schreiben
des Berichterstatters vom 18. Mai 2021 hingewiesen hat – unzulässig, da unklar bleibt, ob überhaupt ein Prozessrechtsverhältnis
zwischen den Beteiligten des Hilfsantrags besteht. Das ist insbesondere für die hilfsweise Inanspruchnahme eines weiteren
Beklagten entschieden (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 28. August 2013 – B 6 KA 41/12 R –, SozR 4-5408 Art. 14 Nr. 1; wohl auch [„dürfte“] BSG, Urteil vom 8. August 2019 – B 3 KR 16/18 R –, BSGE 129, 30, Rn. 16; BAG, Urteil vom 26. April 2018 – 8 AZN 974/17 –, BAGE 162, 375, Rn. 5). Gleiches gilt aber auch für den hilfsweisen Beteiligtenwechsel auf Klägerseite (vgl. aus der umfangreichen zivilgerichtlichen
Rechtsprechung hierzu z.B. BGH, Urteil vom 25. September 1972 – II ZR 28/69 –, MDR 1973, 742; BGH, Urteil vom 13. November 1975 – VII ZR 186/73 –, BGHZ 65, 264, 268; BGH, Urteil vom 21. Januar 2004 – VIII ZR 209/03 –, juris, Rn. 9; OLG Dresden, Urteil vom 26. Oktober 2006 – 4 U 944/06 –, juris, Rn. 24).
Eine Änderung des Beteiligten kann bedingt nicht wirksam erfolgen, weder unter der prozessualen Bedingung, dass der Anspruch
des in erster Linie klagenden Beteiligten für unbegründet befunden wird, noch unter der Bedingung, dass das Gericht bereits
die Zulässigkeit der Klage des erstrangig auftretenden Beteiligten verneint. Denn bei einem nur bedingten Beteiligtenwechsel
handelt es sich, auch wenn er auf Klägerseite erfolgt, nicht wie bei gewöhnlichen Hilfsanträgen darum, ob demselben Kläger
der eine oder der andere Anspruch zuzubilligen ist, sondern um die Begründung eines Prozessrechtsverhältnisses mit einer anderen
Partei. Ob ein solches besteht, darf schon um der Rechtsklarheit willen, aber auch mit Rücksicht auf die Interessen des anderen
Beteiligten nicht bis zum Ende des Rechtsstreits über den Hauptantrag in der Schwebe bleiben (vgl. nochmals BGH, Urteil vom
21. Januar 2004 – VIII ZR 209/03 –, juris, Rn. 9; OLG Dresden, Urteil vom 26. Oktober 2006 – 4 U 944/06 –, juris, Rn. 24).
Es gibt auch keine durchgreifenden Gründe, dies für das Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende und namentlich mit Blick
auf die Konstruktion der Bedarfsgemeinschaft anders zu sehen (uneingeschr. für die Unzulässigkeit der eventuellen subjektiven
Klagehäufung im sozialgerichtlichen Verfahren z.B. auch Keller, in: Meyer-Ladewig u.a.,
SGG – Kommentar, 13. Aufl. 2020, §
56 Rn. 4; Bieresborn, in: Roos/Wahrendorf/Müller, beck-OGK, §
56 SGG – Stand: 1. Januar 2021 – Rn. 10; Adams, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGG, 1. Aufl., §
56 – Stand: 15. Juli 2017 – Rn. 17). Dafür könnte zwar die unter Umständen bestehende wechselseitige rechnerische Abhängigkeit
der Ansprüche der verschiedenen individuell Berechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft sprechen. Solche Abhängigkeiten sind
aber auch in anderen rechtlichen Zusammenhängen keineswegs ungewöhnlich, so dass sich daraus kein hinreichendes Argument ergibt,
um eine Ausnahme von der Unzulässigkeit einer hilfsweisen subjektiven Klagehäufung zu tragen.
Vielmehr zeigen gerade die verschiedenen Verfahren der hiesigen Beteiligten sehr deutlich, dass auch die Verwobenheit der
Ansprüche und der Bescheidsituation in der Grundsicherung für Arbeitsuchende es nahelegen, eine eventuelle subjektive Klagehäufung
für unzulässig zu halten: So sind in den verschiedenen Bewilligungszeiträumen eine Vielzahl von Bescheiden ergangen, welche
die durch den jeweiligen Hauptantrag der Klägerinnen zu 2. und 3. begründeten Streitverhältnisse zwischen diesen und dem Beklagten
nicht betreffen, wohl aber für den jeweiligen Hilfsantrag von Relevanz sind. Je nachdem, wie der Senat über die jeweiligen
Hauptanträge befindet, ob also auch der jeweilige Hilfsantrag zur Entscheidung anfällt, wäre also die Frage, ob diese bindend
geworden sind, gegebenenfalls anders zu beantworten, was namentlich bei Bescheiden, die ein personell anderes Sozialrechtsverhältnis
regeln, mit den Erfordernissen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit in der Tat nicht vereinbar erscheint.
2. Vorliegend war (und ist) der Hilfsantrag des Klägers zu 1. daher unzulässig.
Dabei kommt es nicht einmal darauf an, ob die Kläger bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat davon ausgegangen sind,
die Eltern oder konkret der Kläger zu 1. als Familienvater könne die Ansprüche auch der anderen Familienmitglieder in Prozessstandschaft
geltend machen und ob eine – offensichtlich unzulässige – Klage des Klägers zu 1. in eigener Person wegen Ansprüchen, die
anderen Familienmitgliedern – konkret den Klägerinnen zu 2. und 3. – zustehen würden, dazu führen könnte, dass ein daneben
hilfsweise formuliertes und auf die Durchsetzung ihm selbst zustehender Ansprüche gerichtetes Begehren als zulässig anzusehen
wäre. Die anwaltlich vertretenen Kläger haben vielmehr, wie bereits ausgeführt, hinsichtlich der Ansprüche der Klägerinnen
zu 2. und 3. bereits bei Klageerhebung erstrangig ein Begehren (nur) dieser formuliert („Beklagte verpflichtet, den Klägerinnen
zu 2. und 3. C. und D.A. Leistungen … zu gewähren“); die Formulierung lässt hinreichend deutlich erkennen, dass nur die Klägerinnen
zu 2. und 3. diesbezüglich als Aktivpartei anzusehen sind. Der Klageantrag des Klägers zu 1. ist im Verhältnis zu diesem erstrangig
gestellten Klagebegehren nur hilfsweise formuliert. Die in der Berufungsverhandlung vor dem Senat gestellten Anträge sind
insoweit nur in der Formulierung noch etwas präziser, ohne in der Sache etwas an dem von Anfang an bestehenden Rangverhältnis
zu ändern. Angesichts der anwaltlichen Vertretung und der sachlich durchaus nachvollziehbaren Stufung der Klagebegehren sieht
der Senat insoweit auch weder Raum noch Anlass für eine Umdeutung.
Nur zur Abrundung und zur Verdeutlichung, dass durch diese Rechtsauffassung kein Konflikt mit dem Recht auf effektiven Rechtsschutz
entsteht, sei darauf hingewiesen, dass dem Kläger zu 1. trotz der vom Senat durchaus gesehenen Abhängigkeit seiner Ansprüche
vom Ausgang des Rechtsstreits über die Begehren seiner Töchter durchaus Handlungsmöglichkeiten offengestanden hätten: Namentlich
hätte er seine Ansprüche im Rahmen eines Widerspruchs geltend machen und um das Ruhen des Widerspruchs- oder gegebenenfalls
eines anschließenden Klageverfahrens bis zum Abschluss des vorgreiflichen Verfahrens über die Ansprüche seiner Töchter nachsuchen
können.
IV. Im Übrigen müsste der auf höhere Leistungen gerichtete Antrag des Klägers zu 1. daran scheitern, dass der Senat sich auch
hinsichtlich seiner Person von (weitergehender) Hilfebedürftigkeit nicht überzeugen kann. Auf die Frage, ob tatsächlich eine
Weiterleitung des Kindergeldes stattgefunden hat, käme es dabei nicht einmal an. Die diesbezüglichen Zweifel mögen daher auf
sich beruhen. Insoweit sei nur darauf hingewiesen, dass es dem Senat zwar sehr plausibel ist, dass mit dem Internatsbesuch
der Klägerinnen zu 2. und 3. ganz erhebliche (und sogar noch über das Kindergeld hinausgehende) Aufwendungen für die Kläger
verbunden waren, selbst wenn man davon ausgeht, dass die reinen Internatskosten durch von Dritten zur Verfügung gestellte
Mittel abgedeckt waren. Es ist aber auch nach der mündlichen Verhandlung für den Senat nicht sicher feststellbar, dass dies
gerade aus den auf das Konto der Klägerin zu 2. geleiteten Mitteln geschehen wäre. Vielmehr sind diesbezüglich auch in der
mündlichen Verhandlung erhebliche Fragen offengeblieben, die zum Beispiel an den in anderem Zusammenhang bereits erwähnten
Umstand anknüpfen, dass die Familienmitglieder in A-Stadt in allerengsten Verhältnissen gelebt haben wollen, während die Klägerinnen
zu 2. und 3. mit dem weitergeleiteten Geld nach ihrem Vorbringen zum Teil das Internatsessen „ersetzt“ haben wollen; nachdem
das Geld zu erheblichen Teilen in bar abgehoben wurde, legt dies Zweifel an einer Weiterleitung im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 8 Alg II-V zumindest nahe.
In der Sache hätte der Kläger zu 1. daher nur (möglicherweise) Erfolg haben können, soweit er sich gegen den Aufhebungsbescheid
vom 9. Juli 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Oktober 2014 wendet, nachdem der Senat erhebliche Zweifel an
dessen hinreichender Bestimmtheit hat. Angesichts der Unzulässigkeit der Klage kann dies aber letztlich auf sich beruhen;
auf die Möglichkeit eines Überprüfungsverfahrens ist bereits im Zusammenhang mit den Ausführungen zur Klage der Klägerin zu
2. im Verfahren L 6 AS 89/20 hingewiesen worden.
E. Die Klageänderung, mit der die vor dem Senat erstmals geltend gemachten Begehren der Kläger zu 5. bis 8. – über die der
Senat daher „auf Klage“ zu entscheiden hat – in das Verfahren eingeführt wurden, ist unzulässig.
Der Senat geht grundsätzlich von der Möglichkeit einer Klageänderung auch in der Berufungsinstanz und einer daran anknüpfenden
Sachentscheidungsbefugnis aus; die Zulässigkeit der Klageänderung ist an §
99 SGG in Verbindung mit §
153 Abs.
1 SGG zu messen und setzt daher voraus, dass sie entweder kraft gesetzlicher Fiktion nicht als Klageänderung anzusehen (§
153 Abs.
1 i.V.m. §
99 Abs.
3 SGG) oder sachdienlich ist (§
153 Abs.
1 i.V.m. §
99 Abs.
1 Alt. 2
SGG) oder schließlich die übrigen Beteiligten – gegebenenfalls durch rügelose Einlassung – einwilligen (§
153 Abs.
1 i.V.m. §
99 Abs.
1 Alt. 1, Abs.
2 SGG) (vgl. ausfl. hierzu und zu den insofern anzulegenden Maßstäben: erk. Senat, Urteil vom 11. März 2020 – –, juris, und Urteil
vom 11. März 2020 – –, juris, ff.).
Keine der genannten Alternativen ist erfüllt: Namentlich liegt eine ausdrückliche Einwilligung oder auch eine rügelose Einlassung
des Beklagten in die erst in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (oder allenfalls in dem am Vorabend eingegangenen Schreiben
des Klägerbevollmächtigten) gestellten Anträge – schon wegen der Abwesenheit des Beklagten in der mündlichen Verhandlung –
nicht vor. Die Klageänderung ist auch nicht sachdienlich: Die Anträge der Kläger zu 5. bis 8. sind wie die des Klägers zu
1. hilfsweise gestellt; die damit verbundene eventuelle subjektive Klagehäufung wäre daher aus den zur entsprechenden Problematik
der Klagebegehren des Klägers zu 1. und der Klägerin zu 2. angeführten Gründen bereits unzulässig, so dass eine abschließende
Klärung im hiesigen Verfahren ohnehin nicht erfolgen könnte. Hinsichtlich der Ansprüche der Kläger zu 5. bis 8. kommt hinzu,
dass ihre Ansprüche erst am Tag der mündlichen Verhandlung (oder allenfalls am Vorabend) rechtshängig geworden sind, so dass
alles dafür spricht, dass ihre Klagen als verfristet anzusehen wären.
F. Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
G. Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der in §
160 Abs.
2 SGG abschließend aufgezählten Gründe hierfür vorliegt.