Sozialversicherungsbeitragspflicht für eine Tätigkeit als Masseur und medizinischer Bademeister
Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit
Tatbestand
Streitig ist die Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitslosenversicherung
im Zeitraum vom 1. Juli 2017 bis 31. August 2019, in dem er als Masseur und medizinischer Bademeister für die Physiotherapie-Praxis
der Beigeladenen zu 1) tätig war.
Am 13. September 2017 wandte sich der Kläger mit der Bitte an die Beklagte, ihm „eine aktuelle Bescheinigung über seine Selbständigkeit
auszustellen“. Seine letzte Bescheinigung sei von 2008. Am 21. Juni 2017 habe er bereits einen Antrag bei der Deutschen Rentenversicherung
Nord gestellt. Er sei seit 2005 selbständig tätig, arbeite in Betrieben, Hotels und im privaten Bereich und sei zusätzlich
als freier Mitarbeiter als Masseur/medizinischer Bademeister in der Praxis der Beigeladenen zu 1) tätig. Nach eigenen Angaben
unterhielt der Kläger sowohl eine Betriebshaftpflichtversicherung als auch eine Betriebsrechtsschutzversicherung. Eine Prüfung
durch das Finanzamt für den Zeitraum vom September 2017 bis Februar 2018 habe keine Beanstandungen ergeben. Sein Unternehmen
sei bei der Berufsgenossenschaft gemeldet („Jahresbeitrag 290.000 €“).
Die Beklagte legte das Begehren des Klägers als Antrag aus, seinen Status im Rahmen eines Verfahrens gemäß §
7a SGB IV festzustellen und übersandte ihm einen Fragenkatalog. Der Kläger teilte daraufhin u. a. mit, er arbeite montags und mittwochs
von 12:00 bis 18:00 Uhr in der Praxis der Beigeladenen zu 1) in einem festgelegten Behandlungsraum. Die Praxis habe 9 Behandlungsräume.
„Jeder Mitarbeiter hat einen bestimmten Raum.“ Über seine Arbeitszeit entscheide er selbständig. Dienstags und freitags mache
er Hausbesuche, die er „vollständig in Tag und Zeit plane“. Die Art und Weise der Auftragsausführung unterliege seiner freien
Entscheidung und werde nur über die Rechnungslegung kontrolliert. Auf die Frage der Beklagten zum Umfang der Eingliederung
in die Arbeitsorganisation der Beigeladenen zu 1) teilte er mit, dass es keinerlei Vorgaben gebe.
Auf Aufforderung der Beklagten übersandte der Kläger den mit der Beigeladenen zu 1) geschlossenen „Vertrag über freie Mitarbeit“
vom 01. Juli 2017, in dem u. a. unter Ziffer 8. „Vergütung“ geregelt ist, dass er 70 Prozent der Behandlungsgebühren in der
Praxis und 80 Prozent der Behandlungsgebühren bei Hausbesuchen erhält. Unter Ziffer 14. war geregelt, dass „ein Statusverfahren
nach §
7 a SGB IV durchgeführt“ wird. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Vertrages Bezug genommen. Ergänzend teilte der
Kläger mit, Kontakt zur Beigeladenen zu 1) aufgenommen zu haben, da diese mit ihrer Praxis die Nachfrage nicht mehr alleine
habe bewältigen können. Aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit habe er bereits einen eigenen Kundenstamm, besitze eine Website,
stehe im Telefonbuch und habe Kontakt zu Ärzten sowie anderen Praxen. Ca. 70 Prozent der von ihm behandelten Personen habe
er selbst akquiriert. Diese gehörten zu seinem bestehenden Kundenstamm. Der Behandlungsraum stehe ihm an den beiden Tagen
ab 12:00 Uhr zur Verfügung; die Arbeitszeit regele er selbst. Andere Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1) vertrete er nicht;
wenn er krank werde, müssten die Patienten in der Praxis von einem anderen Kollegen zu Ende behandelt werden. Er selbst sei
nicht zur Übernahme von Urlaubs- und Krankheitsvertretungen verpflichtet. Er arbeite mit der Kollegin an der Rezeption zusammen,
die Patientendaten aufnehme und Rezepte abrechne. Hierfür zahle er ja 30 Prozent. Kassenrezepte könnten nur über eine Praxis
abgerechnet werden. Auch Privatpatienten, „die über die Praxis kommen, werden über die Praxis abgerechnet. Wegen der 70/30-Regelung“.
„Eigene Privatpatienten“ könne er selbst abrechnen; allerdings habe er “in diesem Jahr noch keine Privatpatienten behandelt.“
Zuzahlungen der Patienten müsse er selbständig einfordern. Die Kontakte zu den Patienten würden in der Praxis über die Rezeption
hergestellt; außerhalb der Praxis erfolge die Kontaktaufnahme mit ihm persönlich. Wenn er sich in der Praxis aufhalte, erfolge
die Terminierung durch die Rezeption. Terminveränderungen gebe er jedem Patienten selbständig telefonisch bekannt. Seine Patientendaten
führe er selber „in Form von Rezeptkopien und telefonischer Datei.“ In der Praxis nutze er ein Ultraschallgerät oder ein Stromgerät
der Beigeladenen zu 1), für seine Hausbesuche habe er entsprechende eigene Geräte. In dem Behandlungsraum befinde sich eine
Behandlungsliege, Lagerungsmaterialien, Handtücher und Decken.
Der Kläger übersandte mehrere Bescheide der Bundesagentur für Arbeit über die jeweils für ein Jahr befristete Gewährung eines
Gründungszuschusses in unterschiedlicher Höhe im Zeitraum 01. September 2005 bis einschließlich 31. August 2008. Weiter übermittelte
der Kläger mehrere von ihm unter der Firma „mobile Massage“ an die Beigeladene zu 1) gerichtete Rechnungen für Behandlungen
von Juni bis Oktober 2017 über insgesamt 11.142,70 €. Die Rechnungstellung erfolgte unter Abzug des auf die Beigeladene zu
1) entfallenden Honoraranteils und der Zuzahlungen der gesetzlich krankenversicherten Patienten. Unter Hinweis auf § 19 Abs. 1 UStG wiesen die Rechnungen keine Umsatzsteuer aus. Die insgesamt in Rechnung gestellten Beträge entfielen zu ca. 33 % auf Behandlungen
in der Praxis, zu ca. 45 % auf Behandlungen im Rahmen von Hausbesuchen und zu ca. 22 % auf die Position „HB Pauschale“, die
er der Beigeladenen zu 1) in voller Höhe in Rechnung stellte.
Die Beigeladene zu 1) machte auf Nachfrage der Beklagten im Wesentlichen hiermit übereinstimmende Angaben. Der Kläger behandle
Patienten ausschließlich auf ärztliche Anordnung. Er bestimme seine Arbeitstage und Arbeitszeiten sowie Urlaubszeiten völlig
frei. Er bringe seine eigenen Patienten mit oder bekomme diese über den Empfang zugewiesen; wenn ihre angestellten Mitarbeiter
ausgelastet seien, würden dem Kläger auch neu angemeldete Patienten zur Behandlung zugewiesen. Der Erstkontakt mit Patienten
komme über die Rezeption der Praxis oder über den Kläger selbst zustande. Dieser führe ein eigenes Terminbuch und gebe am
Empfang seine Arbeitszeit bekannt, damit von dort Termine vergeben werden könnten. Er hafte im Übrigen für sich selbst. An
den laufenden Kosten der Praxis sei der Kläger nicht beteiligt. Ihm werde ein Behandlungsraum mit -liege, Lagerungsmitteln
und Therapiegeräten zur Verfügung gestellt. Eigene Arbeits- und Betriebsmittel seien „nicht zwingend notwendig“. Er vertrete
ihre Mitarbeiter nicht und werde auch nicht vertreten. Sollte er verhindert sein, sage er seinen Patienten selber ab. Der
Kläger behandle in ihrer Praxis keine Privatpatienten. Die Eintreibung des Honorars säumiger Kunden des Klägers übernehme
sie nicht.
Nach Auswertung der Auskünfte hörte die Beklagte den Kläger und die Beigeladene zu 1) zu ihrer Absicht an, einen Bescheid
über das Vorliegen von abhängiger Beschäftigung zu erlassen, da nach Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten
Tatsachen mehr für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis spreche, was weiter ausgeführt wurde.
Im Rahmen der Anhörung wies der Kläger darauf hin, die fachliche und rechtliche Verantwortung für seine Tätigkeit selbst zu
tragen, so verfüge er u. a. auch über eine Betriebs-haftpflichtversicherung. Arbeitszeiten, Arbeitstage, Urlaub plane er selbständig.
Die Arbeitszeiten in der Praxis habe er mit der Beigeladenen zu 1) abgestimmt, um den Praxisbetrieb nicht zu stören. Patienten
bekämen seine Telefonnummer, um Kontakt aufzunehmen, und er kontaktiere sie auch selbst. Für die Hausbesuche nutze er seinen
eigenen Pkw mit allen damit verbundenen Kosten. In seinem Haushalt habe er einen Büroarbeitsplatz, der auch von ihm selbst
finanziert werde. Auch seine Buchführung erledige er selbst. Sollte er länger krank werden, sei es für die Patienten notwendig,
eine Weiterbehandlung zu bekommen; im Notfall übernehme er auch Patienten für erkrankte Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1),
entscheide dies aber selbst. Überdies sei er privat rentenversichert, freiwillig gesetzlich kranken- und pflegeversichert.
Die Beigeladene zu 1) wies mit Schreiben vom 22. Februar 2018 ebenso darauf hin, dass der Kläger die alleinige fachliche Verantwortung
für seine Tätigkeit trage, welche er lediglich an zwei Nachmittagen seiner Wahl für ca. drei Stunden in ihrer Praxis ausübe.
Die Erstterminvergabe erfolge an der Rezeption, alle Folgetermine sowie Termine im Hausbesuch vereinbare der Kläger selbst.
Zu den Hausbesuchen fahre der Kläger mit seinem Kfz und verwende seine eigenen Arbeits- und Verbrauchsmaterialien. Im Falle
seiner Erkrankung führe kein Kollege die Behandlung weiter. Der Kläger vertrete auch keine ihre Mitarbeiter während deren
Krankheit oder deren Urlaub. Das Forderungsmanagement werde vom Kläger selbst durchgeführt, der zudem an Betriebsfeiern oder
internen Weiterbildungen nicht teilnehme.
Mit Bescheid vom 01. März 2018 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger seine Tätigkeit als Masseur und medizinischer Bademeister
bei der Beigeladenen zu 1) seit dem 01. Juli 2017 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe und wiederholte
die Gesichtspunkte, die sie zu dieser Entscheidung veranlasst habe. Es bestehe Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung
und nach dem Recht der Arbeitsförderung, nicht jedoch in der Krankenversicherung, da der Kläger hauptberuflich selbständig
tätig sei, dementsprechend auch nicht in der Pflegeversicherung.
Ein Bescheid vom selben Datum und gleichen Inhalts ging auch an die Beigeladene zu 1), die diesen nicht angefochten hat.
Gegen den an ihn adressierten Bescheid richtete sich der Kläger mit Widerspruch vom 22. März 2018, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid
vom 20. November 2018 zurückwies. Selbst bei eigenständiger Terminierung durch den Kläger habe dieser ganz überwiegend Patienten
behandelt, die im Kontakt mit der Praxis stünden. Es sei nicht nachgewiesen, dass ein eigener abgegrenzter Patientenbereich
allein für den Kläger bestanden habe. Die Beigeladene zu 1) habe die vom Kläger erbrachten Leistungen gegenüber den Leistungsträgern
und Kunden abgerechnet. Innerhalb dieser Struktur, die einem intensiven Qualitätsmanagement unterliege, habe der Kläger für
die Beigeladene zu 1) zeitlich befristet Leistungen erbracht. Auch die freie Zeiteinteilung sei kein Indiz für eine selbständige
Tätigkeit, da auch im Rahmen abhängiger Beschäftigungsverhältnisse Vertragsgestaltungen nicht unüblich seien, die es weitgehend
dem Arbeitnehmer überließen, ob er im Anforderungsfall tätig werden wolle oder nicht. Durch die Einbindung des Klägers in
den alltäglichen Dienst der Praxis der Beigeladenen zu 1) ergebe sich, dass bei Annahme eines Auftrages kein größerer Spielraum
in Bezug auf die Arbeitszeit verbleibe. Auch die Weisungsfreiheit der Tätigkeit spreche nicht für eine selbständige Ausübung,
da die Leistungen u. a. auf ärztliche Anordnung erbracht würden und bereits aus diesem Grunde festgelegt seien. Im Übrigen
trage der Kläger auch kein nennenswertes unternehmerisches Risiko. Allein der Wille der vertragsschließenden Parteien bestimme
nicht, ob eine Tätigkeit als Beschäftigung oder Selbständigkeit definiert werde. Maßgebend seien vielmehr die tatsächlichen
Umstände der Leistungserbringung.
Hiergegen hat der Kläger am 19. Dezember 2018 beim Sozialgericht (SG) Schwerin Klage erhoben. Zur Begründung hat er auf die vertraglichen Vereinbarungen und das Kostenrisiko verwiesen, das er
mit der Anschaffung eigener Geräte und der Nutzung seines Pkws eingehe. Seine Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) sei genau
so geregelt wie bei seinen anderen Patienten auch. Wenn die Beigeladene zu 1) aufgrund erhöhten Kundenaufkommens Bedarf an
zusätzlicher Unterstützung habe, vereinbare sie mit ihm Termine und er erbringe dann die Leistungen entweder in deren Räumlichkeiten
oder zu Hause bei den Patienten. Zudem habe er außer der Beigeladenen zu 1) auch noch weitere Auftraggeber. Er sei nicht in
den Praxisbetrieb der Beigeladenen zu 1) eingebunden, vielmehr richte sich diese in ihrer Praxisorganisation nach seinen Anforderungen.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid vom 01. März 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. November 2018 aufzuheben und die Beklagte zu
verurteilen, festzustellen, dass seine Tätigkeit bei der Beigeladenen (jetzt Beigeladenen zu 1) ab dem 01. Juli 2017 keine
Beschäftigung sei.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide.
Die Beigeladene zu 1) hat keinen Antrag gestellt.
In der mündlichen Verhandlung vom 17. Februar 2020 sind der Kläger und die Beigeladene zu 1) durch das SG angehört worden. Der Kläger hat (entgegen seinen Angaben im Antragsformular) erklärt, neben der Tätigkeit bei der Beklagten
zu 1) keine weiteren abhängigen Beschäftigungen ausgeübt zu haben. Zur Gesamtwochenarbeitszeit könne er keine konkreten Angaben
machen, da er sieben Tage die Woche gearbeitet habe. Es mögen 50 bis 60 Stunden gewesen sein. Es sei vereinzelt vorgekommen,
dass er Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1) im Krankheitsfall vertreten habe; er selbst könne sich aber nicht erinnern, durch
ihre Mitarbeiter bei eigener Krankheit vertreten worden zu sein. In den Räumlichkeiten der Beigeladenen zu 1) habe er auch
Patienten aus dem „eigenen Kundenstamm“ behandelt. Wenn er Patienten von der Beigeladenen zu 1) übernommen habe und diese
eine weitere Behandlung durch ihn gewünscht hätten, habe er sie in seinen eigenen Kundenstamm eingegliedert. Die Beigeladene
zu 1) hat angegeben, ihre sieben (7) angestellten Mitarbeiter erhielten eine feste Vergütung nach festgelegter Arbeitszeit,
die 40, 35 oder 30 Stunden betrage. Diese könnten nicht gehen und kommen, wie sie wollten. Hinsichtlich der Vertretung sei
es so gewesen, wie der Kläger es geschildert habe. Zudem hat der Kläger ausweislich der Sitzungsniederschrift eine Liste mit
weiteren Auftraggebern (Betrieben, Hotels, einer Freizeiteinrichtung, 2 Pflegeheimen und privaten Haushalten) vorgelegt, die
jedoch nicht zu den Akten genommen worden ist.
Das SG hat der Klage mit Urteil vom 17. Februar 2020 stattgegeben, die angefochtenen Bescheide aufgehoben und festgestellt, dass
der Kläger seine Tätigkeit als Masseur bzw. medizinischer Bademeister in den Räumlichkeiten der Beigeladenen zu 1) nicht im
Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt hat.
Nach einer Gesamtabwägung spreche „ganz eindeutig“ mehr für eine selbstständige Tätigkeit des Klägers als für eine abhängige
Beschäftigung durch die Beigeladene zu 1), was weiter ausgeführt worden ist. Der Kläger habe insbesondere über einen eigenen
Kundenstamm verfügt. Die Beigeladene zu 1) sei ihm gegenüber nicht weisungsbefugt gewesen. Er sei nicht in ihre Arbeitsorganisation
eingegliedert gewesen und habe von ihr auch keine Vergütung erhalten. Er alleine habe entschieden, welche Aufträge er ausführe.
Er sei auch nicht dazu verpflichtet gewesen, Urlaubs- oder Krankheitsvertretungen für die Beigeladene zu 1) zu übernehmen.
Der Kläger habe eigenständig Werbung für seine Tätigkeit betrieben und zu Hause zur Abwicklung seiner Tätigkeit über ein Arbeitszimmer
verfügt. Er entrichte ein Entgelt für die Nutzung des Behandlungsraumes und der Arbeitsmittel. Zuzustimmen sei der Beklagten,
dass der Kläger bei der Ausübung seiner Tätigkeit in der Praxis der Beigeladenen zu 1) kein besonderes unternehmerisches Risiko
eingehe. Dies sei jedoch dem Umstand geschuldet, dass er eine Leistung anbiete, die keinen nennenswerten Einsatz von Kapital
oder Sachmitteln erfordere. Soweit nur die Beigeladene zu 1) über eine Kassenzulassung und damit über eine Abrechnungsbefugnis
verfüge, führe dies nicht zur Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses (Hinweis auf Urteil des LSG Berlin-Brandenburg
vom 05. Januar 2017 – AZ: L 1 KR 278/13). Schließlich trage der Kläger auch ausschließlich alleine die fachliche Verantwortung für die von ihm durchgeführten Behandlungen,
weshalb er auch eine Betriebshaftpflichtversicherung abgeschlossen habe.
Gegen das der Beklagten am 2. März 2020 zugestellte Urteil richtet sich ihre am 16. März 2020 eingelegte Berufung, mit welcher
sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vorbringens ihr Anliegen weiterverfolgt.
Der Tenor des angefochtenen Urteils sei nach Maßgabe der ständigen Rechtsprechung des BSG fehlerhaft. Das SG habe nicht festzustellen, dass die Tätigkeit des Klägers bei der Beigeladenen zu 1) ab dem 01. Juli 2017 keine Beschäftigung
sei. Es seien ausschließlich Feststellungen zum Vorliegen von "Versicherungsfreiheit" oder "Versicherungspflicht" zulässig.
Darüber hinaus gebe es mehr Merkmale, die für eine abhängige Beschäftigung des Klägers sprächen. Ergänzend werde auf das Urteil
des BSG vom 24. März 2016 - B 12 KR 20/14- verwiesen. Der Kläger sei weisungsgebunden im Betrieb der Beigeladenen zu 1) tätig. Er
erbringe entsprechend den ärztlichen Verordnungen die erforderlichen Leistungen aufgrund seines beruflichen Fachwissens. Insoweit
handele es sich um einen Dienst höherer Art, der im Sinne einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe in der Arbeitsorganisation
der Beigeladenen zu 1) erbracht werde. Nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten in den von ihnen ausgefüllten Fragebögen
sei die Erstterminvergabe über die Rezeption der Beigeladenen zu 1) erfolgt. Sofern der Kläger danach weitere Folgetermine
selbst vereinbart habe, sei dies nicht mehr entscheidend, da es sich um Patienten der Beigeladenen zu 1) gehandelt habe. Der
Kläger werde an den mit der Beigeladenen zu 1) vereinbarten Tagen tätig und ihm sei ein von ihr ausgestatteter fester Behandlungsraum
(wie auch den dort beschäftigten Angestellten) zur Verfügung gestellt worden. Die Abrechnung gegenüber den Patienten sei allein
durch die Beigeladene zu 1) erfolgt. Der Kläger wiederum habe die durchgeführten Behandlungen ihr gegenüber abgerechnet. Abrechnungen
gegenüber eigenen Patienten habe der Kläger nicht vorgelegt. Der Umstand, dass der Kläger frei in der Annahme oder Ablehnung
des Auftrages sei, sei nicht entscheidungserheblich, da allein die Verhältnisse nach Annahme des Auftrages maßgeblich seien.
Der Kläger habe auch kein erhebliches Unternehmerrisiko getragen. Für die geleisteten Dienste habe er die vereinbarte erfolgsunabhängige
Vergütung erhalten. Die Tatsache, dass der Kläger bei Abrechnung seiner Leistungen einen vereinbarten Prozentsatz an die Beigeladene
zu 1) habe abführen müssen, stelle insoweit kein Unternehmerrisiko dar, da diese Prozentregelung nur bei tatsächlicher Ausführung
der Tätigkeit und entsprechender Stundenabrechnung zum Tragen gekommen sei. Habe der Kläger keine Behandlung durchgeführt,
sei auch keine Abrechnung erfolgt, d. h., die Prozentregelung komme nicht (wie z. B. eine Miete) als monatlicher Fixbetrag
und unabhängig davon, ob überhaupt eine Behandlung erfolgt sei, zu seinen Lasten in Abzug. Insoweit fehle ein Unternehmerrisiko
des Klägers. Gemäß § 10a des Vertrages vom 01. Juli 2017 habe die Beigeladene zu 1) im Außenverhältnis zu den Patienten für
den Kläger gehaftet und nicht der Kläger selbst. Insoweit habe es sich demnach um Patienten der Beigeladenen zu 1) gehandelt.
Die Tatsache, dass der Kläger eine Berufshaftpflichtversicherung abgeschlossen habe, sei auch für abhängig Beschäftigte nicht
untypisch und insoweit kein Abgrenzungskriterium. Dem Umstand, dass eine Entgeltzahlung im Krankheitsfall und ein Urlaubsgeld
nicht vereinbart worden seien, komme ebenfalls kein entscheidendes Gewicht zu. Es sei typisch für Vertragsgestaltungen, in
denen von einer selbständigen Tätigkeit ausgegangen werde, dass solche Arbeitnehmerschutzrechte nicht vereinbart würden und
das Risiko des Arbeitnehmers einseitig bestehe. Des Weiteren komme dem Willen der Vertragsparteien, kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis
begründen zu wollen, nach der BSG-Rechtsprechung nicht generell eine indizielle Bedeutung zu. Die Vertragsparteien könnten nicht die gesetzlich angeordnete
Sozialversicherungspflicht durch bloße übereinstimmende Willenserklärung ausschließen.
Vorgänge bei der Deutschen Rentenversicherung Nord seien ihr nicht bekannt. Für Anträge auf Statusfeststellung sei gesetzlich
die Schriftform vorgeschrieben (§
7a Abs.1 Satz 1
SGB IV), wofür ein Antragsvordruck zur Verfügung stehe. Bei formlosen Anträgen müsse sich mit hinreichender Deutlichkeit ergeben,
dass das Begehren auf eine statusrechtliche Entscheidung eines tatsächlich praktizierten, konkret individuellen Vertragsverhältnisses
gerichtet sei. Danach seien Anträge, welche z. B. auf Feststellung der Rentenversicherungspflicht als selbständig Tätiger
(§
2 SGB VI), auf Zulassung zur Pflichtversicherung als Selbständiger (§
4 SGB VI), auf Befreiung von der Versicherungspflicht (§
6 SGB VI) oder auf Zulassung zur freiwilligen Versicherung (§
7 SGB VI) gerichtet seien, nicht in Statusfeststellungsanträge nach §
7a Absatz
1 Satz 1
SGB IV umzudeuten.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Schwerin vom 17. Februar 2020 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung.
Eine Weisungsabhängigkeit habe seinerseits nicht bestanden. Diese folge weder aus dem Vertrag noch aus den tatsächlichen Verhältnissen.
Vielmehr sei er sowohl bei der Auftragsannahme, als auch in der Auftragsdurchführung frei von Weisungen der Beigeladenen zu
1) gewesen. Ebenso sei er nicht in deren Arbeitsorganisation eingegliedert gewesen. Sie habe lediglich den Behandlungsraum
zur Verfügung gestellt und die von ihm durchgeführten Behandlungen gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen über die Praxissoftware
abgerechnet. Hierfür habe er mit einem Teil des ihm zustehenden Honorars bezahlt. Während die Mitarbeiter der Beigeladenen
zu 1) verpflichtet gewesen seien, vorgegebene Arbeitszeiten einzuhalten, habe er terminabhängig und auch außerhalb der offiziellen
Praxisöffnungszeiten gearbeitet. Er habe auch an keinen von der Beigeladenen zu 1) angesetzten Mitarbeiterbesprechungen teilgenommen.
Seine Tätigkeit sei auch nicht in deren Dienstplan berücksichtigt worden. Er selber habe, wie im Vertrag vereinbart, entschieden,
wann er arbeite (u. a. auch außerhalb der Praxisöffnungszeiten). Insoweit habe sich die Beigeladene zu 1) nach ihm richten
müssen und nicht umgekehrt. Die von der Beklagten angesprochene Terminvergabe durch die Praxis der Beigeladenen zu 1) sei
nur für den Ersttermin und nach vorheriger Absprache mit ihm erfolgt. Die weiteren Behandlungstermine habe er direkt mit den
Patienten vereinbart. Natürlich hätten seine Behandlungstermine in der Praxis aufgrund der knappen Ressourcen und unter Rücksicht
auf die Patientenbelange geplant werden müssen. Soweit ein Termin von ihm oder vom Patienten nicht habe eingehalten werden
können, habe er sich um einen neuen Termin gekümmert. Dies habe auch im Krankheitsfalle gegolten. Er sei nicht von Mitarbeitern
der Beigeladenen zu 1) vertreten worden. Auch der vermeintlich feste Behandlungsraum könne keine abhängige Beschäftigung begründen.
Hintergrund dafür sei gewesen, dass er in diesem Raum seine Behandlungsmaterialien gelagert und gegebenenfalls auch seine
Geräte vorgehalten habe. Die im Wesentlichen feste Nutzung eines Raums sei insoweit praktischen Gründen geschuldet gewesen.
Für diese Raumnutzung habe er ein Entgelt entrichtet. Die Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1) hätten hingegen in jedem Behandlungsraum
die von ihr beschafften notwendigen Behandlungsmaterialien vorgefunden, so dass diese „räumlich“ hätten flexibler eingesetzt
werden können. Er habe zudem überwiegend Hausbesuche gemacht und nur gelegentlich seine Patienten in den Praxisräumen behandelt.
Er habe überwiegend seine eigene Technik genutzt. Nur wenn solche bei der Beigeladenen zu 1) zur Verfügung gestanden habe,
habe er diese eingesetzt. Auch die Gerätenutzung sei gegen Entgelt erfolgt. Die Abrechnungen gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen
habe nur über die Beigeladene zu 1) erfolgen können. Er selber habe aus finanziellen Gründen über „keine Institutsnummer der
Kassenärztlichen Vereinigung“ verfügt. Insoweit habe er auf Grundlage der ärztlichen Rezepte die vorgegebenen Aufgaben abgerechnet
und habe die Abrechnung über das Softwareprogramm der Beigeladenen zu 1) - gegen Vergütung – erstellen lassen. Diese Behandlungsabrechnung
sei sowohl hinsichtlich seiner eigenen Patienten als auch hinsichtlich der Patienten erfolgt, zu denen er über die Beigeladene
zu 1) Kontakt bekommen habe. Sein Honorar habe er erst dann erhalten, wenn die Krankenkassen die Rezepte abgerechnet und den
jeweiligen Rechnungsbetrag an die Beigeladene zu 1) überwiesen hätten. Insoweit seien auch etwaige Abrechnungsbeanstandungen
durch die Krankenkassen zu seinen Lasten gegangen. Seine Freiheit, einen Auftrag anzunehmen oder abzulehnen, sei gerade der
Ausdruck einer selbständigen Tätigkeit und ein entscheidendes Kriterium; ebenso die unter Punkt Nr. 6 des Vertrags vereinbarte
Wettbewerbsfreiheit. Danach habe es ihm freigestanden, bei anderen Physiotherapiepraxen und sonstigen Auftraggebern Aufträge
anzunehmen. Das sei mit der einen Arbeitnehmer treffenden Treuepflicht nur schwerlich zu vereinbaren.
Schließlich habe er auch Patienten, zu denen er über die Beigeladene zu 1) Kontakt aufgenommen habe, „in seinen eigenen Patientenstamm“
zwecks Weiterbehandlung aufnehmen dürfen, wenn diese es gewünscht hätten. Er habe auch ein erhebliches Unternehmerrisiko getragen.
Er sei auf die Zusammenarbeit mit Heilmittelerbringern angewiesen, die seine Behandlungen gegenüber den Krankenkassen abrechneten.
Soweit niemand dazu bereit sei, könne er seine berufliche Tätigkeit nicht abrechnen. Er habe die vereinbarte quotale Vergütung
nur für die von ihm tatsächlich geleisteten Behandlungen erhalten. Weder im Falle von Krankheit oder Urlaub noch bei Ausfall
einer Behandlung (weil der Patient z. B. nicht zum vereinbarten Termin erscheine) erhalte er ein Entgelt. Er habe auch für
die ausreichende materielle Ausstattung (u. a. Pkw für Hausbesuche) sorgen müssen. Die Ersatzinvestitionen müssten finanziert
werden. Dabei sei ein Selbständiger jenseits der 50 Jahre aber grundsätzlich nicht mehr finanzierungsfähig.
Die als Voraussetzung für eine unternehmerische Tätigkeit geforderte „Chance, durch unternehmerisches Geschick seine Arbeit
so effizient zu gestalten, dass er das Verhältnis von Aufwand und Ertrag zu seinen Gunsten hätte entscheidend beeinflussen“
können (BSG, Urteil vom 07. Juni 2019 -B 12 R 6/18 R-, Rz. 31, juris), könne tatsächlich im Gesundheitswesen nur bedingt Berücksichtigung finden. So sei die Vergütung für die
ärztlich verordnete Behandlung der „Kassenpatienten“ gesetzlich geregelt. Effizienz spiele bei diesen Dienstleistungen keine
Rolle. Er habe lediglich durch ein größeres zeitliches Engagement mehr Folgeaufträge abarbeiten und auf diesem Weg seine wirtschaftliche
Situation verbessern können. Er hafte selbstverständlich persönlich gegenüber Patienten für Behandlungsfehler. Er sei der
„Behandelnde“ im Sinne des §
630h BGB. Deshalb habe er auch eine eigene Vermögenshaftpflichtversicherung vorzuhalten.
Aus dem „Vertrag über freie Mitarbeit“ werde deutlich, dass die beiden Vertragsparteien kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis
gewollt hätten. Wie im Vertrag vereinbart, habe er nachweisbar bereits am 21. Juni 2017 zur Beklagten zu 2) in S. Kontakt
aufgenommen, um einen Feststellungsantrag zu stellen. Erst mit einer von der Beigeladenen zu 2) zu vertretenden Verzögerung
sei er auf einen Antrag bei der Beklagten verwiesen worden. Dort sei dann letztlich am 29. September 2019 der Antrag gestellt
worden. Da diese Verzögerung nicht von ihm zu vertreten sei, sei die von der Beklagten ab dem 1. Juli 2017 festgestellte Versicherungspflicht
unzutreffend. Es müsse vielmehr unterstellt werden, dass er den Antrag zeitgerecht innerhalb eines Monats gestellt habe.
Die Beigeladenen zu 1) und zu 2) haben jeweils mitgeteilt, keinen Antrag stellen zu wollen.
Mit Schreiben an die Beigeladene zu 2) und die Bundesagentur für Arbeit (BA) vom 28. September 2020 sind diese darüber belehrt
worden, dass sie nur auf Antrag beigeladen werden. Hiervon hat die BA keinen Gebrauch gemacht.
Die Beklagte hat nach gerichtlichem Hinweis mit Änderungsbescheid vom 31. Mai 2021 den Bescheid vom 01. März 2018 in Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 20. November 2018 abgeändert und darauf beschränkt, dass in dem Auftragsverhältnis als Masseur
und medizinischer Bademeister bei der Beigeladenen zu 1) seit 1. Juli 2017 Versicherungspflicht aufgrund abhängiger Beschäftigung
in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung sowie keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen
Krankenversicherung und in der sozialen Pflegeversicherung besteht.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht erhobene und auch im Übrigen zulässige Berufung (vgl. §§
143,
144,
151 Abs.
1 SGG) ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage.
Die vom SG getroffenen Feststellungen tragen die erstinstanzliche Entscheidung nicht, denn der Bescheid vom 21. März 2018 in Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 20. November 2018 und des Änderungsbescheides vom 31. Mai 2021 ist rechtmäßig und verletzt
den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat zu Recht festgestellt, dass für den Kläger seit dem 1. Juli 2017 im Rahmen
seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht
der Arbeitsförderung (§
1 Nr.
1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch -
SGB VI und §
25 Abs.
1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch -
SGB III) bestanden hat, weil er bei der Beigeladenen zu 1) abhängig beschäftigt war.
Streitgegenstand des gerichtlichen Verfahrens ist (nach dem letzten Änderungsbescheid) allein die Feststellung der Versicherungspflicht
in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitslosenversicherung. Nicht streitgegenständlich ist hingegen
die Feststellung der Beklagten, dass keine Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung besteht, da der Bescheid
insoweit bei Auslegung des klägerischen Begehrens nicht angefochten ist. Es handelt sich hierbei um einen unabhängigen Verwaltungsakt,
der den sich als selbständig betrachtenden Kläger nicht beschwert. Allerdings sei darauf hingewiesen, dass die diesbezügliche
Feststellung der Beklagten im Verhältnis zur Kranken- und Pflegekasse auch keine Bindungswirkung erlangt hat, da diese Behörden
von der Beklagten nicht zum Verfahren hinzugezogen worden sind, § 12 Abs. 2 SGB X. Inwieweit die Einschätzung der Beklagten zutrifft, der Kläger sei wegen seiner (anderweitigen) selbständigen Tätigkeit als
hauptberuflich selbständig im Sinne von §
5 Abs.
5 SGB V anzusehen, weshalb er nicht der Beschäftigtenversicherung des §
5 Abs.
1 Nr.
1 SGB V unterliege, hat der Senat daher nicht zu entscheiden. Die diesbezüglichen aktenkundigen Feststellungen der Beklagten dürften
eine abschließende Beurteilung dieser Frage, die insbesondere vom (zeitlichen und wirtschaftlichen) Verhältnis der beiden
Tätigkeiten zueinander abhängt, aber wohl nicht zulassen.
Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides der Beklagten ist §
7a Abs.
1 Satz 1 und
3 sowie Abs.
2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch -
SGB IV. Danach konnte (u. a.) der Kläger schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob bezogen auf das hier streitige Rechtsverhältnis
eine Beschäftigung vorliegt. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis, 7 Abs.
1
SGB IV. Dem Kläger war die Antragstellung auch nicht verwehrt, weil weder die Einzugsstelle noch ein anderer Versicherungsträger
im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet hatte (§ 7a Abs.1 S
1 Ts. 2).
Über den Antrag des Klägers hat auch die hierzu (abweichend von §
28h Absatz
2 SGB IV) ermächtigte Beklagte auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles entschieden, ob eine Beschäftigung
vorliegt, und zwar richtigerweise auf der Grundlage des zwischen den beiden Beteiligten geschlossenen sogenannten „Vertrags
über freie Mitarbeit“. Denn eine Abänderung bzw. Modifikation hat nach den Feststellungen des Senats bis auf die gelegentliche
Vertretung von Mitarbeitern der Beigeladenen zu 1) durch den Kläger nicht stattgefunden. Der vorgenannte Vertrag wurde nach
den übereinstimmenden Angaben des Klägers und der Beigeladenen zu 1) im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat später
für den Zeitraum ab dem 1. September 2019 durch ein Angestelltenverhältnis ersetzt, womit für den nachfolgenden Zeitraum ein
streitiges Rechtsverhältnis nicht mehr besteht.
§
7 Abs.
1 SGB IV ermächtigt (entgegen seinem Wortlaut) dagegen nicht zu einer bloßen unzulässigen Elementenfeststellung einer abhängigen Beschäftigung,
sondern verpflichtet den jeweiligen Rentenversicherungsträger und die zur Entscheidung berufenen Spruchkörper nach ständiger
Rechtsprechung des BSG allein zur Feststellung der Versicherungspflicht (Urteil vom 04. September 2018 – B 12 KR 11/17 R; Urteil vom 26. Februar 2019 – B 12 R 8/18 R). Der Tenor des zur Überprüfung gestellten Urteils hätte deshalb im Falle des Obsiegens des Klägers berichtigt werden müssen,
was jedoch wegen der vollständigen Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung entbehrlich war.
Zutreffend ist die Beklagte auch vom Beginn der Versicherungspflicht mit Beginn der Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene
zu 1) ab dem 1. Juli 2021 ausgegangen, weil dieser nicht nachgewiesen hat, dass er binnen eines Monats nach Aufnahme seiner
Tätigkeit wirksam (schriftlich) einen entsprechenden Antrag gestellt hat, vgl. §
7a Abs.
6 S. 1
SGB IV. Ein nicht näher bezeichneter Antrag bei einem anderen Versicherungsträger war auch nicht geeignet die Monatsfrist zu wahren,
da §
16 SGB I allein auf Anträge auf Sozialleistungen Anwendung findet. Feststellungen zu den weiteren Voraussetzungen dieser Norm erübrigen
sich daher.
Die Tätigkeit als Masseur bzw. Medizinischer Bademeister kann allerdings grundsätzlich sowohl im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses
als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses als selbständige Tätigkeit ausgeübt werden. Insbesondere lässt sich §
2 S. 1 Nr. 2
SGB VI keine prinzipielle „Anerkennung“ selbstständig tätiger Pflegepersonen in der Krankenpflege in dem Sinne entnehmen, dass diese
Berufsgruppe generell selbstständig tätig wäre. §
2 S 1 Nr. 2
SGB VI begründet vielmehr über eine mögliche Beschäftigtenpflichtversicherung nach §
1 S. 1 Nr. 1
SGB VI hinaus Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung auch für selbstständig tätige Pflegepersonen u. a. in
der Krankenpflege, die im Zusammenhang mit ihrer selbstständigen Tätigkeit keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen.
Hierzu gehören alle selbstständig Tätigen, die auf der Grundlage einer ärztlichen Verordnung (vgl. BSG SozR 3-2600 § 2 Nr. 2; BT-Drucks. 14/4863 S. 38; BSG Urteil vom 23. Juli 2015 - B 5 RE 17/14 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen) u. a. Kranke pflegerisch betreuen, um
ihre Genesung oder ihr Gedeihen zu fördern. Hierzu zählen auch Pflegekräfte im weiteren Sinn (vgl. Fichte in: Hauck/Noftz,
SGB, 12/15, §
2 SGB VI, juris Rn. 46). Darunter sind Angehörige von grundsätzlich weisungsabhängigen Heilberufen („Heilhilfsberufen“) zu verstehen,
bei denen sich pflegerische und therapeutische Betreuung überschneiden. Hierzu gehören insbesondere Pflegepersonen i. S. des
Masseur- und Physiotherapeutengesetzes vom 26. Mai 1994 (BGBl. I S. 1084), zuletzt geändert durch Art. 45 des Gesetzes zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen
vom 6. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2515). Die Auswahl der Berufsgruppen in §
2 S. 1 Nr. 1 bis 8
SGB VI beruht auf einer typisierenden Betrachtungsweise ihrer sozialen Schutzbedürftigkeit, da die Berufsgruppen weitgehend ohne
wirtschaftlich bedeutendes eigenes Betriebsvermögen arbeiten und überwiegend auf den Einsatz der eigenen Arbeitskraft angewiesen
sind (Fichte in Hauck/Noftz,
SGB VI, Stand Mai 2019, §
2, juris Rn. 5). Der Begriff der Pflegepersonen in §
2 Satz 1 Nr. 2
SGB VI geht davon aus, dass es sich grundsätzlich um weisungsabhängige (und insoweit arbeitnehmerähnliche) Tätigkeiten handelt,
da sie aufgrund ärztlicher Verordnung verrichtet werden (vgl. BT-Drucks 11/4124 S 149; BSG Urteil vom 30. Januar 1997 - 12 RK 31/96 - SozR 3-2600 § 2 Nr. 2). Die vorgenannte Vorschrift setzt also nur die Möglichkeit voraus, dass die erfassten Pflegepersonen
selbstständig tätig sind, fingiert oder vermutet dies aber nicht allein aufgrund der ausgeführten Tätigkeiten. Maßgeblich
ist insoweit, welche Merkmale bei Betrachtung des Gesamtbildes des Rechtsverhältnisses überwiegen (Urteile des BSG vom 25. April 2012 – B 12 KR 24/10 R – und vom 12. November 2015 – B 12 KR 10/14 R).
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung
in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer,
Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann – vornehmlich
bei Diensten höherer Art – eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein.
Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen
Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und
Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild
der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild
zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als
Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht
eingestellt und gegeneinander abgewogen werden (BSG, Urteil vom 07. Juni 2019 – B 12 R 6/18 R –, Rn. 13 m. w. N.)
Diesen Erfordernissen an die vorzunehmende Gesamtschau ist die Beklagte in ihrem angefochtenen Bescheid mit zutreffendem Ergebnis
nachgekommen. Hinsichtlich der für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis bzw. für eine selbständige Tätigkeit sprechenden
Umstände sowie zur Feststellung, dass Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung
besteht, verweist der Senat zunächst nach eigener Prüfung auf die zutreffenden Ausführungen der Beklagten insbesondere im
Widerspruchsbescheid, vgl. §
136 Absatz
3 SGG. Ergänzend sei Folgendes ausgeführt:
Für die selbstständige Ausübung der Tätigkeit durch den Kläger sprechen zwar folgende Umstände:
Der Kläger war an bestimmte Arbeitszeiten nur insoweit gebunden, als er nur an den vereinbarten Wochentagen auf den ihm zugewiesenen
Behandlungsraum zugreifen konnte. Es bestand zudem keine allgemeine Anwesenheitspflicht, weshalb er sich nur dann in den Betriebsräumen
aufhalten musste, wenn zuvor ein konkreter Behandlungstermin vereinbart worden war. Er konnte mit den Patienten auch direkt
Terminvereinbarungen treffen. Er benutzte zur Durchführung seiner Tätigkeit, soweit er Hausbesuche bei Patienten tätigte,
einen eigenen PKW und eigene Geräte (Behandlungsliege etc.). Hinzu kommt, dass zwischen den Beteiligten kein fester Stundensatz
oder monatliches Arbeitsentgelt und auch kein Anspruch auf bezahlten Urlaub vereinbart war.
Für die Beantwortung der Statusfrage ist dagegen irrelevant, ob der Kläger einzelne Behandlungsaufträge hätte ablehnen können;
tatsächlich ergibt sich aus dem Vortrag der Beteiligten hierfür nichts. Denn bei Vertragsgestaltungen dieser Art ist für die
Frage der Versicherungspflicht grundsätzlich jeweils auf die Verhältnisse abzustellen, die während der Ausführung der jeweiligen
Einzelaufträge bestehen (vgl. BSG, Urteil vom 04. Juni 2019 – B 12 R 11/18 R –, juris Rn. 21 mit Verweis auf BSG, Urteil vom 24. März 2016 - B 12 KR 20/14 R - SozR 4-2400 § 7 Nr. 29 Rn. 17 <Physiotherapeutin>; BSG Urteil vom 18. November 2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr. 25, Rn. 19 <Rackjobbing II>; BSG, Urteil vom 28. Mai 2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris Rn. 26 <Verkehrspilot>). Ein Wahlrecht, den angebotenen Auftrag anzunehmen oder abzulehnen, hatte der Kläger wie
z. B. ein auf Zeit (z. B. zur Abdeckung von „Spitzen“) eingestellter Arbeitnehmer somit nur bis zur Annahme des jeweiligen
(Einzel-)Auftrags. Mit seiner Zusage entstand seine rechtliche Verpflichtung, die nachgefragten Behandlungen auch tatsächlich
zu erbringen. Zudem erfolgten die Annahme neuer Patienten und die Vergabe von Terminen an den beiden wöchentlichen Behandlungstagen
des Klägers zumindest dann durch die Rezeptionsmitarbeiterin der Beigeladenen zu 1), wenn der Kläger hieran durch seine Behandlungstätigkeit
gehindert war.
Es kommt ferner nicht darauf an, ob der Kläger bei Ablehnung einer ihm angebotenen Behandlung, die Möglichkeit gehabt hätte,
eine andere Tätigkeit auszuüben und damit Einkommen zu erzielen. Tatsächlich hat der persönlich vom SG angehörte Kläger nach eigenen Angaben nur im Auftrag der Beigeladenen zu 1) Kassenpatienten behandelt. Unter Nr. 6 des Vertrags
zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) ist auch keineswegs „Wettbewerbsfreiheit“ vereinbart; die Klausel schließt
eine Tätigkeit des Klägers für Mitbewerber vielmehr gerade aus, soweit nicht eine vorherige ausdrückliche schriftliche Zustimmung
der Beigeladenen zu 1) vorliegt. Uneingeschränkt war dem Kläger mithin lediglich eine abhängige oder freischaffende Tätigkeit
als (nicht auf ärztliche Verordnung hin tätiger) Masseur möglich, nicht jedoch die Erbringung von Heilmittelleistungen.
Für seine abhängige Beschäftigung des Klägers sprechen demgegenüber gewichtigere Gesichtspunkte, im Wesentlichen die folgenden:
Auch wenn die Weisungsgebundenheit gegenüber dem Kläger – einer ausgebildeten Fachkraft – bei der Durchführung seiner Dienste
eingeschränkt war, ist sie vorliegend keineswegs völlig entfallen. Denn die Beigeladene zu 1) entschied („durch Zuweisung“)
zumindest, welche Patienten (u. a. „Neukunden“) von ihm behandelt werden sollten und wo (in der Praxis oder zu Hause) die
Behandlung stattfinden sollte. Dies galt auch für die Patienten, die vom Kläger im Rahmen der (in der mündlichen Verhandlung
vor dem SG eingeräumten) Vertretung für verhinderte Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1) behandelt wurden.
Der Kläger war zudem in mehrfacher Hinsicht in die betriebliche Organisation der Beigeladenen zu 1) eingegliedert. Die Beigeladene
zu1) ging das Rechtsverhältnis mit dem Kläger ein, weil sie und ihre festangestellten Mitarbeiter die Nachfrage nach Pflegeleistungen
nicht mehr bewältigen konnten, weshalb die (ergänzende) Tätigkeit des Klägers für ihr Unternehmen vorrangig ihrem betrieblichen
Interesse diente. Zwecks Koordination des Betriebsablaufs stellte sie dem Kläger an zwei Tagen (montags und mittwochs) ab
12.00 Uhr einen mit einer Behandlungsliege ausgestatteten Raum zur Verfügung. Insoweit ist jedenfalls hinsichtlich der Einbindung
in die Organisationsstruktur und in die Arbeitsabläufe der Beigeladenen zu 1) kein rechtlich bedeutsamer Unterschied im Vergleich
zu den anderen, angestellten Mitarbeitern ersichtlich. Bezeichnenderweise hat der Kläger selbst angegeben, dass in der Praxis
der Beigeladenen zu 1) „jeder Mitarbeiter“ einen bestimmten Raum hatte.
Der Kläger arbeitete mit einer Mitarbeiterin der Beigeladenen zu 1) zusammen, die Anrufe für ihn entgegennahm und Termine
vereinbarte. Damit erfolgte der Erstkontakt regelmäßig über die Beigeladene zu 1), mit welcher der Behandlungsvertrag zustande
kam.
Der Kläger war auch nicht einem nennenswerten Unternehmerrisiko ausgesetzt, insbesondere setzte er kein nennenswertes eigenes
Kapital ein und war auch nicht an dem Unternehmen der Beigeladenen zu 1) beteiligt. Allein der Umstand, dass jemand von seinem
Vertragspartner keinen für Beschäftigte typischen sozialen Schutz zur Verfügung gestellt erhält, führt noch nicht zur Annahme
eines unternehmerischen Risikos; einem solchen Risiko müssen vielmehr – um sozialversicherungsrechtliche Folgen auslösen zu
können – auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft oder
größere Verdienstchancen gegenüberstehen (vgl. BSG, Urteil vom 25. April 2012 - B 12 KR 24/10 R - Juris), was hier nicht der Fall war. Denn der Kläger erhielt eine feste Vergütung, nämlich 70 bzw. 80 % der Kassenleistungen,
für geleistete Dienste und hatte insoweit keinen Verdienstausfall zu befürchten. Auch aus dem (allgemeinen) Risiko, außerhalb
der Erledigung einzelner Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft gegebenenfalls nicht verwerten zu können, folgt kein Unternehmerrisiko
(vgl. BSG a. o. O., juris Rn. 21 mit Hinweisen zur ständigen Rechtsprechung des 12. Senats des BSG).
Zudem sind ihm durch die Abrechnung der Pflegeleistungen gegenüber den Krankenkassen und die Nutzung des Behandlungsraumes
gerade keine fixen Kosten entstanden; insbesondere musste er nicht unabhängig davon, ob er tatsächlich Leistungen erbracht
hatte und eine Vergütung erhielt, Mietzinsen zahlen; ein gesonderter Mietvertrag wurde gerade nicht geschlossen. Sofern der
Kläger für seine Hausbesuche seinen eigenen Pkw eingesetzt hat, steht bereits nicht fest, dass er den PKW ausschließlich oder
überwiegend gezielt für seine Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) angeschafft und eingesetzt hat (vgl. hierzu Urteil des BSG vom 24. März 2016 – B 12 KR 20/14 R, juris Rn. 21 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Ungeachtet dessen erhielt der Kläger, was aufgrund der übereinstimmenden
Angaben der vorgenannten Beteiligten zur Überzeugung des Senats feststeht, jeweils die volle von den Krankenkassen für Hausbesuche
gewährte Pauschale, weshalb ihm (für einen Arbeitnehmer typisch) seine für die Hausbesuche entstandenen Aufwendungen erstattet
wurden.
Der Kläger hatte schließlich auch keine Möglichkeit, durch etwaige Entscheidungen die Höhe seines, ihm für die jeweils erbrachte
Dienstleistung zustehenden Verdienstes zu beeinflussen. Im Hinblick darauf, dass es lediglich auf eine Betrachtung der konkreten
Tätigkeit ankommt, war das etwaige Risiko des Klägers, keine weiteren Folgeaufträge von der Beigeladenen zu 1) mehr zu erhalten,
für die Frage seines Status´ in der konkreten Tätigkeit irrelevant. Überdies war das wegen der von ihm behaupteten großen
Zahl an Kassenpatienten, die eine Behandlung durch ihn persönlich wünschten (vom Kläger als „Kundenstamm“ bezeichnet) äußerst
unwahrscheinlich. Sein Risiko, bei entsprechenden Ausfällen kein Honorar zu erhalten, wäre nur dann für die Annahme einer
selbstständigen Tätigkeit als Indiz zu werten, wenn dem zugleich eine größere Unabhängigkeit oder eine höhere Verdienstchance
gegenübergestanden hätte. Das Entgelt des Klägers war aber, wie typischerweise bei abhängigen Beschäftigten, allein von seinem
zeitlichen Einsatz abhängig, nicht hingegen auch von der Güte bzw. dem Erfolg der von ihm verrichteten Dienste.
Im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung ist zudem zu berücksichtigen, dass die rechtliche Ausgestaltung der Beziehungen
zwischen Kläger, Beigeladener zu 1) und den die Leistungen der Praxis in Anspruch nehmenden Patienten in erheblichem Maße
durch Vorgaben des Leistungs- und Leistungserbringungsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung bestimmt war. Diese rechtliche
Überlagerung der zu beurteilenden Rechtsbeziehung zwischen Kläger und Beigeladener zu 1) lässt die Argumentation des Klägers
in wesentlichen Punkten als unzutreffend erscheinen und stellt im Ergebnis ein starkes Indiz für die Annahme eines abhängigen
Beschäftigungsverhältnisses dar. Der Senat verkennt dabei nicht, dass aus dem Fehlen einer eigenen „Kassenzulassung“ des Klägers
allein keineswegs auf das Vorliegen von Beschäftigung im Sinne von §
7 Abs.
1 SGB IV geschlossen werden kann (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 24. März 2016 – B 12 KR 20/14 R –, Rn. 28). Dem Leistungs- und Leistungserbringerrecht der GKV kommt insoweit keine „übergeordnete“, determinierende Wirkung
zu. Gleichwohl wird das hier zu beurteilende Rechtsverhältnis in erheblichem Maße insbesondere durch die gesetzlich vorgegebene
Abrechnungsstruktur bestimmt.
Gemäß §
124 SGB V dürfen Heilmittel, insbesondere Leistungen der Physiotherapie, nur von zugelassenen Leistungserbringern an gesetzlich Krankenversicherte
abgegeben werden. Hierfür müssen die Leistungserbringer nicht nur über die erforderliche Ausbildung, sondern ferner über eine
Praxisausstattung verfügen, die eine zweckmäßige und wirtschaftliche Leistungserbringung gewährleistet, und die für die Versorgung
mit Heilmitteln geltenden Verträge nach §
125 Absatz
1 und §
125a SGB V anerkennen. §
125 Abs.
1 S. 1
SGB V begründet zudem nicht nur eine öffentlich-rechtliche Leistungsberechtigung, sondern auch eine entsprechende Verpflichtung
für die zugelassenen Heilmittelerbringer, die Versicherten mit vertragsärztlich verordneten Heilmitteln zu versorgen (Becker/Kingreen/Butzer,
SGB V §
125 Rn. 49). Im Verhältnis zu der jeweiligen Krankenkasse der behandelten Patienten erwirbt allein die Beigeladene zu 1) als
Vertragsleistungserbringerin einen Vergütungsanspruch. Allein sie ist zur Abgabe des Heilmittels Physiotherapie (§
32 SGB V) an gesetzlich Versicherte berechtigt.
Hieraus folgt, dass auch der im Leistungsverhältnis zwischen Heilmittelerbringer und Versichertem/Patienten zustande kommende
zivilrechtliche Behandlungsvertrag im Sinne von §
630a BGB notgedrungen nur mit dem zur Leistungsabgabe berechtigten Heilmittelerbringer zustande kommen kann, da anderenfalls eine
wirksame Verpflichtung der Krankenkasse im Abrechnungsverhältnis nicht begründet würde. Der Kläger war daher entgegen seinen
eigenen Beteuerungen nicht der „Behandelnde“ im Sinne von §§ 630a, 630h
BGB, wenn er im Rahmen seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) auf der Grundlage vertragsärztlicher Verordnungen Kassenpatienten
behandelt hat. Es handelte sich auch in keiner rechtlich bedeutsamen Weise um „seine Patienten“, auch wenn diese aufgrund
einer persönlichen Bindung gerade die Behandlung durch ihn gesucht haben mögen. Eine derartige persönliche Bindung des Kunden
an einzelne Mitarbeiter ist auch in anderen Bereichen körpernaher Dienstleistungen nicht ungewöhnlich. Folgerichtig hat auch
allein die Beigeladene zu 1) gegenüber den Krankenkassen ihre eigenen Vergütungsansprüche abgerechnet. Keineswegs hat der
Kläger die Beigeladene zu 1) für die ihm zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten und Gerätschaften sowie für einen „Abrechnungs-
und Terminservice“ bezahlt. Vielmehr hat die Beigeladene zu 1) dem Kläger den vereinbarten Anteil an den von ihr gegenüber
den Krankenkassen erworbenen Vergütungsansprüchen ausgezahlt. Nach außen ist der Kläger mithin in keiner Weise als selbständig
aufgetreten. Ebenso wenig hat er im hier maßgeblichen Innenverhältnis zur Klägerin eigene, von denjenigen der Beigeladenen
zu 1) unabhängige Leistungen in Rechnung gestellt.
Dieser Umstand spricht in erheblichem Maße für eine Eingliederung des Klägers in die betriebliche Organisation der Beigeladenen
zu 1), da sich der Kläger nach eigenen Angaben gerade von der ihr als abrechnungsbefugte Heilmittelerbringerin zustehenden
Vergütung abhängig gemacht hat. Er hat der Beigeladenen nicht etwa seine Leistungen in Rechnung gestellt, wie es für einen
Subunternehmer üblich wäre, sondern sich davon abhängig gemacht, ob und in welcher Höhe sie gegenüber den jeweiligen Krankenkassen
(erfolgreich) abrechnen durfte und konnte. Selbst hinsichtlich der für Hausbesuche anfallenden Fahrkosten hat der Kläger nicht
etwa eine seinem konkreten (etwa entfernungsabhängigen) Aufwand entsprechende Berechnung vorgenommen, sondern exakt die der
Beigeladenen zu 1) von der jeweiligen Krankenkasse zugebilligten Pauschalen berechnet (bspw. AOK: 9,21 Euro; BARMER: 11,18
Euro). Auch etwaige Abrechnungsstörungen hätten sich nach Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung, so sie aufgetreten
wären, zu seinen Lasten ausgewirkt. Damit war dem Kläger durch die vollständige Eingliederung in die Abrechnungsstrukturen
der Beigeladenen jede individuelle, aufwandsbezogene Abrechnung verwehrt.
Genauso verhält es sich bei der Annahme von Patienten. Auch wenn der Kläger Folgetermine (vermutlich nicht anders als die
weiteren Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1) im Anschluss an eine Behandlung unmittelbar mit dem Patienten vereinbart haben
mag, erfolgte die „Erstannahme“ doch durch die dafür von der Beigeladenen zu 1) vorgesehene Empfangsmitarbeiterin. Das folgt
nicht nur aus dem eigenen Vortrag des Klägers, sondern schon daraus, dass die Beigeladene als zwingende Grundlage für eine
spätere Abrechnung ihrer Leistungen die (vorgeschriebenen) ärztlichen Verordnungen entgegennehmen und prüfen musste. Dass
der Kläger darüber hinaus Fotokopien der Verordnungen für eigene Dokumentations-Zwecke aufbewahrt haben mag, kann insoweit
dahinstehen.
Schließlich gelten die vorstehenden Ausführungen nach den Angaben sowohl des Klägers als auch der Beigeladenen zu 1) auch
für Privatpatienten, die ebenfalls ausnahmslos „über die Praxis“ abgerechnet wurden. „Eigene Privatpatienten“ hatte der Kläger
nicht.
Aus den oben dargestellten krankenversicherungsrechtlichen Rahmenbedingungen wird das fehlende unternehmerische Risiko des
Klägers als weiteres Indiz gegen eine selbständige Tätigkeit nochmals besonders deutlich. Trotz Erfüllung der beruflichen
Voraussetzungen hat der Kläger sich gerade nicht selbst um eine eigene Zulassung als Heilmittelerbringer bemüht. Folgerichtig
verfügte er auch nicht über ein Institutionskennzeichen (vgl. §
293 SGB V), wie er selbst ausdrücklich einräumt. Auch der Grund hierfür wird aus dem Vortrag des Klägers jedenfalls mittelbar deutlich:
wegen seines bereits fortgeschrittenen Lebensalters hielt er sich für „nicht mehr finanzierungsfähig“, scheute mithin die
mit der Einrichtung einer vollständigen Praxis verbundenen Kosten, wie sie §
124 Abs.
1 Nr.
2 SGB V indes fordert. Hierin wird gerade das im Ergebnis dieser Haltung fehlende unternehmerische Risiko des Klägers im Verhältnis
zur Beigeladenen zu 1) besonders deutlich.
Schließlich kommt dem im „Vertrag über freie Mitarbeit“ dokumentierten Willen der beiden vorgenannten Beteiligten, kein sozialversicherungspflichtiges
Beschäftigungsverhältnis begründen zu wollen, keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu, da dieser Wille den festgestellten
sonstigen tatsächlichen Verhältnissen (s. o.) widerspricht. So sind etwa die „steuerrechtliche Behandlung" seiner Vergütung,
die fehlenden Regelungen zur Absicherung des Klägers im Krankheitsfall und zur Gewährung von Urlaub mit Fortzahlung der Bezüge
keine geeigneten Kriterien für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit bzw. für das Vorhandensein eines unternehmerischen
Risikos. Diese Umstände beruhen nämlich gerade auf der Prämisse, dass es sich um eine selbstständige Tätigkeit handelt; sie
sind damit nicht geeignet eine entsprechende Qualifizierung überhaupt zu begründen (vgl. LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil
vom 11. September 2001 – L 5 KR 20/01 – und vom 23. Januar 2013, L 7 R 78/11).
Dass der Kläger (zumindest) wegen seiner weiteren, mutmaßlich als selbständig zu bewertenden Tätigkeit als freier Masseur
außerhalb des Einflussbereichs der Beigeladenen zu 1) eine Berufshaftpflichtversicherung benötigte, ändert an der Einstufung
seiner für die Beigeladene zu 1) ausgeübten Tätigkeit ebenfalls nichts. Allein letztere war Gegenstand des angefochtenen Bescheids
der Beklagten und ist Gegenstand der gerichtlichen Prüfung. Das scheint letztlich auch der Prozessbevollmächtigte des Klägers
zu verkennen, wenn er ausführt, dass der Kläger „insbesondere durch seine Internetseite selbständig am Markt“ aufgetreten
sei und dass auch er selbst die Dienste des Klägers „für das Kanzleipersonal [...] in Anspruch“ genommen habe. Diese vom Kläger
nach seinen Angaben auch für Hotels u. ä. angebotenen Leistungen ohne ärztliche Verordnung stellten weder Krankenpflege im
Sinne von §
2 Satz 1 Nr. 2
SGB VI noch Heilbehandlungen im Sinne von § 4 Nr. 14 a) UStG dar. Aufgrund letzterer Norm unterlagen die für die Beigeladene zu 1) erbrachten Leistungen selbst bei unterstellter Unternehmereigenschaft
des Klägers nicht der Umsatzsteuerpflicht, während das vom Kläger bemühte Kleinunternehmerprivileg (§ 19 UStG) für seine anderweitigen Leistungen einschlägig gewesen sein mag.
Zusammenfassend überwiegen im Ergebnis der Gesamtabwägung diejenigen Merkmale deutlich, die für eine abhängige Beschäftigung
des Klägers bei der Beigeladenen zu 1) sprechen. Ausschlaggebend dafür ist in erster Linie die umfangreiche Einbindung des
Klägers in deren betriebliche Organisation (Nutzung der Räumlichkeiten, Terminorganisation, Patientenannahme, Abrechnungsstruktur)
und der Umstand, dass er – anders als eine entsprechende selbständige Fachkraft – die Behandlungsleistungen höchstpersönlich
zu erbringen hatte und tatsächlich erbracht hat. Ihm war es nicht gestattet, sich ohne Zustimmung der Beigeladenen zu 1) durch
eine andere, von ihm ausgewählte Fachkraft in seinem Namen und auf seine Rechnung vertreten zu lassen. Mangels eigener Mitarbeiter
fehlte ihm hierzu zudem die Möglichkeit. In der Konsequenz verblieb dem Kläger kein nennenswerter Raum für unternehmerische
Entscheidungen. Vor diesem Hintergrund können die für eine Selbständigkeit sprechenden Aspekte den bestehenden Eindruck einer
abhängigen Beschäftigung nicht durchgreifend erschüttern.
Der somit abhängig beschäftigte Kläger wurde von der Beigeladenen zu 1) auch nicht nur geringfügig beschäftigt (vgl. §
8 Abs.
1 Nr.
1 und
2 SGB IV in der Fassung vom 5. Dezember 2012), was zwanglos aus seinen aktenkundigen Abrechnungen folgt.
Der Senat merkt abschließend an, dass als Folge des im Streitzeitraum bestehenden Beschäftigungsverhältnisses trotz der grundsätzlich
je hälftigen Beitragstragungspflicht von Versicherten und Arbeitgebern nunmehr ausschließlich die Beigeladene zu 1) die rückständigen
Gesamtsozialversicherungsbeiträge an die zuständige Einzugsstelle nachzuzahlen hat (vgl. §
28e Abs.
1 SGB IV), wodurch für den Kläger zudem rentenwerterhöhende Pflichtbeitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung und Anwartschaftszeiten
in der Arbeitslosenversicherung begründet werden. Ein rückwirkender Abzug des Arbeitnehmeranteils vom Arbeitsentgelt ist nur
bei den drei nächsten Lohn- oder Gehaltszahlungen, vorliegend mithin nicht mehr möglich, §
28g S. 3
SGB IV. Hätte die Klage Erfolg gehabt, wäre hingegen mit hoher Wahrscheinlichkeit die Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen
Rentenversicherung nach §
2 Satz 1 Nr. 2
SGB VI (durch den für ihn zuständigen Rentenversicherungsträger, wohl die Beigeladene zu 2) festzustellen, allerdings mit der Folge,
dass die dann für die Vergangenheit fälligen Beiträge von ihm allein zu tragen und zu zahlen wären, §§
169,
173 SGB VI.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG und folgt dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor, vgl. §
160 Abs.
2 SGG.