Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II
Leistungen für Unterkunft und Heizung
Anforderungen an die Wirksamkeit eines Untermietvertrags zwischen Familienangehörigen
Tatbestand
Die Klägerin begehrt Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) in Form von Bedarfen für Unterkunft und Heizung für den Zeitraum vom 07.02.2018 bis zum 31.01.2019.
Die am 00.00.1974 geborene Klägerin, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, lebte mehrere Jahre in der Türkei und kehrte
am 07.02.2018 nach Deutschland zurück. Ausweislich der Anmeldebestätigung der Stadt Marl vom 12.02.2018 bezog sie am 07.02.2018
eine Wohnung in der A-Straße 84 in Marl. Ursprünglich waren drei Geschwister der Klägerin, die Zeugen K, L und N M zu je 1/3
ideellem Anteil Eigentümer des Grundstücks sowie des unter den Anschrift A-Straße 84 stehenden Wohnhauses. Mit notarieller
Teilungsklärung vom 15.08.2016 fand insofern eine Teilung statt, als der Zeuge L M Sondereigentum an der im Erdgeschoss gelegenen
und von der Klägerin bewohnten Wohnung nebst Kellerräumen erlangte. An der im ersten Obergeschoss befindlichen Wohnung erwarb
der Zeuge K M und an der im zweiten Obergeschoss befindlichen Wohnung jeweils nebst Kellerräumen die Zeugin N M Sondereigentum.
Das Sondereigentum war jeweils verbunden mit 333/1000 Miteigentumsanteil an den nicht als Sondereigentum erworbenen Räume-
und Gebäudeteilen.
Am 12.02.2018 beantragte die Klägerin bei der Beklagten Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II. Nach der eingereichten "Anlage zur Feststellung der angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung" bewohnt sie eine Zweizimmerwohnung
mit einer Gesamtfläche von 48 m2. Neben der monatlichen Grundmiete in Höhe von 332,00 Euro seien Nebenkosten in Höhe von 98,00 Euro und Heizkosten in Höhe
von 100,00 Euro zu zahlen. Ausweislich des bei der Beklagten eingereichten Untermietvertrags zwischen dem Bruder der Klägerin,
dem Zeugen L M, und der Klägerin vom 14.02.2018 bewohnt die Klägerin in der im Erdgeschoss befindlichen Wohnung mit insgesamt
sieben Zimmern zwei Zimmer, wobei außerdem eine Toilette mit Bad zur Eigennutzung sowie ein Abstellraum zur Verfügung stehen.
Darüber hinaus könne eine Küche mitbenutzt werden. Als Mietbeginn wurde der 15.02.2018 vereinbart. Die Kündigungsfrist beträgt
ausweislich des Untermietvertrags zwölf Wochen zum Ersten des Monats. Der monatliche Nettomietzins betrage 332,00 Euro, die
Kosten für Elektrizität 98,00 Euro und die Kosten für Radio/TV 100,00 Euro. Der monatliche Mietzins werde jeweils monatlich
zum Voraus auf den Ersten eines jeden Monats fällig und sei zu überweisen auf das Konto: M, IBAN: DE 000, BIC: XXX. Der Hauptmietvertrag
vom 14.02.2018 werde Vertragsbestandteil des Untermietvertrags. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags verfügte die
Klägerin über kein Konto.
Mit Schreiben vom 27.02.2018 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Kosten für die Unterkunft unangemessen hoch seien
und zur Prüfung eines Anspruchs noch weitere Unterlagen benötigt würden. Daraufhin wurde neben einer Rechnung für Schornsteinfegerarbeiten
2018 für die Liegenschaft A-Straße 84 in Marl vom 30.01.2018, die an den Zeugen K M adressiert war, ein an die Zeugen K, L
und N M unter der Adresse B-Straße 119 in Marl gerichteter Nachtrag für eine Wohngebäudeversicherung bei der Signal Iduna
vom 03.08.2016 vorgelegt. Ferner wurde die Jahresrechnung 2017 der C AG für Trinkwasser für die Verbrauchsstelle A-Straße
84 in Marl betreffend den Zeitraum 12.10.2016 bis 19.10.2017 gerichtet an die "Eigentümergemeinschaft M K, L und N", eingereicht.
Schließlich gelangte ein ebenfalls an die Grundstücksgemeinschaft adressierter Bescheid über die Grundbesitzabgaben der Stadt
Marl für das Jahr 2018, betreffend das Grundstück A-Straße 84, sowie eine Umsatzanzeige über eine Überweisung in Höhe von
251,00 Euro an die D GmbH durch den Zahlungspflichtigen M vom 28.02.2018 zur Akte. Mit Schreiben vom 12.03.2018 forderte die
Beklagte die Klägerin zur Mitteilung ihrer Bankverbindung sowie zur Vorlage von Nachweisen über Gasabschläge und Schuldzinsen
auf.
Im Rahmen eines Telefonats mit einer Mitarbeiterin der Beklagten am 15.03.2018 teilte die Klägerin mit, dass sie in keiner
Haushaltsgemeinschaft leben würde, ihre Wohnung vielmehr abgeschlossen sei.
Mit Bescheid vom 15.03.2018 bewilligte die Beklagte Leistungen nach dem SGB II in Form des Regelbedarfs für den Zeitraum vom 07.02.2018 bis zum 31.01.2019. Ausweislich des Bescheids erkannte die Beklagte
keine Bedarfe für Unterkunft und Heizung an.
Am 26.03.2018 teilte die Klägerin der Beklagten schriftlich mit, dass ihr Vermieter nicht mehr bereit sei, sie in der Wohnung
wohnen zu lassen, wenn er keine Miete erhalte. Er habe ihr eine Frist zur Zahlung der Miete bis zum 04.04.2018 gesetzt. Wenn
er bis dahin nicht die Miete erhalten habe, werde sie obdachlos. Sie bitte daher um Bearbeitung ihres "Antrags auf Mieterstattung".
Mit selber Post übersandte sie die "Anlage zur Feststellung des Umfangs der Hilfebedürftigkeit bei Vorliegen einer Haushaltsgemeinschaft"
und gab an, dass sie mit ihrem Bruder, dem Zeugen L M, in einer Haushaltsgemeinschaft lebe, er aber nicht zur Bedarfsgemeinschaft
gehöre. Nach ihren Angaben erhielt sie keine Leistungen von Verwandten oder Verschwägerten, die mir ihr eine Haushaltsgemeinschaft
bildeten. Zugleich legte sie eine Kopie einer auf ihren Namen ausgestellten Mastercard der mobilen Bank-N26 vor.
Mit Schreiben vom 27.03.2018 regte die Beklagte die Vorlage von Nachweisen von dem Zeugen L M darüber an, dass dieser seine
Mieteinnahmen dem Finanzamt gemeldet habe. Dieser teilte am 03.04.2018 mit, dass ein entsprechender Nachweis des Finanzamtes
nicht vorgelegt werden könne, da die Wohnung erstmalig im Februar 2018 vermietet worden sei. Zuvor sei sie aufgrund von Renovierungsarbeiten
nicht bezugsfertig gewesen. Am 09.04.2018 teilte die Klägerin der Beklagten telefonisch mit, dass der Zeuge L M ihr die Wohnungsschlüssel
weggenommen habe und sie nun bei ihrer Schwester wohne, die eine Wohnung im selben Haus habe.
Am 11.04.2018 führte der Zentrale Ermittlungsdienst der Beklagten einen Hausbesuch bei der Klägerin durch. Dieser stellte
fest, dass von den ehemals sechs angebrachten Klingeln des Hauses drei stillgelegt worden und drei mit dem Namen M beschriftet
worden seien. Nachdem an der untersten Klingel mit der Aufschrift G. M geklingelt worden sei, habe die Klägerin die Tür geöffnet
und den Zutritt zur Wohnung gewährt. Drei Zimmer seien nach Angaben der Klägerin durch ihren Bruder, den Zeugen L M, verschlossen
worden. Dieser lebe nach ihren Angaben bei seiner Freundin. Im Bad seien wenige Herren-Pflegemittel, hauptsächlich Kosmetik-
und Hygieneartikel für Frauen zu finden gewesen. In einem Zimmer habe ein Bett gestanden, daneben ein Kleiderschrank, der
nach Angaben der Klägerin dem Zeugen L M gehöre und von ihr nicht geöffnet werden dürfe. Im Wohnzimmer hätten unter anderem
zwei Sofas gestanden, wobei sich auf einem das gleiche Bettzeug wie im Schlafzimmer befunden habe.
Am 24.04.2018 teilte eine Mitarbeiterin der Beklagten der Klägerin telefonisch mit, dass die Kosten der Unterkunft gemäß des
Untermietvertrags nicht anerkannt werden könnten. Allenfalls die Hälfte der Kosten könnten bei Vorlage entsprechender Nachweise
möglicherweise anerkannt werden, da der Zeuge L M ebenfalls in der Wohnung wohnhaft sei. Die Klägerin erwiderte daraufhin,
dass dieser nicht in der A-Straße 84 wohnhaft sei, sondern bei seiner Freundin wohne. Nach einem Hinweis auf die Meldung des
Zeugen unter der Anschrift A-Straße 84 gab die Klägerin an, dass dieser noch eine Wohnung auf dem Dachboden habe.
Mit Schreiben vom 25.04.2018 bat die Beklagte die Klägerin um Vorlage weiterer Unterlagen zur Prüfung des Bedarfs für Unterkunft
und Heizung, namentlich um Vorlage eines Nachweises über die monatlichen Gasabschläge, über die Wohngebäudeversicherung, die
monatlichen Abschläge für C, über Schuldzinsen sowie einer Erklärung über Aufwendungen für Haus- und Wohnungseigentum.
Mit Schreiben vom 08.05.2018 teilte die Klägerin über ihren Prozessbevollmächtigten mit, dass der Zeuge L M Eigentümer der
an die Klägerin vermieteten Wohnung sei. Er benutze sie als Kapitalanlage und wohne hauptsächlich bei seiner Freundin, da
diese nicht gerne mit seiner Familie in einem Haus leben wolle. Die Klägerin sei auch nicht Untermieterin, sondern Hauptmieterin
der Wohnung, die sie alleine bewohne. Am 26.03.2018 habe die Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid vom 15.03.2018 eingelegt,
über den nunmehr entschieden werden solle. Sollte dem Widerspruch nicht bis zum 11.05.2018 abgeholfen worden sein, müsse die
Klägerin befürchten, die Wohnung alsbald zwangsweise zu verlassen.
Mit Schreiben der Beklagten an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 17.05.2018 wies diese darauf hin, dass widersprüchliche
Angaben der Klägerin zu ihren Wohnverhältnissen und denjenigen ihres Bruders vorlägen. Ausweislich des Grundbesitzabgabenbescheids
vom 25.01.2018 gehöre das Haus A-Straße 84 in Marl der Eigentümergemeinschaft K, L und N M. Eine Umwandlung des Wohnhauses
in drei Eigentumswohnungen sei nicht ersichtlich. Laut Einwohnermeldeauskunft seien folgende Personen im Wohnhaus wohnhaft,
die sich die anfallenden Wohnkosten zu teilen hätten: O M, P M, K M, S M, R M, U T M, L M, N M und die Klägerin. Die Beklagte
habe die angemessenen tatsächlichen Wohnkosten der Klägerin zu übernehmen. Für eine Wohnung, in der die Klägerin zu drei Räumen
keinen Zutritt habe, weil diese Räume vom Bruder verschlossen worden seien, in der sich im Schlafzimmer der Klägerin ein Schrank
des Bruders befinde, den sie nicht nutzen dürfe, und in der sich im Wohnzimmer noch eine Schlafgelegenheit für ein anderes
Familienmitglied befinde, würde niemand eine Grundmiete von 332,00 Euro zahlen. Derartige Wohnungen seien auf dem Wohnungsmarkt
nicht vermietbar. Die Klägerin sei darüber hinaus aufgefordert worden, die Heizkosten durch Vorlage der Gasabschläge zu belegen,
was jedoch nicht erfolgt sei. Die Beklagte vermute, dass dies auch nicht möglich sei, da es im gesamten Wohnhaus nur eine
Zentralheizung im Keller gebe, die das gesamte Wohnhaus über einen Zähler versorge. Einen Widerspruch habe die Klägerin bislang
nicht eingelegt. Im Schreiben vom 25.03.2018, welches am 26.03.2018 bei der Beklagten eingegangen sei, habe die Klägerin lediglich
den Besuch des Zentralen Ermittlungsdienstes angemahnt.
Mit Schreiben vom 22.05.2018 bat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin unter Bezugnahme auf das Schreiben der Beklagten
vom 17.05.2018 und die hierin enthaltenen Ausführungen bezüglich des Widerspruchs darum, sein Schreiben vom 08.05.2018 als
Überprüfungsantrag nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zu werten. Von einer überhöhten Grundmiete könne ferner keine Rede sein. Es seien erhebliche Aufwendungen in die Renovierung
der Wohnung gesteckt worden und der Klägerin stünden 50 m2 Wohnfläche zur Verfügung.
Mit Schreiben vom 06.06.2018 wies die Beklagte den Prozessbevollmächtigten darauf hin, dass die Klägerin nicht über eine abgeschlossene
50 m2 große Wohnung verfüge. Durch die Zusammenlegung von jeweils zwei Wohnungen einer Etage seien auf den jeweiligen Etagen Wohnungen
von ca. 80 m2 Größe entstanden. In der fraglichen Wohnung gebe es drei Räume, die die Klägerin nicht betreten dürfe. Das Schlaf- und Wohnzimmer
stünden ihr nur anteilig zur Verfügung. Ein derartiges Mietverhältnis halte einem Fremdvergleich nicht stand. Niemand würde
eine derartige Wohnung anmieten.
Mit Bescheid vom 13.06.2018 lehnte die Beklagte den Antrag auf Überprüfung des Bescheids vom 15.03.2018 gemäß § 40 Abs. 1 S. 1 SGB II in Verbindung mit § 44 SGB X ab. Die Überprüfung habe ergeben, dass der Bescheid nicht zu beanstanden sei. Eigentümer des Wohnhauses sei die Eigentümergemeinschaft,
bestehend aus drei Eigentümern. Die Klägerin verfüge über keine abgeschlossene 50 m2 große Wohnung. Nach eigenen Angaben nutze sie die Wohnung zusammen mit ihrem Bruder, so dass eine Haushaltsgemeinschaft im
Sinne des SGB II vorliege. Bislang seien die geltend gemachten Heiz- und Betriebskostenvorauszahlungen nicht plausibel gemacht worden. Diese
seien anteilig auf alle Bewohner des Hauses aufzuteilen. Damit die tatsächlich anfallenden angemessenen Unterkunftskosten
anerkannt werden könnten, seien diese darzulegen. Dies sei bislang nicht geschehen. Die sich aus dem Mietvertrag ergebenden
Kosten könnten nicht zugrunde gelegt werden, da feststehe, dass die Klägerin nur einen kleinen Teil der Wohnung nutzen könne.
Ein derartiges Mietverhältnis halte keinem Fremdvergleich statt.
Am 02.07.2018 legte die Klägerin hiergegen Widerspruch ein. Sie sei aufgrund vertraglicher Grundlage Alleinmieterin der Wohnung.
Ihre Aufwendungen seien von der Beklagten bis zur ortsüblichen Miete vergleichbarer 50 m2-Wohnungen zu übernehmen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.07.2018 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Es sei nichts vorgebracht
worden, was für die Unrichtigkeit des Bescheids vom 15.03.2018 sprechen könnte.
Am 03.08.2018 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Gelsenkirchen erhoben. Sie trägt vor, dass sie die im Eigentum des
Zeugen L M stehende Erdgeschosswohnung mietete. Die Wohnfläche betrage 48 m2. Drei der sieben Zimmer in der Wohnung seien abgeschlossen und würden zum Teil für die Lagerung von Geräten und Möbeln des
Zeugen genutzt. Die Wohnung sei, nachdem die Familie M das Haus im Mai 2015 erworben und bei den damaligen Mietern Eigenbedarf
angemeldet habe, zunächst von dem Zeugen L M bewohnt worden. Da er mit einer Frau zusammen lebe, die keine große Neigung habe,
mit der Familie in einem Haus zusammenzuleben, habe er die Wohnung, in der er sich nicht aufhalte, vermietet. Er sei durch
seine Krankheit, aufgrund derer er über 18 Monate Krankengeld bezogen habe und nun ausgesteuert sei, darauf angewiesen, die
Wohnung gewinnbringend zu vermieten. Gelegentlich halte er sich in der Wohnung eines anderen Familienmitglieds auf. In der
Vergangenheit sei die Wohnung bereits anderweitig vermietet gewesen. Damals seien die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung
vollständig von der Beklagten getragen worden. Die Klägerin und der Zeuge L M hätten versehentlich das Formular "Untermietvertrag"
genutzt. Dies sei falsch gewesen, da der Zeuge nicht Hauptmieter, sondern Eigentümer der Wohnung sei. Dieser habe sogar an
Eides statt versichert, nicht in der Wohnung zu wohnen. Er könne sein Eigentum nach Belieben vermieten. Bei anderen Vermietern
wolle die Beklagte auch nicht alle Grundstücksunterlagen des Vermieters sehen. Die Klägerin habe ihrem Bruder, dem Zeugen
K M, vier Mietzahlungen in Höhe von 400,00 Euro für 8,5 Monate überwiesen. Als Nachweis sind Übersichten eines nicht bezeichneten
Kontos sowie eines nicht bezeichneten Inhabers übersandt worden, aus denen sich Gutschriften von der Klägerin in Höhe von
jeweils 400,00 Euro am 29.06.2018, 31.08.2018, 28.09.2018, 31.10.2018 mit dem Verwendungszweck "Miete" bzw. "Miete L M" ergeben.
Weitere Kontoauszüge könnten nicht vorgelegt werden. Denn die Klägerin habe erst seit Mai 2018 ein Online-Konto, bei dem sie
keine Kontoauszüge ziehen könnte. Die Überweisungen habe sie per Screenshot fotografiert. Als Nachweis hat die Klägerin ferner
Übersichten eines nicht bezeichneten Kontos sowie eines nicht bezeichneten Inhabers übersandt, aus denen sich Lastschriften
zugunsten des Zeugen K M in Höhe von jeweils 400,00 Euro am 29.06.2018, 31.08.2018, 28.09.2018, 31.10.2018 mit dem Verwendungszweck
"Miete" bzw. "Miete L M" ergeben. Ferner hat sie eine "Quittung" über die Barzahlung eines Teils der Miete in Höhe von 100,00
Euro durch sich mit einer nicht lesbaren Unterschrift vom 07.05.2018 sowie eine für den Eigentümer EG A-Straße 84 L M erstellte
und von K M unterzeichnete Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2017 vorgelegt. Ihr Vermieter dränge auf weitere Mietzahlungen.
Wenn dieser nicht bei seiner Freundin sei, wohne er bei seinem Bruder, dem Zeugen K M, in der ersten Etage.
Die Klägerin hat wörtlich,
die Beklagte unter teilweiser Aufhebung der Bescheide vom 15.03.2018 und 13.06.2018 in der Fassung des Widerspruchsbescheids
vom 10.07.2018 zu verurteilen, ebenfalls Kosten der Unterkunft nach näherer Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte trägt vor, dass auffällig sei, dass der Untermietvertrag zeitlich genau bei Antragstellung geschlossen worden
sei, also zu einer Zeit, als die Klägerin schon gewusst habe, dass sie auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende
angewiesen sei. Nach den Gesamtumständen, die sich insbesondere auch aus dem Bericht des Zentralen Ermittlungsdienstes ergäben,
sei fraglich, ob der Mietvertag tatsächlich gelebt werde. Das Wohnhaus stehe nach den vorliegenden Unterlagen darüber hinaus
im Eigentum einer Eigentümergemeinschaft. Die Klägerin werde aufgefordert, durch Kontoauszüge die regelmäßige Mietzahlung
seit Mietbeginn zu belegen. Die nur teilweise erfolgten Mietzahlungen machten deutlich, dass der Mietvertrag nicht ernsthaft
gelebt werde. Die Rückstände beliefen sich auf einen so hohen Betrag, dass die Voraussetzungen des §
543 Abs.
2 S. 1 Nr.
3a und b
Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) erfüllt seien. Es sei davon auszugehen, dass in dieser Konstellation im Regelfall eine fristlose Kündigung erfolge. Die
Klägerin lebe jedoch trotz unregelmäßiger Mietzahlungen offenbar weiter in der Wohnung. Darüber hinaus seien die Kosten der
Unterkunft und Heizung nach dem schlüssigen Konzept der Beklagten vom 16.07.2018 nicht angemessen.
Die Klägerin hat am 13.12.2018 eine Kopie der notariellen Beurkundung der Teilungserklärung bezüglich des Wohnhauses in der
A-Straße 84 in Marl vom 15.08.2016 zur Gerichtakte gereicht. Des Weiteren hat sie Mietverträge aus den Jahren 2010 und 2015
vorgelegt, die zwischen den Voreigentümern und Mietern geschlossen worden sind.
Am 15.01.2019 hat das Sozialgericht Gelsenkirchen eine Anfrage beim Meldeportal Behörden NRW durchgeführt, nach der der Zeuge
L M seit dem 22.11.2016 in der A-Straße 84 in Marl gemeldet ist. Auf die Anforderung des Gerichts, die ladungsfähige Anschrift
der Lebensgefährtin des Zeugen L M zu benennen, hat dieser zunächst über den Prozessbevollmächtigten der Klägerin mitteilen
lassen, diese nicht mit in den Rechtsstreit hineinziehen zu wollen. Unter dem 25.02.2019 hat die Klägerin mitgeteilt, dass
der Zeuge L M eine neue Freundin habe. Unter dem 19.03.2019 ist mitgeteilt worden, dass dieser zusammen mit seinem Partner,
dem Zeugen V W, in Düsseldorf lebe. Bereits vor dem Umzug nach Düsseldorf hätten sie an anderer Stelle in Marl zusammengelebt.
Sodann ist angezeigt worden, dass der Zeuge L M zusammen mit seinem Lebensgefährten in die B-Straße 115 in Marl gezogen sei.
Eine entsprechende Meldung ist durch eine vom Gericht durchgeführte Anfrage beim Meldeportal Behörden NRW am 17.09.2019 nicht
bestätigt worden. Das Einwohnermeldeamt hat am 26.09.2019 bezüglich des Zeugen L M die Anschrift A-Straße 84 in Marl ermittelt.
Eine Anfrage beim Meldeportal Behörden NRW vom 29.01.2020 hat ergeben, dass die derzeitige Anschrift des Zeugen V W nicht
bekannt ist.
Die vom Gericht angeforderten Kontoauszüge der Klägerin für den Zeitraum vom 01.02.2018 bis zum 31.01.2019 sind nicht vorgelegt
worden.
Am 03.02.2020 hat das Sozialgericht Gelsenkirchen einen Termin zur Erörterung des Sachverhalts und zur Beweisaufnahme durchgeführt.
Im dessen Rahmen hat die Klägerin mitgeteilt, dass sie ab Oktober 2018 eine Miete in Höhe von monatlich 100,00 Euro an den
Zeugen L M gezahlt habe. Zuletzt habe sie ihm am Samstag vor dem Erörterungstermin 100,00 Euro gegeben. Nachdem sie aus der
Türkei nach Deutschland gekommen sei, habe sie zunächst bei ihrer Schwester, der Zeugin N M, gewohnt, bevor sie einen Untermietvertrag
mit ihrem Bruder abgeschlossen habe. Zunächst sei die Wohnung noch teilweise für die Lagerung von Sachen genutzt worden, mittlerweile
sei der Mietvertrag jedoch geändert worden und sie nutze die Wohnung allein. Der Zeuge L M habe zu keinem Zeitpunkt mit ihr
in einer Wohnung gewohnt. Die Angabe in der "Anlage zur Feststellung des Umfangs der Hilfebedürftigkeit bei Vorliegen einer
Haushaltsgemeinschaft", wonach dieser mit ihr in einer Haushaltsgemeinschaft gelebt habe, sei ein Missverständnis gewesen.
Ihr Bruder habe immer in Düsseldorf gewohnt und wohne dort noch immer. Eine Wohnung auf dem Dachboden habe er nicht. Wenn
er am Wochenende nach Marl komme, könne er in einem Zimmer beim Zeugen K M übernachten. Der Schrank, der bei dem Besuch des
Zentralen Ermittlungsdienstes in dem Zimmer mit einem Bett gestanden habe, habe nicht ihrem Bruder gehört. Sie habe lediglich
gesagt, dass sie nicht wolle, dass dieser geöffnet werde, da hierin ihre Unterwäsche gewesen sei. Bei dem Bettzeug im Wohnzimmer
habe es sich um gewaschene Wäsche gehandelt, die dort zum Trocknen gelegen habe. Sie habe ihrem Bruder von Februar 2018 bis
April 2018 keine Miete gezahlt, im Mai 2018 100,00 Euro, von Juni bis Oktober 2018 monatlich 400,00 Euro und ab November 2018
bis zum Zeitpunkt des Erörterungstermins 100,00 Euro, wobei es auch vorgekommen sei, dass sie in einem Monat nichts und im
nächsten Monat 200,00 Euro gezahlt habe. Die Miete habe sie ihm in der Küche des Zeugen K M oder vor der Haustür gegeben.
Im Untermietvertrag sei eine Kontonummer angegeben worden, da beabsichtigt gewesen sei, dass die Beklagte die Miete direkt
auf das Konto des Vermieters überweise. Die Wohnung sei nie gekündigt worden, eine Kündigung jedoch angedroht worden. Sie
habe die Wohnung immer nutzen können. Sie habe niemals gesagt, dass sie bei ihrer Schwester wohnen musste. Die Wohnungsschlüssel
habe ihr Bruder, der Zeuge L M, ihr nur für eine Stunde weggenommen. Sie könne nicht genau sagen, wie hoch die Mietschulden
derzeit seien, es sei auf jeden Fall eine Menge.
Die Klägerin hat die Nebenkostenabrechnungen für das Jahr 2018 vom 01.02.2019 sowie für das Jahr 2019 vom 20.01.2020 zur Akte
gereicht, die sie nach eigenen Angaben am Samstag vor dem Erörterungstermin erhalten hat. Die Nebenkostenabrechnung aus dem
Jahr 2018 habe sie aber schon bei der Beklagten eingereicht.
Das Gericht hat des Weiteren den Zeugen L M vernommen, der weder die Straße noch Hausnummer seiner Wohnung in Düsseldorf nennen
konnte. Er hat erklärt, die Wohnung im Erdgeschoss in der A-Straße 84 in Marl nach Erwerb des Hauses nie selber vermietet
zu haben, die Mieter seien sofort ausgezogen, so dass er nach kurzer Zeit habe einziehen können. Er habe sowohl in Düsseldorf
als auch auf der B-Straße in Marl mit dem Zeugen V W zusammen gewohnt. Im August 2019 sei er dann wieder nach Düsseldorf in
die E-Straße 84 gezogen. Im Jahr 2018 sei die Klägerin in seine Wohnung eingezogen. Er habe ein Zimmer weiterhin für seine
Sachen genutzt, alle weiteren Räumlichkeiten habe die Klägerin nutzen können. Bei der Klägerin habe er nie gewohnt, er habe
auch keine Schlüssel mehr zu der Wohnung gehabt. Er habe eine Freundin, die in Dortmund wohne, deren Namen er jedoch nicht
nennen wolle. Die Miete der Klägerin könne er nicht genau nach Heiz- und Nebenkosten sowie Grundmiete aufschlüsseln. Die Kontonummer
im Mietvertrag gehöre zu dem Konto seines Bruders, des Zeugen K M, der die ganze Verwaltung des Hauses übernehme. Diesem schulde
er auch Geld. Es sei beabsichtigt gewesen, mit den Mietzahlungen einen Teil der Schulden abzubezahlen. Er habe seit 1,5 Jahren
keine Mietzahlungen mehr von der Klägerin erhalten. Zuvor habe er mal Mietzahlungen erhalten, er könne jedoch nicht mehr sagen,
in welcher Höhe und wann das gewesen sei. Auf den Einwand der Klägerin, dass sie sich nicht erklären könne, warum ihr Bruder
angebe, keine 100,00 Euro erhalten zu haben, erklärte dieser, sich nunmehr daran erinnern zu können, am Samstag vor dem Erörterungstermin
100,00 Euro erhalten zu haben. Wie hoch die Mietschulden der Klägerin seien, könne er nicht genau sagen, er habe das aber
alles niedergeschrieben. Das Mietverhältnis seiner Schwester, der Klägerin, habe er selbstverständlich nicht gekündigt. Er
habe das zwar angedroht, aber er könne sie nicht auf die Straße setzen. Er habe ihr mal kurz die Haustürschlüssel weggenommen.
Eine schriftliche Mahnung oder Kündigung gebe es nicht.
Das Gericht hat ferner den Zeugen K M vernommen. Dieser hat angegeben, dass die Mietzahlungen der Klägerin zur Verrechnung
mit den Schulden, die sein Bruder, der Zeuge L M, bei ihm hatte, auf sein Konto fließen sollten. Als sie gemerkt hätten, dass
die Klägerin kein Geld für die Kosten der Unterkunft von der Beklagten erhalte, hätten sie die Vereinbarung getroffen, dass
die Klägerin alle zwei Monate 200,00 Euro in bar an ihn zahle. Er habe in seiner Wohnung ein Gästezimmer, in dem sein Bruder
manchmal übernachte. Dieser habe in der Zeit, in der die Klägerin in der Erdgeschosswohnung gewohnt habe, nie in dieser Wohnung
gewohnt.
Das Gericht hat des Weiteren die Zeugin N M vernommen. Diese hat ausgesagt, dass ihr nichts davon bekannt sei, dass ihr Bruder,
der Zeuge L M, bei der Klägerin übernachtet habe.
Schließlich hat das Gericht den Zeugen V W vernommen. Er hat angegeben, mit dem Zeugen L M gut befreundet zu sein. Er wohne
seit August 2017 mit ihm zusammen. Zunächst hätten sie in Düsseldorf gewohnt. Anfang 2018 seien sie in die B-Straße nach Marl
gezogen und seit Januar 2020 wohnten sie auf der E-Straße in Düsseldorf.
Im Rahmen des Erörterungstermins hat die Klägerin den Streitgegenstand auf die Kosten der Unterkunft beschränkt. Der Regelbedarf
werde nicht angegriffen. Die Beklagte hat mitgeteilt, keinen Zweifel mehr daran zu haben, dass die von der Klägerin bewohnte
Wohnung seit 2016 rechtlich dem Zeugen L M alleine gehöre. Außerdem haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung ohne
mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt.
Mit Bescheid vom 06.02.2019 hat die Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem SGB II in Form des Regelbedarfs für die Zeit vom 01.02.2019 bis zum 31.01.2020 und mit Bescheid vom 08.01.2020 für die Zeit vom
01.02.2020 bis zum 31.01.2020 bewilligt.
Mit Urteil vom 11.05.2020 hat das Sozialgericht Gelsenkirchen die Klage abgewiesen. Der Bescheid vom 13.06.2018 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheids vom 10.07.2018 sei rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin habe
keinen Anspruch auf Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung gegenüber der Beklagten gemäß § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II. Das Sozialgericht gehe nach dem Ergebnis seiner Ermittlungen sowie der Beweisaufnahme nicht davon aus, dass ein wirksamer
Mietvertrag zwischen der Klägerin und dem Zeugen L M vorliege. Es nehme vielmehr an, dass der vorgelegte Mietvertrag nur zum
Schein geschlossen worden sei. Eine wirksame Zahlungsverpflichtung der Klägerin aus dem Mietvertrag sei nicht erkennbar. Darüber
hinaus halte das behauptete Mietverhältnis einem Fremdvergleich nicht in Ansätzen stand.
Das Urteil ist am 16.07.2020 bei der Geschäftsstelle eingegangen und der Beklagten am 20.07.2020 zugestellt worden. Ein Zustellnachweis
gegenüber dem Kläger-Bevollmächtigten befindet sich nicht in der Akte.
Die Klägerin hat am 24.07.2020 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, dass die Wohnfläche
48 m2 betrage. Drei Zimmer der Siebenzimmerwohnung seien abgeschlossen und würden zum Teil für die Lagerung von Geräten und Möbeln
ihres Bruders, des Zeugen L M, genutzt. In der Vergangenheit sei die Wohnung bereits an einen Deutschen vermietet worden,
dessen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung vollständig ohne Probleme von der Beklagten getragen worden seien. Das Sozialgericht
versuche, ein "abstruses Komplott" und "Schmierentheater" einer türkischen Familie mit dem "Zeugen W als Gehilfen" zu konstruieren,
das allein den Zweck habe, sich auf raffinierte Weise Leistungen vom Grundsicherungsträger zu erschleichen. Die Klägerin fühlte
sich und ihre Familie diskriminiert. Nach verständiger Würdigung der Zeugenaussagen stelle es sich so dar, dass der Zeuge
L M die von der Klägerin bewohnte Wohnung erworben und finanziert habe. Ein Einzug in die Wohnung mit seinem Lebenspartner,
dem Zeugen V W, sei aber undenkbar. Die Berufung auf eine Freundin in Dortmund sei der von ihm empfundenen Scham gegenüber
der Familie geschuldet. Seit 2007 habe er eine Lebenspartnerschaft mit dem Zeugen V W. Dieser habe aus beruflichen Gründen
von Marl nach Düsseldorf und wieder zurückziehen müssen. Dem sei der Zeuge L M immer gefolgt, sodass er seine Eigentumswohnung
nicht selber bewohnen konnte. Der Zeuge L M habe die Verwaltung des Hauses auf seinen Bruder, den Zeugen K M, übertragen.
Dies erkläre, warum er nicht im Bilde über die geleisteten Mietzahlungen gewesen sei. Er benötige dringend Geld für seine
Wohnung. Die Aussagen der Zeugen K M und V W seien eindeutig und in sich widerspruchsfrei gewesen.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich wörtlich,
das Urteil des Sozialgerichts vom 11.05.2020 aufzuheben und die Beklagte unter teilweiser Aufhebung der Bescheide vom 15.03.2018
und 13.06.2018 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 10.07.2018 zu verurteilen, ihr ebenfalls Kosten der Unterkunft
nach näherer Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Klägerin einer ernsthaften Verpflichtung zur Entrichtung des Mietzinses an den Zeugen
L M nicht ausgesetzt ist. Die Rückstände dürften mittlerweile bei über 11.000,00 Euro liegen, ohne dass infolge einer Kündigung
ein Auszug der Klägerin aus der Wohnung erfolgt sei. Es dürfte höchst unwahrscheinlich sein, dass im gewöhnlichen Geschäftsverkehr
ein Vermieter untätig der Entstehung solcher Mietrückstände zusehe, insbesondere dann nicht, wenn der finanzielle Druck des
Zeugen so groß wie behauptet sei. Auch die gegenüber der Familie verschwiegene Beziehung des Zeugen L M zum Zeugen V W schließe
nicht aus, dass dieser die Wohnung zusammen mit der Klägerin nutze. Gegen die Ernsthaftigkeit des Mietvertrags spreche ferner,
dass die Klägerin mehrere Räume in der Wohnung nicht nutzen dürfe.
Mit Beschluss vom 14.12.2020 hat der Senat den Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren
unter Beiordnung von Rechtsanwalt L1 abgelehnt.
Die Beteiligten sind mit Richterbrief vom 01.03.2021, dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 04.03.2021 und der Beklagten
am 03.03.2021 zugestellt, zu einer Entscheidung nach §
153 Abs.
4 Satz 1
SGG durch Beschluss angehört worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakten
der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte durch Beschluss nach §
153 Abs.
4 SGG entscheiden, da er die Berufung für unbegründet und deshalb eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten
sind zu dieser Vorgehensweise angehört worden.
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Das Sozialgericht Gelsenkirchen hat mit Urteil vom 11.05.2020 die Klage zu Recht abgewiesen. Gegenstand des Verfahrens ist
der Bescheid der Beklagten vom 13.06.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.07.2018, mit dem die Beklagte es
abgelehnt hat, den bestandkräftigen Bescheid vom 15.03.2018 insoweit aufzuheben, als darin für den Zeitraum vom 07.02.2018
bis zum 31.01.2019 keine Bedarfe für Unterkunft und Heizung bewilligt wurden. Ausweislich der Klarstellung im Rahmen des Erörterungstermins
beim Sozialgericht am 03.02.2020 hat die Klägerin den Streitgegenstand auf die Kosten der Unterkunft und Heizung beschränkt.
Diese Beschränkung des Streitgegenstandes ist zulässig, da es sich bei der Verfügung über Unterkunfts- und Heizungskosten
um eine abtrennbare Verfügung (= Verwaltungsakt i.S. des § 31 SGB X) des Gesamtbescheides handelt und damit das Gericht bei entsprechendem Antrag auch lediglich über diese Position des Anspruchs
auf Grundsicherungsleistungen befinden muss; eine Aufspaltung des Streitgegenstandes in Unterkunfts- und Heizungskosten selbst
ist andererseits rechtlich nicht möglich (BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 8/06 R -, Rn. 18 bei juris).
Die hiergegen gerichtete Klage ist als kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (§
54 Abs.
1 S. 1 1. und 2. Alt., Abs.
4, §
56 SGG) zulässig (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 13. Auflage 2020, §
54 Rn. 20c), jedoch unbegründet. Der angefochtene Bescheid vom 13.06.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.07.2018
ist rechtmäßig und beschwert die Klägerin nicht im Sinne von §
54 Abs.
2 SGG. Die Klägerin kann die (teilweise) Rücknahme des Bescheids vom 15.03.2018 nicht beanspruchen. Nach § 40 Abs. 1 S. 1 SGB II i.V.m. § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit
sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt
ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden
sind. Der genannte Bescheid ist nicht unrichtig in diesem Sinne.
Der Senat hat keine Zweifel daran, dass die Klägerin leistungsberechtigt nach dem SGB II war. Nach § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II erhalten Leistungen nach dem SGB II Personen, die 1. das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht vollendet haben, 2. erwerbsfähig, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik
Deutschland haben. Diese Voraussetzungen liegen vor. Es besteht jedoch kein Anspruch auf die Erbringung von Leistungen für
Unterkunft und Heizung für den Zeitraum vom 07.02.2018 bis zum 31.01.2019. Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch
ist § 19 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II, § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II. Nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind.
Übernahmefähig sind die tatsächlichen Mietkosten einschließlich der zu zahlenden Nebenkosten. "Tatsächliche Aufwendungen"
für eine Wohnung liegen allerdings nicht nur dann vor, wenn der Hilfebedürftige die Miete bereits gezahlt hat und nunmehr
deren Erstattung verlangt. Vielmehr reicht es aus, dass der Hilfebedürftige im jeweiligen Leistungszeitraum einer wirksamen
und nicht dauerhaft gestundeten Mietzinsforderung ausgesetzt ist. Denn bei Nichtzahlung der Miete droht regelmäßig Kündigung
und Räumung der Unterkunft. Zweck der Regelung über die Berücksichtigung der Kosten für die Unterkunft ist es aber gerade,
existentielle Notlagen zu beseitigen und den Eintritt von Wohnungslosigkeit zu verhindern. Ein Hilfebedürftiger nach dem SGB II wird in der Regel nicht in der Lage sein, die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung selbst zu tragen, vielmehr wird er
regelmäßig auf die Übernahme der Unterkunftskosten durch den Grundsicherungsträger angewiesen sein. Insoweit kann es für die
Feststellung, ob tatsächlich Aufwendungen für Unterkunft entstanden sind, nicht darauf ankommen, ob der Hilfebedürftige der
Verpflichtung aus eigenen Mitteln wird nachkommen können oder in der Vergangenheit nachkommen konnte, auch nicht, ob die Aufwendungen
bisher durch andere Sozialleistungen gedeckt wurden (BSG, Urteil vom 03.03.2009 - B 4 AS 37/08 R -, Rn. 24 bei juris)
Der Senat ist davon überzeugt, dass die Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum keiner wirksamen Mietzinsforderung ihres
Bruders, des Zeugen L M, ausgesetzt war. Dies beurteilt sich auch bei einem Mietverhältnis zwischen Familienangehörigen nach
den Umständen des jeweiligen Einzelfalls. Ausgangspunkt für die Frage, ob eine wirksame Mietzinsverpflichtung des Hilfebedürftigen
vorliegt, ist dabei in erster Linie der Mietvertrag, mit dem der geschuldete Mietzins vertraglich vereinbart worden ist (vgl.
BSG, Urteil vom 03.03.2009, a.a.O., Rn. 24 bei juris; vgl. Urteil des Senats vom 30.07.2013, L 2 AS 1021/12, Rn. 25, 27 bei juris). Anhand des vorgelegten Untermietvertrages lässt sich eine ernsthafte Verpflichtung der Klägerin zur
Zahlung eines monatlichen Mietzinses nicht feststellen. Unter Berücksichtigung des Vortrags der Klägerin, der Zeugenvernehmung
vom 03.02.2020 und des gesamten Akteninhalts ist der Senat vielmehr davon überzeugt, dass es sich bei diesem Mietvertrag um
ein Scheingeschäft im Sinne von §
117 Abs.
1 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) handelt. Nach §
117 Abs.
1 BGB ist eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, nichtig, wenn sie mit dessen Einverständnis nur zum
Schein abgegeben wird. Ein Scheingeschäft liegt vor, wenn die Parteien einverständlich nur den äußeren Schein eines Rechtsgeschäfts
hervorrufen, die mit dem Geschäft verbundenen Rechtsfolgen aber nicht eintreten lassen wollen. Kennzeichnend für das Scheingeschäft
ist damit das Fehlen eines Rechtsbindungswillens (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 25.10.1961 - V ZR 103/60 -, Rn. 30 bei juris; BGH, Urteil vom 22.10.1981 - III ZR 149/80 -, Rn. 18 bei juris; BGH, Urteil vom 13.05.2016 - V ZR 265/14 -, Rn. 18 bei juris; BSG, Urteil vom 25.08.2011 - B 8 SO 29/10 R -, Rn. 13 bei juris).
Ausgehend vom Untermietvertrag und den Angaben zu dem (angeblich) geschuldeten Mietzins ist der Senat davon überzeugt, dass
die Klägerin und der Zeuge L M keinen Rechtsbindungswillen in Bezug auf den Abschluss eines wirksamen Mietverhältnisses hatten
und die Klägerin daher keiner wirksamen Mietzinsforderung ausgesetzt war. Bei der Frage, ob ein Vertrag mit rechtlichem Bindungswillen
abgeschlossen worden ist, ist der tatsächliche Vollzug des Vertragsinhaltes als relevant anzusehen, also insbesondere die
Feststellung, ob die Absicht bestand oder besteht, den vereinbarten Mietzins zu zahlen (BSG, Urteil vom 03.03.2009, a.a.O., Rn. 27 bei juris; vgl. Urteil des Senats vom 16.02.2016, L 2 AS 242/12, Rn. 46 bei juris). Diese Absicht bestand nach der Überzeugung des Senats zu keinem Zeitpunkt.
Ausweislich des Untermietvertrags wird der Mietzins jeweils monatlich zum Voraus auf den ersten eines jeden Monats fällig
und ist zu überweisen an: M, IBAN: DE 00, BIC: XXX. Zunächst ist festzustellen, dass die Klägerin im Zeitpunkt des Abschlusses
des Mietvertrags über kein eigenes Konto verfügte, so dass fraglich ist, wie sie ihrer Mietzinszahlungsverpflichtung nachkommen
wollte. Die vertraglich vereinbarte Überweisung war in Ermangelung eines eigenen Kontos nicht möglich. Soweit die Klägerin
dies mit der Absicht erklärt, die Miete von der Beklagten direkt auf das Konto des Vermieters überweisen zu lassen, spricht
dies für das Vorliegen eines Scheingeschäfts. Denn hieraus ergibt sich, dass der Vermieter die Mietzinszahlung nur dann hätte
erhalten sollen, wenn die Zahlung durch die Beklagte unmittelbar auf das angegebene Konto erfolgt wäre. Die Beklagte sollte
mithin zur Mietzinszahlung veranlasst werden, ohne dass eine ernsthafte Mietzinsforderung gegenüber der Klägerin bestand.
Diese Annahme wird ferner dadurch bekräftigt, dass die seit mehreren Monaten ausbleibenden Mietzinszahlungen nicht zu mietrechtlichen
Konsequenzen in Form der Kündigung des (angeblichen) Mietverhältnisses geführt haben. Nach §
543 Abs.
1 und Abs.
2 Nr.
3 BGB ist bereits dann eine außerordentliche fristlose Kündigung des Mietverhältnisses möglich, wenn der Mieter a) für zwei aufeinander
folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist oder b) in einem
Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist,
der die Miete für zwei Monate erreicht. Obwohl die Klägerin vorträgt, von Februar bis April 2018 gar keine Miete und danach
nur einen Teil der Miete gezahlt zu haben, ist keine Kündigung des Mietvertrags erfolgt. Dies hätte jedoch vor dem Hintergrund
des Vortrags, wonach der Zeuge L M aus gesundheitlichen Gründen dringend darauf angewiesen sei, die Wohnung gewinnbringend
zu vermieten, erwartet werden können. Am 26.03.2018 teilte die Klägerin der Beklagten zwar schriftlich mit, dass ihr Vermieter
ihr eine Frist zur Mietzinszahlung bis zum 04.04.2018 gesetzt habe. Wenn er bis dahin nicht die Miete erhalten habe, werde
sie obdachlos. Am 09.04.2018 teilte die Klägerin ferner gegenüber der Beklagten telefonisch mit, dass der Zeuge L M ihr die
Wohnungsschlüssel weggenommen habe und sie nun bei ihrer Schwester im selben Haus wohne. Diese Angaben sind jedoch schon deshalb
nicht glaubhaft, weil die Klägerin im Erörterungstermin zunächst mitteilte, immer Zugriff auf die Wohnung gehabt zu haben
und dies nur auf einen entsprechenden Vorhalt des Gerichts insoweit relativierte, als der Zeuge ihr den Haustürschlüssel für
eine Stunde weggenommen habe. Dass sie bei ihrer Schwester wohne, habe sie nie gesagt. Der Zeuge L M gab im Rahmen der Beweisaufnahme
an, seine Schwester nicht auf die Straße gesetzt und noch keine Kündigung ausgesprochen zu haben. Er verstehe die entsprechende
Nachfrage des Gerichts auch nicht, selbstverständlich habe er seiner Schwester nicht gekündigt.
Der Senat geht ferner aufgrund der völlig widersprüchlichen Aussagen zu (angeblich) erfolgten Mietzinszahlungen davon aus,
dass die Klägerin im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum keiner Mietzahlung nachgekommen ist, zumal sie nicht ansatzweise
dargelegt hat, wie sie angeblich geleistete Mietzinszahlungen finanziert haben will - von der Beklagten hat sie nur Regelleistungen
erhalten. Zunächst teilte der Zeuge K M über den Kläger-Bevollmächtigten schriftsätzlich mit, vier Mietzahlungen in Höhe von
400,00 Euro für 8,5 Monate erhalten zu haben. Die übersandten "Nachweise" der Überweisungen in Höhe von 400,00 Euro am 26.09.2018,
31.08.2018, 28.09.2018 und 31.10.2018 sind jedoch nicht geeignet, die behaupteten Zahlungen zu belegen, da hieraus weder der
Empfänger noch das Konto, auf dem die Zahlungen eingingen, erkennbar sind. Des Weiteren ist auch nicht nachvollziehbar, inwiefern
Mietzahlungen von 1.600,00 Euro (4 x 400,00 Euro) bei einer (angeblich) vereinbarten Miete von 530,00 Euro monatlich auf 8,5
Monate aufzuteilen sind. Ferner hat die Klägerin im Rahmen des Erörterungstermins erklärt, ab Oktober 2018 monatlich 100,00
Euro an ihren Vermieter gezahlt zu haben, wobei die letzte Zahlung am Samstag vor dem Erörterungstermin gegenüber dem Zeugen
L M erfolgt sein soll. Ab November 2018 habe sie ihm teilweise nicht in jedem Monat 100,00 Euro gegeben, sondern in einem
Monat 200,00 Euro als Mietzahlung für zwei Monate. Der Zeuge L M hingegen erklärte, seit 1,5 Jahren keine Mietzahlungen mehr
erhalten zu haben. Erst auf einen entsprechenden Hinweis der Klägerin erklärte er, sich an die Übergabe von 100,00 Euro am
Samstagabend vor dem Erörterungstermin erinnern zu können. Der Zeuge K M erklärte im Rahmen der Zeugenvernehmung, dass vereinbart
worden sei, dass die Klägerin ihm alle zwei Monate 200,00 Euro in bar gebe, was auch geschehen sei. Der Senat ist davon überzeugt,
dass es sich bei diesen widersprüchlichen Aussagen um falsche Angaben handelt, die den Anschein erwecken sollten, dass die
Klägerin einer echten Mietzinszahlungsverpflichtung ausgesetzt war. Auch durch die "Quittung" vom 07.05.2018 kann kein Nachweis
über eine Mietzinszahlung erbracht werden, da nicht ersichtlich ist, wer eine Mietzahlung von 100,00 Euro erhalten hat. Widersprüchlich
sind zudem auch die Angaben in Bezug auf die im Untermietvertrag angegebene Bankverbindung. Während die Klägerin angab, dass
es sich hierbei um die Kontoverbindung ihres Vermieters handelte, sagte dieser aus, dass es die Bankverbindung des Zeugen
K M sei. Ferner konnten im Rahmen des Erörterungstermins weder die Klägerin noch der Zeuge L M die Höhe der (angeblich) ausstehenden
Mietzinsforderungen benennen. Dies überrascht insbesondere vor dem Hintergrund, dass dem Zeugen das Beweisthema "Wohnverhältnisse
der Klägerin" mit der Ladung benannt wurde und auch die Klägerin Kenntnis vom Streitgegenstand hatte. Zwar gibt der Zeuge
an, "alles" [gemeint ist wohl die Höhe der Mietschulden] niedergeschrieben zu haben und in seinen Papieren nachschauen zu
können. Wenn dies jedoch tatsächlich der Fall wäre, hätte eine entsprechende Vorbereitung im Vorfeld der Zeugenvernehmung
erwartet werden können.
Für das Vorliegen eines Scheingeschäfts sprechen ferner die widersprüchlichen und nicht miteinander in Einklang zu bringende
Angaben in Bezug auf die Wohnverhältnisse der Klägerin und des Zeugen L M. Es konnte nicht abschließend geklärt werden, ob
die Klägerin die Erdgeschosswohnung in der A-Straße 84 alleine, (zeitweise) gemeinsam mit dem Zeugen L M oder mit einer dritten
Person bewohnt hat. Aus dem vorgelegten Untermietvertrag vom 14.02.2018 geht hervor, dass sie Teile der Wohnung bewohnt, nämlich
ein Schlafzimmer und ein weiteres Zimmer. Darüber hinaus kann sie ein Bad und einen Abstellraum nutzen, während sie die Küche
der Wohnung mitbenutzt. Hauptmieter der Wohnung sollte der Zeuge und Untermieterin die Klägerin sein. Der Hauptmietvertrag
vom 14.02.2018 sollte Vertragsbestandteil des Untermietvertrags werden. Diese Angaben sind schon insofern nicht nachvollziehbar,
als der Zeuge bereits im Jahr 2016 Sondereigentum an der Wohnung erlangt hat und daher nicht Hauptmieter der Wohnung sein
konnte. Soweit die Klägerin im Rahmen des Erörterungstermins angab, versehentlich das Formular "Untermietvertrag" genutzt
zu haben, ist dies schon aufgrund der ausdrücklichen Einbeziehung des Hauptmietvertrags nicht glaubhaft. Denn spätestens bei
der Bezugnahme auf einen Hauptmietvertrag hätte auffallen müssen, dass ein solcher nicht existiert. Der Zentrale Ermittlungsdienst
stellte bei seinem Besuch am 11.04.2018 fest, dass drei Räume der Wohnung nach Angaben der Klägerin verschlossen und für diese
nicht nutzbar gewesen seien, genau wie der im Schlafzimmer stehende Kleiderschrank. Nach Angaben des Zentralen Ermittlungsdienstes
befand sich ein weiterer Schlafplatz im Wohnzimmer der Wohnung, was auf die Mitbenutzung der Wohnung durch eine andere Person
hindeutet. Zwar bestritt die Klägerin im Rahmen eines Anrufs bei der Beklagten am 15.03.2018, in einer Haushaltsgemeinschaft
zu leben. Sie habe vielmehr eine eigene abgeschlossene Wohnung. Dies wiederum steht jedoch zum einen im Widerspruch zu den
Angaben der Klägerin auf der "Anlage zur Feststellung des Umfangs der Hilfebedürftigkeit bei Vorliegen einer Haushaltsgemeinschaft",
wonach Mitglied der Haushaltsgemeinschaft ihr Bruder, der Zeuge L M, sei. Zum anderen sprechen diese Angaben gegen die Feststellung
des Zentralen Ermittlungsdienstes, wonach die Klägerin gerade keine abgeschlossene Wohnung habe sowie gegen die Aussage des
Zeugen L M im Erörterungstermin, wonach er ein Zimmer der Wohnung für die Lagerung von Sachen genutzt habe. Ferner war der
Zeuge L M im streitgegenständlichen Zeitraum in der A-Straße 84 in Marl gemeldet, was gegen seinen Vortrag spricht, niemals
zusammen mit der Klägerin gewohnt zu haben. Der Vortrag zum Wohnort des Zeugen L M ist insgesamt widersprüchlich und nicht
glaubhaft. Nachdem die Klägerin zunächst angab, dass der Zeuge bei seiner Freundin in Düsseldorf wohne, teilte sie nach dem
Hinweis der Beklagten auf die Meldung des Zeugen in der A-Straße 84 mit, dass dieser eine Wohnung auf dem Dachboden bewohne.
Im Rahmen des Erörterungstermins nahm sie von diesen Angaben Abstand und gab an, dass der Zeuge in Düsseldorf gewohnt habe
und dort noch immer wohne. Der Zeuge selbst sagte im Rahmen der Zeugenvernehmung aus, in Düsseldorf zu wohnen, ohne jedoch
seine Adresse nennen zu können. Auch das Verhältnis der Zeugen L M und V W konnte nicht aufgeklärt werden. Es wurden widersprüchliche
Angaben dazu gemacht, ob es sich bei diesen um Freunde oder Lebenspartner handelt. Nachdem der Zeuge L M im Rahmen des Erörterungstermins
mitteilte, eine Freundin in Dortmund zu haben, deren Namen er nicht nennen wolle, wird im Schriftsatz des Kläger-Bevollmächtigten
vom 16.09.2020 angegeben, dass diese Angabe einer "von ihm empfundenen Scham" gegenüber seiner Familie geschuldet sei. Es
bestehe vielmehr eine Lebenspartnerschaft mit dem Zeugen W. Der Senat ist davon überzeugt, dass die wahren Wohn- und Lebensverhältnisse
hier bewusst verschleiert werden sollen, um den Anschein eines Mietvertrags zwischen der Klägerin und dem Zeugen L M vorzutäuschen.
Des Weiteren sprechen auch die im Rahmen des Erörterungstermins eingereichten Nebenkostenabrechnungen für die Jahre 2018 und
2019 gegen ein wirksames Mietverhältnis. Zunächst werden in beiden Abrechnungen Vorauszahlungen aus dem Jahr 2017 aufgeführt,
was schon aufgrund des erst im Jahre 2018 erfolgten Einzugs der Klägerin bemerkenswert und falsch ist. Außerdem stimmen die
Vorauszahlungen in Höhe von 225,00 Euro bzw. 230,00 Euro monatlich weder mit den im Untermietvertrag ausgewiesenen Nebenkosten
für Elektrizität in Höhe von 98,00 Euro und Radio/TV in Höhe von 100,00 Euro noch mit den von der Klägerin im Rahmen der Antragstellung
am 12.02.2018 angegebenen Nebenkosten in Höhe von 98,00 Euro und Heizkosten in Höhe von 100,00 Euro überein. Zweifel an der
Ernsthaftigkeit der Nebenkostenforderung ergeben sich auch daraus, dass die Klägern diese erst am Samstag vor dem Erörterungstermin
erhalten und auf Verlangen des Gerichts vorgelegt hat. Zwar gibt sie an, die Nebenkostenabrechnung für 2018 bereits bei der
Beklagten eingereicht zu haben. Zum einen befindet sich diese jedoch nicht in der Verwaltungsakte der Beklagten, zum anderen
wäre zu erwarten gewesen, dass die Klägern eine Kopie der Abrechnung behält, um die sich hieraus ergebende Forderung in Höhe
von 51,84 Euro zu begleichen. Denn die Nebenkostenabrechnung datiert vom 01.02.2019. Zu diesem Zeitpunkt war ihr bekannt,
dass die Beklagte die Nebenkostennachforderung nicht begleichen wird, da das hiesige Klageverfahren bereits anhängig war.
Der Senat geht mithin davon aus, dass die Nebenkostenabrechnungen erst auf Aufforderung des Sozialgerichts erstellt wurde,
um den Anschein eines wirksamen Mietverhältnisses zu begründen (vgl. zu Zweifeln an der Ernsthaftigkeit eines Mietzinsverlangens
bei Initiativen erst während des Verfahrens gegen den Grundsicherungsträger: BSG, Urteil vom 03.03.2009, a.a.O., Rn. 25 bei juris; Urteil des Senats vom 16.02.2016, a.a.O., Rn. 47 bei juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf §§
183,
193 SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des §
160 Abs.
2 Nr.
1 und
2 SGG nicht vorliegen.